Lebensversicherungen

Beratungsfehler

 

Es besteht Anspruch auf Nachforderungen für Lebensversicherungskunden In Milliardenhöhe.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat durch sein Urteil vom 26. September 2007 (Az. IV ZR 321/05) entschieden, dass Versicherungsnehmern nach Kündigung ein Mindestrückkaufswert zustehen kann. Dies gilt auch bei fondsgebundenen Lebensversicherungen. Aus gekündigten fondsgebundenen und anderen Kapital-Lebensversicherungen stehen Versicherungskunden insgesamt nach Schätzung von Fachleuten mehrere Milliarden Euro zu.

Der BGH weist darauf hin, dass die Vertragsklauseln zur Verrechnung von Abschlusskosten wegen Intransparenz auch bei fondsgebundenen Verträgen unwirksam sein können. Dem Versicherungskunden steht bei vorzeitiger Kündigung gegenüber dem Versicherer ein Anspruch auf einen Mindestrückkaufswert zu. Rechtsgrund sind intransparente oder unwirksame Klauseln in den Versicherungsbedingungen, in dem betreffenden Vertrag in §§ 12 III und 24 I AVB.

Die Versicherungsunternehmen hätten die Kunden bereits bei Vertragsschluss über die wirtschaftlichen Nachteile einer vorzeitigen Kündigung transparent aufklären müssen. Auch die Klausel zur Verrechnung der Abschlusskosten (eingeschlossen die Provision für die Vermittlung) im Wege der Zillmerung ist intransparent und damit unwirksam, wenn dem Versicherungskunden „das Ausmaß des mit der Verrechnung verbundenen Nachteils nicht erkennbar wird“. Der BGH verweist auf frühere Entscheidungen, wonach auch eine vom Versicherer vorgenommene Vertragsergänzung durch inhaltsgleiche Klauseln ebenfalls unwirksam ist. Der Versicherer hatte offenbar selbst angenommen, dass seine alten Klauseln unwirksam sind — die ersetzten neuen Klauseln waren jedoch nach dem Urteil des BGH gar nicht erst wirksam im Treuhänderverfahren zustande gekommen.

Die Versicherer hielten bisher die vorangegangenen BGH-Urteile vom 12.10.2004 für die fondsgebundene Lebensversicherung nicht für einschlägig, weil diese den Mindestrückkaufswert auf das ungezillmerte Deckungskapital beziehen. In der Fondsgebundenen Lebensversicherung gibt es aber ein solches ungezillmertes Deckungskapital gar nicht, nur ein Fondsguthaben.

Das Gericht entschied nun aber klarstellend, dass bei der fondsgebundenen Lebensversicherung an Stelle des ungezillmerten Deckungskapitals das „ungezillmerte Fondsguthaben“ die Ausgangsbasis für den Nachzahlungsanspruch des Kunden darstellt. Von Stornoabzügen ist in dem Urteil nicht die Rede — diese waren ursprünglich nur deshalb unwirksam, weil sich ihre Berechnung auf den „Zeitwert“ bezog, ein Begriff, den der BGH ebenfalls für intransparent hielt. Auch einen intransparenten Zeitwert gibt es aber bei fondsgebundenen Verträgen nicht, da an seine Stelle das Fondsguthaben tritt. Falls also überhaupt Stornoabzüge in fondsgebundenen Verträgen vorgesehen sind, können diese zumindest nicht mit den vorangegangenen BGH-Urteilen angegriffen werden.

 

Haftung

Nur ein Bruchteil der Kapitallebensversicherungen werden bis zum Ablauf „durchgehalten“ — Ursache sind oftmals massive Beratungsfehler der Vermittler. Auch dazu hat sich der BGH dieses Jahr (Urteil vom 14.06.2007) geäußert: Vermittler oder Versicherer haften, wenn die vermittelte Lebensversicherung nicht dem Bedarf des Kunden entspricht, beispielsweise nicht seiner finanziellen Leistungsfähigkeit entspricht. Insofern sind Schadensersatzansprüche aus gekündigten Lebensversicherungen der letzten 30 Jahre angesprochen. Die Mehrdeutigkeit von (nicht völlig intransparenten) Vertragsklauseln hat die für den Versicherungsnehmer günstigere Interpretation zur Folge. So hat mit Urteil vom 18. August 2006 das Amtsgericht Heidelberg (AZ: 30 C 122/06) gegen die MLP AG geurteilt, dass rund 90 Prozent der Abschlusskosten in bestimmten Verträgen zurückzuerstatten sind.

Der Versicherer hatte in seinen Klauseln nach Meinung des Gerichts nicht ausreichend klargestellt, dass die Abschlusskosten in jedem der ersten zehn Jahre anfielen, und durfte die jährlich berechneten Kosten daher nur für die ersten zehn Jahre insgesamt erheben. Oft ergibt erst eine versicherungsmathematische Begutachtung, wie der Versicherer eigentlich, aufgrund seiner verwendeten Klauseln oder ohne solche, gerechnet hat. Erst so werden die Nachteile erkennbar und einer weitergehenden rechtlichen Überprüfung zugänglich. Versicherer bieten diese Transparenz aus guten Gründen meist nicht.

von Dr. Johannes Fiala

mit freundlicher Genehmigung von

www.landpost.de (veröffentlicht in Landpost, Ausgabe 30/2008, Seite 25)

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Über den Autor

Dr. Johannes Fiala Dr. Johannes Fiala
PhD, MBA, MM

Dr. Johannes Fiala ist seit mehr als 25 Jahren als Jurist und Rechts­anwalt mit eigener Kanzlei in München tätig. Er beschäftigt sich unter anderem intensiv mit den Themen Immobilien­wirtschaft, Finanz­recht sowie Steuer- und Versicherungs­recht. Die zahl­reichen Stationen seines beruf­lichen Werde­gangs ermöglichen es ihm, für seine Mandanten ganz­heitlich beratend und im Streit­fall juristisch tätig zu werden.
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