Im Einkauf liegt der Gewinn – Kundenvorteile durch Provisionsabgabe

Die Provisionsabgabe durch den Cash-Back-Versicherungsmakler als Alternative zum Nettotarif. Wie Versicherungsmakler bis zu mehr als 40% der Versicherungsprämien ihren Kunden abgeben

 

Immer mehr Vermittler verzichten auf ihre Provisionen, nicht nur bei Versicherungsvermittlung, sondern auch bei offenen Investmentfonds auf bis zu 5% Ausgabeaufschlag oder bei geschlossenen Beteiligungen auf bis zu mehr als 5% Agio. Als Rabatt bekommen die Kunden vielfach bereits auch etwas von der Innenprovision (bis zu mehr als 10% bei geschlossenen Beteiligungen) erstattet. Ausdrücklich wird dann auf Maklercourtage verzichtet, die kostenlose Depotführung, der kostenlose Vermittlerwechsel und der kostenfreie Depotübertrag beworben. Bei geschickter Gestaltung können diese Rabatte ganz oder teilweise steuerfrei sein. Auf Nettotarife, also Produkte die ohne Provisionen bzw. Courtage kalkuliert sind, sind diese Vermittler nicht mehr angewiesen. Bisweilen wird auch beteuert, daß der Kunde alle Kick-Backs bzw. Retrozessionen später erstattet bekommt.

 

Ein Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt/Main macht es möglich

Durch Urteil des Verwaltungsgerichts (VG) Frankfurt am Main (vom 24.10.2011, Az. 9 K 105/11.F) zum Provisionsabgabeverbot war eine Untersagungsverfügung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) aufgehoben worden, § 81 II 4 Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG). Die BaFin hatte zunächst Sprungrevision eingelegt, jedoch später zurückgezogen.

Einige Versicherer vertreiben ihre Produkte gar nicht erst über Agenten, Vertreter bzw. Makler, sondern durch Angestellte oder über das Internet, so daß es keine Provisionen zur Weitergabe gibt.

 

Schwierigere Zeiten für freie Vermittler und Berater

Im Bereich der Versicherungsvermittler ist bis zu mehr als die Hälfte seit der Regulierung in 2007 aus dem Markt ausgeschieden. Bei den Finanzanlagevermittlern von offenen und geschlossenen Fonds nebst Tippgebern werden absehbar bis zu mehr als 80% durch die Regulierung in 2013 vom Markt verschwinden. Freie Finanzdienstleister, also Berater und Vermittler, werden nach intensiverer Beratung von Neukunden zu bestimmten Produkten immer häufiger durch die Themen Provisionsweitergabe und Nettotarife belastet.

 

Cash-Back: Ohne Beratung bis zu mehr als 90% der Courtage oder Provision zurück an den Kunden

Die BaFin behauptete “Das Provisionsabgabeverbot ist damit nicht per se aufgehoben.” (SZ vom 19.06.2013), obgleich das VG das Provisionsabgabeverbot als rechtswidrig beurteilte. Fest steht, daß die BaFin das Provisionsabgabe nicht mehr gerichtlich durchsetzen kann oder will, weil es gerichtlich als rechtswidrig beurteilt wurde. Mehr noch: Die BaFin erklärte, dass sie das Verbot grundsätzlich überprüfen werde und bis dahin keine weiteren Verfahren mehr wegen Verstößen gegen das Provisionsabgabeverbot einleiten werde. Es muß dem Versicherungsnehmer bzw. Kapitalanleger überlassen bleiben, ob er Beratung will, oder ein Discounterprodukt bzw. „Execution only“. Es gibt ja auch schon Onlinebroker für Aktien, warum soll dies bei Versicherungen anders sein?

 

Lediglich rund ein Promille der Kunden möchte für Beratung ein Honorar bezahlen

Versicherungsmakler und sonstige Berater und Vermittler laufen Gefahr, daß Onlinemakler – nicht nur Google – ihnen die Geschäftsmöglichkeiten einengen. Einige Discounter wären ohne irgend einen Wettbewerbsverstoß ebenfalls in der Lage, neben den Süßigkeiten an der Kasse und Anträgen für Mobiltarife auch Anträge für Versicherungsschutz bereit zu legen, beispielsweise für die Mitglieder eines Kunden-Clubs, solange dieser und nicht der Kunde selbst Versicherungsnehmer wird und deshalb – wie auch die BaFin bestätigt – gar keine Versicherungsvermittlung vorliegt.

 

Beratung ist den wenigsten Versicherungskunden das wert, was es tatsächlich kostet, wie an der Honorarberatung zu sehen ist. Rund einer Viertelmillion Vermittlern stehen gerade mal ein paar Hundert Renten- und Versicherungs(honorar)berater gegenüber. Natürlich muß man als Makler ohne Beratung sehr deutlich sagen, wie die Dinge laufen, damit die Tätigkeit ohne Beraterhaftung funktioniert. Kunden, die sich selbst sachkundig machen, benötigen keinen Berater. Bisher war die Beratung sowieso einkalkuliert und für die Kunden erkennbar ohne Extra-Kosten. Das ändert sich aber nun.

 

Ohne Beratungsversprechen und –berufsbild kein Beratungsverzicht nötig

Es ist also die Entscheidung des Kunden auf eigenes Risiko auf Beratung von Anfang an zu verzichten. Bei Versicherungen herrscht bisweilen der Irrglaube, daß der Gesetzgeber großen Wert darauf lege, daß die Bürger gut versichert sein sollen. Der Gesetzgeber will jedoch nur, daß wer meint, einen Vermittler beauftragen zu müssen, wenigstens mit einer qualifizierten Beratung rechnen soll, beim Makler sogar mit einer noch besseren. Aufgedrängt wird sie ihm aber nicht. Es gilt auch hier das Prinzip der Selbstverantwortung.

 

Information über das Internet

Zunehmend nutzen Makler das Internet nicht nur dazu, ihre Kompetenz darzustellen und den Kunden  zu einem Anruf bei ihm zu bewegen, sondern ihm alle wesentlichen Informationen zu geben, um seinen Bedarf und gewünschten Versicherungsschutz in einem Formular genau zu formulieren, sonst aber auf Beratung zu verzichten. Damit können Produkte mit deutlich geringeren eingerechneten Provisionen angeboten werden – alternativ kann der Kunde auch auf Wunsch eine individuelle Beratung gegen Honorar oder mit teurer courtagepflichtigen Tarifen bekommen. So können sich auch Makler erfolgreich zwischen den Direktversicherern und Google positionieren, die Prämien für Kunden mit geringem selbst eingeschätztem Beratungsbedarf werden preiswerter und der demografische Wandel mit geringerem Nachwuchs kann auch in der Vermittlerschaft erfolgreich umgesetzt werden.

 

Provisionsabgabeverbot verstößt offenbar gegen EU-Kartellrecht

Die Versicherungswirtschaft hat sich in der „Wiesbadener Vereinigung“ zusammengeschlossen. Deren Aufgabe ist es, das Provisionsabgabeverbot gleichsam kartellmäßig durchzusetzen. Der Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) regelt das Verbot der Preisbindung der zweiten Hand (Art. 4 AEUV). Ein Verbot, den Preis für die Vertragsvermittlung durch (ggf. teilweise) Weitergabe der Provision – zur Kostensenkung der Versicherung – zu senken, ist offensichtlich wettbewerbswidrig (Art. 101 AEUV). Nur wenn Versicherungsvermittler für den Staat so wichtig wie etwa Notare wären, käme der Aspekt eines nach EU-Recht verpönten Vergütungskartells nicht zum Tragen. Lediglich das formale Festhalten an einem gerichtlich als unwirksam und faktisch nicht mehr durchgesetzten Provisionsabgabeverbot steht dem Kartellverdacht noch entgegen. Maklerverbänden wurde es jedenfalls bereits wegen Kartellrecht bereits verboten, das gesetzlich noch nicht ausdrücklich auch formal aufgehobene Provisionsabgabeverbot in ihre Berufsrichtlinien aufzunehmen.

 

Künftige Pflicht zur Offenlegung bisher „versteckter“ Vergütungen

Zudem soll der künftige Artikel 24 der EU-MiFID-Richtlinie (Market in Financial Instruments Directive) ab dem Jahre 2014 untersagen, daß freie unabhängige Vermittler von dritter Seite (Initiator, Bank, Versicherung, sonstigem Finanzhaus) hinter dem Rücken des Kunden eine Vergütung erhalten. Damit werden sich dann auch Rückabwicklungen wegen verheimlichter Kick-Backs erübrigen, so dass man ggf. sich andere Gründe für Rückabwicklungen überlegen muss. Der künftige unabhängige Finanzberater wird seine Vergütung mit dem Kunden aushandeln dürfen. Freie Finanzdienstleister werden damit gezwungen sein, den Mehrwert ihrer Beratung darzustellen.

 

Wenn Versicherungskunden zu rechnen anfangen

Vermehrt schauen sich Kunden auch nach Angeboten aus dem Ausland um, und vergleichen diese dann von Seiten der Bedingungen mit inländischen Produkten. So kann eine Betriebshaftpflicht im Ausland bis zu mehr als 60% an Versicherungsprämie einsparen. Oder eine ausländische Rentenversicherung in einem Nicht-EWR-Land mit BiSex-Kalkulation bietet bis zu 20% mehr an Rente für Männer. Eine Krankenversicherung aus dem Ausland kann ganz und gar ohne Altersrückstellungen kalkuliert sein, was bis zu mehr als 50% der Prämie zunächst einsparen kann. Selbst Ausschreibungen für Versicherungsschutz lassen sich im Ausland organisieren, sobald es über die Jahre um ein höheres fünf- oder sechsstelliges Prämienvolumen geht.

 

Geschäftsführer muss Provisionsabgabe oder Auslandsversicherung prüfen

Geschäftsführer, die im Markt unbesehen geforderte Preise zahlen, können sich schadenersatzpflichtig machen. Daher ist ein Geschäftsführer gezwungen, nicht nur eine günstige betriebliche Versicherung auch im Ausland auszuwählen, sondern er muss sich auch für eine Provisionsabgabe oder Abschluss über Discountmakler einsetzen. Ein Geschäftsführer, der für eine betriebliche Sachversicherung oder den Abschluss von Direkt- und Entgeltumwandlungsversicherungen in der betrieblichen Altersversorgung keine oder eine zu geringe Provisionsabgabe verlangt, ausländische Angebote nicht prüft  oder über einen zu teuren Vertriebsweg abschließt, macht sich schadenersatzpflichtig gegenüber den Unternehmenseignern. Dies kann bis zum Vorwurf der strafbaren Untreue gehen, wenn er sehenden Auges einem Vermittler gestattet, gegenüber dem tatsächlichen Aufwand unverdient hohe Provisionen zu vereinnahmen und zu behalten, oder es akzeptiert, wenn dieser ausländische Tarife schlicht aus seinem Angebot von vornherein ausschließt. Auch bei der Beauftragung von Versicherungsberatern muss darauf geachtet werden, dass diese tatsächlich alle auch im Ausland erhältlichen Angebote in ihre Beratung mit einschließen.

 

von Dr. Johannes Fiala und Dipl.-Math. Peter A. Schramm

 

veröffentlich im P.T.Magazin am 16.02.2015

http://www.pt-magazin.de/newsartikel/archive/2015/february/16/article/im-einkauf-liegt-der-gewinn-kundenvorteile-durch-provisionsabgabe.html

und

www.experten.de (veröffentlicht am 11.02.2015 unter der Überschrift: Cash-Back oder Nettotarif?)

und

www.network-karriere.com (Ausgabe März 2015 unter der Überschrift: Provisionsabgabe durch den Cash-Back-Versicherungsmakler)

 

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Über den Autor

Dr. Johannes Fiala Dr. Johannes Fiala
PhD, MBA, MM

Dr. Johannes Fiala ist seit mehr als 25 Jahren als Jurist und Rechts­anwalt mit eigener Kanzlei in München tätig. Er beschäftigt sich unter anderem intensiv mit den Themen Immobilien­wirtschaft, Finanz­recht sowie Steuer- und Versicherungs­recht. Die zahl­reichen Stationen seines beruf­lichen Werde­gangs ermöglichen es ihm, für seine Mandanten ganz­heitlich beratend und im Streit­fall juristisch tätig zu werden.
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