Hebelgeschäfte ? Haftungshammer bei dubiosen Anlagen für freie Distributoren

Ein Kommentar von Rechtsanwalt Johannes Fiala, M.B.A. (Univ. Wales, Cardiff); Bankkaufmann (H. Aufhäuser); EG-Experte (C.I.F.E.); Geprüfter Finanz- und Anlageberater (A.F.A. im Konzern der Lloydsbank London, plc); M.M. (Univ.).
Freiheitsstrafe für BFI-Bank-Gründer
Der Gründer der BFI-Bank wurde vom Landgericht Würzburg rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren und neun Monaten verurteilt. Es handelt sich um ?nur? etwa 500 Anleger, deren Schaden etwa 13 Mio. Euro betragen hat. Hintergrund waren insbesondere Höherbewertungen bei Immobiliengeschäften und die Entnahme von unberechtigten Gewinnen aus Fondgesellschaften. Noch dramatischer haben sich die Verhältnisse bei der BKMU-Bank ent-wickelt: Im Rahmen der Insolvenz wurden über 2000 Geschädigte fest-gestellt, bei denen ein Schaden von mehr als 270 Mio. Euro entstanden ist.
Kreditfinanzierte Anlagen:
Beide Kreditinstitute sind dafür bekannt geworden, dass ihre Vertriebspartner kreditfinanzierte Kapitalanlagen angeboten haben. Wenn die Kunden Aktien der Institute erworben hatten, war ihre Beteiligung wertlos geworden. Doch oftmals kam es noch schlimmer, weil der Abwickler bzw. Insolvenzverwalter die Kreditzinsen bei riskanten Anlagen dramatisch gesteigert hat. Per Saldo blieb dann nach Abzug der Kreditkosten von den mageren Erträgen nichts mehr als ein Draufzahlgeschäft übrig: Finanziert wurden insbesondere Immobilien, Beteiligungen und Lebensversicherungen. Die Anleger wenden sich dann gerne an den Vermittler bzw. Berater, und wollen sich dort ihren Schaden wieder holen. Die Praxis zeigt: In mehr als 80% der Fälle besteht kein ausreichender Versicherungsschutz.
Falsche Freunde als Vertriebspartner:
Eine besonders ekelhafte Masche mancher Produkt- bzw. Servicepartner ist es, dann dem Vermittler die Verantwortung in die Schuhe zu schieben: Dem Vernehmen nach kam es beispielsweise beim Produkt ?britische Lebensversicherung? zu der Entgleisung, den eigenen Vermittler sinngemäß als Betrüger und alleinverantwortlich zu bezeichnen. Kannte er das ?Hebel-Konzept? doch nur aus einer Schulung des Distributors ? Und wenn bei dieser Veranstaltung auch noch ein Abgesandter des Produktgebers dabei war?
Produktgebern die Zähne ziehen:
Der Vermittler hatte das Glück, dass viele Kollegen noch die Schulungsunterlagen und PowerPoint-Präsentationen archiviert hatten. So konnte er die unvollständige Schulung nachweisen ? sein Anwalt äußerte den Verdacht ?bandenmäßiger Anstiftung zum Betrug – mit den Vermittlern als Werkzeugen?. Damit ist der Vermittler in der Lage rückblickend die Verantwortung auf die eigentlichen Drahtzieher (u.a. einen ?Head-of-Sales?) abzuwälzen. Die Schulungsunterlagen basieren oft nach sachverständiger Prüfung auf einer Fülle von Halbwahrheiten. Wessen Stuhl wird hier wohl am Ende wackeln?
Drahtzieher-Haftung:
Das neueste Urteil im Fall ROSCHE: Auch die Gründer der Firma ROSCHE, Frau Rosche und Herr Vogelbacher wurden wegen Betruges zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt. Deren Verhalten führte zur Nichterfüllung von Prospektangaben, und damit zu deren Unrichtigkeit. Dies wurde auch durch Urteil des Landgericht Freiburg vom 21.03.2005 (Gz. 14 O 382/03) wie folgt festgestellt: ?? Nach der Rechtsprechung des BGH- ergangen zur vertraglichen Prospekthaftung- sind außer den Personen und Unternehmen, die den Prospekt unmittelbar herausgeben, auch diejenigen verpflichtet, für die Richtigkeit und Vollständigkeit der Prospektangaben einzustehen, die hinter der Anlagegesellschaft stehen und neben der Geschäftsleitung besonderen Einfluss in der Gesellschaft ausüben und deshalb Mitverantwortung tragen. (BGHZ 71, 284; BGHZ 79, 337; BGHZ 115, 213; BGH NJW 1995, 1025). Damit zählen zu dem Kreis der verantwortlichen Personen in erster Linie die Initiatoren und Gründer, die das Management bilden oder beherrschen. ? Aus diesem Grund schenkten sie (die Anleger) typischerweise denjenigen ihr Vertrauen, die hinter der Gesellschaft stünden und als die Verantwortlichen erscheinen. Soweit Werbeprospekte mit ihrem Wissen und Wollen in Verkehr gebracht worden sind, sind diese Personen haftbar (BGHZ 71, 284; BGHZ 72, 382).?
Was der Vermittler daraus lernen kann:
1. Archivieren Sie Ihre Schulungsunterlagen und alle Prospekte ? auch das Experten-Archiv bietet ein passendes elektronisches Hochregal.
2. Sichern Sie sich dagegen ab, dass es später heißt, Sie als Vermittler hätten die kriminelle Idee einer kreditfinanzierten Rente oder eines X-fach-Hebels auf eine britische Lebensversicherung gehabt. Wie anders wollen Sie der Staatsanwaltschaft sonst klar machen, dass nicht Sie die Fäden gezogen haben, sondern eine Gruppe von Hintermännern aus dem Vertrieb?
3. Vergessen Sie nicht: Bei finanzierten Kapitalanlagen kann es darauf ankommen, welcher reale Wert und welche realen Renditen (z.B. : ?nicht der Fälligkeitsbonus sondern der jährliche garantierte Wertzuwachs zählt?) einer Kapitalanlage welchen festen Kreditkosten gegenüber steht ! Hier geht es strafrechtlich bisweilen um Bandenbetrug, der erst nach 10 (zehn !) Jahren verjährt. Wollen Sie als ?einfacher? Vermittler die Suppe für eine fehlerhafte Distributoren-Schulung auslöffeln?
4. Beziehen Sie Stellung: Vertriebs- und Schulungsunterlagen sind wichtiges Beweismaterial. Wenn Sie als Finanzbetrüger verurteilt würden, werden Sie die Schulden daraus auch nicht ?billig? über ein sechs-jähriges Insolvenzverfahren los.
5. Auch wenn Sie redlich arbeiten: Ein Restrisiko besteht immer. Klopfen Sie Ihre Distributoren, Vertriebe und Produktgeber ab: Gibt es ein anständiges Beratungsprotokoll zum Produkt? Schützen Sie sich durch Zwischenschaltung einer Kapitalgesellschaft (dies kann nur helfen wenn kein Strafdelikt im Spiel ist) ! Das verbleibende Risiko gehört versichert.
6. Gemäß BGH-Urteil vom 13.12.200o müssen Sie als Vermittler die wirtschaftliche Tragfähigkeit eines Kapitalanlagekonzeptes prüfen. Entscheidend ist die Bonität der Vertragspartner, § 18 KWG. Machen Sie doch mal die Probe aufs Exempel ? überprüfen Sie Ihren Vertriebspartner. Im Experten-Archiv können Sie nachsehen, ob die Weste sauber ist ? oder lassen Sie experten.de eine Anfrage starten.
7. Wenn Ihnen Ihr Vertriebspartner keine Haftungsfreistellung gibt, wird es Zeit für den richtigen Versicherungsschutz in eigener Sache zu sorgen und die Bonität des Distributors zu hinterfragen.

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Über den Autor

Dr. Johannes Fiala Dr. Johannes Fiala
PhD, MBA, MM

Dr. Johannes Fiala ist seit mehr als 25 Jahren als Jurist und Rechts­anwalt mit eigener Kanzlei in München tätig. Er beschäftigt sich unter anderem intensiv mit den Themen Immobilien­wirtschaft, Finanz­recht sowie Steuer- und Versicherungs­recht. Die zahl­reichen Stationen seines beruf­lichen Werde­gangs ermöglichen es ihm, für seine Mandanten ganz­heitlich beratend und im Streit­fall juristisch tätig zu werden.
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