Die 10 Gebote

So vermeiden Sie Kapitalvernichtung per Lebensversicherung

 

Wirtschaftlich betrachtet, sind Lebensversicherungen oft Kapitalanlagen, die im Wettbewerb mit klassischen Bankprodukten stehen. Intransparenz, fehlerhafte Beratung und falsche Abrechnungen kosten die Kunden jedes Jahr Milliarden. Meist besteht dann ein Anspruch auf Nachzahlung, Rückforderung oder Schadenersatz. Unaufgefordert zahlen die Versicherer jedoch nicht. Umso wichtiger ist es, dass Makler – auch unter Berücksichtigung der eigenen Haftungsproblematik – mögliche Fallstricke kennen und schon von Beginn an ihren Kunden professionell und umfassend beraten können. Der Kunde wird es ihnen danken, denn damit besteht auch die Chance, den Kunden zu unverhofftem Geldsegen zu verhelfen und damit bessere Anlagen zu vermitteln.

 

1. Gebot: Keine fehlerhaften Musterberechnungen

Deutsche wie britische Versicherer werben gegenüber Kunden mit Musterberechnungen. Doch die vorgegebenen Renditen, meist aus der Vergangenheit, erweisen sich immer wieder als für die Zukunft unrichtig, wenn etwa veraltete Sterbetabellen oder gar nicht vergleichbare Produkte und Kapitalmarktlagen herangezogen werden. Versicherer haften auf Erfüllung unsicherer Versprechen, die als sicher hingestellt wurden oder bei denen die aktuell bereits veränderten Verhältnisse verschwiegen wurden. Seit der VVGReform 2008 hat die Aufsichtsbehörde ihr Rundschreiben R2/2000 zur Werbung mit Beispielrechnungen aufgehoben, so dass es für Versicherer nun dazu gar keine verbindlichen Grundlagen mehr gibt. Vorsichtshalber werden diese nun als nur noch beispielhaft zu Illustrationszwecken und ohne jeden Anspruch an Realität und Haftung von den Versicherern verbreitet – wer als Vermittler mehr hineinlesen will, gerät leicht selbst in die Haftung gegenüber dem Kunden.

 

2. Gebot: keine fehlerhafte Bedarfsermittlung beim Kunden

Mehr als drei Viertel aller langlaufenden Lebensversicherungsverträge werden vor dem vertraglichen Ende wieder aufgelöst, die meisten in den ersten Jahren. Immer wieder zeigt die spätere Analyse der Beratungssituation, dass der Kunde nicht willens oder in der Lage war, den langfristigen Sparvorgang durchzuhalten. Oft fehlten zunächst einmal ausreichende Absicherungen gegen Schicksalsschläge und existentielle Risiken. Wenn für die Altersvorsorge gespart wird, obwohl schon für Notlagen nichts zurückgelegt wurde, ist der Verlust aus der Versicherungspolice vorprogrammiert. Kommt es dann zu Krankheit, Arbeitslosigkeit, Berufsunfähigkeit oder einem Haftpflichtfall – oder steht gar nur eine Autoreparatur an –, müssen die Kunden zwangsläufig ihre Lebensversicherung wieder auflösen – eine Haftungsfalle für Vermittler.

 

3. Gebot: Kein fehlerhafter Abzug von Abschlusskosten und Stornoabzug

Das Verfassungsgericht hat schon vor Jahren klargestellt, dass Kapitallebensversicherungen der Vermögensbildung dienen. Ganz gleich, wann der Kunde seinen Vertrag (ggf. vorzeitig) beendet: Stets muss er an diesem Vermögen einen fairen Anteil erhalten, nämlich rund die Hälfte des ohne Abschlusskostenabzug angesparten (so genannten „ungezillmerten“) Deckungskapitals – der so genannte Mindestrückkaufswert – und auch Stornoabzüge dürfen bei den betreffenden Verträgen nicht vorgenommen werden. Kein einziger Versicherer hat seinen Kunden aber unaufgefordert und freiwillig die bei Kündigung zuviel einbehaltenen Beträge nachgezahlt und manche auch nicht nach einer Beitragsfreistellung. Zudem behaupten manche Versicherer, dass der Stornoabzug berechtigt wäre, solange nur der Mindestrückkaufswert gezahlt wird. Zumeist geht die Rechnung auf – denn die Kunden lassen selten sachverständig nachrechnen.

 

4. Gebot: Keine fehlerhaften Ratenzuschläge

Der Bundesgerichtshof hatte entschieden, dass vielen Versicherern nur ein relativ geringer Bruchteil ihrer gerne berechneten „Ratenzuschläge“ für monatliche oder auch vierteljährliche Zahlweise zusteht, denn kaum ein Versicherer hatte den nach Preisangabeverordnung zu nennenden Effektivzins ausgewiesen. Dann dürfen sie aber nur den gesetzlichen Zins von 4 % und damit einen Ratenzuschlag von höchstens 1,81 % bei Monatszahlung berechnen – nicht die üblichen 5 %. So steht den Kunden daher ein Rückzahlungsanspruch in Höhe von bis zu mehr als 3 % aller gezahlten Prämien zu – dazu Zinsen. Falsche Prämienrechnungen führen nach der Rechtsprechung nicht einmal zur Fälligkeit der Prämie. Mangels Aufklärung über das Widerrufsrecht bei Verbraucherkrediten kann mancher – sogar schon gekündigter – Vertrag heute noch widerrufen und rückabgewickelt werden.

 

5. Gebot: Keine fehlerhafte Aufspaltung in Vermittlungs- und Versicherungsvertrag

Seit 2008 müssen nach dem neuen Versicherungsvertragsgesetz die Abschlusskosten auf fünf Jahre verteilt werden, damit das Ziel der Vermögensbildung ausreichend gewahrt bleibt. Einige Versicherer versuchen, dies zu umgehen, indem der Kunde zwar seine Lebensversicherung nach kurzer Zeit kündigen kann, aber dennoch die separat vereinbarte Vermittlungsprovision weiter bezahlt werden muss. Am Ende hat der Kunde oft per Saldo noch Schulden beim Versicherungsvertrieb, die er abstottern soll. Damit sollen offenbar die Entscheidungen des Verfassungsgerichts und des Gesetzgebers umgangen werden. BGH-Urteile, die diese Möglichkeit bisher bestätigten, sind vor diesen aktuellen Entscheidungen womöglich nicht mehr zu halten, weil das Ziel der Vermögensbildung verfehlt wird.

 

6. Gebot: Keine fehlerhafte Anlageberatung durch Verleiten zur Spekulation auf Kreditbasis

Einige Versicherer bestreiten auch in Pressemeldungen jedes Wissen darüber, dass ihre hohen Lebensversicherungsverträge überwiegend durch Banken auf Kreditbasis als Hebelgeschäft finanziert wurden. Die Unrichtigkeit solcher Aussagen ergibt sich bereits daraus, dass Versicherer der finanzierenden Bank die Abtretung der Police bestätigten. Die Verantwortung der Versicherer für solche Spekulationsgeschäfte ergibt sich auch oft aus den verwendeten Werbedruckstücken mit Firmenlogo – der Vermittler kann dann oft die Haftung auf diesen abwälzen.

 

7. Gebot: Keine fehlerhafte Kreditfinanzierung ohne Angabe der Gesamtkosten

Lebensversicherungen sollen helfen, einen Kredit (z. B. bei Finanzierung einer Arztpraxis, einer Immobilie oder eines Gewerbebetriebes) bei Fälligkeit auf einen Schlag abzulösen. Diese Art der Finanzierung kostet den Kunden „vor Steuern“ sicherlich, und oft genug auch „nach Steuern“, viel mehr Aufwand, als eine klassische Finanzierung mit sofort beginnender Tilgung. Den Kunden wird die Finanzierung über einen solchen Festkredit gerne dadurch schmackhaft gemacht, dass sich die vorhersehbaren Verluste durch hohe überschussbeteiligungen ausgleichen sollen. Was zunächst noch wie ein Schnäppchen verkauft wurde, erweist sich später bei fallenden überschüssen als pure Geldvernichtung.

 

8. Gebot: Keine fehlerhafte Pensionsplanung zur Altersversorgung

Größere Verträge in der privaten und betrieblichen Altersversorgung kommen höchst selten durch Bestechung von Betriebsräten, Kick-Backs oder Provisionsabgaben zustande. Viel häufiger werden Unternehmen motiviert, hohe Pensionen zuzusagen, ohne dass ausreichendes Vermögen am Ende sicher zur Verfügung steht. Zig-Milliarden für die Bezahlung solcher zugesagter Altersversorgungen fehlen den Betriebskassen des Mittelstandes, wenn sich überhöhte Beispielrechnungen bei Rückdeckungsversicherungen als unhaltbar erweisen und bei einem GmbH-Geschäftsführer alleine eine halbe Million oder mehr fehlt. Die Sanierung solcher Modelle ist eine anspruchsvolle Aufgabe für jeden Vermittler.

 

9. Gebot: Keine fehlerhafte Steuergestaltung führt zur Steuerhinterziehung

Zum Wesen einer Lebensversicherung gehört es, dass der Versicherer wirkliche Risiken übernimmt. Dies ist nicht der Fall, wenn der Versicherer sich erst nach zig Jahren festlegen will, wie hoch die Rente sein wird. Dann müssen spätestens im Jahre 2010 alle laufenden Erträge wie ein Bankdepot Jahr für Jahr versteuert werden. Auch entfällt damit das Privileg, dass bei Fälligkeit der Versicherung das Halbeinkünfteverfahren bzw. nur ein Ertragsanteil einer Rentenzahlung zu versteuern wäre. Vermittler sollten darauf achten, dass der Versicherer die Verträge rechtzeitig nachbessert.

 

10. Gebot: Keinen Wettgewinn als Rendite ausgewiesen

Findige Vertriebe propagieren die Rentenversicherung ohne Todesfallleistung als Renditetreiber. Vor Rentenbeginn erhält der Kunde im Todesfall keine Leistung, insbesondere nicht die übliche Rückzahlung der Prämien samt überschüssen ohne die kalkulatorischen Zinsen. Dafür weist dann die Kapitalabfindung eine erstaunliche Höhe auf, die „Rendite“ ist weit besser als bei anderen Lebens- oder Rentenversicherungen.

Was hier aber als Traumrendite verkauft wird, ist großteils der Wettgewinn darauf, dass der Kunde nicht vorher stirbt. Dieser stammt aus dem Kapital, das die inzwischen Gestorbenen verloren haben. Dass diese Police soviel wert ist wie ein Lottoschein vor der Ziehung, mussten Kunden erkennen, die sie als Kreditsicherheit einer Bank anbieten wollten. Mangels Todesfallleistung wird auch in aller Regel kein Rückkaufswert ausgezahlt – somit ist sie als Kreditsicherheit wertlos.

 

Dr. Johannes Fiala und Dipl.-Math.Peter A. Schramm

mit freundlicher Genehmigung von

www.experten.de (veröffentlicht im Experten Report, Ausgabe 01/2010, Seiten 62-63)

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Über den Autor

Dr. Johannes Fiala Dr. Johannes Fiala
PhD, MBA, MM

Dr. Johannes Fiala ist seit mehr als 25 Jahren als Jurist und Rechts­anwalt mit eigener Kanzlei in München tätig. Er beschäftigt sich unter anderem intensiv mit den Themen Immobilien­wirtschaft, Finanz­recht sowie Steuer- und Versicherungs­recht. Die zahl­reichen Stationen seines beruf­lichen Werde­gangs ermöglichen es ihm, für seine Mandanten ganz­heitlich beratend und im Streit­fall juristisch tätig zu werden.
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