Verbrannte Erde

Wenn Vermögensverwalter und Versicherer pleitegehen

Der Fall „Phoenix“: Am 11.07.2006 wurden die Angeklagten wegen Betruges und Untreue zu mehrjährigen Haftstrafen vom Landgericht Frankfurt/Main verurteilt: Grundlage war der bisher größte Kapitalanlageschaden (328 Millionen Euro) in Deutschland, bei welchem „auf dem Papier“ über eine Milliarde Euro als Gewinne in den Jahren 2000–2004 erwirtschaftet worden waren. Weder der für die Aufstellung der Jahresabschlüsse verantwortliche Wirtschaftsprüfer, noch die von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) zur Sonderprüfung eingesetzte WP-Gesellschaft erkannten, dass es sich teilweise um fiktives Vermögen handelte – nachgewiesen durch gefälschte Kontoauszüge.

 

Weil die Tätigkeit der BaFin nicht dem Anlegerschutz dient, haftet den geprellten Kontoinhabern weder diese Anstalt noch die von ihr beauftragten Sonderprüfer. Die übliche gesetzliche Mindestversicherungssumme der Steuerberater, die GmbH-Abschlüsse erstellen, liegt bei 250.000 Euro – im Schadensfall ein Tropfen auf den heißen Stein. Die Haftung des GmbH-Abschlussprüfers ist gesetzlich auf 1,0 Millionen beschränkt, sodass diese Entschädigung nur marginal ins Gewicht fällt. Da hilft es den Betroffenen wenig, wenn Fachleute meinen, es sei offenbar gegen übliche Prüfungsstandards verstoßen worden. Beim Zusammenbruch des Vermögensverwalters „Phoenix Kapitaldienst GmbH“ waren noch über 600 Millionen Euro an Einlagen (auf „Managed Accounts“) von 30.000 Anlegern in den Büchern – denen lediglich 228 Millionen Euro an Bankguthaben gegenüberstanden. Einen Teil des Schadens erhalten die Anleger über die Entschädigungseinrichtung der Wertpapierhandelsunternehmen (EdW), gesichert sind jedoch nur 90 Prozent der Einlage jedes Anlegers – die maximale Entschädigung beläuft sich auf 20.000 Euro. Das EdW wird in diesem Jahr eine Sonderumlage in Höhe von voraussichtlich 180 Millionen Euro zu Lasten der etwa 760 zugelassenen Wertpapiermakler festsetzen. Es bleibt abzuwarten, welche Auswirkungen dies auf deren Bonität haben wird.

 

Prüfung von Sicherheiten und Bonität

Jedes Jahr verlieren Anleger Milliarden – nicht nur, weil sich unternehmerische Risiken verwirklichen, sondern auch weil die Bonität der Vertragspartner nicht geprüft wurde. Anleger sind gut beraten, dabei auch das Schlüsselpersonenrisiko zu berücksichtigen – der Aspekt krimineller Energie ist nie gänzlich auszuschließen. Die Betrachtung renommierter Auszeichnungen, Ratings und Rankings bezüglich erreichter Wertsteigerungen verstellt den Blick auf das Totalverlustrisiko. Lückenhafte Vertragsgestaltung zeigt sich, wenn der Vermögensverwalter mit beschränkter Vollmacht wertlose Wertpapiere über die Börse kauft: Um an das Geld seiner Kunden zu gelangen, hatte er selbst zum Schein eine Aktiengesellschaft in den USA gegründet und eine Wertpapierkennnummer erhalten. Entsprechendes gilt für den Fall, dass bei einer Bank oder Versicherung zwar das „Vier-Augen-Prinzip mit Doppelunterschrift“ besteht – sich jedoch zwei kriminelle Subjekte zusammenfinden, das Geld bestimmter Kunden „abzuräumen“. Mancher Anbieter eines „Daytrading“ hat sich seine „zwei Jahre auf Bewährung“ nicht zur Warnung gereichen lassen, und bietet unverdrossen seine Dienste über eine US-Firma weiter an. Beliebt ist auch die Heirat, verbunden mit einer Namensänderung der für „verbrannte Erde“ branchenbekannten Initiatoren. Schließlich verbürgt sich beim Anleger bisweilen ein „Wirtschaftsprüfer“ aus dem deutschsprachigen Raum – später stellt sich heraus, dass selbiger vor Jahren seine Kammerzulassung wegen Vermögensdelikten verloren hatte. Nicht selten sitzen Ehrenberufler und Professoren im Aufsichtsrat einer AG – allerdings verstoßen zusätzliche Beratungsverträge regelmäßig gegen gesetzliche Verbote. Diese Beispiele zeigen, dass neben der Bonitätsprüfung auch ein rechtliches Risikomanagement für den Anleger sinnvoll ist. Mancher Bankier in der Schweiz reagiert pikiert, wenn er auf die lediglich 30.000 Schweizer Franken Einlagensicherung (genannt Konkursprivileg) angesprochen wird. Auch hier bedarf es im Zweifel nicht nur zusätzlicher vertraglicher Gestaltungen, sondern auch einer Rechtsprüfung nach dem Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs. Im Bereich der betrieblichen bzw. beruflichen Vorsorge sind Stiftungen privilegiert, weil hier die Einlagensicherungshöhe bei Bankanlagen je versicherter Person anzuwenden ist. Bei Depotwerten gilt, dass diese vorab im Bankenkonkurs abgesondert werden. In Liechtenstein sind Einlagen bis 20.000 Euro gesichert – allerdings mit zahlreichen Ausnahmen, beispielsweise den Einlagen von Versicherungsunternehmen. Im Umgang mit Lebensversicherungsmänteln als Steuerstundungsmodell ergeben sich daraus interessante Fragen bezüglich des Totalausfallrisikos zur Absicherung verschiedenster Konkursszenarien aus Anlegersicht. Der historische Rückblick zeigt, dass Versicherungs- und Bankenpleiten zumeist ein kriminelles Vorspiel und ein strafrechtliches Nachspiel hatten.

Vermögensschadenversicherungen bieten dann regelmäßig keine Deckung. Nicht minder brisant stellt sich die Geld- und Kapitalanlage der Unternehmen im Bereich der Altersvorsorge dar. Zahlreiche Geschäftsleiter mussten bereits feststellen, dass ihr Träger betrieblicher Altersversorgung vor der Insolvenzanmeldung ihre Finanzmittel auf die Cayman Islands verschoben hatte. Seit 1998 gilt das Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich, mit der Pflicht, ein Risikomanagement zu betreiben. Trotz persönlicher Haftung der Geschäftsleitung bestehen im Bereich der finanztechnischen und rechtlichen Risiken bisweilen gravierende Defizite in der Wahrnehmung sowie im Berichtswesen bezüglich Lücken in den Bereichen Sicherheit und Bonität. Wealth Management beginnt bei der Frage nach den Sicherheiten. Wo im Ernstfall die Bonität und Einlagensicherung nicht ausreichen, müssen rechtliche Gestaltungen sowie wirksame Deckungskonzepte über Schadenversicherer implementiert werden.

Dr. Johannes Fiala, Dipl.-Jur.-Univ. Thomas Keppel De-la-Paz-Straße 37, 80639 München Tel.: +49/89/17 90 90-0, Fax: +49/89/17 90 90-53, www.fiala.de
(finest.finance! 3/2007, 93)

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Über den Autor

Dr. Johannes Fiala Dr. Johannes Fiala
PhD, MBA, MM

Dr. Johannes Fiala ist seit mehr als 25 Jahren als Jurist und Rechts­anwalt mit eigener Kanzlei in München tätig. Er beschäftigt sich unter anderem intensiv mit den Themen Immobilien­wirtschaft, Finanz­recht sowie Steuer- und Versicherungs­recht. Die zahl­reichen Stationen seines beruf­lichen Werde­gangs ermöglichen es ihm, für seine Mandanten ganz­heitlich beratend und im Streit­fall juristisch tätig zu werden.
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