Wieso der Makler für Unterversicherung fast immer haftet

Warum Makler auch nach Vertragsabschluss die Versicherungssumme ihrer Kunden genau im Blick haben sollten, erklären in einem Gastbeitrag Dr. Johannes Fiala und Peter Schramm.

Das OLG Stuttgart (Urteil vom 30.03.2011, Az. 3 U 192/10) verurteilte einen Gewerbemakler nach Schadenfall wegen siebenstelliger Unterversicherung in Gebäudeversicherungen.

 

Mindestinhalt der Beratung

„Jedenfalls ist vor allem darüber zu beraten und aufzuklären, welche Risiken abgesichert werden sollten, wie die effektivste Deckung erreicht werden kann und zu welcher Prämienhöhe welche Risikoabdeckung erhältlich ist. Mit der Beratungspflicht geht eine Erkundigungs- und Informationspflicht des Maklers einher.“

Dabei kann sich der Makler nicht darauf berufen, der Versicherungsnehmer (VN) habe eine bestimmte letztlich zu geringe Versicherungssumme gewünscht. Vielmehr muss er diese selbst prüfen, den Versicherungsnehmer deutlich auf die Unterversicherung hinweisen und die zu geringe Versicherungssumme nur dann versichern, wenn der VN genau informiert – und nicht etwa irrtümlich – bewusst auf der Unterversicherung besteht. Kann der Makler dies – in der Regel – nicht beweisen, haftet er für die Unterversicherung selbst. Auch eine bloße Empfehlung an den VN, die Versicherungssumme sollte überprüft werden, der der VN nicht folgt, exkulpiert den Makler wegen seiner eigenen Pflichtverletzung nicht. So sagt es das OLG Stuttgart.

 

Notwendigkeit eines Deckungskonzeptes

„Geht es um die Anbahnung eines neuen Versicherungsvertrages, ist der Makler im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren zur Erreichung eines auf die konkreten Bedürfnisse des Versicherungsnehmers maßgeschneiderten Deckungskonzepts verpflichtet, gegebenenfalls ein Risiko von sich aus zu untersuchen.“

Der Makler darf sich also nicht auf die Einschätzung des VN oder dessen womöglich schlecht informierter und von Irrtümern geprägten Meinung über sein Risiko verlassen. Er muss das Risiko selbst prüfen, dazu beraten, Fehlvorstellungen des VN aufklären und dem VN die Folgen einer möglichen Fehlentscheidung verdeutlichen. Die Meinung des VN, dass eine geringere Versicherungssumme ausreichen würde, bedeutet noch nicht, dass er deshalb eine Unterversicherung bewusst akzeptieren will – für diese haftet also der Makler, der die als Vorgabe des VN akzeptiert, ohne in aller Deutlichkeit zu versuchen, den VN eines besseren zu belehren.

„Auch nach Abschluss eines Versicherungsvertrages schuldet der Makler noch eine ständige aktive, unaufgeforderte Betreuung. Dazu gehört die Verpflichtung, die vereinbarte Versicherungssumme auf ihre Angemessenheit hin zu überprüfen und ggf. auf eine Anpassung hinzuwirken.“

Im klagegegenständlichen Fall hatte der bisherige Versicherer die Versicherungssumme falsch ungerechnet. Der Makler hatte es versäumt, dieser Diskrepanz nachzugehen, sich vom Versicherer Unterlagen dazu zu beschaffen, den Fehler aufzuklären und zu korrigieren. Bei einer späteren Umdeckung hatte er ihn dann schlicht übernommen, ohne nochmalige Prüfung. Es half dem Makler auch nichts, dass der VN seine Überzeugung äußerte, die Versicherungssummen seien ausreichend – der Makler hätte selbst prüfen müssen und dem VN dessen Fehlvorstellung samt Folgen vor Augen führen müssen.

 

Pflicht zur optimalen Vertragsgestaltung

Der Makler „trägt die Verantwortung dafür, dass die abzusichernden Risiken vollständig abgedeckt sind und hat dabei für eine klare, eindeutige Vertragsgestaltung zu sorgen, die bei Eintritt des Versicherungsfalls keine Zweifel aufkommen lässt“.

Der Makler kann sich, so sagt es das OLG Stuttgart – nicht auf allgemeine Wünsche des VN nach günstigen Prämien berufen, um damit die Unterversicherung zu rechtfertigen. Der Makler muss vielmehr die Folge der Unterversicherung dem VN so verdeutlichen, dass dieser eine bewusste Entscheidung für oder gegen diese konkret dargelegte Unterversicherung treffen muss.

Der Bundesgerichtshof (BGH, Urteil vom 10.03.2016, Az. I ZR 147/14) bestätigte vorstehende Maklerpflichten, und erteilte damit den üblichen Fragebögen eine Absage. Es geht nicht an, den VN nur zu fragen, welche Versicherungssumme er denn meint brauchen zu wollen. Risikoprüfung durch den Makler und Feststellung des Bedarfs geht nicht nach Wunschzettel.

Vielmehr kann der VN den Makler stets für Deckungslücken in die Haftung nehmen, wenn er sich schlecht beraten nicht das gewünscht hat, was er tatsächlich braucht. Ebenso gut könnte der Zahnarzt fragen „Auf welchem Zahn wollen Sie heute eine Krone?“ Makler, die nach dem System vermitteln „Welches Schweinderl hätten´s denn gern?“ kommen ihren Pflichten nicht nach und haften dafür.

 

von Dr. Johannes Fiala und Dipl.-Math. Peter A. Schramm

 

mit freundlicher Genehmigung von

 

www.procontra-online.de (Veröffentlicht am 15.09.2016)

 

Link:

http://www.procontra-online.de/artikel/date/2016/09/wieso-der-makler-fuer-unterversicherung-fast-immer-haftet/

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Über den Autor

Dr. Johannes Fiala Dr. Johannes Fiala
PhD, MBA, MM

Dr. Johannes Fiala ist seit mehr als 25 Jahren als Jurist und Rechts­anwalt mit eigener Kanzlei in München tätig. Er beschäftigt sich unter anderem intensiv mit den Themen Immobilien­wirtschaft, Finanz­recht sowie Steuer- und Versicherungs­recht. Die zahl­reichen Stationen seines beruf­lichen Werde­gangs ermöglichen es ihm, für seine Mandanten ganz­heitlich beratend und im Streit­fall juristisch tätig zu werden.
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