bAV: Zeitwertkonto mit CTA bzw Verpfändung – Die Insolvenzschutz-Lüge

von Johannes Fiala, Rechtsanwalt (München), M.B.A. (Univ.Wales), M.M. (Univ.), geprüfter Finanz- und Anlageberater (A.F.A.), EG-Experte (C.I.F.E.), Bankkaufmann (https://www.fiala.de/>www.fiala.de )
6-ter Durchführungsweg der bAV:
Das Zeitwertkonto wird als das Ei des Columbus gelobt. Vor allem die Option der späteren Umwandlung in eine bAV macht das Zeitwertkonto attraktiv. Eine bAV im engen Sinne ist es natürlich nicht.
Auch bei den Zeitwertkonten bestehen zwei Absatzprobleme:
Erstens hat der Vermittler über den lückenhaften Insolvenzschutz aufzuklären, und Zweitens hätten findige Initiatoren die Aufgabe, insolvenzfeste Konzepte zu suchen.
Berater- und Vermittlerhaftung:
Hand aufs Herz, wer will schon sehenden Auges mit einem Insolvenzschutz werben und für Halbwahrheiten haften? Der Finanzberater sollte sich schriftlich absichern: Durch Rückfrage beim Initiator nach einem ?Prospektgutachten nach IDW-Standard? bzw. einem WP-Testat zur Insolvenzfestigkeit. Lücken im Insolvenzschutz sind aufklärungspflichtig. Wer es nicht glauben mag, lese in den 12-BGH-Geboten für den Anlageberater.
Absatzproblem der Verpfändung:
Nicht nur auf Vortragsveranstaltungen und Roadshows kommen Referenten in Verlegen-heit, wenn sie auf die Frage des Insolvenzschutzes der Verpfändung angesprochen werden. Gebetsmühlenartig werden dann die wenig überzeugenden ?Werbesprüche? über den an-geblichen Insolvenzschutz der Pensionszusage herangezogen. Mancher Initiator berichtet dann im Pausengespräch, dass das Konzept ?furchtbar teuer? gewesen sei ? diese Marktteil-nehmer können beruhigt werden: Ein Rücktritt vom Vertrag mit dem Konzeptionär kann das Honorar zurück in die Kasse spülen, wenn ein Insolvenzschutz zugesichert wurde ? nach überprüfung jedoch nicht lückenlos existiert.
Die ?Insolvenz-Schutz-Lüge?:
Genau so, wie eine Pensionszuage beim GGF und auch der Ehefrau als faktischer Geschäfts-führerin (auch ohne Gesellschaftsbeteiligung) im Insolvenzfall schlicht verloren sein kann, stellt sich die Problematik beim Zeitwertkonto dar. Auch dort ist die ?Rückdeckung? ver-pfändet. Der Clou ist, dass auch dies regelmäßig keinen Schutz vor Verlust des angesparten ?Zeit?-Guthabens bietet. Zu dieser Schlussfolgerung muß man selbst dann kommen, wenn ein Zeitkontenmodell gewählt wird, das eine Treuhandkonstruktion über ein abstraktes Schuldversprechen im Sinne des § 780 BGB vorsieht. Wird nämlich in diesem Modell die Regelung der Fälligkeit versäumt bzw. ungünstig für den GGF geregelt, so bleibt es bei der angesprochenen Problematik.
Der Insolvenzverwalter kann aufrechnen ? ein Gläubiger kann pfänden: So einfach ist das. Praktisch gesehen, kann natürlich vom GGF die sofortige Komplettauszahlung verlangt werden: Aber nach der Aufrechnung durch den Insolvenzverwalter verbleibt dem GGF dann nur einmalig der pfändungsfreie Betrag (beim ledigen 940 Euro). über den Rest wird sich der GGF nötigenfalls mit dem Insolvenzverwalter vor Gericht streiten müssen.
Insolvenz-Szenario: Wird ein Insolvenzverwalter bestellt, kann er fällige und noch nicht fällige Ansprüche geben. Der Insolvenzverwalter möchte erst mal prüfen, welche Ansprüche er gegen den GGF und andere Mitarbeiter besitzt. Dazu wird er nötigenfalls den ?sicheren? Treuhandvertrag kündigen ? und vor allem ein Zahlungsverbot aussprechen und Treuhandvollmachten widerrufen. Hält sich der CTA-Treuhänder bzw. Zeitwertkonto-Abwickler nicht daran, folgt mit gerichtlicher Hilfe binnen Stunden gerichtliche Hilfe als ?einstweiliger Rechtsschutz?. Nein, nein, Ihr Geld ist nicht weg ? es hat nur ein anderer: Der Insolvenzverwalter !
Nur er ist Herr des Verfahrens geworden. Jeder Versicherer und jeder Zeitwertkonten-Dienstleister wird sich zunächst danach zu richten haben. Natürlich muss der Insolvenzver-walter das von ihm aus einer Rückdeckung eingezogene Geld ?sicherstellen?, insbesondere mündelsicher anlegen. Der Insolvenzverwalter bekommt dafür 4% nach dem Gesetz, § 170 f. InsO. Auch eine Verpfändung kann das nicht verhindern. Rechnet der Insolvenzverwalter später auf, weil er Ansprüche gegen den GGF und andere Mitarbeiter für die GmbH geltend macht, so fällt das Geld in die Insolvenzmasse. Auch andere Gläubiger des GGF könnten klagen und danach ebenfalls eine (gerichtliche) Pfändung beantragen.
Aufklärungspflicht des bAV-Vermittlers und ?Beraters:
Traditionell steht bei den meisten Finanzdienstleistern der Umsatz im Mittelpunkt. Schade ist, dass der BGH und die Instanzgerichte vom Finanzvermittler verlangen, die ?Konzepte? rechtlich, steuerlich und wirtschaftlich auf Plausibilität zu prüfen. Der Finanzdienstleister tut gut daran, sich einen eigenen Zettel unterzeichnen zu lassen, auf welchem eine Belehrung steht, nach dem Motto ?weder Ihre Pensionszusage noch Ihr Zeitwertkonto ist im Insolvenzfall vollständig geschützt?. Mal ganz abgesehen davon, dass in der Praxis auch Unternehmensverkäufer (wenn der Käufer mit Mängeln aufrechnet) und Unternehmereltern (mit vorweggenommener Erbfolge und der sprichwörtlich bösen Schwiegertochter) davon ein Lied singen können. Wenn der Pensions- oder Zeitwertkonto-Geldhahn zugedreht wird, muss erst mal der Kunde klagen ? und der Ausgang nach Jahren über die Instanzen ist zumeist offen.
Können auch Professoren irren?
Musterbeispiel genialen Irrtums könnte das Gutachten eines Professors sein, welches ein Initiator wohl gern als Werbung verbreitet, in der Form einer ?Zusammenfassung?: Darin wird sinngemäß behauptet, der Insolvenzverwalter käme nicht an die ?Zweitwertkonto-Rückdeckung? heran, dank der Verpfändung. Ob das Gutachten teuer verkauft, und von preiswerten Assistenten erstellt wurde, ist nicht sicher. Hingegen sicher erscheint, dass hier leider das zeitlich vorausgegangene Urteil des BGH vom 07.04.2005 (Az. IX ZR 138/04) nicht behandelt wurde. Was dort für die ?angeblich insolvenzfest verpfändete? Pensionszusage vom BGH entschieden wurde, nämlich dass ?der Insolvenzverwalter die Rückdeckung auflösen und einziehen kann?, gilt auch für die Verpfändung einer Rückdeckung/Sicherheit des Arbeitgebers für ein Zeitwertkonto. Eine schöne Werbung für den Initiator um das Vertrauen seiner Vertriebspartner ? schade nur, dass er jetzt überlegen muss, was der Inhalt eigentlich wirklich wert ist? Pikant ist der Umstand, dass mit einer ?Zusammenfassung? geworben wird ? das komplette Gutachten ist ebenso unbekannt, wie die Antwort auf folgende Frage: Was für ein Vertragsbündel in welcher Version mit welchen konkreten Klauseln wurde überhaupt geprüft? Der Finanzdienstleister muss nach der BGH-Rechtsprechung einfache Plausibilitätsprüfungen anstellen: Wenn Gutachten nicht in Vollversion vorliegen, oder unklar ist, welches Vertragsbündel mit welchen Inhalten überhaupt zugrunde lagen, muss der Finanzdienstleister nachfassen (BGH vom 13.01.2000, NJW-RR 1993, 1114).
Treuhand und Versicherung:
Die Praxis der ?insolvenzsicheren? Treuhand- bzw. CTA-Zeitwertlösung sieht so aus: Der Insolvenzverwalter wird jeden Geldfluß stoppen. Das kann kein deutscher Treuhänder ver-meiden ? außer er sitzt, salopp formuliert, im rechtsfreien Nigeria. Jeder gewissenhafte Insolvenzveralter wird prüfen, ob beispielsweise die Ehefrau des GGF die Buchhaltung und Banküberweisungen korrekt erledigt hat (nach überschuldung?), und ob der GGF haftet: Bis dahin wird das Geld vorsichtshalber eingefrohren. Wenn dann behauptet wird, die ?abgesonderte Befriedigung? bewirkt den Insolvenzschutz, so ist dies schlicht eine Halbwahrheit: Wenn der Insolvenzverwalter Geld zu bekommen hat, wird er beispielsweise ?rückwirkend aufrechnen?. Dies funktioniert auch bei der Rück-deckung der Pensionszusage oder einer U-Kasse, prinzipiell nach dem gleichen Muster.
Dabei kann mal dahinstehen, ob der Insolvenzverwalter vorher den GGF verklagen müsste.
Entscheidend ist: Gerät der Versicherer in die Schusslinie, also zwischen GGF und Insol-venzverwalter, dann hinterlegt der Versicherer in aller Regel beim Amtsgericht. Dann können sich GGF und Insolvenzverwalter nötigenfalls um das Geld streiten. Der Geldfluß endet spätestens dann oder hat leider nie begonnen.
Die Wurzel des übels:
Dabei darf nicht vergessen werden ? die Putzfrau der GmbH bekommt in der Regel ihr Geld, für sie trifft der Insolvenzschutz regelmäßig zu. Dies gilt insbesondere dann, wenn sie nicht faktisch die Geschäfte geleitet hat, und sie daher nicht der Managerhaftung unterliegt. Putzen ist ungefährlich, Finanzprodukte zu vermitteln oder Unternehmen zu leiten schon. Es sind Ansprüche von aussen (das Finanzamt nimmt den GGF in die Haftung, die Bank fordert aus Bürgschaften, etc.) und Ansprüche von innen (Geschäftsführerhaftung gegenüber der Gesellschaft, auch aus vGA und zu hohen Entnahmen).
Die Kundensicht:
Damit es dem Finanzdienstleister nicht so schwer fällt zu verstehen, worum es geht, dies zur Anregung: Es gibt Berater, die das falsche Produkt an den falschen Kunden vermittelt haben ? verklagt werden jährlich etwa 30.000 Vermittler und ihre Vertriebe. Nehmen wir mal den Fall einer Beraterin ? sie wird verklagt, ihre GmbH gleich mit. Die gesamte Altersvorsorge in der GmbH, eine Pensionszusage und ein Zeitwertkonto ? alles weg. Ob sie dann zum Sozialamt geht? Ein Blick in die Statistik des Bundesamtes zeigt, dass es in 2003 und 2004 jeweils gut 39.000 Unternehmensinsolvenzen gab.
Lösung von der Stange:
Die Kunden, denen dieser Gedanke nicht behagt, brauchen Lösungen ? aber vielleicht nicht von der Stange, solange keine Tragfähigkeit für das Insolvenzschutzversprechen gesichert ist. Die Perspektive für den Finanzdienstleister ist der Umstand, dass oft viel und manchmal fast alles zur Insolvenzsicherung umgeschichtet wird. Strategisch geht es darum, die Altersvorsorge (z.B. Rückdeckung) von den Geschäftsrisiken zu trennen ? also dafür zu sorgen, dass ein Insolvenzverwalter der GmbH keine Chance für einen Zugriff bekommt. Das ist auch für den Berater auf einen Schlag mehr Finanzbewegung, als jedes Jahr eine KLV beitragsfrei zu stellen, um dann die realen Aktivwerte durch Neuabschlüsse etwas zu erhöhen. Vor allem kann es Kunden glücklich machen ? anstatt wegen Fehlberatung (z.B. verschwiegene Insolvenz-Schutz-Lücke) einen Haftungsfall anzupflanzen. Wenn der Kunde die Lücke in der Beratung bemerkt, ist er weg – manchmal kommt es schlimmer.

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Über den Autor

Dr. Johannes Fiala Dr. Johannes Fiala
PhD, MBA, MM

Dr. Johannes Fiala ist seit mehr als 25 Jahren als Jurist und Rechts­anwalt mit eigener Kanzlei in München tätig. Er beschäftigt sich unter anderem intensiv mit den Themen Immobilien­wirtschaft, Finanz­recht sowie Steuer- und Versicherungs­recht. Die zahl­reichen Stationen seines beruf­lichen Werde­gangs ermöglichen es ihm, für seine Mandanten ganz­heitlich beratend und im Streit­fall juristisch tätig zu werden.
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