Pensionszusage kein Ersatz für fehlende Berufsunfähigkeitsrente

Pensionszusage kein Ersatz für fehlende Berufsunfähigkeitsrente Andreas Bosl, Inhaber der Firma MBD Mittelstands-Beratungs-Dienst e.K., Unternehmensberatung in Pöcking, www.mbd-bav.de Dr. Johannes Fiala, Rechtsanwalt (München), Mediator (Univ.), MBA Financial Services (Univ.Wales), MM (Univ.), geprüfter Finanz- und Anlageberater (A.F.A.), EG-Experte (C.I.F.E.), Lehrbeauftragter (Univ. of Cooperative Education), Bankkaufmann (www.fiala.de)
Aktuell geraten typische Mittelstands- GmbHs immer öfter in eine Krisensituation, weil ein Geschäftsführer plötzlich berufsunfähig wird. Der Autor erläutert Ursachen und Haftungsfallen und gibt Hinweise zur Vermeidung des Ernstfalles. (Red.)
Es ist kein Einzelfall, den Insolvenzverwalter in jüngerer Zeit immer wieder beobachten: zunehmender Insolvenzgrund ist die Berufsunfähigkeit von Geschäftsführern mittelständischer Kapitalgesellschaften.
Risiko fehlender Rückdeckung und niedriger Rückstellungswerte
Die Pensionszusage ist ein Modell, um zunächst einmal bei der GmbH Steuern zu sparen. Daher ist es so beliebt. Doch bereits bei der Altersversorgung, also der reinen Altersrente ist wenig bekannt, dass die notwendigen Finanzmittel etwa doppelt so hoch sein müssen, wie sie steuerlich ansetzbar sind. Dies bedeutet, dass das Unternehmen also Gewinne zur Seite legen muss, und noch dazu dann etwa die Hälfte versteuern. Des Weiteren werden die Rückstellungen für eine Pensionszusage auf der Vermögensberatu Basis nach den sogenannten Heubeck Sterbetafeln berechnet. mit einer Verzinsung von derzeit sechs Prozent p. a. netto. Dazu müsste jedoch eine Kapitalanlage oder eine Versicherungspolice eine Rendite von circa zehn Prozent p. a. brutto erwirtschaften. Die Pensionszusagen wurden jedoch in der Vergangenheit und auch heute noch mit einer deutschen Kapitallebensversicherung finanziert beziehungsweise rückgedeckt, die realistische Rendite von deutschen Lebensversicherungen beträgt jedoch derzeit nur circa vier Prozent p. a. brutto, also nach Steuern circa 2,40 Prozent netto (Steuersatz 40 Prozent der GmbH). Die fehlenden Finanzmittel bei Renteneintritt des Geschäftsführers muss dann die GmbH aus dem eigenen Cash-Flow der GmbH bedienen und dies oft für die nächsten 20 Jahre bis zum Lebensende.
Risiko einer fehlenden Versicherungslösung
Hinzu kommt, dass eine typische Mittelstands- GmbH es sich finanziell gar nicht leisten kann, wenn ein Geschäftsführer invalide wird. Seine Berufsunfähigkeit führt zu finanziellen Verpflichtungen, die schnurgerade in die Insolvenz führen. Betriebswirte sprechen von einer „inkongruenten Rückdeckung“, wenn dem Geschäftsführer zwar eine Berufsunfähigkeitsrente in seiner Pensionszusage zugesagt ist, es jedoch für dieses Risiko keine besondere Rückdeckung gibt. Dann muss im Schadensfall die Mittelstands- GmbH den finanziellen Aufwand alleine tragen.
Risiko in der Versicherungslösung
Häufig wurde in der Vergangenheit eine Berufsunfähigkeitsrente in die Pensionszusage mit eingeschlossen, da dies ein originäres Geschäftsfeld der Versicherungsgesellschaften ist. Dabei lassen sich auch gute Versicherungsprämien verdienen, die häufig fast 20 Prozent bis 30 Prozent der gesamten Prämie für den Versicherungsvertrag ausmachen. Diese in dem Gesamtvertrag eingebaute Risikoprämie hat den Nachteil, dass für den Sparanteil der Versicherung, welcher zur Finanzierung der Altersrente benötigt wird, keine ausreichenden Finanzierungsmittel im Alter zur Verfügung stehen. Anders ausgedrückt, wenn nur 70 Prozent bis 80 Prozent Sparanteil in die Rückdeckung zur Al- tersrente fließen, dann ist bei Rentenbeginn meistens das dann erforderliche Kapital zur Finanzierung der Rente nicht vorhanden. Nicht selten fehlt eine Vergleichsrechnung zur steuerlichen Optimierung der Belastung. Hierbei sind zwei Gestaltungsfehler typisch, nämlich zunächst einmal, dass bei der Musterberechnung zur Bedarfsermittlung schlicht übersehen wurde, dass derartige Renten auch versteuert werden müssen. Der Geschäftsführer wird sich dann überlegen, ob die Musterberechnung nicht schwer fehlerhaft war, und er die fehlende Rente zur Bezahlung der Steuer vom Versicherungsvermittler verlangen kann.
Steuer-Risiko einer Gestaltung im Unternehmen
Hinzu kommt, dass es möglicherweise im Einzelfall „per Saldo“ preiswerter sein kann, die Berufsunfähigkeit privat über eine reine Risikoversicherung, al-ensberatung so nicht über eine Pensionszusage im Betrieb, abzusichern. In schöner Regelmäßigkeit werden solche Vergleichsberechnungen erst später vom Steuerberater erstellt, als Schadensnachweis. Einige Vermittler übersehen auch diese Aufgabe, und versäumen eine „Reparatur“ dieser Haftungsfalle. Des Weiteren ergibt sich die Schwierigkeit, dass die Bedingungen des Rückdeckungsversicherers und die der Pensionszusage nur schwerlich gleichzuschalten sind.
Eigenständige Leistungsdefinition als Kriterium
Der theoretisch mögliche Hinweis in der Pensionszusage auf die Bedingungen des Versicherers ist steuerlich problematisch, weil hier eine eigenständige Leistungsdefinition verlangt wird. Darüber hinaus schützt auch diese nicht unbedingt davor, dass am Ende folgendes Kuriosum auftreten kann. Im Falle einer Invalidität muss der Arbeitgeber (GmbH) im Rahmen des Vertrages zwischen ihm und seinem GGF die Invalidenrente leisten, wohingegen der Versicherer sich hiergegen eventuell erfolgreich wehrt. Der GGF würde in diesem Fall auf seinen Leistungen bestehen mit der Folge, dass die GmbH einen erheblichen Kapitalbetrag als Deckung für die Invalidenrente zur Verfügung stellen muss. Der GGF könnte jedoch eventuell auf seine Ansprüche verzichten. Dies könnte ihm jedoch steuerlich als unüblich ausgelegt werden mit der Folge, dass das Finanzamt ihm in der Höhe des Barwertes der Invalidenrente eine lohnsteuerpflichtige verdeckte Eigenkapitaleinlage definiert. Aus diesen Gründen sollte grundsätzlich überlegt werden, die Invalidität beziehungsweise Berufsunfähigkeitsrente aus einer Firmenpensionszusage herauszuhalten. Dies gilt insbesondere dann, wenn die GmbH von mehreren beteiligten Geschäftsführern (oder auch Prokuristen) geführt wird, sodass der jeweils verbleibende Partner sich mit dieser Problematik auseinandersetzen muss.
Lösungsansätze prüfen
Der Mittelstands-Beratungs-Dienst (MBD) sieht hier erheblichen Beratungsbedarf in bestehenden Pensionszusagen und schlägt folgende Problemlösungen vor: Besser ist hier die Verlagerung der Absicherung der Berufsunfähigkeit in den privaten Bereich, weil dann die GmbH und deren GG nicht belastet werden. Zudem ist eine reine Risikoversicherung für die Berufsunfähigkeit oft wesentlich preiswerter und hat zudem meistens noch einen besseren Versicherungsschutz, je nach BU-Rating der Versicherung. Eine bestehende Berufsunfähigkeitsrente könnte auch auf den sogenannten Soll/Teilwert der Rückstellungen begrenzt werden. Dies hat den Vorteil, dass die GmbH zwar eine BU-Rente im Leistungsfall an den GGF bezahlt, jedoch nur auf die wesentlich niedrigeren Rückstellungswerte zum Zeitpunkt der BU. Das Bilanzsprungrisiko entfällt dann vollständig und die GmbH kann diese Rentenzahlungen meistens problemlos verkraften. Die Pensionszusage und Rückdeckungsversicherung müsste jedoch neu gestaltet werden und das Rest-Risiko der Invalidität über eine preiswerte private BU-Rente bei einem guten Versicherer neu eingedeckt werden. Hier sollte jedoch vorab überprüft werden, inwieweit der neue Versicherer das BU-Risiko aufgrund der bestehenden Gesundheitsverhältnisse absichert. Erst dann sollte der bestehende Vertrag reduziert beziehungsweise umgestaltet werden. Eine lohnende Geschichte, wenn man bedenkt, das unter Umständen alleine durch das Bilanzsprungrisiko oft 200 000 bis 300 000 Euro Rückstellungen gewinnmindernd vom Steuerberater in die Bilanz eingebucht werden müssen, was unweigerlich eine Insolvenz für die GmbH bedeuten kann. Eine sinnvolle Alternative für Führungskräfte beziehungsweise Geschäftsführer ist auch eine Keyman-Police gegen zum Beispiel 36 schwere Erkrankungen, (Krebs, Herzinfarkt et cetera) die eine sofortige hohe Kapitalsumme zur Verfügung stellt und steuermindernd als Betriebsausgabe geltend gemacht werden kann.
— Das Problem bestehender Altlasten erkennen und korrigieren Oft erweist sich diese Konstellation als Teufelskreis. Denn bei fehlender Finanzierbarkeit kann das Finanzamt unter Umständen auf verdeckte Gewinnausschüttung verweisen, was wiederum zur Insolvenz führen kann. Im günstigsten Fall hat die GmbH das Risiko der Berufsunfähigkeit mit einer Berufsunfähigkeitsrente bei einem Versicherer abgesichert, was in circa 90 Prozent aller am Markt befindlichen Pensionszusagen der Fall ist. Damit beginnt häufig ein weiteres Drama, welches der Versicherungsvertreter natürlich aus geschäftlichen Gründen meistens nicht erwähnt: Sollte der Kunde gesund sein und die Berufsunfähigkeitsrente vom Versicherer akzeptiert werden, scheint alles in Ordnung zu sein. In vielen Alt-Pensionszusagen wurde jedoch auf eine Leistung der Berufsunfähigkeitsrente in Bezug auf die gesetzliche Rentenversicherung abgestellt, was früher richtig war, solange es vom Gesetzgeber noch eine Berufsunfähigkeitsrente gab. Die wurde jedoch im Zuge der Umstellung auf die sogenannte Erwerbsminderungsrente fallen gelassen und deshalb gibt es vom Gesetzgeber keine Berufsunfähigkeitsrente mehr. Fatal für die GmbH und den GGF, wenn zwar eine Klausel zur Zahlung einer Berufsunfähigkeitsrente in der Zusage steht, die GmbH jedoch die Rente an den GGF nicht bezahlen darf, aus vorgenannten Gründen. Diese Klausel sollte jede GmbH im Interesse seines GGF dringend überprüfen und von einem Fachmann entsprechend umgestalten lassen. Wichtig wäre hier auf jeden Fall, die Berufsunfähigkeitsrente auf die aktuellen Versicherungsbedingungen der jeweiligen Versicherungsgesellschaft abzustimmen. Das bedeutet, die GmbH ist nur dann zur Rentenzahlung bei Berufsunfähigkeit verpflichtet, wenn die Versicherungsgesellschaft aufgrund der Bedingungen auch leistet, ansonsten droht wieder die Insolvenz.
— Problematik der Invalidenrente im Rahmen einer Firmenpensionszusage Das voraussichtlich höchste Steuerrisiko ist beim vorzeitigen Leistungsfall Berufsunfähigkeit des Geschäftsführers jedoch das Bilanzsprungrisiko. Eine verhältnismäßig hohe Invalidenrente im Rahmen einer Pensionszusage einer GmbH an den Geschäftsführer ist grundsätzlich problematisch. Im Falle des Eintritts einer Invalidität ergeben sich für die GmbH hohe Risiken, die dann in der Regel durch eine Rückdeckungsversicherung aufgefangen werden sollen. Die Invalidität ist leider in aller Regel nicht unstreitig feststellbar, sie ist darüber hinaus an eine Vielzahl von Bedingungen geknüpft. Bei den zur Diskussion stehenden Invalidenrenten wird sehr häufig die Leistungspflicht vom Versicherer zunächst nicht anerkannt, diese ist dann oftmals durch lange Streitereien und auch Prozessgänge durchzusetzen. Neueste Urteile zu diesem strittigen Thema der Berufsunfähigkeit zeigen, dass es für einen Selbstständigen (vor allem auch beherrschende GmbH Gesellschafter- Geschäftsführer – kurz GGF) praktisch fast unmöglich ist, eine derartige Rente zu erhalten. Eine erst jetzt bekannt gewordene Entscheidung vom 18. Februar 2005 des Oberlandesgerichts Hamm weist die Klage eines Gastwirtes gegen seinen Berufsunfähigkeitsversicherer ab (Az.: 20 U 174/04). Begründung: Ein Selbstständiger ist erst dann berufsunfähig, wenn ihm in seinem Betrieb keine Tätigkeitsbereiche offen stehen, in denen er mit seiner gesundheitlichen Beeinträchtigung in bedingungsgemäßem Umfang noch arbeiten kann. Die Richter konstatierten: Ein Selbstständiger sei im Falle einer gesundheitlichen Beeinträchtigung dazu gehalten, seinen Betrieb nötigenfalls umzuorganisieren. Im Klartext: Verfügt ein Betrieb über Tätigkeitsfelder, die dem Betriebsinhaber gesundheitlich noch zumutbar sind, oder würde eine zumutbare Umorganisation des Betriebes entsprechende Betätigungsmöglichkeiten eröffnen, so schließt dies nach überzeugung des Gerichts eine bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit aus. Bei einer Umorganisation müssten gegebenenfalls auch Entlassungen und Neueinstellungen anderer Beschäftigter in Betracht gezogen werden. Fazit: Dem Inhaber einer Speisegaststätte , der nicht mehr schwer heben und tragen und auch nicht mehr lange gehen und stehen kann, verbleibt nach Aussage der Richter ein breites Spektrum an Beschäftigungsmöglichkeiten, zum Beispiel eine aufsichtführende Tätigkeit.
(Vermögen & Steuern 2/2007, 33)
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Über den Autor

Dr. Johannes Fiala Dr. Johannes Fiala
PhD, MBA, MM

Dr. Johannes Fiala ist seit mehr als 25 Jahren als Jurist und Rechts­anwalt mit eigener Kanzlei in München tätig. Er beschäftigt sich unter anderem intensiv mit den Themen Immobilien­wirtschaft, Finanz­recht sowie Steuer- und Versicherungs­recht. Die zahl­reichen Stationen seines beruf­lichen Werde­gangs ermöglichen es ihm, für seine Mandanten ganz­heitlich beratend und im Streit­fall juristisch tätig zu werden.
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