Der späte Wechsel zurück in die gesetzliche Krankenversicherung und andere Alternativen

– Warum der vollständige Abschied von der privaten Krankenversicherung fraglich ist –

(Fortsetzung und letzter Teil aus der Ausgabe 5517/20. November 2015)

 

Option: teilweise Aufrechterhaltung der PKV

Betrachtet man überschlägig nur die Prämien der PKV und der GKV winken Ersparnisse von bis zu mehr als einer viertel Million Euro, bezogen auf die Restlebenszeit. Doch damit muss die Gestaltung noch nicht enden, denn es besteht die Option nach wie vor in der PKV versichert zu bleiben, ggf. verbunden mit einem Wechsel des Versicherers. Sei es indem Zusatzversicherungen zur GKV abgeschlossen werden, oder wenn strategisch nur noch einzelne Tarifbausteine der vormaligen PKV-Vollversicherung behalten werden. Niemand kann wegen einer Versicherung in der GKV gezwungen werden, seine PKV zu kündigen. Auch die Aufrechterhaltung z.B. nur des Ambulanttarifs eventuell nun mit höherem Selbstbehalt oder Umstellung auf 80 % Erstattung bei Wegfall der übrigen Tarife ist möglich. Evtl. ist dazu ein Tarifwechsel von einem kompakten in einen Bausteintarif erforderlich.

 

GKV-Wechsel über die Familienversicherung

Voraussetzung für die Möglichkeit in die GKV-Familienversicherung zu kommen, um dort kostenfrei beim Ehegatten mitversichert zu werden, ist entweder dass man nur einen Minijob mit einem Bruttoeinkommen von derzeit bis zu 450 Euro besitzt, oder nur bis zu 390 Euro – beispielsweise als Überschuss aus Vermietung oder Kapitaleinkünften oder einer Rente der DRV. So etwas lässt sich zumeist durchaus noch gestalten, auch wenn der Weg dorthin zunächst als nahezu unmöglich erscheinen mag. Bei einer gestaltbaren zeitlichen Lücke zwischen der Erwerbstätigkeit und dem Bezug der Altersrente wird dies oft ebenso möglich sein wie durch Herabsetzung einer bereits laufenden Vollrente auf z. B. eine EinDrittelRente.

Die Familienversicherung kann ein erster Schritt zurück in die GKV sein. Wird später eine höhere Rente oder sonstiges Arbeitseinkommen bezogen, endet die Familienversicherung zwar wieder, aber nicht die gesetzliche Krankenversicherung, weil das Gesetz eine Nicht-Versicherung verhindern will. Wenn der aus der Familienversicherung Ausscheidende keine PKV im Anschluss nachweist – zu der ihn niemand zwingen kann – so setzt sich die GKV zwangsweise fort, allerdings unter teurerer Beitragsbemessung für freiwillig Versicherte. Dann wäre noch der weitere Weg zu optimieren, so um noch in die günstigere Pflichtversicherung zu kommen.

 

In die GKV wegen Schwerbehinderung?

Gesetzlich vorgesehen ist, dass Schwerbehinderte drei Monate Zeit haben, um die Aufnahme in die GKV zu beantragen. Diese Frist wird vielfach übersehen. Zudem erfordert es das genaue Studium von bis zu mehr als 100 GKV-Satzungen, um die einzelnen Regelungen zu kennen, welche eine Aufnahme in die GKV erlauben – oder etwa nicht, wenn die häufige Altersgrenze von beispielsweise 45 Jahren überschritten ist. Einfacher wäre vielleicht doch der Weg sich bei einer Künstleragentur als Statist für Theater oder Fernsehen anzumelden; oder Klavier- bzw. Gesangsstunden anbieten.

 

PKV-Wechsel ins Ausland …

Für über 100 Euro monatlich bekommt man eine sogenannte Expatriat-PKV von ausländischen privaten Krankenversicherungen. Neuerdings auch ganz ohne Antritt einer Weltreise. Mit einer neuen, aber auch inhaltlich geeigneten ausländischen PKV lässt sich erst mal die bisherige inländische PKV-Versicherung beenden. Denn diesen zu kündigen ist unwirksam, wenn kein geeigneter neuer KV-Versicherungsschutz nachgewiesen wird. Auch solcherlei PKV aus dem Ausland wäre dann allenfalls ein erster Schritt von mehreren, die Verhältnisse dauerhaft neu zu gestalten.

Manche PKV erkennt dies als Folgeversicherung jedoch nicht an, weil diese Tarife aus dem Ausland nicht den Anforderungen an eine gesetzliche Pflichtversicherung genügen, und damit nichtig seien. Die übersieht indes, dass es ausreicht, wenn damit ein vergleichbarer Anspruch gegeben ist, der dann eine Versicherungspflicht gar nicht erst entstehen lässt.

 

… oder zu einer Solidargemeinschaft bzw. Vorsorgestiftung

Denkbar wäre auch, dass ein Arbeitgeber, beispielsweise auch eine sogenannte Unternehmergesellschaft (UG haftungsbeschränkt) einen Rechtsanspruch einräumen könnte, für alle Inanspruchnahmen von Ärzten und Krankenhäusern, Heil- und Hilfsmitteln etc. unabhängig davon zu zahlen, dass ein Versicherungsfall – also Krankheit – vorliegt. Damit ist es keine Versicherung unter BaFin-Aufsicht, also aufsichtsfrei.

Ein Angebot über einen Selbsthilfeverein oder eine Vorsorgestiftung ist ebenso möglich. Heute wird meist für die Zahlung nur für eingetretene Lebensrisiken durch entsprechende Unterstützungskassen kein deshalb die Aufsichtspflicht auslösender Rechtsanspruch eingeräumt, sondern dafür eine PKV-Rückdeckungsversicherung mit erforderlichen Minimumleistungen unterhalten. Bei einer krankheitsunabhängig mit Rechtsanspruch gegebenen Leistungszusage ist diese Rückdeckung indes nicht mehr rechtlich erforderlich.

Diese Zusage darf nur nicht auf Lebensrisiken eingeschränkt sein, d.h., es muss grundsätzlich immer gezahlt werden, wenn man gerne mal einen Arzt aus welchem Grund auch immer sehen möchte oder sich ins Krankenhaus begeben will.

Auch eine Pauschalprämie nach chinesischem Muster an den Arzt wäre keine Versicherung, also wenn man beispielsweise so lange den Arzt mit monatlichen Beiträgen bezahlt, wie man gesund ist – gerne auch zu anderen Zeiten.

Man nennt dies dann statt Versicherung üblicherweise “Lebensgestaltung”. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) hatte bereits einmal hören lassen, dass ein Unternehmen, das gegen monatlichen Pauschalbeitrag bezahlt, wenn man mal gerne einen Rechtsanwalt sprechen möchte – und auch nicht die Zahlung einstellt, wenn so etwas wie ein Rechtsschutzversicherungsfall vorläge – kein Versicherungsgeschäft betreibt, sondern Lebensgestaltung anbietet.

Natürlich kann ein Versicherungsmathematiker dies auch von der Prämie her kalkulieren und in der Produktgestaltung bewährte Instrumente einbauen, damit die Leistungen nicht ausufern. Ausschlüsse z.B. für Kuren, Nahrungsergänzungsmittel, Drogen, Kinderwunschbehandlung oder bei Versicherungsbeginn bestehende Erkrankungen auch vielleicht nur auf Zeit sind weiterhin ebenso möglich wie Selbstbehalte und Begrenzungen, Leistungsfreiheit bei Übermaß, und sogar ein ordentliches Kündigungsrecht oder ein außerordentliches bei Personen, die das Angebot unangemessen ausnutzen oder ihren Beitrag nicht zahlen, ist erlaubt, ebenso dass zumindest eine irgendwie plausible Erklärung gegeben wird, warum man denn den Arzt aufgesucht hat.

Von der Kalkulation her unterscheidet sich dies bei geeigneter Produktgestaltung von einer normalen PKV nicht allzu weit. Denn wer geht schon zum Arzt, wenn es nicht sein muß, und welche PKV kann es kontrollieren, ob der Patient wirklich krank war, wenn der Arzt “Verdacht auf” als Grund notiert? Auch der Gastwirt wird für den Brunch keinen anderen Preis kalkulieren, wenn jeder so viel essen darf wie er will, oder nur, solange er Hunger hat.

So lassen sich jedenfalls mit einem echten Rechtsanspruch – über solidarische im Betrieb, gewerblich oder von Stiftungen und Vereinen installierte eigene Organisationen – dann der normalen Krankenversicherung “vergleichbare Leistungsansprüche” auch ganz ohne eine zusätzliche Minimum-Rückdeckungsversicherung als Alternative zu PKV und GKV organisieren, ohne BaFin-Aufsicht und teure Versicherungsregulierung. Selbstverständlich müssen daran versicherungsmathematisch ermittelte Kapitalanforderungen gestellt werden, wenn nicht riskiert werden soll, dass bei höheren Rechnungen alsbald Insolvenz eintritt, soweit dies nicht über eine Rück(deckungs)versicherung aufgefangen wird.

 

von Dr. Johannes Fiala und Dipl.-Math. Peter A. Schramm

Veröffentlicht in “Der Koment, Fachzeitung für Schausteller und Marktkaufleute” 30.11.2015 (Ausgabe 5518, Seite 3)

http://www.komet-pirmasens.de/

und

www.brainguide.de

Link: www.brainguide.de/Der-spaete-Wechsel-zurueck-in-die-Gesetzliche-Krankenversicherung-und-andere-Alternativen#authors

 

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Über den Autor

Dr. Johannes Fiala Dr. Johannes Fiala
PhD, MBA, MM

Dr. Johannes Fiala ist seit mehr als 25 Jahren als Jurist und Rechts­anwalt mit eigener Kanzlei in München tätig. Er beschäftigt sich unter anderem intensiv mit den Themen Immobilien­wirtschaft, Finanz­recht sowie Steuer- und Versicherungs­recht. Die zahl­reichen Stationen seines beruf­lichen Werde­gangs ermöglichen es ihm, für seine Mandanten ganz­heitlich beratend und im Streit­fall juristisch tätig zu werden.
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