Keine Berufsunfähigkeitsrente für GmbH-Geschäftsführer trotz Pensionszusage

Aktuell gerät die typische Mittelstands- GmbH immer öfter in eine Krisensituation, weil ein Geschäftsführer plötzlich berufsunfähig wird. Ein Einzelfall? Nein, denn Insolvenzverwalter beobachten, dass zunehmender Insolvenzgrund die Berufsunfähigkeit des Geschäftsführers geworden ist. Doch wo liegen die Ursachen und Haftungsfallen? Was ist zu beachten?

 

Risiko fehlender Rückdeckung

Die Pensionszusage ist ein Modell, um zunächst einmal bei der GmbH Steuern zu sparen. Daher ist es so beliebt. Doch bereits bei der Altersversorgung, also der reinen Altersrente, ist wenig bekannt, dass die notwendigen Finanzmittel etwa doppelt so hoch sein müssen, wie sie steuerlich ansetzbar sind. Dies bedeutet, dass das Unternehmen also Gewinne zur Seite legen und dann dazu noch etwa die Hälfte versteuern muss.

 

Risiko falscher Maklerauskunft

Nicht selten kommt es vor, dass der Vermittler dem Kunden sagt, dass es bei bestimmten Vorerkrankungen keine Möglichkeit zur Versicherung gibt. Später tritt dann die Invalidität ein, und ein neuer Versicherungsmakler forscht nach. Bei verschiedenen Gesellschaften ergibt sich dann aus deren Archiv, dass der Kunde tatsächlich doch versicherbar gewesen wäre. In der Folge muss der frühere Vermittler nun die Invaliditätsrente bezahlen.

 

Risiko der Rückstellungswerte

Des weiteren werden die Rückstellungen für eine Pensionszusage auf der Basis nach den sogenannten Heubeck- Sterbetafeln berechnet mit einer Verzinsung von derzeit 6,0 % p.a. netto. Dazu müsste jedoch eine Kapitalanlage oder eine Versicherungspolice eine Rendite von ca. 10,0 % p.a. brutto erwirtschaften. Die Pensionszusagen wurden jedoch in der Vergangenheit und auch heute noch mit einer deutschen Kapitallebensversicherung finanziert bzw. rückgedeckt, die realistische Rendite von deutschen Lebensversicherungen beträgt jedoch derzeit nur ca. 4,0 % p.a. brutto, also nach Steuern ca. 2,40 % netto (Steuersatz 40 % der GmbH). Die fehlenden Finanzmittel bei Renteneintritt des Geschäftsführers muss dann die GmbH aus dem eigenen Cash flow der GmbH bedienen – und dies oft für die nächsten 20 Jahre bis zum Lebensende.

 

Risiko fehlender Versicherungslösung

Hinzu kommt, dass eine typische Mittelstands- GmbH es sich finanziell gar nicht leisten kann, wenn ein Geschäftsführer invalide wird. Seine Berufsunfähigkeit führt zu finanziellen Verpflichtungen, die schnurgerade in die Insolvenz führen. Betriebswirte sprechen von einer ”inkongruenten Rückdeckung“, wenn dem Geschäftsführer zwar eine Berufsunfähigkeitsrente in seiner Pensionszusage zugesagt ist, es jedoch für dieses Risiko keine besondere Rückdeckung gibt. Dann muss im Schadensfall die Mittelstands- GmbH den finanziellen Aufwand alleine tragen.

 

Risiko in der Versicherungslösung

Häufig wurde jedoch in der Vergangenheit eine Berufsunfähigkeitsrente in die Pensionszusage mit eingeschlossen, da dies ein originäres Geschäftsfeld der Versicherungsgesellschaften ist. Dabei lassen sich auch gute Versicherungsprämien verdienen, die häufig fast 20–30 % der gesamten Prämie für den Versicherungsvertrag ausmachen.

Diese in dem Gesamtvertrag eingebaute Risikoprämie hat den Nachteil, dass für den Sparanteil der Versicherung, welcher zur Finanzierung der Altersrente benötigt wird, keine ausreichenden Finanzierungsmittel im Alter zur Verfügung stehen. Anders ausgedrückt, wenn nur 70– 80 % Sparanteil in die Rückdeckung zur Altersrente fließen, dann ist bei Rentenbeginn meistens das dann erforderliche Kapital zur Finanzierung der Rente nicht vorhanden. Ein Teufelskreis, denn bei fehlender Finanzierbarkeit kann das Finanzamt unter Umständen auf verdeckte Gewinnausschüttung verweisen, was wiederum zur Insolvenz führen kann. Im günstigsten Fall hat jedoch die GmbH das Risiko der Berufsunfähigkeit mit einer Berufsunfähigkeitsrente bei einem Versicherer abgesichert, was in ca. 90 % aller am Markt befindlichen Pensionszusagen der Fall ist.

Hier beginnt häufig jedoch ein weiteres Drama, welches der Versicherungsvertreter aus geschäftlichen Gründen meistens nicht erwähnt. Sollte der Kunde gesund sein und die Berufsunfähigkeitsrente vom Versicherer akzeptiert werden, dann scheint alles in Ordnung zu sein. In vielen Alt-Pensionszusagen wurde jedoch auf eine Leistung der Berufsunfähigkeitsrente in Bezug auf die gesetzliche Rentenversicherung abgestellt, was früher richtig war, solange es vom Gesetzgeber noch eine Berufsunfähigkeitsrente gab. Diese wurde jedoch im Zuge der Umstellung auf die sogenannte Erwerbsminderungsrente fallengelassen und deshalb gibt es vom Gesetzgeber keine Berufsunfähigkeitsrente mehr.

Fatal für die GmbH und den GGF, wenn zwar eine Klausel zur Zahlung einer Berufsunfähigkeitsrente in der Zusage steht, die GmbH jedoch die Rente an den GGF nicht bezahlen darf – aus vorgenannten Gründen. Diese Klausel sollte jede GmbH im Interesse seines GGF dringend überprüfen lassen und von einem Fachmann entsprechend umgestalten lassen. Wichtig wäre hier auf jeden Fall, die Berufsunfähigkeitsrente auf die aktuellen Versicherungsbedingungen der jeweiligen Versicherungsgesellschaft abzustimmen. Das bedeutet, die GmbH ist nur dann zur Rentenzahlung bei Berufsunfähigkeit verpflichtet, wenn die Versicherungsgesellschaft aufgrund der Bedingungen auch leistet, ansonsten droht wieder die Insolvenz.

 

Steuer-Risiko einer Gestaltung im Unternehmen

Nicht selten fehlt auch eine Vergleichsrechnung zur steuerlichen Optimierung der Belastung. Hierbei sind zwei Gestaltungsfehler typisch, nämlich zunächst einmal, dass bei der Musterberechnung zur Bedarfsermittlung schlicht übersehen wurde, dass derartige Renten auch versteuert werden müssen. Der Geschäftsführer wird sich dann überlegen, ob die Musterberechnung nicht schwer fehlerhaft war und er die fehlende Rente zur Bezahlung der Steuer vom Versicherungsvermittler verlangen kann. Hinzu kommt, dass es möglicherweise im Einzelfall ”per Saldo“ preiswerter sein kann, die Berufsunfähigkeit privat über eine reine Risikoversicherung, also nicht über eine Pensionszusage im Betrieb, abzusichern. In schöner Regelmäßigkeit werden solche Vergleichsberechnungen erst später vom Steuerberater erstellt als Schadensnachweis. Einige Vermittler übersehen auch diese Aufgabe und versäumen eine ”Reparatur“ dieser Haftungsfalle.

 

Problematik der Invalidenrente im Rahmen einer Firmenpensionszusage

Das voraussichtlich höchste Steuerrisiko ist beim vorzeitigen Leistungsfall Berufsunfähigkeit des Geschäftsführers jedoch das Bilanzsprungrisiko. Eine verhältnismäßig hohe Invalidenrente im Rahmen einer Pensionszusage einer GmbH an den Geschäftsführer ist grundsätzlich problematisch. Im Falle des Eintritts einer Invalidität ergeben sich für die GmbH hohe Risiken, die dann in der Regel durch eine Rückdeckungsversicherung aufgefangen werden sollen.

Die Invalidität ist leider in aller Regel nicht unstreitig feststellbar, sie ist darüber hinaus an eine Vielzahl von Bedingungen geknüpft. Bei den zur Diskussion stehenden Invalidenrenten wird sehr häufig die Leistungspflicht vom Versicherer zunächst nicht anerkannt, diese ist dann oftmals durch lange Streitereien und auch Prozessgänge durchzusetzen. Neueste Urteile zu diesem strittigen Thema der Berufsunfähigkeit zeigen, dass es für einen Selbständigen (vor allem auch beherrschende GmbH-Gesellschafter- Geschäftsführer – kurz GGF) praktisch fast unmöglich ist, eine derartige Rente zu erhalten. Eine erst jetzt bekanntgewordene Entscheidung vom 18. Februar 2005 vom Oberlandesgericht Hamm weist die Klage eines Gastwirtes gegen seinen Berufsunfähigkeitsversicherer ab (Az: 20 U 174/04).

Begründung: Ein Selbständiger ist erst dann berufsunfähig, wenn ihm in seinem Betrieb keine Tätigkeitsbereiche offen stehen, in denen er mit seiner gesundheitlichen Beeinträchtigung in bedingungsgemäßem Umfang noch arbeiten kann. Die Richter konstatierten: Ein Selbständiger sei im Falle einer gesundheitlichen Beeinträchtigung dazu gehalten, seinen Betrieb nötigenfalls umzuorganisieren.

Im Klartext: Verfügt ein Betrieb über Tätigkeitsfelder, die dem Betriebsinhaber gesundheitlich noch zumutbar sind, oder würde eine zumutbare Umorganisation des Betriebes entsprechende Betätigungsmöglichkeiten eröffnen, so schließt dies nach Überzeugung des Gerichts eine bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit aus. Bei einer Umorganisation müssten gegebenenfalls auch Entlassungen und Neueinstellungen anderer Beschäftigter in Betracht gezogen werden. Fazit: Dem Inhaber einer Speisegaststätte , der nicht mehr schwer heben und tragen und auch nicht mehr lange gehen und stehen kann, verbleibt nach Aussage der Richter ein breites Spektrum an Beschäftigungsmöglichkeiten, z. B. eine aufsichtsführende Tätigkeit.

Des Weiteren ergibt sich die Schwierigkeit, dass die Bedingungen des Rückdeckungsversicherers und die der Pensionszusage nur schwerlich gleichzuschalten sind. Der theoretisch mögliche Hinweis in der Pensionszusage auf die Bedingungen des Versicherers ist steuerlich problematisch, weil hier eine eigenständige Leistungsdefinition verlangt wird. Darüber hinaus schützt auch diese nicht unbedingt davor, dass am Ende folgendes Kuriosum auftreten kann: Im Falle einer Invalidität muss der Arbeitgeber (GmbH) im Rahmen des Vertrages zwischen ihm und seinem GGF die Invalidenrente leisten, wohingegen der Versicherer sich hiergegen eventuell erfolgreich wehrt. Der GGF würde in diesem Fall auf seinen Leistungen bestehen mit der Folge, dass die GmbH einen erheblichen Kapitalbetrag als Deckung für die Invalidenrente zur Verfügung stellen muss. Der GGF könnte jedoch eventuell auf seine Ansprüche verzichten. Dies könnte ihm jedoch steuerlich als unüblich ausgelegt werden mit der Folge, dass das Finanzamt ihm in der Höhe des Barwertes der Invalidenrente eine lohnsteuerpflichtige verdeckte Eigenkapitaleinlage definiert. Aus diesen Gründen sollte grundsätzlich überlegt werden, die Invalidität bzw.

Berufsunfähigkeitsrente aus einer Firmenpensionszusage herauszuhalten. Dies gilt insbesondere dann, wenn die GmbH von mehreren beteiligten Geschäftsführern (oder auch Prokuristen) geführt wird, so dass der jeweils verbleibende Partner sich mit dieser Problematik auseinandersetzen muss. Der Unternehmensberater A. Bosl vom MBD Mittelstands-Beratungs-Dienst, Pöcking, sieht hier erheblichen Beratungsbedarf in bestehenden Pensionszusagen und schlägt folgende Problemlösungen vor:

Besser ist hier die Verlagerung der Absicherung der Berufsunfähigkeit in den privaten Bereich, weil dann die GmbH und deren GGF nicht belastet werden. Zudem ist eine reine Risikoversicherung für die Berufsunfähigkeit oft wesentlich preiswerter und hat zudem meistens noch einen besseren Versicherungsschutz – je nach BU-Rating der Versicherung. Eine bestehende Berufsunfähigkeitsrente könnte auch auf den sogenannten Soll/Teilwert der Rückstellungen begrenzt werden. Dies hat den Vorteil, dass die GmbH zwar eine BU-Rente im Leistungsfall an den GGF bezahlt, jedoch nur auf die wesentlich niedrigeren Rückstellungswerte zum Zeitpunkt der BU. Das Bilanzsprungrisiko entfällt dann vollständig und die GmbH kann diese Rentenzahlungen meistens problemlos verkraften.

Die Pensionszusage und Rückdeckungsversicherung müsste jedoch neugestaltet werden und das Restrisiko der Invalidität über eine preiswerte private BU-Rente bei einem guten Versicherer neu eingedeckt werden. Hier sollte jedoch vorab überprüft werden, inwieweit der neue Versicherer das BU-Risiko aufgrund der bestehenden Gesundheitsverhältnisse absichert. Erst dann sollte der bestehende Vertrag reduziert bzw. umgestaltet werden. Eine lohnende Geschichte, wenn man bedenkt, dass unter Umständen allein durch das Bilanzsprungrisiko oft 200000 bis 300000 Euro Rückstellungen gewinnmindernd vom Steuerberater in die Bilanz eingebucht werden müssen, was unweigerlich eine Insolvenz für die GmbH bedeuten kann.

Eine sinnvolle Alternative für Führungskräfte bzw. Geschäftsführer ist auch eine Keyman-Police gegen z. B. 36 schwere Erkrankungen, (Krebs, Herzinfarkt etc.) die eine sofortige hohe Kapitalsumme zur Verfügung stellt und steuermindernd als Betriebsausgabe geltend gemacht werden kann. Diese Police ist oft sinnvoller, da die sofort fälligen Summen der GmbH eine sofortige hohe Liquidität zuführen. Damit können z. B. ein neuer Geschäftspartner eingestellt werden oder auch hohe Kreditverpflichtungen von der Firma abgelöst werden. Streitereien vor Gericht werden meistens vermieden, denn Herzinfarkt ist Herzinfarkt, und die klar im Vertrag definierten Erkrankungen führen somit automatisch zur Leistungspflicht des Versicherers.

 

von Dr. Johannes Fiala und Andreas Bosl

 

mit freundlicher Genehmigung von

www.median-verlag.de (veröffentlicht in Hörakustik 4/2007, Seite 76)

und

www.comepetence-site.de (veröffentlicht in competence-site.de, 01.2007)

und

www.channelpartner.de (veröffentlicht am 17.01.2007)

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Über den Autor

Dr. Johannes Fiala Dr. Johannes Fiala
PhD, MBA, MM

Dr. Johannes Fiala ist seit mehr als 25 Jahren als Jurist und Rechts­anwalt mit eigener Kanzlei in München tätig. Er beschäftigt sich unter anderem intensiv mit den Themen Immobilien­wirtschaft, Finanz­recht sowie Steuer- und Versicherungs­recht. Die zahl­reichen Stationen seines beruf­lichen Werde­gangs ermöglichen es ihm, für seine Mandanten ganz­heitlich beratend und im Streit­fall juristisch tätig zu werden.
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