Vermögenschadenhaftpflicht: Risiken bei Sanierung und Kündigung der Versicherungsdeckung

– Worauf insbesondere Finanzanlagen-Vermittler gemäß § 34 f Abs. 1 GewO und Vermittler von Finanzdienstleistungen gemäß § 34 c GewO, sowie Versicherungsmakler achten müssen –

 

Derzeit erhalten abertausende Berater und Vermittler die Mitteilung ihres Versicherers der Vermögenschadenhaftpflicht (VSH), dass die „Prüfung auf ein tragfähiges, wirtschaftliches Verhältnis von Beitragseinnahmen und Schadensaufwendungen“ zur Kündigung der VSH-Deckung führt.

 

Komplette Einstellung der VSH-Sparte oder Sanierung im Einzelfall?

Gelegentlich entscheiden sich Versicherer als Risikoträger sich von einer kompletten Sparte zu trennen. Mancher Vorstand überlegt etwa das Neugeschäft im Bereich der Lebensversicherung einzustellen, oder die Versicherungssparte zu verkaufen. Andere stellen die Zusammenarbeit mit Maklern generell ein. Dies ist keine Besonderheit allein in der VSH.
Kommt es gehäuft zu Schäden, werden die VSH-Versicherer im Zweifel nicht kündigen, sondern bis zu mehr als das 20-fache der bisherigen VSH-Prämie „als Sanierungsbeitrag“ einfordern, was dann einem Gewinnabführungsvertrag gleichkommt, oder zur Geschäftseinstellung zwingen kann. Bisweilen solidarisieren sich dann die Berufskammern mit den Betroffenen und drohen damit, dass man sich nötigenfalls für einen Kontrahierungszwang beim Gesetzgeber einsetzen werde.

 

Probleme bei der Anschlussdeckung

Bisweilen sorgt der bisherige VSH-Versicherer gemeinsam mit einem Versicherungsmakler für die Anschlussdeckung. Dieser Service ist nicht frei von Risiken und Nebenwirkungen. Wenn der Versicherungsmakler für dieses Umdecken nicht beauftragt und bevollmächtigt ist, kann die Anschlussdeckung nur auf dem Papier bestehen, jedoch der Vertrag noch gar nicht wirksam sein.

 

Vereinbarte Versichererkündigung statt Bestandsverkauf oder Kündigung durch Makler?

Gelegentlich mag dies auch einen entgeltlichen Bestandsverkauf des einen an den anderen Versicherer verdecken, der sonst durch die Aufsichtsbehörde genehmigt werden müsste. Nicht selten waren die Verträge vorher ohnehin bereits beim neuen Versicherer komplett rückversichert, so dass der bisherige nur nach außen auf dem Papier das Risiko getragen hat. Auch könnte ein Makler statt eigener Kündigung und Umdeckung den bisherigen Versicherer bitten, statt seiner die Kündigung durchzuführen, damit die Umdeckungen leichter verkauft werden können.

 

Risiko begrenzter Nachhaftung früherer Risikoträger

Hinzu kommt, dass bei Finanzdienstleistern vielfach in der Vergangenheit noch keine Mindest-VSH-Pflichtversicherung gefordert wurde. Dann haben die VSH-Versicherer in den Vertragsbedingungen festgeschrieben, dass eine Nachmeldung und Nachhaftung für Schäden auf ganz wenige Jahre limitiert ist. Nachdem die Masse der Schadensfälle erst nach sieben bis neun Jahren (sogenanntes „Long-Tail-Risiko“) auftritt, schneidet das Umdecken die Haftung der früheren VSH-Deckung ab, woran auch ein Rückversicherer profitieren würde.
In diesem Falle sollte der Finanzdienstleister auf Feststellung klagen, und eine Sicherheit einfordern, denn wenn es später zu – durch das Umdecken – Schadensfällen ohne VSH-Deckung kommt, könnte es bereits keine Substanz mehr geben, auf die man Zugriff nehmen könnte.

 

Fehlende Differenzdeckung durch Umdecken der VSH

Nicht selten ist beim neuen Risikoträger nicht vorgesehen, dass dieser dann zusätzlich für Altfälle vor Vertragsbeginn ergänzend einspringt. Im Einzelfall müssen die Versicherungsbedingungen genau analysiert werden, damit es zu keinen unliebsamen Überraschungen kommt. Den eigenen VSH-Makler als Rückversicherer betrachten zu können, kommt bereits wirtschaftlich betrachtet selten in Frage.
Entscheidend ist nicht die unbegrenzte Nachhaftung des neuen Risikoträgers, sondern die etwaige Lücke in der Nachhaftung früherer VSH-Versicherer, zeitlich für bis zu 10 Jahre in der Vergangenheit. Dies folgt aus dem Recht der Verjährung von Ansprüchen, beispielsweise wegen angeblicher Falschberatung.

 

Sicherheit durch mehrjährige Vertragslaufzeit?

Jeder VSH-Versicherer kann, trotz mehrjähriger Vertragslaufzeit, im Schadensfall kündigen, sofern er darauf nicht ausdrücklich verzichtet hat. Wenn nun ein Versicherungsmakler etwa Mehrjahresverträge in der VSH vermittelt, gerät er im Zweifel selbst in die Haftung, denn damit kann er seinen Kunden jahrelang nicht mehr umdecken, wenn Mitbewerber später bessere Bedingungswerke oder günstigere Prämien einführen.

 

Unwirksame VSH-Maklervollmacht durch VSH-Schadensregulierung?

Bis heute versuchen Versicherungsmakler bei Schäden etwa in den Bereichen Feuer und Wasser, oder Haftpflicht und Vermögenschäden, den Versicherungsnehmer und Maklerkunden mit dem Service einer Schadensregulierung zu unterstützen.
Der sicherlich gutgemeinte Hinweis „Wir sind Ihr direkter Ansprechpartner im Schadensfall“ ist mit Vorsicht zu genießen. Wäre der Versicherungsmakler als freier gewerblicher Servicepartner mit einer Regulierungsvollmacht des Versicherers ausgestattet, so müsste dies die Finanzaufsicht beanstanden. Agiert der VSH-Makler aufgrund entsprechendem Maklervertrag bzw. Maklervollmacht, so wird dies im Zweifel zur Nichtigkeit wegen Verstoßes gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz aufgrund zu umfassender Vollmacht führen, denn die Schadensregulierung hat der Gesetzgeber seit Anfang 2008 gleichsam aus dem Berufsbild des Versicherungsmaklers herausgenommen (vgl. § 59 VVG) und dies auch in § 34d GewO sowie § 2 I RDG ergänzend festgeschrieben.
Zudem ist durch die Rechtsprechung längst geklärt, dass der VSH-Versicherer (VR) bereits außergerichtlich für den Versicherungsnehmer (VN) da zu sein hat, wenn ein denkbarer Schadensfall im Raum steht. Eine Notwendigkeit für einen „VSH-Makler als Ansprechpartner im Schadensfall“ besteht auch deshalb nicht, weil der VSH-Versicherer wie ein eigener Rechtsanwalt dem VN unverzüglich zur Seite stehen muss. So wie der VN bereits drohende Schäden zu melden hat, steht der VR in der Beistandspflicht sobald auch nur irgendein gesetzlicher Haftpflichtanspruch nach dem Vorbringen des angeblich geschädigten Endkunden des VN denkbar wäre. Reagiert der VSH-Versicherer nicht oder nicht angemessen, kann der VN selbst für seine Interessenvertretung sorgen, und ergänzend frühzeitig Feststellungs- oder Zahlungsklage gegen den Risikoträger auf den Weg bringen.

 

Lösungsansätze wenn das Kind bereits in den Brunnen gefallen ist

Wenn sich Lücken in der Versicherungsdeckung, etwa zeitlich oder der Höhe nach in der Vergangenheit auftun, kann der Finanzdienstleister immer noch seine Bestände und das Neugeschäft in eine (ggf. nur kleine) GmbH retten. Strategisch hat dies zudem den Vorteil, dass neben dem Abschneiden der eigenen Nachhaftung für die Vergangenheit auch eine Zukunftssicherung beabsichtigt sein kann. Denn ein späterer Verkauf von Beständen, der Erbfall oder eine – möglicherweise mit gleitendem Übergang gewünschte – Nachfolgeregelung lassen sich damit praxistauglich umsetzen. Damit kann der Finanzdienstleister dem Ziel einer Haftungsminderung und/oder einer Sicherung seiner Einnahmen einen großen Schritt näher kommen.

 

von Dr. Johannes Fiala und Dipl.-Math. Peter A. Schramm

mit freundlicher Genehmigung von

www.experten.de

 

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Über den Autor

Dr. Johannes Fiala Dr. Johannes Fiala
PhD, MBA, MM

Dr. Johannes Fiala ist seit mehr als 25 Jahren als Jurist und Rechts­anwalt mit eigener Kanzlei in München tätig. Er beschäftigt sich unter anderem intensiv mit den Themen Immobilien­wirtschaft, Finanz­recht sowie Steuer- und Versicherungs­recht. Die zahl­reichen Stationen seines beruf­lichen Werde­gangs ermöglichen es ihm, für seine Mandanten ganz­heitlich beratend und im Streit­fall juristisch tätig zu werden.
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