Sanktionen und Ihre Auswirkungen, Teil 1

Sanktionen sind seit Jahrhunderten in Mode, und werden gebrochen. Die Witwe Barbe-Nicole Clicquot-Ponsardin betraf als Reaktion auf den Russland-Feldzug von Napoleon jenes Embargo, welches der russische Zar gegen französische Produkte 1812 verhängt hatte. Die Witwe heuerte ein niederländisches Schiff an, ließ es mit über 10.000 Flaschen des Jahrgangs 1811 beladen, und freute sich als es am 02.08.1814 in Königsberg schadlos eintraf. Zwei Wochen später folgte die nächste Ladung – man hatte den russischen Markt erobert, trotz Sanktionen des Zaren.

 

Sanktionen treffen nicht nur Einzelpersonen, sondern auch Mittelstand und Industrie. Häufig genügt bereits ein (vielleicht falscher) Verdacht, um Personen oder Unternehmen zu ruinieren. Dabei fallen auch bei uns Milliardengeschäfte durchs Raster, weil das Fachpersonal sie übersieht, und aktuelle Sanktionen schlicht leer laufen können.

 

Bloßer Terrorismus-Verdacht reicht für Anordnung einer Kontosperre

Das Verwaltungsgericht Frankfurt/Main (Urteil vom 25.10.2007, Az. 1 E 5718/06) hielt es für gerechtfertigt, dass wegen Ermittlungen der Bundesanwaltschaft die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) gegenüber dem Kreditinstitut eine Kontosperre verfügt hatte, § 6a I Nr.1 und 2 Kreditwesengesetz (KWG). Der syrische Kontoinhaber musste nicht auf einer „Terror-Liste“ (des EU-Rates) stehen, denn diese sei nicht abschließend. Verdacht und Ermittlungen genügen.

Hier hätte man vorbauen können – aber dies beherrschen nicht mal alle Berater von Oligarchen. Wo das Bankgeheimnis „gefallen“ ist, gibt es bei Banken das Geschäftsmodell der „transition“ – also eine Säuberung der Akten: Kontoinhaber werden vornehme Treuhänder, auch etwa Stiftungen und Trusts.

Man kann sich aber auch fragen, wer die BaFin über angebliche x-Tausend Gefährder informierte?

 

Mitgliedschaft bei al-Quaida reicht für Verurteilung als Terrorist – bloße Unterstützung nicht

Ein Syrer und zwei Palästinenser wollten rund 4,3 Mio. € als Lebensversicherungssummen kassieren, und zwar durch geplanten fingierten Unfalltod in Ägypten. Der BGH (Urteil vom 14.08.2009, Az. 3 StR 552/08) entschied, dass es für die strafbare Mitgliedschaft einer „Eingliederung“ in die Organisation bedurft hätte.

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG, Beschluss vom 07.12.2011, Az. 2 BvR 2500/09, 2 BvR 1857/10) kassierte auch diese Entscheidung, denn es fehlte bereits ein der Höhe nach bezifferter Mindestschaden bzw. dazu einer tragfähigen Schätzung („Verschleifungsverbot“) Ohne Vermögenschaden käme allenfalls versuchter Betrug in Frage – und dieser liegt ebenfalls noch nicht vor, wenn wesentliche Zwischenschritte (fingierter Unfalltod, Schadensmeldung, Geltendmachung der Versicherungsleistung) noch ausstehen. Der Betrug ist kein „abstraktes Gefährdungsdelikt“. Lebensversicherungen in „böser Absicht“ abzuschließen, bleibt daher straflos.

 

Terror-Finanzierung über Lebensversicherungen

Die Briten – die unter Terror leiden – verlassen die EU nicht, weil deren Regulierung zu weit geht, sondern weil sie noch zu lasch ist, und deutsche Versicherer im gemeinsamen Markt durch gesetzwidriges Unterlassen die Sicherheit der Briten gefährden. Zudem darf man sich als Versicherungsvermittler nicht beim Gesetzgeber beschweren, wenn dieser ihn nun auch heranzieht, nachdem Versicherer sich um Gesetze nicht voll zufriedenstellend gekümmert haben. Möge er sich dort bedanken; etwa für den Mehraufwand bei der Legitimationsprüfung und zur Verhinderung von Geldwäsche. Wenn er auch dies nicht ernst nimmt, kann man alles noch weitergehend verschärfen.

Die Terrorfinanzierung findet nicht nur in Kleinbeträgen – vielleicht über Money-Transfer oder Paypal – statt, sondern auch über verschleierte Geldzuwendungen. Offenbar haben die Versicherer ihre Pflichten bisher vernachlässigt, denn „Deutsche Lebensversicherer haben 18 Jahre lang häufig gegen das alte Geldwäschegesetz (GWG) verstoßen, weil sie die seit dem 25. Oktober 1993 im § 8 GwG vorgeschriebene Identifizierung des wirtschaftlich Berechtigten – aller Terroranschläge inklusive 9/11 zum Trotz – im Jahr 2011 immer noch unterlassen haben. Auch in 2016 wurden laut dem BaFin-Jahresbericht 2016 eklatante Mängel festgestellt.”

Wenn nun also weitere Personenkreise – etwa Versicherungsvermittler und Immobilienmakler – nach dem GWG verpflichtet werden, ist dies nur konsequent als Reaktion auf die erkannten eklatanten Mängel.

In der Rentenversicherung kann der Beitragszahler einen Einmalbeitrag einzahlen und der Versicherungsnehmer durch den anschließenden Rückkaufswert einen schweren Terrorangriff finanzieren. Durch diese Geldwäsche über den Weg der Rentenversicherung würde der kriminelle Geldfluss verschleiert – dass nach Auszahlung das Finanzamt eine Mitteilung erhält, verhindert keinen Terrorangriff mehr. Bereits Leichtfertigkeit genügt für die Strafbarkeit (BGH, Urteil vom 11.09.2014, Az. 4 StR 312/14).

Auch über eine Risikoversicherung kann zum Beispiel mittels fingierter Schäden viel Geld zur Terrorfinanzierung beschafft werden. Jede Ausnahme wäre ein Einfallstor zur Umgehung. Die Briten konnten sich im gemeinsamen Markt nicht auf deutsche Versicherer verlassen. Nach dem Brexit haben sie alleine effizientere Möglichkeiten für ihre Sicherheit besser zu sorgen.

 

Finanz-Terrorismus der Subprime-Krise wurde sanktioniert, und bleibt entschädigungslos

Der EFTA-Gerichtshof (Urteil vom 28.01.2013, Az. E-16/11) entschied, dass Großbritannien (GB) und die Niederlande vom isländischen Staat keine Kompensation für die Entschädigung (mit bis zu 50.000 Pfund bzw. 100 TEUR) ihrer Staatsbürger als Kunden der Icesave-Bank (Teil der isländischen Landesbank) nach deren Konkurs erhalten. Die isländische Einlagensicherung garantierte nur bis zu 20 TEUR – und nicht mal dieses Geld war real komplett vorhanden; der (isländische) Staat haftet nicht neben der Einlagensicherung – selbst wenn eine Kanzlerin es unseren Sparern verbal verspricht. GB hatte vor dem Urteil des EFTA-Court erfolglos eine isländische Staatsgarantie für britische Sparer bei isländischen Banken verlangt. Die britische Finanzverwaltung (UKHM Treasury) fror die Guthaben isländischer Unternehmen in GB ein: Island (Zentralbank und Finanzministerium) sowie die Landesbank landeten sodann auf der britischen „Schurkenliste“ gemäß deren Anti-Terror-Gesetzen – in bester Gesellschaft neben z.B. Al-Qaida und den Taliban.

Wer hierzulande Bankenverbände fragt, wie viel Geld die „Institutsübergreifend-Einlagensicherung“ besitzt, und wie dieses derzeit angelegt ist, bekommt auch keine Antwort, oder allenfalls einen Anruf, weil man sich dazu lieber ausschweigt. Denn Sicherungssysteme funktionieren in wirklichen Krisenzeiten nicht.

In Island hat man nach der Subprime- bzw. Finanzkrise zahlreiche Banker zu Haftstrafen verurteilt, während in anderen EU-Gegenden etwa Untreue und Betrug durch Bank(st)er ignoriert wurden.

 

Manger-Irrtum betreffend seinen Versicherungsschutz bei Sanktionen

Zum Geschäftsmodell von Versicherungen gehört es, erst mal das Geld einzusammeln – früher haben es Agenten kofferweise bei der Unternehmenszentrale vorbei gebracht. In der betrieblichen Altersversorgung (bAV) beispielsweise, kennen die meisten Unternehmer jene Lücke nicht welche zwischen der Zusage gegenüber Mitarbeitern besteht, sowie der vorhandenen Finanzmittel zur späteren Finanzierung. Analog geht es vielen Unternehmensleitern – sie wissen nicht, wie viel von dem was Ihnen „als Schutz im Arbeitsvertrag versprochen wurde“, tatsächlich real vorhanden ist (als Manager-Haftpflicht, D&O-Police). Die allermeisten Manager hoffen, dass es gut geht – die Versicherungsbedingungen kennen sie nicht, und erfahren erst im Schadensfall, dass nicht mal vorgesehen ist, dass sie selbst auf Leistung(en) des Versicherers klagen könnten. So gesehen sind sie sorglos, denn bei (internationalen) Sanktionen steht am Ende das gesamte Privatvermögen, also die bürgerliche Existenz auf dem Spiel.

Vielleicht wurde noch nicht verstanden, dass man seit 2010 bzw. 2012 Sub- und Tochterunternehmen in Syrien und Iran nicht mehr versichern kann. Zahlreiche Manager haben für solche Projekte die Bezahlung von Versicherungsprämien gestattet – ohne die zahlreichen internationalen Verbotslisten zu überprüfen. Agenten und Makler kennen diese meist nicht – vielleicht aus Geschäftsinteresse? Im Vorteil sind Manager, welche z.B. die EU-Verordnungen 961/2010 und 267/2012 kennen. Nicht nur Versicherungsverträge sind daher nichtig, auch solche mit Versicherungsagenten und Versicherungsmaklern – einige ignorieren unwissentlich die Rechtslage, und verlieren sodann alles.

 

von Dr. Johannes Fiala und Dipl.-Math. Peter A. Schramm

 

mit freundlicher Genehmigung von

 

www.experten.de (veröffentlicht am 11.06.2018)

 

Link: https://www.experten.de/2018/06/11/sanktionen-und-ihre-auswirkungen-teil-1/

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Über den Autor

Dr. Johannes Fiala Dr. Johannes Fiala
PhD, MBA, MM

Dr. Johannes Fiala ist seit mehr als 25 Jahren als Jurist und Rechts­anwalt mit eigener Kanzlei in München tätig. Er beschäftigt sich unter anderem intensiv mit den Themen Immobilien­wirtschaft, Finanz­recht sowie Steuer- und Versicherungs­recht. Die zahl­reichen Stationen seines beruf­lichen Werde­gangs ermöglichen es ihm, für seine Mandanten ganz­heitlich beratend und im Streit­fall juristisch tätig zu werden.
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