Bundesgerichtshof: Betreuungspflicht und Courtageanspruch beim Versicherungsmakler

Versicherungsmakler riskieren „Kopf und Kragen“ durch fehlerhafte Maklerverträge
*von Dr. Johannes Fiala, Rechtsanwalt (München), Mediator (Univ.), MBA Finanzdienstleistungen (Univ.Wales), MM (Univ.), geprüfter Finanz- und Anlageberater (A.F.A.), Lehrbeauftragter für Bürgerliches und Versicherungsrecht (BA Heidenheim, Univ. of Cooperative Education), Bankkaufmann (www.fiala.de) und Hermann Siebenhaar, Versicherungsmakler (Neutraubling), gerichtlich bestellter Gutachter, Lehrbeauftragter (Univ. of Cooperative Education), Einzelhandelskaufmann (www.hermann-siebenhaar.de)
Betreuungspflicht des Versicherungsmaklers nur bis zur Vermittlung ! Der Bundesgerichtshof (BGH) hat durch Urteil vom 14.06.2007 (Az. III ZR 269/06) entschieden, dass der Versicherungsmakler in Bezug auf den zu vermittelnden Versicherungsvertrag zur Beratung und Betreuung verpflichtet ist: Entscheidend sind dabei die Worte „zu vermittelnden“, denn die Betreuungspflicht muss nicht länger dauern, als bis zur Vermittlung des Versicherungsvertrages. Unnötige Haftung durch Betreuungspflicht im Versicherungsmaklervertrag In § 93 HGB heißt es: „Wer gewerbsmäßig für andere Personen, ohne von ihnen auf Grund eines Vertragsverhältnisses ständig damit betraut zu sein, die Vermittlung von Verträgen über … Versicherungen, … übernimmt, hat die Rechte und Pflichten eines Handelsmaklers.“ Wer seinen Maklerpflichten (Risikountersuchung, Objektprüfung, Risikoplazierung, Unterrichtung) also gerne „ständig“ nachkommen mag, und sich faktisch zum Hellseher berufen fühlt, der schreibt zur eigenen potentiellen Existenzvernichtung in den Maklervertrag, dass er die Versicherungsverträge seiner Kunden „verwaltet und betreut“ – und am besten ergänzt er dies dann noch um den Hinweis, dass der Versicherungsmaklervertrag mit einer Frist von ein paar Monaten „kündbar“ sei. Zahlreiche Versicherungsmakler haben tausende von Euros für die Gestaltung derlei Art von „Dauerschuldverhältnissen“ ausgegeben. Vergütungsvereinbarungen mit dem Kunden sind zulässig Der BGH unterstreicht, was er wiederholt entschieden hat, dass der Versicherungsmakler mit seinem Kunden vereinbaren kann, dass „Provisionen“ (gemeint sind Courtagen) direkt vom Kunden bezahlt werden (z.B. bei Nettopolicen). Diese Botschaft ist für den Versicherungsmakler vor allem deshalb wichtig, weil er in Zukunft seine Courtage wird offen legen müssen – dann tritt der Produktverkauf in den Hin-tergrund, und es kommt mehr auf die Person des Versicherungsmaklers an. Die Verteilung von Courtagen „nach Gutsherrenart“ durch Versicherer könnte ein jähes Ende nehmen, wenn die Versicherungsmaklerschaft ähnlich einem Unternehmensberater die Vergütung vom Kunden erhält: Die Courtage als Steuerungsinstrument nimmt in der Bedeutung ab, zumal die EU-Kommission „Courtagen von Versicherern“ offenbar abschaffen möchte. Umfassende Maklerpflichten Der Versicherungsmakler „wird regelmäßig vom Versicherungsnehmer beauftragt und ist dessen Interessen- oder sogar Abschlussvertreter. Er hat als Vertrauter und Berater dem Versicherungsnehmer individuellen Versicherungsschutz zu besorgen. Deshalb ist er, anders als sonst der Handels- oder Zivilmakler, dem ihm vertraglich verbundenen Versicherungsnehmer gegenüber üblicherweise sogar zur Tätigkeit, meist zum Abschluss des gewünschten Versicherungsvertrags verpflichtet. Dem entspricht, dass der Versicherungsmakler von sich aus das Risiko untersucht, das Objekt prüft und den Versicherungsnehmer als seinen Auftraggeber ständig, unverzüglich und ungefragt über die für ihn wichtigen Zwischen- und Endergebnisse seiner Bemühungen, das aufgegebene Risiko zu platzieren, unterrichten muss. Wegen dieser umfassenden Pflichten kann der Versicherungsmakler für den Bereich des Versicherungsverhältnisses des von ihm betreuten Versicherungsnehmers als des-sen treuhänderischer Sachwalter bezeichnet und insoweit mit sonstigen Beratern verglichen werden …“ Also: Die normalen Maklerpflichten beginnen mit dem Kundenwunsch, ein bestimmtes Risiko einzudecken und enden mit dem Abschluss des Versicherungsvertrages. Eine umfassende – insbesondere laufende – Beratung und Betreuung in allen Versicherungsangelegenheiten ist dagegen keinesfalls erforderlich. Umfassende Maklerhaftung durch lückenhaftes Risikomanangement Nur ganz wenige VSH-Makler können ihren Kunden, also den Versicherungsvermittlern, erklären weshalb Deckungssumme und Maximierung „angemessen“ sind. Bedenkt man, dass eine VSH nur das Restrisiko abdecken soll, fragt sich mancher Vermittler später, warum ihm kein wirksames Risikomanagement empfohlen worden ist. Keine Makleraufklärungspflichten beim eigenen Vertrag mit dem Kunden Ausdrücklich stellt der BGH klar, dass die Betreuungspflichten „das von ihm [dem Versicherungsmakler] zu vermittelnde Versicherungsverhältnis“ betreffen. Eine Betreuungs- oder Beratungspflicht bei Abschluß des Maklervertrages könne sich hingegen nur ausnahmsweise ergeben, etwa wenn der Maklerkunde die Verhältnisse nicht durchschaut, weil er geschäftlich völlig unerfahren ist. Zahlung der Versicherungsmaklervergütung durch den Kunden Der BGH bringt auch zum Ausdruck, dass gerade die Bezahlung des Maklers durch seinen Kunden dem gesetzlichen Leitbild entspricht, § 652 BGB. Die Vergütung steht dem Versicherungsmakler auch dann zu, wenn der Vertrag später gekündigt wird, ist also grundsätzlich unabhängig vom späteren Schicksal des Versicherungsvertrages. Versicherungsmaklerhaftung nach den Grundsätzen des BOND-Urteils: Bereits in einer Dissertation aus dem Jahre 2002 hat U.Mauntel (erschienen im Verlag Ver-sicherungswirtschaft) dargelegt, dass bei Lebensversicherungen der Vermittler das Bond-Urteil (Az. XI ZR 12/93) des BGH (Anleger- und objektgerechte Beratungspflicht) zu beachten hat. Dies greift der BGH in seiner neuen Entscheidung inhaltlich auf, indem er darauf hinweist, dass ein Versicherungsmakler zum Schadensersatz verpflichtet ist (§ 280 BGB), wenn er eine Kapitallebensversicherung an einen Kunden vermittelt hat, die „seinem Bedarf und seiner finanziellen Leistungsfähigkeit [nicht] entsprach“. Allein dieser Aspekt deutet eine Milliardenhaftung für Vermittler und Versicherer an. Schließlich werden nach Statistiken der Versicherungswirtschaft drei von vier langlaufenden Lebensversicherungen vorzeitig gekündigt, die meisten davon in den ersten fünf Jahren. Einwandfreie Courtagezusagen für Versicherungsmakler nötig ! In seinem Urteil vom 13.01.2005 (Az. III ZR 238/04) hat der BGH festgestellt, dass ein Versicherungsmakler seinen Provisionsanspruch (gemeint ist die Maklerfolge-Courtage) verliert, wenn der Versicherer (also dessen Agenten) bei Versicherungsvertrag mit einjähriger Laufzeit und Verlängerungsklausel, die „Betreuung … selbst übernimmt“. Diese faktische Enteignung des Versicherungsmaklers beruht auf dem Gutachten eines Sachverständigen, der – einem bösen Gerücht nach – Vorstand eines Maklerverbandes sein soll: Hätte der Maklerverband damit offenbar den Interessen seiner Mitglieder, den Versicherungsmaklern, geschadet? Besonders kritisch wird dies, wenn der Makler nur um die Betreuungsprovisionen des Versicherers zu erhalten lediglich formal die Betreuungspflicht in seine Maklerverträge einbaut, um sie dann (zumeist unnötigerweise) dem Versicherer zu präsentieren. Oft wird er angesichts seines zu betreuenden Bestandes feststellen, dass eine angemessene Betreuung zeitlich gar nicht geleistet werden kann – zwangsläufig folgen dann die Haftungsfälle. Für das Verständnis wesentlich ist es zu erkennen, dass Schuldner der Versicherungsprämie der Maklerkunde ist. Die Courtage ist kalkulierter Bestandteil der Prämie. Schuldner der Courtage ist nach gängiger Rechtsprechung deshalb der Versicherer. Gläubiger der Courtage ist und bleibt der Versicherungsmakler. Nach diesen Leitsätzen ist es den Kunden des Maklers nicht möglich über den Courtageanspruch des Maklers zu verfügen, oder diese bei einem Maklerwechsel frei nach Gutdünken zu verteilen. Da der Versicherer jedoch nur einmal die Courtage bezahlt, besteht für den Kunden die Gefahr, wenn dieser einseitig den Courtageanspruch auf den neuen Vermittler übertragen hat (oder übertragen lässt), dass der Erstmakler seine Courtageansprüche gegenüber dem Kunden geltend macht. Historisch fing alles damit an, dass die Courtage bzw. Provision in „Abschluß- und Folgecourtage“, sogar bisweilen in „Betreuungs- und Inkassoprovision“ aufgeteilt wurde: Die Maklerverbände haben vor über 20 Jahren damit begonnen, dem Versicherer die Tür zu öffnen, dass er dem Versicherungsmakler seine Bestände „entschädigungslos ausspannt“ und die oft vergleichsweise preiswerteren eigenen Agenten die „Betreuung“ übernehmen lässt. Seither bewegt sich der Unternehmenswert eines Versicherungsmaklerbüros für den Fall des Verkaufes oder auch für die Witwe im Erbfall gegen null, wenn es – wie hier – auf den „Handelsbrauch“ ankommt. Einwandfreie Courtagezusagen auch ohne Betreuungspflichten? Derzeit nur wenige Versicherungsmakler und Pools haben erkannt und umgesetzt, dass es auch dann eine Folgecourtage geben kann, wenn eine „Betreuung“ nicht erfolgt. Diese Vermittler haben durchgesetzt, dass sie eine Provision/Courtage nach der alten Grundregel „die Courtage teilt das Schicksal der Prämie“ erhalten – unabhängig davon, ob der Kunde sich später vom Versicherer/Agenten oder einem anderen Makler „betreuen“ lässt. In manchen Vorstandsetagen gibt es bereits neue „Versicherungsmakler-Streichel- Programme“ – weil man bemerkt hat, dass immer öfters die Maklerbetreuer mit suboptimalen Angeboten in Sachen „Bedingungswerke und Courtagezusagen“ nicht mal mehr einen Platz im Büro der „echten“ Versicherungsmakler angeboten bekommen. Die beste Courtagezusage? Keine ! Da alles im BGB, HGB und VVG geregelt ist. Das Gesetz hat die ortsübliche Courtage als Anspruch des Versicherungsmaklers festgeschrieben.
(experten.de (11.09.2007))
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Über den Autor

Dr. Johannes Fiala Dr. Johannes Fiala
PhD, MBA, MM

Dr. Johannes Fiala ist seit mehr als 25 Jahren als Jurist und Rechts­anwalt mit eigener Kanzlei in München tätig. Er beschäftigt sich unter anderem intensiv mit den Themen Immobilien­wirtschaft, Finanz­recht sowie Steuer- und Versicherungs­recht. Die zahl­reichen Stationen seines beruf­lichen Werde­gangs ermöglichen es ihm, für seine Mandanten ganz­heitlich beratend und im Streit­fall juristisch tätig zu werden.
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