Wann darf mit unabhängiger Beratungsbasis geworben werden?

Zahlreiche Makler befürchten, dass sie künftig aufgrund der geplanten Kleinanlegerstrategie der EU keine Provisionen, etwa in Anlageprodukten der Lebensversicherung, nehmen dürfen und deshalb Honorarberater werden müssten und dann auch sonst keine Provisionen für übrige Produkte vom Anbieter mehr nehmen dürfen. Ein Irrtum?

 

Zuletzt bestätigte die EU folgende Auslegung der Unabhängigkeit: „Der Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute (BVK) gibt Entwarnung: Die EU-Kleinanlegerstrategie sehe kein Provisionsverbot für Versicherungsmakler in Deutschland vor, teilte der BVK […] mit. Dies sei zuletzt durch Äußerungen der EU-Kommission bekräftigt worden, erklärte der Verband, der sich damit in seiner Auffassung bestätigt sieht. Dazu BVK-Präsident Michael Heinz: ‚Wir hatten direkt nach Bekanntwerden des Entwurfes zur betreffenden Retail Investment Strategy (RIS) Anfang Mai festgestellt, dass das von der EU-Kommission aufgenommene Provisionsverbot nur bei unabhängiger Beratung gilt, also im weitesten Sinne für Versicherungsberater, die auf Honorarbasis arbeiten.‘“[1]

Versicherungsmakler (VM) werden nicht den unabhängigen Beratern zugeordnet. Es wird aber nicht verboten, als abhängiger VM Provisionen vom Versicherer zu nehmen. Nur wer als VM von „Unabhängigkeit“ träumt, bei dem entstehen Albträume.

Niemand verlangt vom Versicherungsmakler, dass er unabhängig oder courtagefrei arbeitet.

Der BVK ergänzt: „Das Versicherungsmakler dafür von Unternehmen eine Courtage erhalten, bedeutet also nach dem nationalen Rechtsverständnis nicht, dass Versicherungsmakler als ‚abhängig‘ zu charakterisieren sind. Dieser Status soll und wird auch nach der derzeitigen Auslegung der EU-Vorschriften nicht geändert. Wenn Versicherungsmakler jedoch Beratung auf unabhängiger Basis anbieten und dies auch explizit gegenüber dem Kunden erklären, dürfen sie nach der EU-Kommission keine Courtagen annehmen. Nichts anderes besagt Artikel 30 Abs. 5b der EU-Kleinanlegerstrategie RIS. Auf diesen bedeutenden Umstand stellte der BVK in seinen Erklärungen immer ab.“[2, 3]

Niemand verlangt, dass ein VM unabhängig sein muss. Und im Prinzip dürfte er sogar auf beliebig unabhängiger Basis beraten, was auch immer er selbst darunter verstehen mag. Nur wenn er diese „Unabhängigkeit“ gegenüber dem Kunden erklärt (etwa auch auf seiner Internetseite bewirbt), dann darf er keine Provision vom Anbieter nehmen. So sagt es nun auch noch mal deutlicher der BVK und so hat es Heinz gemeint.

Kein Versicherungsmakler muss für irgendwelche Vermittlungen zum Honorarberater werden

Unzutreffend ist die Befürchtung einiger Makler, dass sie künftig laut EU keine Provisionen, etwa in Anlageprodukten der Lebensversicherung (LV), nehmen dürfen und deshalb Honorarberater werden müssten und dann auch sonst keine Provisionen für übrige Produkte vom Anbieter mehr nehmen dürfen.

Das indes hat die EU nicht gesagt. Vielmehr das, was ohnehin viele meinen: Dass ein Versicherungsmakler, der vom Produktgeber Provisionen bekommt, nicht unabhängig ist und dies daher auch gegenüber dem Kunden nicht behaupten darf – und wenn er es daher behauptet, keine solche Provision nehmen darf.

Unabhängige Beratungsgrundlage zu behaupten und Provision vom Anbieter zu nehmen, schließt sich gegenseitig aus. Was ihm als Makler aber egal sein könnte, denn Versicherungsmakler müssen nicht behaupten, sie seien unabhängig, nicht in einer Erstinformation und auch sonst nicht, und wenn sie diese unnötige Aussage unterlassen, können sie mit Provision beziehungsweise Courtage weitermachen wie bisher.

Und wenn andere Wettbewerber ihnen heute schon die Unabhängigkeit absprechen, müssen sie sich auch nicht streiten, dürfen denken, was sie wollen, aber nichts Unnötiges sagen: „Einfach solch völlig unnötige Behauptungen gegenüber Kunden unterlassen“ genügt vollauf.

Jeder Versicherungsmakler darf weiterhin Courtagen vom Versicherer annehmen

Kein Versicherungsmakler muss den Kunden darüber informieren, ob er ihn „auf unabhängiger Basis“ berät. Damit darf er dann also auch weiter nach dem neuen Absatz 5b in Artikel 30 der IDD-Novelle Provisionen vom Versicherer annehmen.

Das VVG bestimmt in § 59 – nicht anders als die Gewerbeordnung –: „Versicherungsmakler im Sinn dieses Gesetzes ist, wer gewerbsmäßig für den Auftraggeber die Vermittlung oder den Abschluss von Versicherungsverträgen übernimmt, ohne von einem Versicherer oder von einem Versicherungsvertreter damit betraut zu sein.“ Niemand verlangt, dass ein Versicherungsmakler „auf unabhängiger Basis“ berät oder dies gegenüber seinen Kunden sogar noch ausdrücklich behaupten muss. Auch die Versicherungsvermittlungsverordnung verlangt etwa bei den Erstinformationspflichten des § 15 keine Information des Kunden über Beratung „auf unabhängiger Basis“.

„Wer die Musik bestellt, muss sie auch bezahlen“ oder „Wer zahlt, schafft an“?

Historisch gehen zahlreiche Fachjuristen davon aus, dass der VM von seinem Auftraggeber abhängig ist – so wie jeder andere Auftragnehmer oder Dienstleister. Dies spiegelt sich beispielsweise wider in Beratungspflichten, Kundenanspruch auf Benachrichtigung und Rechenschaft. Eigentlich müsste also der Kunde die Provision beziehungsweise Courtage dem Makler bezahlen.

Indes ist es seit Jahrzehnten gelebte Praxis, Handelsbrauch oder Usance, dass der Versicherer den Kunden von dieser finanziellen Belastung freistellt, also diesen Aufwand stillschweigend übernimmt. Untermauert wird dies häufig durch den Rahmen einer Courtagezusage. Es gibt aber auch Versicherer, die Maklern von vornherein rein gar nichts zahlen nichts zahlen und auch nicht mit ihnen zusammenarbeiten. Diese können aber von wirklich unabhängigen Versicherungsberatern dennoch empfohlen werden.

Ohne diese – und die damit verbundene „Anbindung“ – erhält er vom Versicherer weder Courtage noch einen Zugang zum Angebotssystem und wird auch nicht als Ansprechpartner auf die Versicherungsscheine seiner Kunden gedruckt. Vielen Versicherern ist der Aufwand zu groß, Tausende von Maklern zu führen und das Vorliegen aller Voraussetzungen für diese zu prüfen, die oft kaum einmal einen Vertrag an sie vermitteln.

Sie erwarten von jeder Maklerverbindung also einen Mindestumsatz. Sonst gibt es nicht einmal Rat vom Maklerbetreuer. Die Alternative „Poolanbindung“ bedeutet indes eine entsprechende Abhängigkeit vom Pool. Dass gerade der Pool-Makler auf unabhängiger Beratungsbasis berät, wird wohl auch niemand behaupten wollen.

Und der treuhänderähnliche Sachwalter?

Selbstverständlich kennen alle, die beim Makler die unabhängige Beratungsbasis vermissen, den Makler als treuhänderähnlichen Sachwalter des Kunden. Indes, warum soll ein Makler seinen Verpflichtungen nicht nachkommen können, nur weil seine Beratungsbasis nicht völlig unabhängig ist? Offenbar sieht niemand, der Maklern die unabhängige Beratungsbasis abspricht, darin einen Widerspruch.

Auch mit einer abhängigen Beratungsbasis wegen der Abhängigkeit von Provision durch den Anbieter kann ein Makler treuhänderähnlicher Sachwalter sein. Schließlich wusste ja der Bundesgerichtshof bei seinem Sachwalterurteil auch, dass der Makler Provision vom Versicherer erhält. Und von dessen „unabhängiger Beratungsbasis“ spricht er gar nicht. Solches dem BGH anzudichten, überzieht die Aussage des BGH, der damit lediglich die Pflichten des Maklers gegenüber dem Kunden beschreiben wollte.

 

von Dr. Johannes Fiala und Dipl.-Math. Peter A. Schramm

 

mit freundlicher Genehmigung von

 

www.experten.de (Veröffentlicht am 12.12.2023 und im ExpertenReport 12/2023, Seite 46-48)

link: www.experten.de/2023/12/wann-darf-mit-unabhaengiger-beratungsbasis-geworben-werden/

Link: www.yumpu.com/kiosk/expertenreport/expertenreport-12-23/68560548/6?utm_source=newsletter&utm_medium=email&utm_campaign=20231205_expertenReport+12%2F23

 

 

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Über den Autor

Dr. Johannes Fiala Dr. Johannes Fiala
PhD, MBA, MM

Dr. Johannes Fiala ist seit mehr als 25 Jahren als Jurist und Rechts­anwalt mit eigener Kanzlei in München tätig. Er beschäftigt sich unter anderem intensiv mit den Themen Immobilien­wirtschaft, Finanz­recht sowie Steuer- und Versicherungs­recht. Die zahl­reichen Stationen seines beruf­lichen Werde­gangs ermöglichen es ihm, für seine Mandanten ganz­heitlich beratend und im Streit­fall juristisch tätig zu werden.
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