Bundesgerichtshof (BGH) verurteilt Pensions-Sicherungsverein zur Herausgabe der Mitgliederliste

 

– Wie Zwangsbeiträge und Öffentlichkeit von Daten für die Eigenwerbung eingesetzt werden –

 

Pflicht zur Herausgabe der Mitgliederliste

 Der BGH verurteilte den Pensions-Sicherungs-Verein auf Gegenseitigkeit (PSVaG) zur Herausgabe der Liste seiner rund 92.500 Mitglieder (Urteil vom 23.04.2013, Az. II ZR 161/11). Ausreichend für das berechtigte Interesse eines Arbeitgebers, der Zwangsbeiträge an den PSVaG zur Insolvenzsicherung der betrieblichen Altersversorgung (bAV) als Mitglied leistet, sind die – ggf. nur vorgeschoben behauptete – Absicht einer Wahlwerbung unter den übrigen Mitgliedern, um sich zum Aufsichtsrat wählen zu lassen, sowie die Wahrnehmung satzungsmäßiger Rechte. Dass sie dann auch anderweitig werblich verwendet und an Adressinteressenten weitergegeben werden können, ist kaum zu verhindern.

Option für den Datenschutz der Unternehmen: Zwangsbeitrag ohne Zwangsmitgliedschaft

 Kein Arbeitgeber ist gezwungen mit seiner Meldung beitragspflichtiger bAV im eigenen Unternehmen auch Mitglied beim PSVaG zu werden, denn der Mitgliedschaft kann jederzeit widersprochen werden – was jedoch den jährlichen Zwangsbeitrag i.H.v. bis zu mehr als 1 % der bAV-Rückstellungen nicht verhindert.

Arbeitgeber können der vermehrten Zusendung von Werbung begegnen, indem sie von Anfang an oder später der eigenen Mitgliedschaft im PSVaG widersprechen oder diese auch später jederzeit beenden. Nur damit bleiben ihre Daten auch wirklich geheim. Allerdings sollte eine ausdrückliche Bestätigung des PSVaG eingeholt werden, dass sichergestellt ist, dass das Unternehmen nun auf Anfrage nicht mehr auf einer Liste der Mitglieder genannt wird.

Kein Datenschutz gegenüber Versicherungsvertrieben, Versicherungsmaklern und –vertretern

Die aktuelle Mitgliederliste muss bei berechtigtem Interesse – dazu reicht die Behauptung, für eine Wahl zu Vereinsorganen werben zu wollen aus – herausgegeben werden. Beispielsweise könnte so auch ein Versicherungsunternehmen, ein Versicherungsmakler oder Versicherungsvertreter die Liste erhalten, und letztlich auch anderweitig werblich nutzen oder an Interessenten weitergeben – seine eigene Mitgliedschaft im PSVaG reicht dazu aus. Dies erleichtert die Werbung für Vermittler, die Rückdeckungsversicherungen und andere Modelle verkaufen wollen – aber auch Personal- und andere Berater und Dienstleister sind potentielle Interessenten solcher Adressen. Ausreichend wäre, dass ein Versicherungsvermittler beim PSVaG Mitglied wird, indem er lediglich eine Pensionszusage einem einzigen Mitarbeiter erteilt, dies dem PSVaG meldet, und der automatischen Mitgliedschaft nicht von Anfang an widerspricht.

Auskunftsansprüche bei Wohnungseigentum, Steuersparmodell, geschlossener Beteiligung

Auch Wohnungseigentümer können vom Hausverwalter der Wohnungseigentümergemeinschaft eine Liste der Miteigentümer einschließlich Postadressen herausverlangen (BGH, Urteil vom 07.12.1995, Az. III ZR 81/95; AG Rostock, Urteil vom 23.05.2008, Az. 54 C 16/07). Ebenso können Publikumsgesellschafter einer BGB-Gesellschaft oder einer Kommanditbeteiligung als Steuersparmodell die Liste der Mitgesellschafter herausverlangen (BGH, Urteil vom 21.09.2009, Az. II ZR 264/08; vom 11.01.2011, Az. II ZR 187/09), und dies selbst dann wenn statt ihnen ein Treuhänder im Handelsregister steht, der die geschlossene Beteiligung hält (BGH, Urteil vom 05.02.2013, Az. II ZR 134/11). Sogenannte Opferanwälte nutzen dies und die Einsicht in Gerichtsakten zur professionellen Mandantenacquise – nur gelegentlich mit anschließendem Hausbesuch von Ermittlern auf Veranlassung der Datenschutzbehörde.

Insolvenzschutz des PSVaG auch ohne Beitragszahlung

Die Leistungen des PSVaG an den Arbeitnehmer sind auch dann gewährleistet, wenn der Arbeitgeber widerrechtlich keine Beiträge an den PSVaG gezahlt hat. Nicht selten übersehen Personalabteilungen, dass eine Beitragspflicht beim PSVaG besteht. Die Nichtmeldung kann mit Bußgeld belegt werden.

Bis zu mehr als 50% bAV-Verluste bei Unternehmensinsolvenz trotz Absicherung des PSVaG

Statistisch beträgt das Insolvenzrisiko 1% p.a. – nach 33 Jahren hat mithin jeder dritte Arbeitnehmer eine Insolvenz seines Arbeitgebers erlebt. Arbeitnehmer und Arbeitgeber hoffen, dass im Falle der Insolvenz die bAV über den PSVaG völlig nachteilsfrei gesichert sei. Dies erweist sich jedoch nicht selten als folgenschwerer Irrtum, denn sobald der Sicherungsfall eintritt, erhalten die Mitarbeiter oft keine Überschüsse mehr oder der Stand ihrer Versorgung wird auf den Tag der Insolvenz eingefroren. Zu selten überprüfen Betriebsräte, ob die bAV so gestaltet ist, dass Verluste bei Insolvenz wirklich sicher vermieden werden.

Insolvenzschutz ohne Beitrag für den PSVaG

Kein Arbeitgeber ist gezwungen, die betriebliche Altersversorgung nach den gesetzlichen Typen des Betriebsrentengesetzes (BetrAVG) zu gestalten, um damit im Zweifel eine Beitragspflicht beim PSVaG auszulösen. Auch ist kein Arbeitgeber verpflichtet die typischen Zusagearten zu wählen, wie sie die Formularmuster der Finanzhäuser vorschlagen, denn diese führen den Arbeitgeber regelmäßig in eine Haftung für die Erfüllung der bAV-Zusage – insbesondere wenn sich die Kapitalanlagen nicht so entwickeln, wie vom Vermittler oder Berater früher einmal prognostiziert, oder die Provisionen und Verwaltungskosten zu hoch sind.

Die betriebliche Altersversorgung lässt sich auch beispielsweise über eine Stiftung organisieren, die der Arbeitgeber einrichtet. Der Arbeitgeber kann sich damit auch selbst eine Altersversorgung zusagen lassen. Haftet die Stiftung alleine, fällt die Zusage dann gar nicht erst unter das BetrAVG.

Derartige Versorgungen kann man den ganz treuen Mitarbeitern vorbehalten, die bis zum Eintritt der Berufsunfähigkeit oder bis Altersrentenbeginn nur beim Arbeitgeber bleiben, also mit einer Verfallbarkeit bei Kündigung bis dahin. Dies bewirkt eine hohe Bindungswirkung und ist außerdem hinsichtlich aller Kündiger sehr preiswert, wohingegen die Unverfallbarkeitsfrist des BetrAVG jetzt wegen der EU-Mobilität sogar von 5 auf 3 Jahre herabgesetzt werden soll.

Den Beitrag zum PSVaG kann man sich als Arbeitgeber damit komplett ersparen, wie auch jede eigene Haftung neben der Stiftung. Diese ist mit ihren Zusagen auch bei einer Unternehmensinsolvenz nur insoweit betroffen, als sie im Unternehmen investiert und sich keine Sicherheiten dafür verpfänden lässt.

Auch steuerlich bietet dies einige Vorteile, kann wirtschaftlich zur Finanzierung des Unternehmens beitragen und sogar mit begünstigten Formen der Mitarbeiterkapitalbeteiligung verbunden werden.

von Dr. Johannes Fiala und Dipl.-Math. Peter A. Schramm

mit freundlicher Genehmigung von

http://www.handwerke.de (Heft 11-12/2013)

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Über den Autor

Dr. Johannes Fiala Dr. Johannes Fiala
PhD, MBA, MM

Dr. Johannes Fiala ist seit mehr als 25 Jahren als Jurist und Rechts­anwalt mit eigener Kanzlei in München tätig. Er beschäftigt sich unter anderem intensiv mit den Themen Immobilien­wirtschaft, Finanz­recht sowie Steuer- und Versicherungs­recht. Die zahl­reichen Stationen seines beruf­lichen Werde­gangs ermöglichen es ihm, für seine Mandanten ganz­heitlich beratend und im Streit­fall juristisch tätig zu werden.
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