Haftung des Maklers für verwendete Ratings – Warum Makler und Kunden Höchstwertungen in (BU-)Produktratings nur mit Vorsicht „genießen“ sollten

*von Dr. Johannes Fiala, Rechtsanwalt (München), MBA Finanzdienstleistungen (Univ.), MM (Univ.), geprüfter Finanz- und Anlageberater (A.F.A.), Lehrbeauftragter für Bürgerliches und Versicherungsrecht (BA Heidenheim, Univ. of Cooperative Education), (www.fiala.de) und Dipl.-Math. Peter A. Schramm, Sachverständiger für Versicherungsmathematik (Diethardt), Aktuar DAV, öffentlich bestellt und vereidigt von der IHK Frankfurt am Main für Versicherungsmathematik in der privaten Krankenversicherung (www.pkv-gutachter.de). Der Markt der Berufsunfähigkeitsversicherungen und der diese Produkte bewertenden Ratings ist in den ersten Monaten dieses Jahres stark in Bewegung gekommen. Die (für die Versicherer) so werbewirksame Bewertung der Produkte mit Höchstratings in der Produktqualität erreichten beim „1. Versuch“ der neuen Bedingungswerke nur wenige Versicherer. Grund dafür waren die neuen Regelungen des VVG und die geänderten Ratinganforderungen. Kurz nach Erscheinen der ersten Veröffentlichungen zu den Bewertungen der ab 01.2008 gültigen Produkte wurden diese von vielen Versicherern bereits wieder geändert, um die gewohnte aber im ersten Versuch verloren gegangene Höchstratingbewertung wieder zu erlangen. Offensichtlich glauben viele Marktteilnehmer, dass BU – Produkte dann besonders empfehlenswert sind oder in Deutschland nur noch dann verkaufen sind, wenn sie mindestens von einer Ratingagentur ein Bedingungshöchstrating erhalten haben. Dass ein Bedingungshöchstrating nichts über die Eignung des Produktes zur Absicherung des konkreten Kundenbedarfes aussagt, ist hinlänglich bekannt. Nur der Makler, der die dem Rating zugrunde liegenden Qualitätsanforderungen kennt und diese kritisch geprüft hat, ist in der Lage die Qualität und die Aussagekraft von Ratings zu bewerten. Gleiches gilt natürlich auch für den Einsatz von Vergleichssoftware, auch wenn diese aus dem Hause des Raters kommt. Gefahr der Fehlberatung durch Bewertung zukünftiger Bedingungswerke Den überblick über die gerade aktuellen Produkte zu behalten und im Kundengespräch das richtige Produkt zu beraten ist gar nicht so einfach. Jeder Makler sollte peinlichst darauf achten, dass für das von ihm angebotene Produkt in der Police auch die Bedingungen erscheinen, die er mit dem Kunden besprochen hat. Wenn z.B. im Januar 2008 bereits Bedingungen mit Stand Februar 2008 von den diversen Softwareanbietern als „aktuelle“ Bedingungen bewertet werden und dann auch Grundlage der Kundenberatung waren, könnte es zu bösen überraschungen kommen, wenn der Versicherer diese (ggf. besseren) Bedingungen noch gar nicht in seinen Angebotsprogrammen und Policierungsabläufen integriert hat und im Vertrag dann die alten (schlechteren) Bedingungen dokumentiert werden. Wenn der Makler hier nicht kontrolliert, ist die Haftung vorprogrammiert. Das gilt sowohl im Antrags- als auch insbesondere im Invitatioverfahren. Makler, die ihre Produktauswahl ungeprüft auf Ratingergebnisse oder Vergleichssoftwareprogramme stützen, die durch ihre Vorauswahl der verglichenen Bedingungsregelungen für den Kunden ggf. wichtige Leistungspunkte „ausblenden“ oder unterbewerten, könnten weitere böse überraschungen erleben, was an folgenden Beispielen aufgezeigt werden soll: Höchstrating (Bedingungsqualität) trotz verschlechterter Regelung für den Kunden Die Bedingungen eines Anbieters zu seiner selbständigen BU (Stand 01.2008) erhielten nicht die begehrte Ratinghöchstbewertung. Sie sahen in der Regelung zum Eintritt der BU nach Ausscheiden aus dem Berufsleben u.a. vor, dass der Versicherte (entgegen der sonstigen tariflichen Regelungen) in diesem Fall abstrakt verwiesen werden kann. Diese für den Kunden nachteilige Möglichkeit des Versicherers wurde in ihrer Anwendbarkeit wie folgt eingeschränkt: „Ein Ausscheiden aus dem Berufsleben liegt nicht vor, wenn es sich nur um eine vorübergehende Unterbrechung der Berufsausübung handelt (z. B. wegen Mutterschutz, gesetzlicher Elternzeit, Arbeitslosigkeit, Zivil- oder Grundwehrdienst).“ Dadurch dürfte ein Ausscheiden nicht vorliegen, wenn die BU im 4. Jahr nach Beginn einer Erziehungszeit z.B. für 2 aufeinander folgende Kinder oder einer Arbeitslosigkeit eintritt, die versicherte Person sich aber weiterhin um einen neuen Arbeitsplatz bemüht und selbst davon ausgeht, dass das auch Erfolg haben wird. Die geänderten Bedingungen des selben Tarifes (aber mit Stand 02.2008) erhielten dann das begehrte Höchstrating mit folgender neuer Formulierung: Ein Ausscheiden aus dem Berufsleben liegt nicht vor, wenn es sich nur um eine vorübergehende Unterbrechung der Berufsausübung von bis zu 3 Jahren handelt (z. B. wegen Mutterschutz, gesetzlicher Elternzeit, Arbeitslosigkeit, Zivil- oder Grundwehrdienst) Die verbesserte Transparenz der Regelung hilft dem Kunden wenig, wenn er vom Versicherer in unserem o.g. Beispiel nun abstrakt verwiesen werden kann (sofern natürlich die einschränkenden Voraussetzungen für die Verweisung erfüllt sind). Könnte es sein, dass der Versicherer mit dieser Bedingungsänderung auf eine Mindestanforderung des Raters für das Erreichen der Ratinghöchstwertung reagiert hat? Die „Qualität“ des Versicherungsschutzes hat sich dadurch in jedem Fall nicht verbessert. Die Erläuterung des Maklers, welche ggf. negativ abweichenden Regelungen bei Eintritt der BU nach Ausscheiden aus dem Berufleben der empfohlene Tarif vorsieht, sollte in keinem Beratungsgespräch fehlen, da bei Abschluss keiner der Beteiligten weiß, ob und wenn wann der Versicherungsfall eintritt. Für den Kunden nachteilige Ausscheideregelungen, im Extremfall mit fast uneingeschränkter abstrakter Verweisungsmöglichkeit nach Ablauf der „Schonfrist“ von 3 oder 5 Jahren sind leider die Regel bei den meisten mit Höchstrating (Bedingungsqualität) „ausgezeichneten“ Tarifen. Ob damit der Anspruch der Ratings als „Qualitätsmesser“ des Marktes in Frage gestellt wird und ob das für den Kunden akzeptabel ist, muss jeder Makler für sich und mit seinen Kunden selbst entscheiden. Unter den aktuell von mindestens einer Ratingagentur nicht mit Höchstrating „ausgezeichneten“ Tarifen gibt es im übrigen mehrere Anbieter, die generell auf eine Ausscheideregelung verzichten. Aus 1 mach 2 – Wenn der Rater einen „neuen – zusätzlichen“ Tarif erschafft Ratingagenturen sind dazu übergegangen Tarife einzelner Anbieter in mehrere Tarife aufzuteilen, um sie besser in Ihre Bewertungs- und Berechnungssystematik einpflegen zu können. Doch Vorsicht – wird ein vom Versicherer angebotener (einheitlicher) Tarif vom Ratingunternehmen in mehrere Tarife aufgeteilt, besteht die Gefahr, dass wichtige haftungsrelevante Hinweise auf Produktschwächen „verloren gehen“. So wird zum Beispiel ein Tarif eines deutschen Versicherers, der zu mindestens dem Namen nach „beste BU – Vorsorge“ verspricht, in einem Rating in zwei Tarife aufgeteilt: 1. Tarif für Schüler, Studenten und Auszubildende und 2. Tarif für sonstige Versicherte Die einschlägige Bestimmung dieses Tarifes gilt aber nicht nur für Versicherte, die bei Antragstellung Schüler, Studenten oder Auszubildende waren, sondern auch bei Wechsel während der Vertragslaufzeit in eine solche Tätigkeit. Ist die versicherte Person bei Eintritt der BU Schüler, Auszubildender oder Student, ist abweichend von der sonst gültigen Regelung bei Eintritt der BU vor Ausscheiden aus dem Berufsleben 1. nicht der zuletzt ausgeübte Beruf, sondern eine Tätigkeit als Schüler, Auszubildender oder Student versichert und 2. eine dementsprechende abstrakte Verweisung möglich. Weder das Rating noch die Auswertung der Vergleichssoftware (aus dem Hause des Raters) zu „Tarif 2 – sonstige Versicherte“ weist auf diesen ggf. für den Kunden wichtigen Punkt hin! Schließt nun z.B. ein Arzt den Tarif ab und wird nach Tarif 2 der Software beraten, fehlt in der Softwareauswertung jeder Hinweis, dass er bei Eintritt einer BU während eines Zweitstudiums (unter Aufgabe seiner ärztlichen Tätigkeit) ab sofort nicht mehr als Arzt versichert ist, anders, als bei einer vorübergehenden Unterbrechung wegen Arbeitslosigkeit oder Elternzeit. Versicherter Beruf ist dann eine Tätigkeit als Schüler, Auszubildender oder Student. Sollte der Arzt diese Hürde im Erstprüfungsverfahren (mind. 50% BU im versicherten Beruf) tatsächlich genommen haben, hat der Versicherer immer noch die Möglichkeit der abstrakten Verweisung. „Einschränkender“ Maßstab ist hier u.a. die Lebensstellung vor Eintritt der BU (also als Student). Fehlt der Hinweis auf die sich während der Vertragslaufzeit ggf. ändernden Leistungsvoraussetzungen in der Beratung, zahlt wohl der Makler die Rente, was im übertragenen Sinne auch als Verbraucherschutz bezeichnet werden kann. Nichtbewertung von für den Kunden vorteilhaften Bedingungsregelungen – willkürliche Festlegung von Mindeststandards für Höchstratingbewertung? Dass für den Kunden vorteilhafte Regelungen in wichtigen Bereichen des BU – Versicherungsschutzes bei der Ratingbewertung keine Berücksichtigung finden bzw. das Ratingergebnis offensichtlich nicht positiv beeinflussen, ist schon recht erstaunlich, wenn es um so maßgebliche Bewertungsbereiche wie die Risikoausschlüsse geht. So spiegelt sich der Verzicht auf bzw. die Einschränkung von einzelnen im Markt und von den Ratings als üblich angesehene Risikoausschlüssen (z.B. Strahlen, Straftaten oder ABC-Waffen / Stoffe) nicht nachvollziehbar positiv in der Ratingbewertung wieder, obwohl es hier um Leistung oder Nichtleistung für den Kunden gehen kann. Oder umgekehrt gesagt: Der Verzicht auf den zusätzlich zum Kriegs- und Strahlenausschluss von vielen Versicherern vereinbarten ABC – Waffen / Stoffe – Ausschluss, der auch die vorsätzliche Freisetzung von biologischen, chemischen und atomaren Stoffen – unter bestimmten Voraussetzungen – als mögliche Ursache einer BU vom Versicherungsschutz ausschließt, ist keine Mindestanforderung für das Erreichen des Höchstratings. Das ist um so erstaunlicher, wenn man berücksichtigt, dass bei dem gleichen Rating die (sicherlich wünschenswerte) Verpflichtung des Versicherers zur regelmäßigen Information des Kunden während der Leistungsprüfung als Mindeststandard für das Höchstrating gefordert wird. Die genannten Beispiele spiegeln nur einen kleinen Auszug der Gesamtproblematik wieder. Der eigentlich zu begrüßende Anspruch der Ratings und der parallel angebotenen Vergleichssoftware „Qualitätsbarometer“ der in Deutschland angebotenen BU – Produkte zu sein und diese durch objektive Bewertung der Stärken und Schwächen für den Nutzer transparenter zu machen, ist kritisch zu hinterfragen, wenn im Ergebnis Tarife die Höchstwertung erhalten, die in wichtigen Leistungsbereichen schlechtere Leistungen anbieten, als Versicherer ohne Produkthöchstbewertung. Dass davon offensichtlich nur ein kleiner Kreis von Versicherern profitiert, ist sicherlich nur ein Zufall. Es erweist sich immer wieder, dass oberflächliches Lesen von Bedingungen sowie die unkontrollierte übernahme von Ratingergebnissen oder von Softwareauswertungen, die scheinbar zielsicher ein angeblich geeignetes Produkt nach der Eingabe vorschlagen, in die Irre führen kann. Die Verkürzung der Qualitätsbeurteilung eines hochkomplexen Produktes, wie z.B. einer Berufsunfähigkeits(zusatz)versicherung, auf eine „Rating(schul)note“ ist grundsätzlich in Frage zu stellen, wenn dadurch Leistungsschwächen eines Produktes, die ggf. für den individuellen Kundenbedarf wichtig sind, ausgeblendet werden. Diese Vereinfachung hilft nur dem Versicherer, der mit dem Ratingergebnis wirbt und ggf. dem Rater, wenn dieser sich die Werbung mit dem Ratingergebnis bezahlen lässt. Prüft der Makler nicht eigenständig die Produkte auf Stärken und Schwächen und Eignung für seinen Kunden, sind Beratungsfehler vorprogrammiert.
(openpr.de (17.03.2008)
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Über den Autor

Dr. Johannes Fiala Dr. Johannes Fiala
PhD, MBA, MM

Dr. Johannes Fiala ist seit mehr als 25 Jahren als Jurist und Rechts­anwalt mit eigener Kanzlei in München tätig. Er beschäftigt sich unter anderem intensiv mit den Themen Immobilien­wirtschaft, Finanz­recht sowie Steuer- und Versicherungs­recht. Die zahl­reichen Stationen seines beruf­lichen Werde­gangs ermöglichen es ihm, für seine Mandanten ganz­heitlich beratend und im Streit­fall juristisch tätig zu werden.
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