bAV: Haftungsbombe statt Insolvenzschutz – Zeitwertkonto (ZWK)

von RA, Bankkaufmann Rüdiger Wilhem Lohkamp und RA, Bankkaufmann Johannes Fiala – Kanzlei Fiala, Freiesleben & Weber – RA, PA, StB & WP (München), www.fiala.de Prüfung der Plausibilität: Vermittlerpflicht auch beim Kunden an der
Front: Der Bundesgerichtshof hat u.a. in seinem Urteil vom 13.01.2000, NJW-RR 1993, 1114 klargestellt, dass ein Vermittler „ungeachtet des werbenden und anpreisenden Charakters seiner Aussagen … zu richtiger und vollständiger Information über das Anlageprojekt, … „verpflichtet ist. Welcher Kunde und/oder dessen Steuerberater kennt sich schon mit dem ZWK aus? Der BGH folgert daraus, dass hier Beratung gleichsam auf höchstem Niveau erforderlich ist: „Umfang und Intensität der Informationspflicht auch des Anlagevermittlers hängen, wie ausgeführt, von den jeweiligen Umständen des Falles ab. Dazu gehört die Gesamtsituation, wie sie sich bei der einzelnen Anlageentscheidung darstellt. Abzustellen ist auch auf die Geschäftserfahrung und den konkreten Kenntnisstand des Anlageinteressenten.“ Jeder Kunde darf erwarten, dass die Kenntnisse des Vermittlers „auf objektiven Informationen„ beruhen. „Davon geht ein Anlageinteressent grundsätzlich auch bei einem (bloßen) Anlagevermittler aus. Daß dies in Wirklichkeit nicht der Fall war, mußte der Beklagte richtigstellen, auch wenn er – wovon das Berufungsgericht ausgegangen ist – gutgläubig handelte, weil ihm seine eigene unzulängliche Beurteilungsgrundlage nicht bewußt war.“ Merke: Gutgläubigkeit schützt weder vor Haftung noch vor Strafe! Einfache Plausibilitätsprüfungen muss selbst ein (einfacher) Vermittler anstellen. Die Auswahl einiger typischer Irrtümer sollen hier vorgestellt werden: Vermittler-Tip: Stellen Sie jedes Modell konkret auf den Prüfstand, nicht nur beim Finanzamt durch eine Einzelanfrage mit amtlichem Bescheid, sondern auch bei der zuständigen Einzugsstelle für die Sozialversicherung, § 28 h SGB IV: Lassen Sie sich dabei nicht an die Betriebsprüfer der „Deutschen Rentenversicherung Bund“ verweisen – die werden erst bei einer Betriebsrüfung (Bp) zuständig. Der Arbeitgeber hat hierauf einen Anspruch. 1. Irrtum: Sichere Insolvenzfestigkeit der ZWK-Verpfändung für den GGF Auf Schulungen verlautbaren ZWKAnbieter, das das Pfandrecht „bombenfest“ sei? Leider ist dies nicht der Fall. Selbst wenn kein Insolvenzverwalter bestellt wird, kann jeder Gläubiger die Ansprüche der GmbH gegen den GGF wegen einer Insolvenzhaftung (z.B. nach § 64 GmbH) pfänden (so z.B. BGH Urteil vom 11.09.2000). Damit eröffnet sich dem Gläubiger der GmbH (wie übrigens auch des GGF) der Weg, für einen Zugriff auf die Rückdeckung bzw. betriebliche Altersvorsorge. Sicher erscheint dann für den GGF allenfalls die Option, für einen Antrag auf „Sozialgeld“ und dergleichen. Vermittler-Tip: Lassen Sie den GGF/Kunden unterschreiben, dass er über die Lückenhaftigkeit der Verpfändung unterrichtet wurde – solange Sie kein besseres Modell kennen. 2. Irrtum: Hauptsache „für den Insolvenzfall“ ist vertraglich durch „Zession“ vorgesorgt Wenn Sie in einem ZWK-Vertrag sinngemäß lesen: „Zu diesen Zwecken tritt der Treugeber/Arbeitgeber bereits jetzt – aufschiebend bedingt für den Fall der Insolvenz – die „Rückdeckung des ZWK“ an den annehmenden …. ab.“ – Und: Wenn Sie so etwas bereits an Ihre Kunden verkauft haben, dann sitzen Sie vermutlich auf einem Haftungsfall! Seit 1918 haben Reichsgericht, Bundesarbeitsgericht und Bundesgerichtshof es regelmäßig untersagt, und entsprechende Regelungen „einkassiert“, wenn eine Sicherheit „für den Fall eines eventuellen Konkursverfahrens“ vertraglich geschaffen wurde. Für den wissenschaftlich interessierten Profi hier die Urteile: BAG Urt. 16.05.1978, RG Urt. 28.01.1918, BGH Urt. 16.12.1957, BGH Urt. 06.02.1961. Vermittler-Tip: Misstrauen Sie solchen Schulungsleitern, die ohne Vorlage eines Nachweises behaupten „die renommierte Kanzlei XY habe das Konzept geprüft“. Gehen Sie sicher, dass sich sogenannte „Gutachten“ tatsächlich auf unveränderte Vertragsmuster beziehen. Bestehen Sie darauf, dass Sie die Gutachten und Konzeptprüfungen in vollständiger Kopie erhalten – sonst können Sie nie sicher sein, dass Sie das verkaufen, was geprüft wurde: Wie heißt es in der Werbung „ … ich bin doch nicht blöd!?“. 3. Irrtum: Das Pfandrecht für die Erben ist sicher Einige ZWK-Anbieter verwenden, wie auch mancher Versicherer, heute noch einfache Verpfändungsformulare bzw. Klauseln. Sobald es durch Gesetz (z.B. bei Scheidungsantrag), Testament oder Erbvertrag dazu kommt, dass eine Person „das Guthaben aus dem ZWKModell“ erhält und eine andere das Pfandrecht, fällt also beides auseinander, so endet das ach so sichere Pfandrechtsmodell auch beim ZWK (wie übrigens auch bei der Pensionszusage) ohne weiteres Zutun. übrigens: Wenn ein ZWK-Anbieter Ihnen als Vermittler eine einfache Bank-Formular-Verpfändung anbietet, dann geht das Banken-AGB-Pfandrecht vor, § 1209 BGB. Damit ist der Vorgabe des § 7d SGB IV nach wissenhaftlicher Meinung nicht genüge getan. überlegen Sie mal, ob Sie als Vermittler wegen Beihilfe persönlich haftbar wären? Vermittler-Tip: übernehmen Sie zu rechtlichen und steuerlichen Fragen keine Beratungsaufgaben, wenn Sie sich nicht 100%ig damit auskennen. 4. Irrtum: Im Insolvenzfall haben wir Treuhandvertrag mit Vollmacht für die Abwicklung Sowohl die „sichere“ Vollmacht, als auch der „sichere“ Treuhändervertrag sind im Zweifel bzw. im Insolvenzfall unwirksam bzw. null und nichtig. Ach, das wussten Sie nicht? Der Tagespresse war zu entnehmen, dass „geschäftsführende“ Treuhand- Modelle im Zusammenhang mit Schrottimmobilien wegen Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz nichtig sind (vgl. beispielhaft BGH Urteil vom 16.12.2002, Az II ZR 109/01). Es ist gut zu wissen, dass nur sogenannte „verwaltende Treuhand“ nach § 57 III StBG dem Steuerberater erlaubt ist. Wichtiger ist jedoch, dass alle Aufträge des Arbeitgebers an den Treuhänder nach §§ 115, 116 InsO mit der Insolvenzeröffnung enden: Ohne Verwaltungstreuhand bleibt oft nur eine angemaßte „Geschäftsführung“ ohne Auftrag. Welcher Treuhänder darf dann noch tätig werden? Das sollten Sie sich ganz genau erklären lassen. Vermittler-Tip: Gemäß BGH-Urteil vom 22.02.2005 (Az. XI ZR 41/04) bedarf auch eine Treuhand-GmbH im Zweifel einer Erlaubnis zur Rechtsberatung. über die Erlaubnis können Sie sich durch einfachste Rückfrage beim Amtsgericht sowie bei der Steuerberaterkammer vergewissern. Aber bitte, vergessen Sie nicht den jeweiligen Treuhandvertrag vorzulegen – sonst ist die „allgemeine“ Auskunft nichts wert. 5. Irrtum: Beim ZWK kann ich bedenkenlos geschlossene Beteiligungen verkaufen Genau das Gegenteil ist richtig. Beim ZWK müssen die Guthaben der Mitarbeiter wegen jederzeit denkbarem „Störfall“ auch alsbald zur Auszahlung zur Verfügung stehen können. Auch das Risiko, dass das Geld aus dem „Brutto-Sparen“ später – wegen nicht prospektgemäßer Entwicklung der Anlage – (teilweise?) verloren ist, wäre nicht zu unterschätzen. Vermittler-Tip: Informieren Sie sich beispielsweise unter www.direkteranlegerschutz.de über die Bedeutung eines IDW-S4-WP-Gutachtens und die vollständige Leistungsbilanz. Bedenken Sie, dass der Störfall jederzeit eintreten kann – dies bedeutet jederzeitige Möglichkeit für Liquidität: Hier geht es um die Frage eines Zweitmarkes für LV und geschlossene Beteiligungen, sowie die Zillmerungshaftung für Arbeitgeber und natürlich den Finanzdienstleister. Ein hervorragendes Beratungsprotokoll allein, hilft nicht immer weiter. 6. Irrtum: Mein ZWK-Kooperationspartner haftet ja, ist versichert und anwaltlich beraten Einige Anbieter behaupten, sie seien versichert – doch eine vertrauliche Anfrage beim Versicherer ergibt eine Fehlanzeige. Ein Blick in den Kooperations-Partner-Vertrag kann ebenfalls wichtige Indizien liefern: Wenn dort einerseits von einem Makler nach § 93 HGB die Rede ist, und andererseits von einer „Ausschließlichkeit“ (die es nur beim Agenten nach § 84 gibt), dann werden äpfel mit Birnen vermischt. Es hat dann nichts mehr mit Logik, sondern allenfalls mit Erfahrung zu tun, wenn bereits derartige rechtliche Grundlagenfehler ein ZWK-Konzept in Frage stellen? Vermittler-Tip: Vertrauen ist gut – Kontrolle ist besser. Denken Sie an eine Bonitätsanfrage über den ZWK-Anbieter oder die Bitte um eine Versicherungsbestätigung: Sie werden Augen machen, was da alles nicht versichert ist. Fragen Sie doch einfach mal Ihren eigenen VSH-Versicherungsmakler (etwa www.rwb-finanz.de ): Wie hoch ist Ihr Risiko als Vermittler, dass der ZWKAnbieter später (nicht nur vom Markt) verschwunden ist – und Sie dann mit den Haftungsfragen des Kunden allein zurecht kommen müssen? 7. Irrtum: Das ZWK-Guthaben wird pfändungsfrei ausbezahlt Leider nein, im Störfall wird alles versteuert – „ein wenig ungünstig“ nach §§ 19, 34 EStG (Fünftelregelung). Die Insolvenz ist ein Störfall, § 41 InsO – trotz § 7d SGB IV – damit endet die Option der Umdeckung in eine klassische bAV. Und wenn das Geld des ZWK als Lohn auf einmal abgerechnet wird, steht im Störfall der pfändungsfreie Betrag nur einmal zur Verfügung, beim Ledigen 940 Euro (minus 1 Cent): Dies für den schlimmsten Fall, dass der Insolvenzverwalter aufrechnet, wegen der Manager- bzw. GGF-Haftung. Vermittler-Tip: Fachjuristen wissen, dass nur die Kombination aus Verpfändung und Doppeltreuhand (u.a. Sicherungstreuhand) zum Ziel führen – darauf müsste Sie beim Insolvenzschutz das Modell des Initiators abklopfen. Der Arbeitnehmer muss eine „zweifelsfrei nicht insolvenzbefangene“ Rechtsposition besitzen – die muss Ihnen der Inititator erst mal nachweisen. Ein Lohnprüfer verrät sinngemäß dazu aus der Praxis „… wir wissen, dass die meisten Modelle auf dem Markt nicht wirklich insolvenzgeschützt sind“. Und was wollen Sie dazu dem Kunden sagen? Lösungsansatz: Auch Banken und Versicherungen bieten Konzepte für den Insolvenzschutz. Die Lösung zur Optimierung für den GGF liegt nicht immer im Inland.
(experten.de (14.12.2005))
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Über den Autor

Dr. Johannes Fiala Dr. Johannes Fiala
PhD, MBA, MM

Dr. Johannes Fiala ist seit mehr als 25 Jahren als Jurist und Rechts­anwalt mit eigener Kanzlei in München tätig. Er beschäftigt sich unter anderem intensiv mit den Themen Immobilien­wirtschaft, Finanz­recht sowie Steuer- und Versicherungs­recht. Die zahl­reichen Stationen seines beruf­lichen Werde­gangs ermöglichen es ihm, für seine Mandanten ganz­heitlich beratend und im Streit­fall juristisch tätig zu werden.
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