100 Promille Courtage: Haftungsfalle oder Selbstmord für Versicherungsmakler?

– Wie Pools ihre Versicherungsmakler als Partner direkt ans Messer liefern –

 

„Wir beleuchten den Markt“: 100 Promille Courtage – „extrem günstig“ ?

Ein Maklerpool lockt mit bemerkenswert hoher Courtage – doch leider kommt es darauf für die Maklerhaftung nicht an: Schließlich gibt es bei dem beworbenen Produkt, einer „Risiko-LV“, nicht nur etwa die fünffache Courtage – sondern auch die Prämienhöhe ist etwa doppelt so hoch, im Vergleich zum günstigsten Anbieter: Würde ein Makler auf die Idee kommen, seine Kunden mit dieser „extrem günstigen“ Police zu versorgen, wäre ihm die Haftung wegen Verstoßes gegen eine Kernpflicht nahezu sicher.

 

Versicherungsmakler als „leichte Beute“ des Versicherers.

Versicherer die allabendlich im Fernsehen werben, müssen natürlich auch ihre Kosten decken – doch bei einer derart hohen Courtage kann sich auch später noch die Frage stellen, ob die Courtagenzusage und die Prämie wucherisch überhöht war, also sowieso unwirksam ist. Bei einer Risiko-LV wird sich der Versicherungsmakler auch schwer tun, auf bessere Bedingungswerke zu verweisen – der Versicherungsfall „Tot oder noch lebendig“ ist schließlich nicht annähernd so kompliziert, wie bei einer Berufsunfähigkeitsversicherung, wenn man mal von Vampiren und Zombies absieht.

 

Wucher bei Prämien und Courtagen wird gerichtlich überprüft

Wenn der Kunde sich später auf Wucher beruft, wird dies regelmäßig gerichtlich überprüft, ggf. auch mit Sachverständigengutachten. Dabei gilt sowohl für die Prämie wie auch für die Courtage (relativ in Promille oder in absoluter Höhe in EURO) eine Wuchergrenze beim doppelten des marktüblichen. Entsprechende Verträge könnten sich dann als unwirksam erweisen.
Entzug der Zulassung: Muss der Versicherer einen Maklerpartner der IHK melden?

Zu den Risiken und Nebenwirkungen gehört auch, dass die IHK beispielsweise ein Bußgeld verhängen könnte – oder gar die Zulassung entziehen: Schließlich könnte aus dem Verdacht eines Kunden, betrogen worden zu sein, ein Strafverfahren mit Verurteilung werden. Welchem Versicherungsmakler wird es wohl gelingen, im Vorfeld bei seinen Kunden eine Unterschrift unter die Erklärung zu bekommen, dass der Kunden „sehenden Auges gerne über die Gesamtlaufzeit z.B. 21.000 Euro zuviel bezahlt“? Vielleicht hält der Kunde den Ball auch erst mal flach, und denkt daran, dass solch ein Fall gleichsam „die Altersversorgung seines Anwaltes“ darstellt, der dann später eine hübsche Rechnung an den Versicherungsmakler stellen darf – zuzüglich Zinsen und Kosten, versteht sich.

 

Promille-Test für den Kunden – Depperl-Test für den Makler

Der Pool müsste für das „extrem günstige“ Angebot an den Makler eigentlich noch ein Formblatt „Musterbelehrung für dumme Kunden“ liefern – jeder Richter würde sich jedoch fragen, ob in solchen Extremfällen vom Kunden noch ein Promille-Test verlangt werden sollte, damit man die Kundenunterschrift nicht als „Scherzerklärung“, und damit für bedeutungslos beurteilen muss. Für den „Pseudomakler“ wäre auch noch an einen „Depperl-Test“ zu denken, denn seine VSH wird in derartigen Haftungsfällen wohl keinen Cent beisteuern. Die Versicherungsgesellschaft befindet sich hierbei auch noch in der hübschen Situation, dass sie zu prüfen hätte, ob sie solche „staubigen“ Makler nicht selbstständig der IHK nach dem Versicherungsaufsichtsgesetz melden müsste – schließlich werden sich ja Zweifel an der fachlichen Eignung und Zuverlässigkeit aufdrängen.

 

Marktbereinigung oder Harakiri ?

Der Versicherer müsste sich jedenfalls die Frage gefallen lassen, weshalb er den Pool nicht als seinen Erfüllungsgehilfen erkannt hat – also für dessen Verhalten mit haften wird? Schließlich könnte man ja auf die Idee kommen, bei der BaFin nachzufragen, ob man dort nicht auch der Meinung sei, dem verantwortlichen Vorstand würde es pädagogisch weiter helfen, demnächst eine Akte in Sachen „Entzug der Zulassung“ zu eröffnen?

 

Liberalisierung und Versichererverantwortung: zur Freiheit verdammt?

Die BaFin hatte Vorschriften zur maximalen Courtagehöhe bei Lebensversicherungen erlassen – diese wurden jedoch nun aufgehoben,. Es wäre aber eine Fehleinschätzung, daraus folgern zu wollen, dass nun beliebig hohe Courtagen gegeben – und in die Prämien eingerechnet – werden könnten. Vielmehr wurden lediglich die festen Grenzen aufgehoben – und damit bleibt es zunächst einmal offen und im Zweifel der Beurteilung der Gerichte überlassen, was erlaubt ist. Wenn man dann im Urteil erfährt, was man nicht hätte machen dürfen, ist „Heulen und Zähneklappern“ die Folge eines solchen „Austestens der Möglichkeiten“. Diese Erfahrung machen nun schon Versicherer – und deren Kunden – die die Aufhebung fester „Mindesttodesfalleistungen“ zum Anlass genommen haben, möglichst nur noch ein minimalistisches Todesfallrisiko einzurechnen – und damit aus der Lebensversicherung eine steuerpflichtige Kapitalanlage gemacht haben, was die Finanzgerichte dann im Einzelfall beim Kunden feststellen werden.

 

von Dr. Johannes Fiala und Dipl.-Math. Peter A. Schramm

mit freundlicher Genehmigung

von www.experten.de (veröffentlicht am 19.09.2008)

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Über den Autor

Dr. Johannes Fiala Dr. Johannes Fiala
PhD, MBA, MM

Dr. Johannes Fiala ist seit mehr als 25 Jahren als Jurist und Rechts­anwalt mit eigener Kanzlei in München tätig. Er beschäftigt sich unter anderem intensiv mit den Themen Immobilien­wirtschaft, Finanz­recht sowie Steuer- und Versicherungs­recht. Die zahl­reichen Stationen seines beruf­lichen Werde­gangs ermöglichen es ihm, für seine Mandanten ganz­heitlich beratend und im Streit­fall juristisch tätig zu werden.
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