Checkliste für Chefs und Vermittler

Aktuelle Urteile zur Haftung bei der betrieblichen Altersvorsorge1) werfen die Frage auf, wie sich Vermittler und Arbeitgeber gegen Ansprüche schützen können. Wichtige Fragen und Antworten.
1. Ist ein Arbeitgeber gegenüber seinem Arbeitnehmer berechtigt, die Fortführung der bAV zu unterbinden? Zu prüfen ist, a) ob der Arbeitgeber Haftungspotenzial ggf. durch eine Beendigung der bAV noch vergrößert; b) ob die Entgeltumwandlung nach LAG München ohnehin unwirksam wäre (der Arbeitgeber begeht unter Umständen eine Abgabenhinterziehung, wenn er das Entgelt weiter umwandelt); c) ob mit neuen Entgeltumwandlungen gewartet werden sollte, bis die Situation rechtlich und aktuarisch klar ist. 2. Was ist einem Arbeitgeber zu empfehlen, wenn er die Rückabwicklung von bAV-Verträgen anstrebt: Weiterführung bis zur Rückabwicklung, Beitragsfreistellung bis zur Rückabwicklung (um nicht „noch mehr Möbel ins brennende Haus zu tragen“) oder Kündigung der Verträge zum nächstmöglichen Termin? Ohne Transparenz kann der Arbeitgeber zunächst nur das Risiko einer Haftung verinnerlicht haben. Ob sein Vertrag unter die LAG-München-Gestaltung fällt (oder die zehn Prozent nicht betroffenen Fälle) muss versicherungsmathematisch untersucht werden. Vorschnelles Handeln ohne vorherige Transparenz kann den Schaden erhöhen, Zögern indes auch. 3. Wie können Arbeitgeber den Arbeitnehmern eine wahrscheinlich nichtige bAV „ausreden“, ohne sie auf die Idee des „Schadenersatzanspruchs“ zu bringen? Ist die Entgeltumwandlung nichtig, schuldet der Arbeitgeber nicht nur Gehalt, sondern auch Lohnsteuer und Sozialversicherungsabgaben. Kritisch ist vor allem die Sozialversicherung, denn eine „Lohnstundung“ ist als „Phantomlohn“ zu verbeitragen. Wichtig: Die Geschäftsleitung/der Unternehmer haften persönlich. Auf eine Betriebsprüfung zu warten, die in ein Strafermittlungsverfahren führen würde, wäre riskant. Und: Es können etwa der Steuerberater, Rechtsanwalt oder Wirtschaftsprüfer mit in die Haftung eingebunden werden. Dann kann man sich später schadlos halten und gegenüber dem Finanzamt plausibel machen, dass kein strafbares Verschulden vorliegt. Es empfiehlt sich, bis zur Klärung das umgewandelte Entgelt auf einem Sonderkonto zu verwalten, dann muss dem Arbeitnehmer davon zunächst nichts gesagt werden. Allerdings wird so gut wie jeder Arbeitnehmer ohne Streit bei einer Sanierung der bAV mitmachen – er kann dadurch dann seine Altersrente nur steigern. 4. Wie ist die Rückabwicklung bei 200 Arbeitnehmern mit verschiedenen bAV-Tarifen bei mehreren Versicherungsgesellschaften zu bewerkstelligen? Muss jeder Vertrag einzeln geprüft, bearbeitet und bei Gericht verhandelt werden? Im zu empfehlenden Vergleichswege ist eine Bündelung möglich und sinnvoll, bei gerichtlicher Durchsetzung kommt es darauf an, was die Produktgeberseite vorträgt – notfalls muss jeder Einzelfall centgenau gerechnet werden. Die Erfahrung mit Massenklagen in anderen Bereichen zeigt, dass der Gegner seine Prozesstaktik darauf abstellt, jede Vereinfachung der Verfahren zu verhindern und deshalb jeden Fall getrennt mit erneuter Beweisaufnahme behandelt. Bei der Rückabwicklung gegenüber dem Arbeitnehmer ist versicherungsmathematisch nichts zu rechnen: Er erhält sein volles Gehalt zzgl. Zinsen abzüglich des bereits erhaltenen Rückkaufswertes. 5. Was kostet den Arbeitgeber eine Erstberatung, die prüft, ob eine Rückabwikklung aussichtsreich ist? Für die aktuarische Begutachtung reichen ein bis zwei Musterfälle je Produkt und Anbieter sowie eine Aufstellung des Gesamtumfangs nach Produkten/Anbietern. Dabei entstehen Sachverständigenkosten von 600 bis 1.200 Euro plus Umsatzsteuer. Beim Anwalt kostet eine Erstberatung, etwa anhand eines Musterfalles, um die 250 Euro. Die anschließende Sanierung wird dann oft nach Zeitaufwand abgerechnet. 6. Welche Kosten entstehen Arbeitgebern bei Beauftragung einer Kanzlei zur Rückabwicklung? Sachverständigenkosten sind immer als Vorleistung zu erbringen, in aller Regel auch bei vorhandener Rechtsschutzversicherung. Unter Umständen werden sie außergerichtlich oder gerichtlich als notwendige Kosten vom Gegner erstattet. Es kann sein, dass ein bAV-Träger auf ein erstes Anwaltsschreiben hin sofort alle Kosten und Auslagen erstattet – es gibt aber Fälle, in denen Mitarbeiter des Trägers der bAV „Zillmerung als Verbraucherschutz“ ausweisen. Hält der Träger der bAV an solchen Vorstellungen fest, müsste ein Gericht um ein Urteil gebeten werden. 7. Werden sämtliche anfallenden Kosten (auch der Erstberatung) im Falle des Erfolges von der Gegenseite übernommen? Soweit sie erforderlich waren und in voller Höhe obsiegt wird, in der Regel schon – wenn der Gegner nicht bereits insolvent ist. Es ist allerdings so, dass vielfach keine ausreichende Rechtsschutzdeckung gegeben ist und die Gerichte nicht immer sämtliche Kosten als erstattungsfähig beurteilen. Wenigstens sind die Kosten dann legal als Betriebsausgaben abzusetzen. 8. Ab welchem Abschlussdatum ist eine Rückabwicklung aussichtsreich? Ab Wirksamwerden des AVG. 9. Was passiert mit den während der Laufzeit angerechneten Steuer- bzw. Sozialversicherungsvorteilen? Jene müssen nachentrichtet werden, ggf. mit Zuschlägen – nicht erst nach erfolgreicher Rückabwicklung, wenn die Entgeltumwandlung nichtig ist. Das bedeutet, dass die Lohnabrechnung korrigiert wird, was der „Selbstanzeige“ gleichkommt. 10. Gibt es für Vermittler eine Chance, eigenen Aufwand erstattet zu bekommen? Wenn es sich um Ansprüche wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung durch den Produktgeber (Paragraf 826 BGB) handelt, stehen die Chancen gut, den Vertrieb bzw. Produktgeber aufgrund grob fehlerhafter Schulung und/oder Anleitung zur Verantwortung zu ziehen. Die Dokumentation von Schulungs- und Vertriebsunterlagen, aber auch von Rundmails und Newslettern kann hierbei die Beweislage verbessern. In der Regel scheuen die Produktgeber solche Prozesse und Urteile, denn sie offenbaren dann Defizite in der rechtlichen Beratung der eigenen Vermittler – und könnten dazu führen, dass Vermittler vermehrt wegen Verjährung auf Feststellung klagen, dass eine Pflicht zum Schadensersatz besteht. Andererseits sollte ein Rechtsbeistand auch bei außergerichtlicher Einigung eingeschaltet werden, damit es nicht abermals zu einem Rechtsirrtum kommt.
Die Autoren Dr. Johannes Fiala (links) ist Anwalt in München, Dipl.-Mathematiker Peter A. Schramm ist Aktuar DAV und Sachverständiger für Versicherungsmathematik.
(Cash Jul+Aug 2007, 179)
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Über den Autor

Dr. Johannes Fiala Dr. Johannes Fiala
PhD, MBA, MM

Dr. Johannes Fiala ist seit mehr als 25 Jahren als Jurist und Rechts­anwalt mit eigener Kanzlei in München tätig. Er beschäftigt sich unter anderem intensiv mit den Themen Immobilien­wirtschaft, Finanz­recht sowie Steuer- und Versicherungs­recht. Die zahl­reichen Stationen seines beruf­lichen Werde­gangs ermöglichen es ihm, für seine Mandanten ganz­heitlich beratend und im Streit­fall juristisch tätig zu werden.
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