Vorsatzlosigkeit trotz Geständnis?

Wie FIFA, Microsoft, WPs, BP und die Mafia nach dem gleichen Gesetz verklagt und durch die amerikanische Brille an den Pranger gestellt werden, erklären Dr. Johannes Fiala und Dipl.-Math. Peter A. Schramm in einem mehrteiligen Beitrag.

Im ersten Teil ging es um den „Racketeer Influenced and Corrupt Organizations Act“, ein US-Bundesgesetz, das diese Art der Rechtsprechung ermöglicht. Im zweiten Teil wird die Directors-and-Officers-Versicherung unter die Lupe genommen. Der dritte Teil fokussiert nun das Thema Vorsatzlosigkeit – und zwar trotz Geständnis:

Objektiv keine Betrugsabsicht

Wenig glaubhaft erscheint, dass VW von den Ereignissen überrascht wurde. Es ist unwahrscheinlich, dass man betrügen wollte oder dies auch nur im objektiven Sinn getan hat. Dass eine US-Behörde dies anders sehen konnte, lag aber im Bereich des Möglichen, wenn man die gesetzlichen technischen Vorgaben bis an die vermeintlich noch sicheren Grenzen ausgelegt hat. Fraglich ist, ob es irgendwo bei VW ein ausgearbeitetes Szenario, das man heute finden könnte, für diesen Fall gab. Die Beseitigung einiger weniger „Schuldiger“ ist jedoch ein effizientes Mittel, auch den Reputationsschaden weiter zu begrenzen.

Vorstand und Juristen können wohl jeden Techniker davon überzeugen, eine geeignete Neubewertung seiner vermeintlich erkannten „Rechts“-Risiken vorzunehmen, oder es wird jemand anderes mit der Bewertung beauftragt und der Betreffende erfährt davon nichts. In einem arbeitsteiligen Unternehmen ist dies möglich. Sollte jemand dann doch nicht anderer Meinung sein, gibt es bei vielen Unternehmen Methoden, um zu überzeugen, und sei es nur, damit eingeräumt wird, dass die eigene Meinung eventuell auch falsch sein kann. Beispielsweise weil der Techniker seine eigene eigenwillige Auslegung unbestimmter Rechtsbegriffe unterstellt.

 

Vorsatzlosigkeit trotz Geständnis?

Vorsatz muss bei VW nicht deshalb anzunehmen sein, weil VW einräumt, dass eine „illegale“ Abschaltvorrichtung vorgelegen habe. Denn dies ist eine rechtliche Würdigung, die sich aus den zugrundeliegenden Tatsachen gar nicht unmittelbar ergibt. Dies ist nämlich nicht einfach damit zu begründen, dass die Vorrichtung gelegentlich oder in vielen Situationen abschaltet. Sie muss vielmehr sozusagen im Betrieb fast immer abschalten, ohne dass dies objektiv erforderlich wäre. Es kann aber erforderlich gewesen sein, um die Wartungsintervalle einzuhalten.

VW hätte in USA seine KFZ auch mit höheren Grenzwerten zulassen können, die dann im Normalbetrieb öfters einzuhalten gewesen wären. Es gibt keine derart niedrigen Vorgaben, und auch nicht die Verpflichtung, dass diese im Normalbetrieb im Mittel eingehalten werden. Es geht also darum, dass VW selbst mit den niedrigen Werten operiert und geworben hat.

Man könnte argumentieren, dass durch die Schadstoffe Krankheiten und Todesfälle entstanden sind, die bei nicht irreführender Werbung nicht entstanden wären, weil die Produkte von VW nicht verkauft worden wären. Konkret: keine Diesel, sondern Benzin- oder Elektro-Fahrzeuge. Es wurde ja gerade damit geworben – und dies war für den Verkauf von Diesel ausschlaggebend –, dass die Fahrzeuge besonders sauber seien.

Ein Kläger müsste nach dem RICO-Gesetz nachweisen, dass Unternehmen nicht nur in der Vergangenheit groß angelegten Betrug begangen haben, sondern dass die Betrügereien weitergehen und die „Wahrscheinlichkeit der Fortsetzung des kriminellen Verhaltens“ besteht. Und das dürfte umso schwieriger sein, je mehr Verantwortliche aus den oberen Führungsebenen das Unternehmen inzwischen auch zur Schadensbegrenzung verlassen müssen.

 

von Dr. Johannes Fiala und Dipl.-Math. Peter A. Schramm

 

mit freundlicher Genehmigung von

 

www.experten.de (veröffentlicht am 29.06.2017)

 

 

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Über den Autor

Dr. Johannes Fiala Dr. Johannes Fiala
PhD, MBA, MM

Dr. Johannes Fiala ist seit mehr als 25 Jahren als Jurist und Rechts­anwalt mit eigener Kanzlei in München tätig. Er beschäftigt sich unter anderem intensiv mit den Themen Immobilien­wirtschaft, Finanz­recht sowie Steuer- und Versicherungs­recht. Die zahl­reichen Stationen seines beruf­lichen Werde­gangs ermöglichen es ihm, für seine Mandanten ganz­heitlich beratend und im Streit­fall juristisch tätig zu werden.
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