Hohe Nachzahlungen Lebensversicherung

Kontrolle
Der Bundesgerichtshof verurteilte Versicherer, beim Rückkaufswert nachzubessern. Wurden bei der Kündigung auch Stornoabzüge vorgenommen, sind diese oft zu erstatten.
Betroffen sind Versicherungskunden, die eine Kapital-Lebensversicherung oder eine private Rentenversicherung (ab Januar 1995, möglicherweise auch schon früher) abgeschlossen haben. Nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 15. Februar 2006 kommen möglicherweise auch Altverträge (Abschluss 1994 oder früher) für die Nachzahlung und Neuberechnung in Frage. Wurde die Versicherung inzwischen gekündigt (bis Mitte 2001, möglicherweise auch noch später), kann vom Versicherer eine Neuabrechnung und danach dann oft eine zusätzliche Auszahlung verlangt werden. Basis dafür sind verschiedene Urteile des Bundesgerichtshof (BGH) vom 12. Oktober 2005 (IV ZR 162/03, 177/03 und 245/03). Danach sind zwei Abrechnungsposten besonders interessant: a) Ein Stornoabzug ist nicht gestattet. b) Es ist knapp die Hälfte der eingezahlten Beiträge zu erstatten. Besonders hoch fällt die Nachzahlung aus, wenn der Vertrag nur kurze Zeit gelaufen ist. Auch bei länger laufenden Verträgen, ist der Stornoabzug laut BGH unzulässig. In jedem Falle sollte der Kunde einen Aktuar seines Vertrauens einschalten, also einen versicherungsmathematischen Sachverständigen, wie beispielsweise www.pkv-gutachter.de Nicht selten werden dadurch erhebliche „Irrtümer bei der Neuabrechnung“ aufgedeckt, wie beispielsweise, _ die Hälfte der Beiträge (genau gesagt: Die „Hälfte des ungezillmerten Deckungskapitals“ nach der BGH-Vorgabe) wurde nicht richtig berechnet, _ es wurden die üblichen Zinsen auf die verspätete Nachzahlung vergessen, _ die Gutschrift der unberechtigt abgezogenen Stornoabschläge nicht berücksichtigt. Ein Trick der Versicherer ist es, eine Kulanzzahlung anzubieten — das Nachrechnen durch einen Aktuar beziehungsweise Versicherungsmathematiker kann erhebliche Zusatzzahlungen bedeuten. Die Angebote einer Abfindung oder Kulanzzahlung sollten geprüft werden: Der Versicherungskunde sollte sich die rechnerische Nachprüfung schriftlich in jedem Falle vorbehalten. Führende Richter und Wissenschaftler haben sich dazu bereits geäußert: Demnach ist erst einmal die Neuabrechnung geschuldet — denn wenn der Anspruch nicht bekannt ist, kann er auch nicht verjähren. Eine andere Meinung geht davon aus, dass erst seit den BGH-Urteilen vom 12.10.2005 die Verjährungsfrist angelaufen sein kann. Es gibt aber auch zahlreiche andere Einschätzungen dazu. Herangezogen werden können dabei die Grundsätze, wie sie im Bankenbereich entwickelt wurden: Dort geht es um Fälle, bei welchen die Bank bei Zinsen und Spesen rechtswidrig die Konten der Kunden zusätzlich belastet haben. Auch fondsgebundene Lebensoder Rentenversicherungen können betroffen sein: Nach einer Entscheidung des LG Aachen (Urteil vom 11. Oktober 2002, Az. 9 O 355/01) können die Grundsätze des BGH über die Verrechnung von Abschlusskosten und Stornoabzüge sowie und zum Rückkaufswert entsprechend gelten. Also kann es auch hier zu Nachzahlungen an den Versicherungskunden kommen. Nicht zu vergessen ist die Vermittler- und Beraterhaftung. Wer sein Geld anlegt, darf erwarten, dass er ordentlich beraten wird. Dabei kann es grob fehlerhaft sein, einem Kunden einen zig-Jahre laufendend Sparvertrag zu vermitteln, wenn nicht gesichert erscheint, dass er die Laufzeit „durchhalten“ kann. Oft sehen Vermittler auf die Provision, anstatt zu prüfen, ob genügend andere Reserven (im kurz- und mittelfristigen Bereich) vorhanden sind. Fehlt eine ausreichende Absicherung gegen Arbeitslosigkeit, Erwerbsunfähigkeit, Krankheit etc. ist es absehbar, dass eine Lebensversicherung das vertraglich vereinbarte Ende nicht erleben kann. Ein Ansatz für die Beraterhaftung ist dann die Antwort auf die Frage: Konnte sich der Kunde dieses Produkt überhaupt leisten? Eine beliebte Variante ist es auch, dem Kunden die Lebensversicherung auf Kredit zu verkaufen (Sofortrente). Dies geht meist schief, denn die Kreditzinsen sind sicher, die Wertsteigerung der Lebensversicherung nicht. Am Ende kündigt die kreditgebende Bank die Versicherung, und der Kunde bleibt auf einem Berg von Schulden sitzen. Banken und Versicherungen, aber auch ihre Vermittler, sehen sich zunehmend in der Verantwortung, wenn bei der Eigenheimfinanzierung das Darlehen mit einer Lebensversicherung gekoppelt wurde. Daran verdient oft nur der Vermittler – für den Kunden ist diese Finanzierung oft wesentlich teurer. Das Abbezahlen der eigenen vier Wände kann sich bei gleicher Zahlungshöhe von etwa 15 auf schätzungsweise 25 Jahre unnötig verlängern. jf
(Landpost 2/2007, 29)
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Über den Autor

Dr. Johannes Fiala Dr. Johannes Fiala
PhD, MBA, MM

Dr. Johannes Fiala ist seit mehr als 25 Jahren als Jurist und Rechts­anwalt mit eigener Kanzlei in München tätig. Er beschäftigt sich unter anderem intensiv mit den Themen Immobilien­wirtschaft, Finanz­recht sowie Steuer- und Versicherungs­recht. Die zahl­reichen Stationen seines beruf­lichen Werde­gangs ermöglichen es ihm, für seine Mandanten ganz­heitlich beratend und im Streit­fall juristisch tätig zu werden.
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