bAV: Verpfändungslücke – Kein Insolvenzschutz für Witwen ?

von Johannes Fiala, Rechtsanwalt (München), M.B.A. (Univ.Wales), M.M. (Univ.), geprüfter Finanz- und Anlageberater (A.F.A.), EG-Experte (C.I.F.E.), Bankkaufmann (https://www.fiala.de/>www.fiala.de )
bAV-Zusage für Witwen und Waisen:
Die Versicherungswirtschaft verbreitet in der Werbung für die bAV, dass verschiedene Durchführungswege insolvenzgeschützt seien. Diese Werbung ist des öfteren nach dem neuen BGB seit 01.10.2002 ein Grund für den Kunden, auch den Versicherer in die Haftung zu nehmen: Für unrichtige Werbeaussagen haften Produktgeber nach §§ 453, 434 BGB, so als ob es sich um eine ?zugesicherte Eigenschaft handelt?. überspitzt formuliert ? bei manchem Versicherer gibt es in der Werbung nach wie vor das ?3-Liter-Auto und die eierlegende Wollmilchsau?.
Fakt ist beispielsweise: Der Insolvenzverwalter kann die verpfändete Rückdeckung einer Pensiionszusage einziehen und verwerten (BGH Urteil vom 07.04.2005). Der Vergleich mit Schulungsunterlagen von Versicherern, Initiatoren, Finanzplanerschulen und bAV-Seminaranbietern zeigt die Lücken. War die Ausbildung kostenpflichtig, kann nach dem neuen Schuldrecht ein Rücktritt vom Fortbildungsvertrag drohen. Auch gegenüber Vertriebsmitarbeitern kann sich daraus ein Freistellungsanspruch ergeben: Für unrichtige, weil unvollständige, Schulungen haben auch Versicherer einzustehen. Der Jurist nennt dies dann Anleitungsverschulden. Schon mancher Vermittler wurde von seinem Kunden in die Haftung genommen, und versucht dann die Verantwortung auf den Produktgeber oder den Maklerpool abzuwälzen. Für Maklerpools und Strukturvertriebe ein ?praktisch oft nicht versicherbares Klumpenrisiko?.
Ein typischer Fall umfänglicher Altlasten fehlerhafter Gestaltung ist die Zusage mit Verpfändung der betrieblichen Altersvorsorge, wenn (auch) eine Witwen- und Witwerrente bzw. eine Waisenrente vorgesehen ist.
Fehlerhafte Verpfändung:
Regelmäßig erfolgt hier die Ausfertigung einer Verpfändungserklärung an den GGF bzw. Mitarbeiter. Wenn alles gut geht, wird die Verpfändung wirksam dem Versicherer angezeigt. Die meisten Unternehmer besitzen keinen Nachweis ? und mancher Versicherungsmakler gerät ins Grübeln, wenn er nach dem Sachwalterurteil an seine ?Risikobeobachtungs- und Nachfasspflicht? erinnert wird. Hier droht Haftung von unerwarteter Seite. Kläger können Witwen, Witwer und Waisen sein.
Wirkungslosigkeit der Verpfändung:
Eine Verpfändung wird wirkungslos, wenn der Anspruch auf die Versorgung (aus der Zusage) und das Pfändungspfandrecht (aus der Verpfändung) auseinander fallen. Das ist keine ?Neuerung im BGB? ? sondern in der Praxis manches Versicherers seit Jahrzehnten einfach durch lückenhafte Schulung bzw. fehlerhafte Formulare in die Welt gesetzt.
Zur Wirkungslosigkeit kommt es beispielsweise dann, wenn der GGF stirbt und als Erbe seines Vermögens nicht die Witwe eingesetzt hat. Dann gelangt das Pfandrecht des GGF aus der Verpfändung im Erbgang (auch nicht (rechtlich) in die Hände der Witwe. Das Pfandrecht hat dann der (fremde) Erbe gesetzlich erlangt ? die Versorgung steht der Witwe nach der Zusage zu, aber dann leider ohne Sicherung durch ein Pfandrecht. Fällt nämlich der Anspruch (Witwenversorgung) und das Pfandrecht (beim Erben) auseinander, ist es vorbei mit der schönen Sicherheit einer Verpfändung der Rückdeckung: Die Witwe steht ohne ?Schutz durch ein Pfandrecht? da, was sie allerdings zunächst nicht bemerkt.
Die gleiche Situation ergibt sich, wenn der GGF sich scheiden lässt: Mit dem Antrag auf Scheidung endet das Ehegattenerbrecht. Aus der Traum einer ?sicheren Verpfändung? für die Ehefrau, und spätere Witwe.
Lösungsansatz für die Praxis:
Die Vermittler, damit sind Agenten und Makler gemeint, sollten ihren Versicherern und Strukturvertrieben die schönen Verpfändungsformulare postwendend zurücksenden. Begründung: ?Ich will nicht für unsinnige Lücken haften?. Clevere Versicherungsmakler bedienen sich seit Jahren der Hilfe von Juristen oder professioneller bAV-Sachverständiger ? das Stundenhonorar bezahlen sie gleichsam aus der Portokasse. Natürlich sorgt der umsichtige Versicherungsmakler dafür, dass künftige Witwer bzw. Witwen und auch alle potentiellen betroffenen Waisen eine eigene separate Verpfändungserklärung erhalten.
Warum die cleveren Versicherungsmakler das nicht an die grosse Glocke hängen: Ganz einfach ? durch derlei grundlegende Fehler, wie sie bei einigen Versicherern offenbar seit Jahrzehnten an der Tagesordnung sind ? kann man in aller Ruhe neue Kunden davon überzeugen, dass sie einen Sachwalter an ihrer Seite brauchen.
Vorschlag: Die Formularmanager in den Vertriebsabteilungen sollten ihre Hausaufgaben machen. Schwierig ist dies wirklich nicht. Die Anschaffung eines Kochbuches für Laien (z.B. ?bAV-Praxishandbuch? aus dem Haufe-Verlag, dort in der Gruppe 5 auf Seiten 53 ff. nachzulesen) beweist, dass seit Jahren auf diesen ?VH-Tip? zur Vermeidung fehlerhafter Verpfändung hingewiesen wird.
Die Witwe jedenfalls bestätigt dann im Gespräch, dass der nette Vermittler der Pfefferminzia jedes Jahr beim Weihnachtsessen dabei war, und natürlich immer jedes neue Auto zugelassen hat. Selbstverständlich sind seit Jahrzehnten immer neue Lebensversicherungen zur Rückdeckung abgeschlossen worden ? aber die Formulare weisen leider auch seit Jahrzenten die gleich bleibenden Lücken auf.
Vertriebsansatz:
Auf Seminaren laufen die Gesichter von Steuerberatern rot und grün an, wenn Sie über die Tücken des Pfandrechts aufgeklärt werden und die Lücken der Verpfändung in ihren bAV-Akten erkennen, ?aber das habe ich doch von dem freundlichen Vermittler der Pfefferminzia-Versicherung bekommen?. Wie oft wird dieser Vermittler noch empfohlen werden? Zwei Gründe sprechen für die Kontaktaufnahme mit dem Kunden bzw. GGF: Erstens könnte die Haftung noch gar nicht verjährt sein, und daher wäre die Lücke schleu-nigst zu reparieren; und zweitens könnte daraus ein freundliches Gespräch mit neuem Versicherungsbedarf beim alten Kunden werden.

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Über den Autor

Dr. Johannes Fiala Dr. Johannes Fiala
PhD, MBA, MM

Dr. Johannes Fiala ist seit mehr als 25 Jahren als Jurist und Rechts­anwalt mit eigener Kanzlei in München tätig. Er beschäftigt sich unter anderem intensiv mit den Themen Immobilien­wirtschaft, Finanz­recht sowie Steuer- und Versicherungs­recht. Die zahl­reichen Stationen seines beruf­lichen Werde­gangs ermöglichen es ihm, für seine Mandanten ganz­heitlich beratend und im Streit­fall juristisch tätig zu werden.
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