bAV: Totalverlust, Sozialhilfe und Altersarmut statt ?Lebensversicherung mit Pensionszusage?

von Johannes Fiala, Rechtsanwalt (München), M.B.A. (Univ.Wales), M.M. (Univ.), geprüfter Finanz- und Anlageberater (A.F.A.), EG-Experte (C.I.F.E.), Bankkaufmann (https://www.fiala.de/>www.fiala.de)
Am Anfang steht oft ein Steuersparmodell: Für das zumeist als GmbH geführte Familienunternehmen bedeutet die betriebliche Altersvorsorge (bAV), beispielsweise als Pensionszusage, zu-nächst einmal eine Steuerersparnis. Zahlreiche Produktanbieter, insbe-sondere Versicherungen, propagieren zumeist eine Verpfändung an den Geschäftsführer und seine Ehefrau als Insolvenzschutz.
Sozialhilfe vorprogrammiert: Jährlich gehen etwa 19.000 GmbH�s in die Pleite. Tritt die Insolvenzsituation beim Unternehmen ein, steht die Unternehmerfamilie im Punkte der betrieb-lichen Altersversorgung zumeist mit leeren Händen da. Die Werbesprüche der Produktanbieter täuschen über die Gefahren ebenso hinweg, wie Beruhigungspillen aus dem Munde mancher Vermittler.
Kein wirksamer Pfändungsschutz: Fakt ist, dass Insolvenzverwalter auch Lebensversicherungen kündigen. ?Der Rückkaufswert ist in die Insolvenzmasse gefallen?, heißt es dann lapidar. Auch das Justizministerium (BMJ) erkannte, dass ?nach derzeitiger Rechtslage ? private Renten- und Lebensversicherungen in aller Regel gepfändet und durch die Gläubiger [oder den Insolvenzverwalter] verwertet werden.? Nach deutscher Rechtslage besteht regelmäßig kein wirksamer Pfändungsschutz für das Existenzminimum des betroffenen Unternehmers.
Die Altersarmut: Anlaß für die Stellungnahme des BMJ war die Petition eines Unternehmers, der nach 30 Jahren Selbstständigkeit mit seinem Unternehmen in die Insolvenz geraten ist. Leider war dann seine 1989 abgeschlossene ?Le-bensversicherung (mit Pensionszusage)?! vom Insolvenzverwalter einge-zogen worden. Der Petitionsausschuß konnte nicht helfen (vgl. Deutscher Bundestag, Drucksache Nr. 15/5570 vom 01.06.2005 sowie die Stellungnahme des Bundesministeriums der Justiz gegenüber dem Petitionsausschuss). Einige Versicherungsgesellschaften spielen jedoch nicht nur dieses Totalverlust-Risiko verkaufsorientiert herunter, anstatt schlüssigere Konzepte anzubieten.
Haftung für unrichtige Auskünfte: Beim Vertrieb von Finanzprodukten haften nicht nur die Vermittler, sondern auch die Hintermänner (z.B. Produktanbieter und Vertriebsgesellschaften), wenn sie beispielsweise bei Schulungen durch Falschaussagen den Vermittler in die Irre führen (BGH Urteil vom 28.02.2005, Az. II ZR 13/03), oder etwa wahrheitswidrig die Sicherheit der Geldanlage bewerben (OLG Celle, Urteil vom 15.12.2005, Az. 11 U 107/05).
Totalverlustrisiken: In der betrieblichen Altersvorsorge können regelmäßig nicht alle Produkte gefahrlos eingesetzt werden. Die Rechtsprechung gibt eine sicherheits-orientierte Linie vor: Im Urteil des LG Stuttgart vom 19.10.2004 (Az. 7 O 249/04) ging es um eine Anlage ?zur Absicherung des Lebensstandards auf Dauer? ? das Gericht befand, dass ?80% Wertpapiere ? und 10% Venture Capital? mit einem immanenten Totalverlustrisiko für eine Alters-vorsorge ungeeignet sind. Das OLG Jena (Az. 5 U 693/04) meint dass Aktien für die Altersvorsorge ungeeignet sind (und für das Zeitwertkonto selbstredend auch !), das OLG Frankfurt/Main (Az. 13 U 24/03) hält Investmentsfonds für regelmäßig wenig geeignet um eine Altersvorsorge sicher zu stellen. Auch das OLG Koblenz (Urteil vom 21.10.2005, Az.: 8 U 1295/04) hält Renten- und Aktienfonds für ungeeignet zum Aufbau einer Altersvorsorge. Demgegenüber propagieren einige Initiatoren geschlossene Beteiligungen, mit erheblichen unternehmerischen Risiken für die betriebliche Alters-vorsorge, bis hin zum Totalverlust.
Finanzierungsrisiko: Ein Blick in die Unternehmensbilanzen verrät, dass zwei Drittel des nötigen Kapitals zur Einlösung der gegebenen Pensionszusagen fehlt, heißt es in Fachbüchern. Für den Familienunternehmer bedeutet dies, dass seine Pension im Zweifel nach ein paar Jahren endet. Dieses Risiko wird oft allein deshalb nicht erkannt, weil es nach dem Steuerrecht ausreicht, die niedrigen Anwartschaftsbarwerte zum Zeitpunkt der Zusage in die Bilanz einzustellen. Erst das Vergleichsangebot einer lebenslangen Rente durch einen Versicherer offenbart die Größenordnung der Finanzierungslücke.
Praxisbeispiel: Ein Unternehmer besitzt angespartes Geld in einer Lebensversicherung i.H.v. etwa 140.000 Euro als Rückkaufswert. Die zugesagte Pension beträgt 3.000 Euro monatlich. Für den Todesfallschutz sind 500.000 Euro vorgesehen. Ein bAV-Berater kommentiert die Situation mit den Worten ?Um die 60%-Witwenversorgung mache ich mir keine Sorgen, aber Sie selbst müssten als Unternehmer pünktlich vor dem 70 Geburtstag aus dem Leben scheiden ? sonst geht diese Art der Finanzierung niemals auf.?
Ausklärungspflichten: Finanzdienstleister müssen von je her über das Totalverlustrisiko von Kapitalanlagen und Finanzkonzepten (auch bei der bAV) aufklären ? ausschließen kann der Vermittler dies nicht, denn es handelt sich um eine Kernpflicht (BGH Urteil vom 20.01.2005, Az. III ZR 251/04). Versicherungs-makler müssen hier laufend unaufgefordert informieren. Für den Steuerberater geht die Pflicht noch weiter, denn er ist nach der obergerichtlichen Rechtsprechung gezwungen an einen Rechtsbeistand aktiv zu verweisen (zuletzt OLG Köln, Urteil vom 27.01.2005, Az. 8 U 66/04), denn dem Unternehmer droht erheblicher Schaden, wenn sich beispielsweise das Insolvenzrisiko verwirklicht.
Lösungsansätze: Die Lösungsansätze sind ebenso vielfältig, wie die Problemstellungen im Einzelfall. Bisweilen genügt ein Wechsel des Durchführungsweges, auch wenn beileibe nicht jede Unterstützungskasse vor dem Insolvenzverwalter sicher ist. Eine Umstrukturierung des Unternehmens und seiner Finanz-wirtschaft kann genauso wirksam heilen, wie eine teilweise bAV- bzw. Unternehmensverlagerung. Die überwiegende Zahl der Familienunternehmen besitzt erhebliche Finanzierungslücken in der betrieblichen Altersversorgung: Es besteht Handlungsbedarf ? auch wenn das Unternehmen die Finanzlücke voraus-sichtlich aus eigener Kraft nicht schließen kann.

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Über den Autor

Dr. Johannes Fiala Dr. Johannes Fiala
PhD, MBA, MM

Dr. Johannes Fiala ist seit mehr als 25 Jahren als Jurist und Rechts­anwalt mit eigener Kanzlei in München tätig. Er beschäftigt sich unter anderem intensiv mit den Themen Immobilien­wirtschaft, Finanz­recht sowie Steuer- und Versicherungs­recht. Die zahl­reichen Stationen seines beruf­lichen Werde­gangs ermöglichen es ihm, für seine Mandanten ganz­heitlich beratend und im Streit­fall juristisch tätig zu werden.
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