Einkommenssicherung als Whistleblower – statt Rechtsbruch mit Steuerhinterziehung Deluxe

– Wie Mitarbeiter aus Kreditinstituten und Versicherungen ihren Arbeitsplatz sichern helfen ? –

 

„Cu è surdu, orbu e taci, campa cent’ anni ’mpaci”

„Wer taub, blind und stumm ist, lebt hundert Jahre in Frieden.”

– sizilianisches Sprichwort

 

In den Vereinigten Staaten von Amerika gibt es die US-Steuerbehörde IRS (Internal Revenue Service) und die US-Börsenaufsicht SEC (Securities and Exchange Commission). Letztere hat erst 2011 ein „Office of the Whisteblower” eingerichtet. Die verhängten Sanktionen sind im Millionenbereich, bis zu mehr als dreistellig. Auf Hinweisgeber warten Prämien für die dem Staat erteilte Unterstützung. So erhielt ein ehemaliger Mitarbeiter einer Schweizer Privatbank vor einiger Zeit 104 Mio. US-Dollar für seine Aufdeckung von Mißständen. Die Deutsche Finanzaufsicht BaFin zieht jetzt nach, indem eine Hinweisgeberstelle eingerichtet wurde.

 

Belohnungen auch in Deutschland?

 

Einzelne Finanzminister sind auch bei uns bereit, für Daten-CD´s eine Belohnung nach diskreten Verhandlungen zu bezahlen. Mancher (IT-)Berater auf dem Gebiet der Finanzdienstleistungen gibt Insiderwissen über diskret-illegale Geschäfte weiter. Frühzeitig bekannt wurde beispielsweise Heinrich Kieber, dem ein eigener Film gewidmet wurde – eingeschlossen weitere Berühmtheiten auf den Finanzplätzen Liechtenstein und Schweiz. Das Potential dürfte auch heute noch gewaltig sein, seien es über Tarnkonstrukte verschleierte bisher steuerfreie Erbschaften. Oder man denke etwa auch an (teilweise nur angebliche) Ausländer mit Wohnsitz im Inland – eingeschlossen persönliche Betreuung zu Hause am Wannsee, die man aufgrund eines für bis zu weniger als 500 US-Dollar erworbenen Zweitpasses als Ausländer führt. Die Post darf man sich diskret im Internet abholen – verschicken muss man als Finanzhaus ins Ausland rein gar nichts mehr.

 

Bundesaufsichtsamt für Finanzdienstleistungen (BaFin) umwirbt Whistleblower

 

Die Hinweisgeberstelle der BaFin wurde 2016 eröffnet und spricht Personen an, die mit einer Bank oder einer Versicherung verbunden sind – beispielsweise als Mitarbeiter, als Kunde, oder als Lieferant – und Kenntnisse über illegale Interna besitzen.

http://www.bafin.de/DE/Aufsicht/Hinweisgeberstelle/hinweisgeberstelle_node.html

Angesprochen sind insbesondere Mitarbeiter von Kreditinstituten und von Versicherungen. Das Gebiet des Aufsichtsrechts greift weit. Bestechung wie Provisionsabgabe, nachlässige Meldungen von Geldwäscheverdacht, unzulässige Vergünstigungen für Versicherungsnehmer, falsche Berechnungen von Rückkaufswerten oder von Tarifwechseln in der PKV fallen darunter. Manchmal sind es unzureichende IT-Syteme oder Zeitmangel, die dazu führen, dass Vorgesetzte mit Arbeitsanweisungen gegen aufsichtsrechtliche und andere Rechts-Vorschriften verstoßen. Für betroffene Mitarbeiter kann dies eine Chance sein, die Ablösung inkompetenter Vorgesetzter oder ebensolcher Mitarbeiter in anderen Abteilungen zu erreichen. Spannend sind auch gewiss Fälle, bei denen Abgaben hinterzogen werden – etwa weil ein Versicherer ohne BaFin-Zulassung seine Versicherungssteuer nicht bezahlt, oder systematisch bei Geschäften mit Ausländern gegen US- oder EU-Embargovorschriften verstoßen wird, eingeschlossen darin auch ausländische Politiker und Diplomaten.

 

Gesteigertes Entdeckungrisiko bei Banken und Versicherungen

 

Kaum eine Bank oder Versicherungsgesellschaft ist in der Lage, wirklich alle rechtlichen und speziell aufsichtsrechtlichen Vorschriften einzuhalten – also wird zwangsläufig dagegen verstoßen. Mitarbeiter mussten dies bisher mittragen. Manchmal führt erst die bewusste Inkaufnahme von Aufsichtsverstößen dazu, dass Mitarbeiter eingespart werden können oder ein wichtiges Projekt rechtzeitig umgesetzt wird. Der Whisteblower kann also auf diese Weise seinen Arbeitgeber zwingen, den erforderlichen Mitarbeiterstab zur Erfüllung aller aufsichtsrechtlichen Vorgaben aufrechtzuerhalten.

Gegebenenfalls fördert der Whistleblower seine eigene Karriere, nicht unbedingt auch auf Kosten anderer, auch wenn er darauf keine Rücksicht nehmen sollte, um sich nicht selbst als Beihelfer ins Unrecht zu setzen. Meldet er Verstöße nicht, muss er damit rechnen, dass ein anderer auch ihn als Mittäter meldet. Wie auch immer sollte der Allgemeinnutzen – wie in der konsequenten Einhaltung aller aufsichtsrechtlichen Vorschriften vorgegeben – vorgehen.

Mancher Manager in Sachen Compliance hat sich nach kürzerer Zeit erfolgreich selbständig gemacht – also sein Finanzhaus als früheren Arbeitgeber verlassen. Das Internet vergißt rein gar nichts, wenn man die gerade dafür passenden Suchmaschinen kennt. Ein deutlicher Hinweis, daß die Aussage der Pressestelle „wir kooperieren mit der Staatsanwaltschaft” das eine ist – das System laufender Gesetzesverstöße aber schlicht lediglich noch leiser bzw. diskreter fortgesetzt wird. Hier bietet die BaFin nun dem Einzelnen die Chance, sich zu entscheiden, auf der Seite von Recht und Gesetz zu stehen – oder sich zum Komplizen zu machen.

 

Strategisches Vorgehen je nach Einzelfall

 

Selbst die Autoren dieses Beitrags erhalten bisweilen von Whistleblowern aus der Bank- oder Versicherungswirtschaft seit Jahren durchaus anregende Hinweise. Dem Eindruck nach können Banken und Versicherer bereits jetzt auf allen Ebenen nicht mehr auf die Treue ihrer Mitarbeiter zählen. Die Vorstellung der BaFin geht dahin, die erwünschte Durchsetzung aufsichtsrechtlicher Vorschriften und Ahndung von Verstößen als richtiges Verhalten zu fördern. Nicht nur freigesetzte Vertriebsmitarbeiter auf allen Ebenen sind hier ebenso angesprochen, oder ehemalige „Strukkis” mit besonderer Kundschaft.

 

Möglichkeiten bei Steuerhinterziehung und anderen Delikten

 

Bei einer Scheidung und dem Rosenkrieg ums Geld, hat schon manche Ehefrau zum Befreiungsschlag durch Selbstanzeige und aus Rache ausgeholt – nicht zuletzt um auch am sodann zu versteuernden Schwarzgeld in Form von Zugewinn und Unterhalt „gerecht” beteiligt zu werden. Ein bei

Kartellverstößen beteiligter Autobauer informiert das Kartellamt und geht so als einziger straffrei aus, während die anderen hohe Millionensummen zahlen müssen. Konkurrenten und (ehemalige) Mitarbeiter liefern manchem Steuerfahnder laufend Details – und sind dabei weitgehend geschützt. Denn Steuerbehörden halten ihre Akten verschlossen, faktisch fast ohne Einsichtsrecht durch Betroffene. Wer ganz sicher gehen möchte, schaltet eine Person mit Berufsverschwiegenheit dazwischen – aber keinen Geistlichen, denn das Beicht- und Seelsorgegeheimnis existiert gelegentlich nur als frommer Wunsch auf dem Papier, und im Strafgesetzbuch sucht man danach vergebens.

 

BaFin setzt auf Gesetzestreue der Whistleblower

 

Absolute Gesetzestreue hat nicht nur den Vorteil eines gesunden Schlafes. Es ist ein hohes Ziel: So schwer es ist und so sehr man sich verleugnen muss, und so leid einem Freunde, Kollegen und Vorgesetzte auch tun – wenn es das Gesetz erfordert, dann müssen solche Motive und die Treue zum gesetzesuntreuen Arbeitgeber hintanstehen. Dann muss man sich überwinden und über sich selbst hinauswachsen, und sich als Whistleblower bei der BaFin melden, gerne auch bei Fachautoren für eine hübsche Veröffentlichung zum Nutzen der Allgemeinheit.

Jüngst hat ein Psychologe nachgewiesen, daß zu große persönliche Vermögen nicht mehr das Glück fordern – wenn der Staatsanwalt den Vermögensverfall bei illegalem Erwerb erklärt, dann werden zu Vermögende zu deren Nutzen um ihr Geld erleichtert. Mancher wir später sagen „Ja, das alles war schwer, aber wenn man seiner Pflicht nachgekommen ist, wird man auf immer stolz auf sich sein dürfen”.

Und wer dem nicht folgt, läuft Gefahr, sehr bald zu den Schurken gezählt zu werden, die sich redlich hätten verhalten können, jedoch den bequemen Weg als Helfer und Mittäter für Ungesetzliches vorgezogen haben, aus eigennützigen Motiven. Sicher könnte man auch daran denken, dass die BaFin informelle Mitarbeiter unter den Beschäftigten der Banken und Versicherer anwirbt oder dort einschleust – gleichsam eine eigene BaFin-Stasi aufbaut, einschließlich Abkommen zur Zusammenarbeit mit gewissen Diensten.

 

Zunehmende Enthüllungs-Briefkästen

 

Einige Redaktionen (etwa das SWR mit seiner Dokumentationsredaktion „betrifft”, und der Heise-Verlag) sowie verschiedene Polizeidienststellen ausgewählter Bundesländer (etwa in Baden-Württemberg und NRW) haben die Möglichkeit für anonyme Hinweise über das Internet eröffnet, inklusive anonym möglicher Rückfragen.

Schließlich haben größere Unternehmen sowie gesetzliche Krankenkassen für Whistleblower die „Business Keeper AG” eingeschaltet: Es gehört bei der Compliance seit geraumer Zeit zum guten Ton, das eigene System legaler Geschäftsführung, um ein Hinweisgebersystem zur Fehlerentdeckung zu ergänzen. Jedoch besteht das Risiko, dass der gemeldete Fehler ein von der Geschäftsführung bewusst in Kauf genommener oder entschiedener Gesetzesverstoß ist. Das ist wie wenn der Gärtner Probleme im Garten dem Hausbesitzer melden soll – und ihm dann sagt, er habe unter dem Kirschbaum eine vergrabene Leiche entdeckt, woraufhin der fragt „Haben Sie schon jemand anderem davon erzählt?” Sicherer ist daher stets der Hinweis an die Whistleblower-Stelle der BaFin.

 

 

von Dr. Johannes Fiala und Dipl.-Math. Peter A. Schramm

 

mit freundlicher Genehmigung von

www.fondsprofessionell.de (veröffentlicht am 12.10.2016)

 

Link: http://www.fondsprofessionell.de/content/fpim/uploads/news/a/d/c/1476869631_whistleblower.pdf

 

 

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Über den Autor

Dr. Johannes Fiala Dr. Johannes Fiala
PhD, MBA, MM

Dr. Johannes Fiala ist seit mehr als 25 Jahren als Jurist und Rechts­anwalt mit eigener Kanzlei in München tätig. Er beschäftigt sich unter anderem intensiv mit den Themen Immobilien­wirtschaft, Finanz­recht sowie Steuer- und Versicherungs­recht. Die zahl­reichen Stationen seines beruf­lichen Werde­gangs ermöglichen es ihm, für seine Mandanten ganz­heitlich beratend und im Streit­fall juristisch tätig zu werden.
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