Wer schreibt, der bleibt – aber nicht immer!

Nicht für jede Auskunft kann man einen Versicherer haftbar machen. Wann Zusicherungen des Versicherers wertlos sind erläutern Rechtsanwalt Johannes Fiala und PKV-Experte Peter A. Schramm in der bewährten Serie über Beratungsfehler bei der Vermittlung von privaten Krankenversicherungen.

 

Um einen wichtigen Geschäftspartner treffen zu können, lassen Sie sich an der Tankstelle den Weg erklären, sicherheitshalber sogar schriftlich. Spätnachts landen Sie damit am Ende einer Schotterpiste im Niemandsland – der Geschäftsabschluss ist futsch, mit einem entgangenen Gewinn beträgt der Schaden 100.000 Euro.

Eine weniger gute Idee in dieser Situation wäre es, dafür den Tankwart haftbar machen zu wollen. Der hatte nämlich nie vor zu haften: Rechtlich war es eine unverbindliche Wissenserklärung. Wissenserklärungen sind Meinungen über bestimmte Fakten bzw. Tatsachen und damit keine Rechtsgeschäfte.

Beispielsweise gehören dazu ein Geständnis, die Verzeihung, eine Quittung, der Prüfvermerk des Architekten auf einer Rechnung – und risikoerhebliche Angaben im Versicherungsantrag.

Gerne fragen Kunden, aber auch Makler den Versicherer, welche Leistungen nun genau sich hinter einer Klausel verbergen. Immer gibt es eine mehr oder weniger hilfreiche Antwort, auch gerne schriftlich oder per E-Mail. Nachher möchte man den Versicherer daran erinnern – nur hat der die Antwort gar nicht zur Vertragsakte genommen und sogar längst gelöscht.

Wenn sie ihm vom Makler präsentiert wird, interessiert es den Versicherer nicht:

„Ja, da haben wir wohl gemeint, es sei so, nur war es einfach ein Irrtum!“.

Der Versicherer wird anführen, dass der Ansprechpartner beim Versicherer erkennbar eine „Call-Center-Blondine“ gewesen war und eben keine Sachkunde besessen hatte. Damit kann sich die Hilfsbereitschaft des Versicherers als haftungsfreie Gefälligkeit erweisen.

Ebenso gut hätte man auch nur die eigene Putzfrau nach ihrer Meinung fragen können. Aber natürlich kann auch der Vorstandsvorsitzende oder Professor eine unverbindliche Meinung äußern. Solche Auskünfte stellen letztlich unverbindliche Wissenserklärungen dar.

Der Versicherer bringt nämlich nicht zum Ausdruck, dass er daran wie bei einer Willenserklärung gebunden sein will und dafür haften möchte. Anders bedauerlicherweise sieht es für den Makler aus, der solche Auskünfte gegenüber dem Kunden als Tatsache in der Beratung zugrunde legt.

Der Makler haftet dann sehr wohl dafür, denn er hat gewiss ein wirtschaftliches Interesse und muss von Haus aus besonders sachkundig sein. Wenn also der Versicherer beispielsweise meinte, dass er die bedingungsgemäß als erstattungsfähig vereinbarten üblichen Honorarsätze für Logopädie bei 80 Euro je Sitzung sieht, so kann niemand daraus einen Anspruch herleiten, wenn er nachher nur 60 Euro zahlt.

Womöglich war die Auskunft schlicht falsch – womöglich aber war sie zu dem betreffenden Zeitpunkt sogar noch korrekt und der Versicherer hat seitdem seine Leistungsgrundsätze nur geändert, weil er neuerdings z. B. auf den Mittelwert und nicht auf die obere Bandbreite abstellt oder weil er seinerzeit nur eine ungenügende Marktübersicht über Logopädenhonorare hatte.

 

Erforderlich sind echte Willenserklärungen

Mit unverbindlichen Wissenserklärungen kann der Makler wenig anfangen – sie stellen aber eine Haftungsgefahr dar. Erster Schritt muss sein, bei jeglicher Korrespondenz mit Versicherern zu erkennen, wie verbindlich die Schriftstücke des Versicherers einzuschätzen sind. Die Sachbearbeiter der Versicherer sind darin geschult, lediglich in unverbindlicher Weise zu antworten, solange sich verbindliche Festlegungen vermeiden lassen.

Die Erfahrung zeigt, dass die meisten – Kunden wie Makler – sich damit zufriedengeben und den Unterschied nicht einmal erkennen.

Tipp: Fordern Sie bei Auskünften von Versicherern jedes Mal sofort und routinemäßig eine verbindliche Willenserklärung ein, die Sie zur Vertragsakte nehmen können, etwa einen „Side-Letter“.

Wird dies verweigert, weiß der Makler, was davon (nicht) zu halten ist. Der Kunde hat Anspruch auf eine korrekte und vollständige Police nach § 3 VVG. Gewissenhafte Makler müssen Policen gewisser Versicherer mehrmals prüfen und berichtigen lassen. Aber auch eine Willenserklärung kann wegen Irrtums angefochten werden. Damit ist sie aus der Welt. An ihre Stelle tritt aber ein Schadenersatzanspruch.

Wer nun aber meint, die Differenz zwischen den 80 Euro je Sitzung für den Logopäden und den 60 gezahlten Euro als Schaden vom Versicherer für vergangene und künftige Behandlungen erstattet zu erhalten, irrt. Denn hätte der Versicherer die richtige Willenserklärung abgegeben, wonach er nur 60 Euro erstatten will, dann hätte der Kunde ja auch nur 60 Euro erhalten. Ein Erfüllungsschaden sei also gar nicht entstanden, wird der Versicherer argumentieren.

 

Der Beweis des Schadens ist problematisch

Nur für die Vergangenheit könnte der Kunde argumentieren, dass er in Kenntnis der Erstattung nur bis 60 Euro von der Behandlung abgesehen oder einen preiswerteren Logopäden aufgesucht hätte. Das muss er allerdings zur Überzeugung des Gerichts auch darlegen und gegebenenfalls beweisen.

Für die Zukunft könnte er vorbringen, dass er bei Kenntnis der irrtumsfreien Willenserklärung des Versicherers sich in einem anderen Tarif versichert hätte, der bis 80 Euro leistet. Nur muss er dies auch beweisen und eine eventuell höhere Prämie dieses Tarifs sich gegenrechnen lassen. Und er muss auch beweisen, zu welcher Prämie – mit eventuellen Risikozuschlägen – er von diesem Versicherer angenommen und im Laufe der Zeit unter Berücksichtigung von Beitragsanpassungen weiter versichert worden wäre.

Ein versicherungsmathematisches Privatgutachten dazu kann durchaus einen vierstelligen Eurobetrag kosten – den Rechtsanwalt übernimmt dann mit etwas Glück die Rechtsschutzversicherung. Leicht kann ein Makler hier also in die Haftung geraten. Doch auch wenn eine Falschberatung des Maklers auf der Hand liegt – ein Schaden ist womöglich dadurch gar nicht eingetreten oder aber vom Kunden nur sehr schwer zu beweisen.

Sollte der Kunde das dennoch versuchen, so ziehen sich solche Prozesse durchaus lange hin, inklusive teuren Sachverständigenbeweisen. Am Ende steht dann doch meist ein Vergleich, der dem Kunden oft nur einen Teil seiner Kosten wieder einbringt. Ist der Makler seinerseits sachverständig und rechtlich gut beraten, kann er die Sache oft auch ganz abwehren. Anwalts- und Sachverständigenkosten werden dabei durchaus nicht selten von seinem VSHVersicherer übernommen.

Vielleicht aber liegen die üblichen Preise für Logopädiesitzungen doch bei 80 Euro – dann war die Auskunft gar nicht falsch und die Beratung mithin korrekt.

Der Kunde hätte einfach den Versicherer nur rechtzeitig vor Verjährungseintritt verklagen müssen und den Beweis gerichtlich über Sachverständigengutachten per Marktforschung erbracht. Dafür, bei der Betreuung im Schadenfall daran nicht gedacht zu haben, kann allerdings der Makler ebenfalls haften, wobei leider seine Haftung erst mit Eintritt der Verjährung für eine Leistungsklage gegen den Versicherer zu verjähren beginnt. Erfahrungsgemäß haben manche Versicherer bei der Leistungsbearbeitung sehr restriktive Vorstellungen über Preise im Gesundheitswesen.

So kann es sein, das die Meinung des Vertriebsleiters zu den vereinbarten erstattungsfähigen üblichen Honorarsätzen korrekt ist, aber die Leistungsabteilung dazu eine andere Einschätzung hat.

 

von Dr. Johannes Fiala und Dipl.-Math. Peter A. Schramm

 

mit freundlicher Genehmigung von

www.performance-online.de (veröffentlicht in Performance 03/2011, Seiten 38-39)

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Über den Autor

Dr. Johannes Fiala Dr. Johannes Fiala
PhD, MBA, MM

Dr. Johannes Fiala ist seit mehr als 25 Jahren als Jurist und Rechts­anwalt mit eigener Kanzlei in München tätig. Er beschäftigt sich unter anderem intensiv mit den Themen Immobilien­wirtschaft, Finanz­recht sowie Steuer- und Versicherungs­recht. Die zahl­reichen Stationen seines beruf­lichen Werde­gangs ermöglichen es ihm, für seine Mandanten ganz­heitlich beratend und im Streit­fall juristisch tätig zu werden.
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