Gesundheitsreform: Neue Regeln und Fallstricke für PkV-Versicherte

In ein paar Jahren werden wir durch die Rechtsprechung wissen, was die Regierung mit ihren Gesetzen gemeint haben könnte (Dr. Jenssen – VDVM)
Unsicherheit bei der Auswahl und beim Wechsel der Versicherung
In diesem Jahr verkündeten Fachorganisationen, dass der Ausblick für die Branche der Privaten Krankenversicherung (PKV) stabil sei. Fachleute meinen jedoch, dass eine Marktbereinigung in der Privaten Krankenversicherungs- Branche bevorstehen dürfte. Die Gesundheitsreform kann nicht nur die Prämien erheblich verteuern – es steht zu befürchten, dass sich der eine oder andere Versicherer wird vom Markt zurückziehen müssen.
Basistarif als Auffangbecken?
Wer in den neuen Basistarif möchte, kann sich abwerben lassen – ohne Leistungsbeschränkungen und ohne Risikozuschläge. Wer von der gesetzlichen Krankenversicherung zur privaten Krankenversicherung wechseln möchte, muss nunmehr drei Jahre ein Einkommen oberhalb der Bemessungsgrenze vorweisen können.
Kostenfalle beim Wechsel in die PKV
Erst wer im ersten Halbjahr 2009 von einer privaten Vollversicherung in eine andere wechselt, bekommt seine Alterungsrückstellung vom alten Versicherer mitgegeben. Dies bedeutet für Versicherte, die sich heute einen Wechsel empfehlen lassen, dass diese (anteilige) Alterungsrückstellung auf Niveau Basistarif nicht mitgegeben wird. Das dann beim neuen Versicherer fehlende Kapital wirkt sich als Schaden auf – als unnötig hohe Versicherungsprämie. Für solche Schäden haften dann oft Versicherer und Versicherungsvermittler gleichermaßen.
Existenzgefahr für PKV-Versicherer
Die Gefahr für die Versicherer privater Krankenkassen resultiert daraus, dass die Versicherten ihre Altersrückstellungen (auf dem Niveau des Basistarifs) mitnehmen können – hier soll dann Geld tatsächlich fließen. Einige PKV-Versicherer haben bereits angedeutet, dass im 1. Halbjahr 2009 gut vorbereitet zu sein und auf die Jagd nach allen Gesunden machen zu wollen. Diese sollen dann mitsamt ihrer Alterungsrückstellung in modernen Tarifen versicherte werden können – nicht nur im Basistarif. Und in diesen modernen Tarifen findet dann im Gegenzug auch kein Ausgleich in der Branche zwischen den gewechselten guten Risiken und den in den Alttarifen verbleibenden schlechten Risiken statt. Der Ausgleich ist nämlich auf den Basistarif beschränkt. Wer dabei als PKV-Unternehmen zu den echten Verlierern zählt, darf die Beiträge anschließend kräftig anheben – nicht nur wegen steigender Durchschnittsschäden, sondern auch wegen des Stornorückgangs. Er hat Stornoverluste hinnehmen müssen, muss mit seinen verbleibenden Versicherten nun die gesamten Overheadkosten tragen – eigentlich kann er da gleich aufgeben und sich – wenn ihn keiner sonst will – dem Medictor anschließen. Wenn Ratingfirmen (Fachorganisationen) und Versicherungsmakler auf die Frage, welche Unternehmen wie betroffen sein könnten, keine Antworten geben können, kann bei der Privaten Krankenkassenversicherungs- Vermittlung kaum den Sachwalterpflichten genügt werden. Jenen Versicherten, die sich nicht rechtzeitig durch Versichererwechsel gerettet haben, bleibt sonst nämlich vielleicht nur der Basistarif mit Höchstbeitragsgarantie und Risikoausgleich in der Branche. Die Maklerhaftung dürfte in solchen Fällen damit dann sicher sein. Eine strategische Option kann es sein, die kleine Anwartschaft (Gesundheit) oder die große Anwartschaft (Gesundheit und Alter) als Makler für seine Kunden einzusetzen.
Kündigungen und Prämiensteigerungen absehbar
Insgesamt wird eine PKV-Prämiensteigerung, prozentual in zweistelliger Größenordnung erwartet. Der Wechsler wird sich am günstigeren Beitrag orientieren. Die Versicherer können eine ordentliche Kündigung in den ersten sechs Monaten 2009 nicht vermeiden – wer will, kündigt ordentlich in den ersten sechs Monaten 2009, und zwar zum nächsten ordentlichen Kündigungstermin. Der liegt dann mindestens drei Monate in der Zukunft, z.B. 31.12.2009. Es kommt gesetzlich nur darauf an, dass er vor dem 1.7.2009 gekündigt hat, nicht auf den Termin des Wirksamwerdens der Kündigung. Die Versicherungswirtschaft wird neue moderne Tarife anbieten, um beim Umdeckungsgeschäft dabei zu sein.
Versicherungsmaklerhaftung durch Lücken in der Orientierung
Die Altersrückstellungen können auch im Falle eines Tarifwechsels beim gleichen Versicherer voll angerechnet werden: Hier kann der Standardtarif auch wegen der immer breiter gewordenen Bemessungsgrundlage für die gesetzlich Krankenversicherten- Beiträge, eine echte Alternative zum Basistarif sein. Für Selbstständige und Gewerbetreibende gibt es die Möglichkeit, über das Ausland eine attraktive Kombination aus gesetzlicher Rente und gesetzlicher Pflichtversicherung zu erreichen. Jene Makler, denen diese europäischen Regeln in einer globalisierten Landschaft bekannt sind, besitzen bessere Voraussetzungen einer Beratungshaftung zu entgehen.
Versicherer-, Vertriebsund Schulungsleiterhaftung
Werden diese Fakten heute mit Absicht von allen totgeschwiegen? Den Maklern und Vermittlern würde heute sofort ihr Umdeckungsgeschäft PKV-PKV wegbrechen – bis 1.1.2009. Geschäftstüchtige, aber leider nur halbinformierte Vermittler, werden mehr oder weniger blind vor dem 1.1.2009 einen Wechsel von einem zum anderen privaten Krankenversicherer begleiten. Und im ersten Halbjahr 2009, wenn dann die Kunden doch noch kündigen, tragen diese auch zum Verlust bei, denn sie nehmen ja ihre Alterungsrückstellung mit, sie steht also auch nicht für die kalkulatorische Vererbung zur Verfügung. Und nach dem 30.6.2009 wird ja auch kaum noch jemand von den Altbeständen das PKV-Unternehmen wechseln, denn wer es wollte, hat es doch in der ersten Jahreshälfte 2009 getan – anschließend wird ja die Alterungsrückstellung nicht mehr mitgegeben. Nur bei neuen Versicherten dürfen die Altersrückstellungen dauerhaft mitgegeben werden. Es besteht also auch bei den PKV-Versicherern ein Interesse daran, dass diese Fakten möglichst lange verschwiegen werden. Ausbaden kann dies dann später erst mal der Kunde durch unnötig hohe Prämien bei einem Wechsel vor dem 1.1.2009 – und kurze Zeit später auch der Vermittler oder Makler, der wegen Falschberatung haftet.
Info: „§ 178 a VVG (7) Der Versicherer ist verpflichtet… 4. allen Personen mit Wohnsitz in Deutschland, die eine private Krankheitskostenversicherung im Sinne des Absatzes 5 mit einem in Deutschland zum Geschäftsbetrieb zugelassenen Versicherungsunternehmen vereinbart haben und deren Vertrag nach dem 31. Dezember 2008 abgeschlossen wird, Versicherung im Basistarif nach § 12 Abs. 1a des Versicherungsaufsichtgesetzes zu gewähren. Ist der private Krankheitskostenversicherungsvertrag im Sinne des Absatzes 5 vor dem 1. Januar 2009 abgeschlossen, kann bei Wechsel oder Kündigung des Vertrages der Abschluss eines Vertrages im Basistarif beim eigenen oder einem anderen Versicherungsunternehmen unter Mitnahme der Alterungsrückstellungen gemäß § 178f Abs. 1 nur bis zum 30. Juni 2009 verlangt werden…“
„§ 178f VVG (1) Bei bestehendem Versicherungsverhältnis kann der Versicherungsnehmer vom Versicherer verlangen, dass dieser… 2. bei einer Kündigung des Vertrages und dem gleichzeitigen Abschluss eines neuen Vertrages, der ganz oder teilweise den im gesetzlichen Sozialversicherungssystem vorgesehenen Krankenversicherungsschutz er setzen kann, bei einem anderen Krankenversicherer a) die kalkulierte Alterungsrückstellung des Teils der Versicherung, dessen Leistungen dem Basistarif entsprechen, an den neuen Versicherer überträgt, sofern die gekündigte Krankheitskostenversicherung nach dem 1. Januar 2009 abgeschlossen wurde; b) bei einem Abschluss eines Vertrages im Basistarif die kalkulierte Alterungsrückstellung des Teils der Versicherung, dessen Leistungen dem Basistarif entsprechen, an den neuen Versicherer überträgt, sofern die gekündigte Krankheitskostenvollversicherung vor dem 1. Januar 2009 abgeschlossen wurde und die Kündigung vor dem 1. Juli 2009 erfolgte.“
„§ 12g VAG Risikoausgleich (1) Die Versicherungsunternehmen, die einen Basistarif anbieten, müssen sich zur dauerhaften Erfüllbarkeit der Verpflichtungen aus den Versicherungen am Ausgleich der Versicherungsrisiken im Basistarif beteiligen und dazu ein Ausgleichssystem schaffen und erhalten, dem sie angehören. Das Ausgleichssystem muss einen dauerhaften und wirksamen Ausgleich der unterschiedlichen Belastungen gewährleisten. Mehraufwendungen, die im Basistarif auf Grund von Vorerkrankungen entstehen, sind auf alle im Basistarif Versicherten gleichmäßig zu verteilen; Mehraufwendungen, die zur Gewährleistung der in § 12 Abs. 1c genannten Begrenzungen entstehen, sind auf alle beteiligten Versicherungsunternehmen so zu verteilen, dass eine gleichmäßige Belastung dieser Unternehmen bewirkt wird. (2) Die Errichtung, die Ausgestaltung, die änderung und die Durchführung des Ausgleichs unterliegen der Aufsicht der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht.“
(Dt. Vertriebs- und Verkaufsanzeiger 224/2007, S.7)
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Über den Autor

Dr. Johannes Fiala Dr. Johannes Fiala
PhD, MBA, MM

Dr. Johannes Fiala ist seit mehr als 25 Jahren als Jurist und Rechts­anwalt mit eigener Kanzlei in München tätig. Er beschäftigt sich unter anderem intensiv mit den Themen Immobilien­wirtschaft, Finanz­recht sowie Steuer- und Versicherungs­recht. Die zahl­reichen Stationen seines beruf­lichen Werde­gangs ermöglichen es ihm, für seine Mandanten ganz­heitlich beratend und im Streit­fall juristisch tätig zu werden.
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