Riskieren Versicherungsmakler ohne Vollmacht ihre Existenzvernichtung?

– Gründe für die vom Versicherer aufgezwungene Umsetzung eines „Code of Conduct“ –

 

Grundsätzlich herrscht auch bei der Versicherungsvermittlung das Prinzip der Vertragsfreiheit. Verweigert ein Versicherungsmakler gewisse Vorgaben des Versicherers einzuhalten und sich dazu im Voraus gegenüber dem Versicherer zu verpflichten, so kann der Versicherer sich weigern, ihm eine Courtagezusage zu erteilen, denn es besteht keinerlei Kontrahierungszwang. So beispielsweise beim Maklervertrieb, der sich vorbehält, Versicherungsverträge auch ohne Maklervollmacht einzureichen. Eine solche freiwillige Selbstverpflichtung der Versicherer – wie in einem Branchen-Kodex – kann auch bedeuten, dass diese sich zu bestimmten Kontrollen des Maklers verpflichten und mit Maklern, die bestimmte Voraussetzungen nicht erfüllen oder sich nicht zu bestimmtem Verhalten verpflichten, einfach nicht mehr zusammenarbeiten.

 

Selbstverpflichtung eines Maklers:

Ein Versicherungsmakler könnte dies auch auf seine Kundenbeziehungen ummünzen: Er verpflichtet auch niemanden, in sein Büro zu kommen, wenn er ihm sagt, wenn er beraten werden will, muss er in seinem Büro erscheinen. Der Kunde kann gerne fragen, was denn den Makler zwingt, so zu verfahren – nämlich gar nichts außer dass er sich dies freiwillig fest vorgenommen hat. Der Kunde kann gerne folgern, dass er aufgrund einer lediglich freiwilligen Verfahrensweise des Maklers sich nicht dazu zwingen lässt in seinem Büro zu erscheinen. Er muss aber damit rechnen, dann auch nicht beraten zu werden.

 

Versicherungsmakler zu allem Möglichen und Unmöglichen verpflichten?

Jüngst monierte ein Makler beim Code of Conduct: „Hier aber sollen ja quasi die Kunden verpflichtet werden, Versicherungsmaklern gleich “zu Beginn der Geschäftsbeziehung” eine (beliebige?) Vollmacht zu erteilen. Unglaublich!“. Sodann legt er nach: „Nur: Wozu soll ein Kunde uns überhaupt eine Vollmacht erteilen, wenn wir beispielsweise seine Berufsunfähigkeitsversicherung an die Cxxx vermitteln wollten???“. Bedauerlicherweise beruhen solche Anwürfe auf Rechtsirrtümern.

 

Makler ohne Kundenvollmacht dürfen gar keine Antwort vom Versicherer erhalten

Der § 203 Strafgesetzbuch (StGB) schützt die Einhaltung des Berufsgeheimnisses. Ein Arzt darf nicht einmal sagen, wer zu seinen Patienten gehört. Daher darf er zwar einen Vorschuß verlangen, jedoch keine Bonitätsauskunft über seinen Patienten einholen. Auch Versicherer haben § 203 StGB zu beachten – und damit ist es ausgeschlossen Versicherungsmaklern eine Information über bestehende Kundenbeziehungen zu geben, solange keine passende Vollmacht nachgewiesen ist.

 

Aber vielleicht wollen manche Makler künftig nur noch als Tippgeber behandelt werden – auch diese erfahren erst mal nichts mehr; zumindest nicht bevor sie einen Tippgeber-Vertrag haben sowie eine Schweigepflichtsentbindung vom Versicherungsnehmer (VN) für den Versicherer (VR). Möglicherweise gibt es einen neuen Trend zum „Boten-Makler“, der nur noch wie eine Sekretärin oder ein Postbote arbeitet? Dann darf er vielleicht noch auf ein Trinkgeld hoffen, wenn er den Antrag des Kunden beim Pförtner abgibt, und der bemerkt, was der noch im Eingang mit ausgestreckter Hand stehende Makler gerne möchte.

 

Vielleicht will der Versicherungsmakler lieber vollmachtslos arbeiten – dann haftet er auch ganz allein für die Bezahlung der Versicherungsprämien, § 179 BGB. Oder der Versicherungsmakler möchte mangels wirksamer Kündigung von Altverträgen, hernach für die Folgen einer Doppelversicherung persönlich einstehen, § 174 BGB. „Unglaublich“ ist allenfalls, wenn einem einzelnen Versicherungsmakler die einfachsten Rechtskenntnisse fehlen, den „Code of Conduct“ auch noch als fürsorglichen Schutz des Versicherers insbesondere vor unnötiger Maklerhaftung zu erkennen.

 

Versicherungsmakler ohne Vollmacht arbeiten courtagefrei?

Wenn der Versicherer beim Makler mangels Maklervollmacht keine Rückfrage halten kann, wird man kaum von einer echten Versicherungsvermittlung ausgehen können. Damit ist auch eine Courtage nicht mehr möglich, denn bei Kündigung des Versicherungsnehmers (VN) wäre der Versicherer (VR) auch nicht mehr in der Lage, dem Makler eine Stornogefahrmitteilung zu schicken, und damit braucht der keine Courtage zurückzuzahlen innerhalb der Haftung – auch eine Rückholprovision ginge damit verloren.

 

Bezeichnend ist dabei, dass Makler ihre Arbeit ohne Vollmacht dadurch begründen, dass ihr neuer Kunde ihnen noch nicht wirklich traut und daher vielleicht erst viel später einmal auch eine Vollmacht erteilen möchte, aber jetzt noch nicht. Dennoch möchte der Makler einzelne Verträge schon mal ohne Vollmacht vermitteln – genau das geht aber nicht. Für Versicherer wird dieses Argument erst recht ein Warnzeichen sein, mit einem Makler, dem sein Kunde aus Misstrauen keine Vollmacht erteilt, nicht zu korrespondieren, will er nicht eine Strafbarkeit nach § 203 StGB provozieren.

Der Versicherer könnte ja dem Makler dann lediglich 3 (drei) Euro mit dem Vermerk “Trinkgeld für Botentätigkeit” überweisen, und abwarten, ob er dazu eine Frage hat.

Versicherungsmakler als unabhängige Sachwalter oder als Vertriebsweg?

Wenn Versicherungsmakler versuchen, ihre völlige Unabhängigkeit und Abwesenheit von Verpflichtungen gegenüber dem VR und ganz einseitige Positionierung auf der Seite des VN zu verteidigen, ist der Streit bereits vorprogrammiert, selbst wenn der VR auch den Makler schützen möchte und eine Zusammenarbeit mit diesem überhaupt erst ermöglichen will.

 

Versicherer und Makler (und diese unter sich) haben niemals das Verhältnis zwischen ihnen, und selbst nur, was ein Makler sein kann, geklärt. Makler reagieren allergisch darauf, wenn man sie wie einen Vertriebsweg des Versicherers behandelt. VR sprechen es ggf. lieber nicht direkt an, sondern das Thema wird umgangen, solange Makler nützlich sind.

Darf ich mal eine Zwischenfrage stellen: Was ist eine Maklervollmacht?

Es ist derzeit ganz und gar nicht üblich, dass jeder Versicherungsmakler von allen seinen Kunden eine Vollmacht besitzt. Die Versicherer sind sich jedoch zunehmend bewusst, dass ihnen Verfahren wegen Missachtung des § 203 StGB drohen könnten. Damit steht auch die eigene Altersvorsorge der Geschäftsleitung des VR auf dem Spiel.

 

Mancher Makler versteckt seine Maklervollmacht im Maklervertrag – leider auch keine gute Idee, denn was geht denn beim „unabhängigen“ Makler dessen Kundenbeziehung den Versicherer an?

 

Und wie will der Makler rechtssicher arbeiten, wenn er seinen Maklervertrag mit – oder ohne separate – Vollmacht nur per Email oder Telefax vorliegen hat?

 

Auch die Frage nach der „beliebigen“ Vollmacht ist berechtigt, denn ohne ausreichende Beschränkung der Vollmacht, wird diese gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) verstoßen können, und daher dann auch nichtig sein. Wegen der sogenannten Doppelnichtigkeit nach bald 100-jähriger Rechtsprechung ist damit auch der zugehörige Maklervertrag nichtig, sowie anfechtbar. Dies musste auch jüngst wieder ein Versicherungsmakler erfahren, der es im Auftrage eines VN ohne vorherige Vermittlung übernommen hatte rechtlich strittige Schadensfälle – wie ein Versicherungsberater oder Anwalt – abzuwickeln. Mit nichtiger Vollmacht und ohne Vertrag sind dann auch alle damit abgeschlossenen Versicherungen und alle Kündigungen unwirksam, was den betroffenen Versicherer durchaus interessieren muss.

Berufsbild des Maklers schließt Schadensregulierung für Versicherer mit ein

Hätte der Makler die Schadensabwicklung nur im Auftrage des Versicherers erledigt, hätte kein Verstoß gegen das RDG vorgelegen (LG Bonn, Urteile vom 17.10.2013, Az. 14 O 44/13). Doch wie erkläre ich dies als „unabhängiger“ Makler nun meinem Kunden, dem ich im Maklervertrag auch die Begleitung im Schadensfall, nebst Vertragsverwaltung und Betreuung versprochen hatte? Neben den Sachwalterpflichten gegenüber dem VN, gibt es auch – vielfach vertraglich übernommene – Hauptleistungspflichten des Versicherungsmaklers gegenüber dem Versicherer, etwa bei der Wahrnehmung von Verwaltungsaufgaben, sowie der Schadensregulierung für Versicherer im Rahmen eines vom Versicherer erteilten Auftrages zur laufenden Betreuung. Dies beinhaltet bei der Schadensregulierung auch die Abwehr von Ansprüchen des Versicherungsnehmers gegen den Versicherer (LG Bonn, a.a.O., m.w.N.).

 

Welche Meinung werden Obergerichte zu der Frage haben, wann der Versicherungsmakler entsprechende Inhalte seiner Anbindung an den Versicherer dem VN offen zu legen hat, und wie er durch welche Tätigkeiten für beide Seiten, also VR und VN, am Ende auch noch seine Courtage verlieren könnte?

 

von Dr. Johannes Fiala und Dipl.-Math. Peter A. Schramm

 

mit freundlicher Genehmigung von

www.experten.de (veröffentlicht am 12.10.2015, Seite 90-91)

 

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Über den Autor

Dr. Johannes Fiala Dr. Johannes Fiala
PhD, MBA, MM

Dr. Johannes Fiala ist seit mehr als 25 Jahren als Jurist und Rechts­anwalt mit eigener Kanzlei in München tätig. Er beschäftigt sich unter anderem intensiv mit den Themen Immobilien­wirtschaft, Finanz­recht sowie Steuer- und Versicherungs­recht. Die zahl­reichen Stationen seines beruf­lichen Werde­gangs ermöglichen es ihm, für seine Mandanten ganz­heitlich beratend und im Streit­fall juristisch tätig zu werden.
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