Zeitwertkonten (ZWK) für geschäftsführende Gesellschafter

Weshalb es sich meist um Hinterziehung von Steuern und Sozialversicherung handelt? –

 

Das Vorspiel sind die Fragen des Prüfdienstes der Deutschen Rentenversicherung Bund (DRV) zur Insolvenzsicherung von Zeitwertkonten von Geschäftsführern. Der Hauptakt folgt nach dem Vorbild der griechischen Tragödie durch den Lohnsteuerprüfer des Finanzamtes, ganz im Sinne der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes (BFH). Und der vorletzte Akt sind Bußgeldbescheid oder Anklage der Staatsanwaltschaft. Erst dann folgt der Schlussakt, die Regressklage beim Kreditinstitut, Versicherungsmakler oder Versicherer – wegen fehlerhafter und verbotener Rechtsberatung.

 

Volle Sozialversicherungspflicht – egal wie hoch die Provisionen sind

Eine Betriebskrankenkasse (BKK) schrieb bereits unter dem 15.12.2005: „Nach übereinstimmender Auffassung der Spitzenverbände der gesetzlichen Krankenkassen hat die Belastung eines Wertguthabens mit so genannten Vermittlerprovisionen ausschließlich in den ersten Versicherungsjahren, wie es bei gezillmerten Tarifen üblich ist, keine Auswirkung auf die Höhe des zu führenden (ggf. virtuellen) Wertguthabens.

D.h. die Belastungen des Wertguthabens werden fiktiv auf die gesamte Laufzeit verteilt, im Störfall besteht somit SV-Pflicht in voller Hohe.“.

 

Mit anderen Worten: Das Geld für die jederzeit mögliche Notwendigkeit einer Bezahlung von Sozialversicherung (auch vorzeitig, im sogenannten Störfall) hat komplett vorhanden zu sein – auch wenn es teilweise durch den Vertrieb von Banken und Versicherungen bereits über Provisionen verbraten wurde. Tatsächlich trifft dies in der Praxis kaum zu – Ärger mit dem Betriebsprüfer ist damit vorprogrammiert. Der Geschäftsführer kann dann ermessen, was er wirklich bezahlt hatte.

 

Häufig volle deliktische Haftung von Banken und Versicherungen sowie Maklern

Bereits im Jahre 2009 hat der Berufsverband „BRBZ“ festgestellt, dass die Beratung auf dem Gebiet der Zeitwertkonten durch Kreditinstitute und Versicherer illegal ist. In der Folge haften diese für Fehler auch ganz ohne Verschuldensnachweis. Dies stört jedoch den Vertrieb kaum – man hat es bei den eigenen Gebühren und Provisionen im Durchschnitt längst eingepreist.

 

Haftungsurteil des Bundesfinanzhofes (BFH) versagt den Geschäftsführern das ZWK

Durch Pressemeldung vom 11.11.2015 stellte der BFH fest, dass es bei Gesellschafter-Geschäftsführern kein Zeitwertkonto geben kann, denn „Mit dem Aufgabenbild eines GmbH-Geschäftsführers ist es nicht vereinbar, dass er durch die Führung eines Arbeitszeitkontos auf seine unmittelbare Entlohnung zu Gunsten später zu vergütender Freizeit verzichtet, wie der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 11. November 2015 I R 26/15 entschieden hat.“.

 

Mit anderen Worten: Jedes Kreditinstitut, jeder Versicherungsmakler, jeder Versicherer oder sonstiger Anbieter hat den Geschäftsführer aufs Glatteis gelockt. Deren Zeitwertkonten sind wertlos. Werthaltig sind diese Konstrukte für den Betriebsprüfer, denn es fallen nun durch „verdeckte Gewinnausschüttung“ doppelte Steuern an – einerseits kann man die Kosten nicht vom Gewinn als Betriebsausgaben abziehen. Andererseits sind die „verdeckten Ausschüttungen“ auch ohne Geldfluss gleichwohl (als Lohn) zu versteuern. Damit verwandelt sich im Bilde gesprochen das gesamte Geld für dieses Modell in Abgabenlasten – es bleibt kaum etwas übrig, durch Steuer-Doppel-Belastungen.

 

Zeitwertkonten in der Schusslinie

Selbsternannte Experten glaubten, alles sei in Butter. Aber nach der Prüfung durch das Finanzamt – oder umgekehrt: Nach der Prüfung durch den Prüfdienst der DRV folgt das Erwachen: zuerst mit einer Anhörung durch die DRV nach § 28p I SGB IV. Der Prüfdienst möchte wissen, wie denn das Zeitwertkonto in voller Höhe und zugunsten des Richtigen gegen Insolvenz geschützt ist? Vor allem warum die vom Treuhänder nötige Zahlungsverpflichtung zu Gunsten der Mitarbeiter und der Einzugsstelle der Sozialversicherung nicht mit diesen Geldempfängern abgestimmt worden sei. Schließlich würde doch im Falle der Insolvenz das Geld nicht bei diesen Begünstigten landen, sondern beim Insolvenzverwalter, fragt der Prüfdienst.

 

Die Ratlosigkeit dauert an, bis sich dann der Staatsanwalt meldet, und eine Vorenthaltung von Arbeitsentgelt begründet, § 266a StGB. Das freundliche Anschreiben lässt das Strafmaß offen – der geschäftsführende Gesellschafter möge sich doch bitte dazu äußern: Er redet sich um Kopf und Kragen. Am Ende wird auch der Gesellschaftsanteil an seiner Mittelstands-GmbH gepfändet und versteigert. Dies ist dann „full-service“ – also eine Steuer- und Finanzberatung aus einer Hand.

 

Später, mit viele Ruhe in staatlicher Unterkunft erinnert sich der Ex-Geschäftsführer an den grünen Tee im Finanzhaus, und wie beruhigt er war über die Kompetenz in der illegalen Rechtsberatung, ganz ohne Wissen um die mathematischen Zusammenhänge, also naiv auch bezüglich gesetzlicher Pflichten. Das ZWK war doch ein prima Steuersparmodell, so wurde ihm gesagt. Irgendetwas hatte er damals wohl falsch verstanden – und mit doppelten Steuern und einem Strafverfahren gar nicht erst gerechnet. Der Prüfdienst der DRV hat dies inzwischen systematisch auf der Agenda – für Betroffene ist es nur eine Frage der Zeit, bis auch sie an der Reihe sind.

 

von Dr. Johannes Fiala und Dipl.-Math. Peter A. Schramm

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Über den Autor

Dr. Johannes Fiala Dr. Johannes Fiala
PhD, MBA, MM

Dr. Johannes Fiala ist seit mehr als 25 Jahren als Jurist und Rechts­anwalt mit eigener Kanzlei in München tätig. Er beschäftigt sich unter anderem intensiv mit den Themen Immobilien­wirtschaft, Finanz­recht sowie Steuer- und Versicherungs­recht. Die zahl­reichen Stationen seines beruf­lichen Werde­gangs ermöglichen es ihm, für seine Mandanten ganz­heitlich beratend und im Streit­fall juristisch tätig zu werden.
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