Versicherer: Keine Verjährung nach Zusage

Hat die Versicherung einen Schaden anerkannt, ihn aber über einen längeren Zeitraum hinweg trotzdem nicht reguliert, kann sie sich anschließend nicht auf eine angebliche Verjährung der Ansprüche berufen. Das hat das Oberlandesgericht Oldenburg entschieden. Was dieses Urteil im Klartext für Versicherungskunden bedeutet und was diese im Schadensfall zu beachten haben, erklären unsere Experten, Rechtsanwalt Johannes Fiala und der Sachverständige Peter A. Schramm, im folgenden Beitrag.

 

Verjährung regelmäßig nach drei Jahren zum Jahresende

Das Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg hat in einem kürzlich bekannt gewordenem Urteil (vom 19.12.2013, Az. 1 U 67/13) entschieden, dass sich ein Versicherer (VR) nicht nach Jahren auf Verjährung berufen kann, wenn er in Bezug auf die Langfristschäden zuvor ein sogenanntes qualifiziertes Anerkenntnis abgegeben hatte.

Die Verjährung ist gehemmt, solange der Versicherungsnehmer (VN) und der Versicherer wegen der Schadensregulierung korrespondieren. Solange die Kommunikation läuft, läuft die Uhr für die Verjährung nicht. Im besagten Fall hatte der Versicherer außerdem schon erklärt, den materiellen sowie immateriellen Schaden anzuerkennen, wobei nach eigener Aussage des Versichereres “diesem Anerkenntnis die Wirkung eines Feststellungsurteils zukommt.” Aus rechtlicher Sicht, handelt es sich damit nicht nur um ein einfaches, sondern um ein sogenanntes qualifiziertes Anerkenntnis. Nachdem der Versicherer seine Leistungen nach 13 Jahren mit Hinweis auf die Verjährung verweigern wollte, hatte die Feststellungsklage des Kunden also alleine schon wegen diesem qualifizierten Anerkenntnis vor Gericht Erfolg.

 

Entscheidender Inhalt des Anerkenntnisses

Versicherungsnehmer, die sich in einer ähnlichen Situation befinden, sollten darauf ihre Lehren ziehen. So sollte sich der Kunde im Schadensfall keinesfalls mit einem einfachen Anerkenntnis seitens der Versicherung begnügen. Zudem sollte man sich inhaltlich auch nicht auf die versicherte Leistung beschränken lassen. Durch Kostensteigerungen und Inflation gerät man sonst in Gefahr, dass die Leistung zusehends entwertet wird. Falls es nicht um einen Streit mit der eigenen Versicherung geht, sondern um die einer anderen Person, sollte auf jeden Fall auch der eigentlich Haftende selbst in die Pflicht genommen werden. Der Versicherte haftet gegebenenfalls nämlich unbegrenzt. Die Zusage des Versicherers auf die vereinbarte Leistung mit dem Versicherungsnehmer ist damit häufig nicht gleichwertig.

Außerdem könnte der Versicherer ja auch insolvent werden. Für Zukunftsschäden müssen zwar Rückstellungen gebildet werden, aber bei diesen darf Inflation steuerlich nicht eingerechnet werden. Und auch der Diskontierungszinssatz, der auf die Rückstellungen verdient werden müsste, führt beim Niedrigzinsniveau zu Fehlbeträgen. Angesichts der von Sachversicherern oft auch sonst noch übernommenen hohen Risiken ist so eine Insolvenz sogar wahrscheinlicher als bei Kranken- oder Lebensversicherern – und es gibt dafür keinerlei Auffanglösung wie dort.

 

Notwendigkeit eines Anerkenntnisses durch den Schädiger und seinen Versicherer

Um solchen Risiken vorzubeugen, sollte man vom Versicherer eine unbegrenzte Verpflichtung wie bei einem Feststellungsurteil gegen den Schädiger selbst verlangen, nicht nur bis zur Versicherungssumme. Sollte dieser sich weigern, sollte man alleine schon wegen Insolvenzgefahr eine solche Verpflichtung vom Schädiger selbst verlangen. Hier kann die Drohung der Feststellungsklage durchaus wirken.

Der sicherste Weg wäre dabei, wenn das Anerkenntnis in notarieller Form erfolgt, und in geeigneten Fällen bestenfalls mit Unterwerfung unter die Zwangsvollstreckung, womit sich das Prozessrisiko umkehrt. Mit dem Anerkenntnis beginnt die Verjährung erneut zu laufen.

 

Schadensfeststellungen, einschließlich Dauer- und Folgeschäden

Beispielsweise bei Feuerschäden, Berufsunfähigkeit, Wasserschäden, privater Krankenversicherung sowie Haftpflichtschäden bemühen sich bisweilen Versicherungsmakler und –berater um die Schadensregulierung betroffener Versicherungsnehmer. Während einige Makler dies als kostenlosen Service verstehen, können beim Honorarberater hierbei die x-fachen der üblichen Kosten anfallen. Immer wieder kommt es dann durch Fristversäumnisse zum Verlust der Rechtsansprüche, oder durch Zeitablauf zum Verlust der Beweismittel. Dies ist etwa dann der Fall, wenn der Versicherer den Schadensort nach seinen eigenen Feststellungen freigibt. Doch Vorsicht: Eine solche Freigabe darf keinesfalls automatisch als Anerkenntnis des Schadens gewerten werden. Dem Versicherungsnehmer wird weder das mehr oder weniger zutreffende Gutachten eines Schadensregulierers des Versicherers, noch das private Schadensgutachten ohne Einschaltung eines Gerichts wirklich bestmöglich weiterhelfen. Empfehlenswert wäre hier eher ein selbständiges gerichtliches Beweisverfahren, bevor die Beweise z.B. durch Instandsetzung verlorengehen.

Oft wollen Geschädigte eine hohe Abfindung, während der Versicherer nur eine Rente und künftige Verpflichtungen übernehmen will. Gerade dafür ist das Verlangen eines qualifizierten Anerkenntnisses geeignet, um einen erheblichen Druck auf den Versicherer und seinen Versicherungsnehmer hinsichtlich einer Abfindungsregelung aufzubauen. Dabei kommt es auf den genauen Wortlaut an, denn beispielsweise kann man „auf die Verjährung“ nicht verzichten, weil diese Option gesetzlich unabdingbar festgeschrieben ist. Denkbar ist jedoch auf das Erheben dieser Einrede zu verzichten.

 

Anerkenntnis dem Grunde nach

 Soweit ein – möglicherweise erst künftiger kausaler – Schaden noch nicht beziffert werden kann, kommt ein Anerkenntnis dem Grunde nach in Frage. Gerade nach Unfällen ist es wichtig, medizinisch prüfen zu lassen, ob der Fall ausgeheilt ist, bevor man sich mit einem Versicherer außergerichtlich vergleicht. Anderenfalls trägt man spätere Kosten, beispielsweise der Sozialversicherungsträger oder der eigenen Privaten Krankenversicherung etwa für Reha oder Anschlussheilbehandlung selbst, denn nach Gesetz oder Versicherungsbedingungen darf man diesen nicht die Regressmöglichkeiten durch eigenen Verzicht abschneiden. Mit etwas Glück hat dann der stets bemühte Versicherungsmakler bzw. –berater dafür einzustehen.

 

Regressrisiko beim Versicherungsmakler und Versicherungsberater

Die Furcht vor Fehlern bei der Schadensregulierung ist beim Versicherungsberater und –makler offenbar recht verbreitet, so dass diese gerne auf eigene Kosten freiberuflich Anwälte einschalten. Letztere geraten spätestens dann in Kollision, wenn sie sich dann noch vom Versicherungsnehmer mit einer Anwaltsvollmacht ausstatten und mandatieren lassen, weil sie gleich zwei Herren dienen wollen. Im Zweifel sind die Verträge damit nichtig und ein Vergütungsanspruch besteht dann nicht mehr.

Einige Gewerbe- und Industriemakler kamen auf die Idee, ihre Schadensfälle an Versicherungsberater zu verkaufen, ähnlich einem Tippgeber. Sobald der Versicherungsberater dann die Tipprovision bezahlt, handelt es sich beim Versicherungsvermittler oder –makler um ein Kick-Back, welches er unaufgefordert gegenüber dem Kunden vollständig abzurechnen und herausgeben müsste, §§ 675, 667 BGB.

Inhaltlich sollte das notarielle Anerkenntnis der Versicherung auch noch beinhalten, dass damit der Ersatz eines Feststellungsurteils erfolgt. Selbstverständlich sollte hier auch festgehalten werden, dass sich der Versicherer später nicht auf andere Einwendungen berufen kann, die ihm irgendwann einmal aufgrund späterer Erkenntnisse einfallen.

 

von Dr. Johannes Fiala und Dipl.-Math. Peter A. Schramm

 

veröffentlicht auf www.arzt-wirtschaft.de am 27.12.2015

 

Link: http://www.arzt-wirtschaft.de/versicherer-kann-sich-nach-13-jahren-nicht-auf-verjaehrung-berufen/

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Über den Autor

Dr. Johannes Fiala Dr. Johannes Fiala
PhD, MBA, MM

Dr. Johannes Fiala ist seit mehr als 25 Jahren als Jurist und Rechts­anwalt mit eigener Kanzlei in München tätig. Er beschäftigt sich unter anderem intensiv mit den Themen Immobilien­wirtschaft, Finanz­recht sowie Steuer- und Versicherungs­recht. Die zahl­reichen Stationen seines beruf­lichen Werde­gangs ermöglichen es ihm, für seine Mandanten ganz­heitlich beratend und im Streit­fall juristisch tätig zu werden.
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