Kommt die risikogerechte Übertragung von Alterungsrückstellungen in der PKV?

Wie auch Kranke ihren Versicherer wechseln können:
Bis 2008 wurde darüber diskutiert, dass die Mitgabe der Alterungsrückstellung beim Versichererwechsel überhaupt nur möglich sei, wenn der Mitgabewert entsprechend dem individuellen Krankheitsrisiko des Versicherten bestimmt wird, also der Kranke mehr Alterungsrückstellung mitbekommt als der Gesunde. Wenn der Kranke nämlich nicht so viel Alterungsrückstellung mitnimmt, dass damit die beim neuen Versicherer erhobenen Risikozuschläge aufgewogen werden, haben die Kranken schlechtere Wechselchancen. Folge ist, dass sich durch die vermehrten Wechsel Gesunder unter Mitnahme ihrer Alterungsrückstellung die Kranken beim bisherigen Versicherer ansammeln, was zur Entmischung und zusätzlichen Prämienerhöhungen führt.

Weil bis dahin die entsprechende Berechnung einer individuell risikogerechten mitzugebenden Alterungsrückstellung jedenfalls für noch nicht praktisch lösbar gehalten wurde, hatte die PKV-Branche zunächst jede Mitgabe der Alterungsrückstellung abgelehnt.  Der Gesetzgeber hielt hingegen den Verweis auf gewisse „versicherungstechnische Schwierigkeiten“ nicht für relevant im Vergleich zu den Anforderungen an mehr Wettbewerb in der PKV.

Seit 2009 gilt nun: Alterungsrückstellungen sind individuell zugewiesen und übertragbar – so steht es im Gesetz und das Bundesverfassungsgericht hat dies bestätigt.

Die Problematik der vermehrten Entmischung besteht natürlich nach wie vor, doch ist nun der Ausgangspunkt der Überlegungen nicht mehr, die Mitgabe zu verhindern, sondern die damit verbundenen Folgen und Probleme zu entschärfen.  Damit gewinnen Überlegungen, wie denn nun eine zumindest ansatzweise individuelle risikogerechtere Mitgabe der Alterungsrückstellungen erfolgen kann, vermehrt an Bedeutung. Selbst die Deutsche Aktuarvereinigung hat hierzu eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die sich dazu mit praktischen Lösungsansätzen beschäftigt und dem Vernehmen nach Fortschritte erzielt hat.

Von Seiten der wissenschaftlichen Forschung hat sich Stefan Rosenbrock seit 2007 mit der Thematik in einigen Veröffentlichungen und Vorträgen befasst. Stephan Rosenbrock entwickelt und veröffentlicht in seiner Arbeit „Die risikogerechte Übertragung von Alterungsrückstellungen in der Privaten Krankenversicherung“ – erschienen Ende 2012 im Verlag Versicherungswirtschaft (149 S., € 42,00) nun erstmals ein geschlossenes Modell zur risikogerechten Übertragung von Alterungsrückstellungen, das sich ganz ohne Änderungen am Kalkulationsmodell der PKV implementieren ließe. Die Grundidee ist, die mitzugebende Alterungsrückstellung um einen näherungsweisen – für Kranke positiven, für Gesündere negativen – Ausgleichsbetrag für das individuelle Krankheitsrisiko zu adjustieren, der sich über das Gesamtunternehmen und alle Tarife und Versicherten summiert gerade wieder aufhebt. Dazu aber nimmt sich der Arbeit aller damit verbundenen Folgerungen, Probleme und möglichen Einwände im Detail an und zeigt die Relevanz und Lösungsmöglichkeiten auf.

Das Buch richtet sich nicht nur an Wissenschaftler, Versicherungsmathematiker/Aktuare oder andere Mitarbeiter von Versicherungsunternehmen, sondern an alle an der Frage der künftigen Ausgestaltung der PKV Interessierten.

 
Die sich abzeichnende Entwicklung hat auch für Versicherungsvermittler große Bedeutung. Denn genau sie sind es, die den politisch gewollten Wettbewerb innerhalb der PKV umsetzen und fördern müssen.

Werden – wie schon aus eigenem Interesse der PKV und der für die Kalkulation verantwortlichen Aktuare stark anzunehmen ist – die Konzepte zur Mitgabe einer risikogerechten adjustierten Alterungsrückstellung umgesetzt, so erhalten gesunde Versicherte künftig deutlich weniger an Alterungsrückstellung beim Versichererwechsel mitgegeben, um damit den höheren Mitgabewert für Kranke zu finanzieren – ihre neuen Beiträge beim Wechsel werden also infolge geringeren Mitgabewertes erheblich ansteigen.  Daher sollten Gesunde mit Wechselabsicht nicht zu lange warten.

Umgekehrt dürften dann Kranke später – wenn diese oder z. B. auch bei der Deutschen Aktuarvereinigung in Arbeit befindlichen Konzepte vergleichbar umgesetzt sind – bessere Wechselmöglichkeiten haben.

 
Der schon heute politisch gewollte Wettbewerb in der PKV auch um Bestandskunden wird sich dadurch weiter verbessern – Vermittler spielen darin eine wesentliche Rolle, und Makler mit „Betreuungsverpflichtung“ sind erst recht in der Pflicht.
mit freundlicher Genehmigung vonhttp://www.my-experten.de>www.my-experten.de (experten Report 05/2013)

Dr. Johannes Fiala und Aktuar Peter A. Schramm

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Über den Autor

Dr. Johannes Fiala Dr. Johannes Fiala
PhD, MBA, MM

Dr. Johannes Fiala ist seit mehr als 25 Jahren als Jurist und Rechts­anwalt mit eigener Kanzlei in München tätig. Er beschäftigt sich unter anderem intensiv mit den Themen Immobilien­wirtschaft, Finanz­recht sowie Steuer- und Versicherungs­recht. Die zahl­reichen Stationen seines beruf­lichen Werde­gangs ermöglichen es ihm, für seine Mandanten ganz­heitlich beratend und im Streit­fall juristisch tätig zu werden.
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