Hebelgeschäft: Sofortrente – Bankkredit – Sparplan

Chance auf hohen Gewinn – aber auch hohe Risiken
Hebelgeschäfte werden in der Praxis von Finanzdienstleistern als “Sparenta”, “Sparente”, “Lex- Rente”, “Zinsdifferenzgeschäft”, “kreditfinanzierte Rente”, “sofort Rente”, “fremdfinanzierte Rente”, “Garantierente”, “kreditfinanzierte Lebensversicherung”, “fremdfinanzierte Lebensversicherung”, “Festkredit mit Tilgungsersatz”, “fremdfinanzierter Pool”, “kreditfinanziertes Investment”, “Festdarlehen mit Tilgungsersatz”, “fremdfinanzierter Investmentfonds”, “kreditfinanzierte Beteiligung”, “Sonderkreditprogramm”, “britische Lebensversicherung in Kombination mit einem Kredit”, “finanzierte fondsgebundene Lebensversicherung”, “Schnee-Rente”, “gemischt fremdfinanzierte Rente”, “Leverage-Effekt”, usw. bezeichnet. Die Staatsanwaltschaft beschäftigt sich damit unter dem Aspekt des Betruges oder Kapitalanlagebetruges. Das BaFin prüft derartige Geschäfte bisweilen unter dem Aspekt, ob eine notwendige Erlaubnis nach dem KWG vorliegt.
Ausgangsfall und Modell
Dr. Peter Fleißig, Mediziner mit gut gehender Praxis, 45 Jahre alt, eine Frau, zwei Kinder lässt sich durch seinen Finanzberater informieren, wie er mit seinem unbelasteten Haus (Verkehrswert 250.000 Euro) noch mehr Geld verdienen kann und sogar zu einer Sofortrente kommt. Die Immobilie wird beliehen: Bankdarlehen mit einer Hypothek als Sicherheit. Natürlich wird der Kredit in YEN oder Franken aufgenommen, denn dort ist das Geld ja “scheinbar billiger”. Das Geld (Darlehen) wird in eine sofort beginnende Leibrentenversicherung (Lebensversicherung) bezahlt. Mit der Rente sollen auch die Darlehenszinsen bezahlt werden, und im übrigen soll die Rente das Familieneinkommen aufbessern helfen. Zusätzlich wird ein Sparplan (weitere Lebens-Versicherung mit Investmentanlage) abgeschlossen: Mit diesem Geld soll dann am Ende das Hypothekendarlehen (Tilgung) zurückbezahlt werden. Die Bank lässt sich diesen Vertrag als Sicherheit abtreten.
Steuer
Eigentlich kann dieses Modell vor Steuern nicht gut gehen, den die Rendite der Leibrente ist zumeist geringer als die Kosten des Darlehens. Nach dem Steuerrecht sind jedoch solche Leibrenten nur zum so genannte Ertragsanteil, also nur teilweise zu versteuern. Die Darlehenszinsen sind absetzbar als Werbungskosten.
Der Pferdefuß bei der Steueranalyse
Es gibt dazu keine höchstrichterliche Entscheidung: Es bedarf einer Einzelfallentscheidung durch die Finanzgerichte bzw- Finanzämter – und die wird selten vor Vertragsabschluß eingeholt, um sicher zu gehen. Es besteht die Frage, ob eine Absicht, einen Gewinn bzw. Totalüberschuss zu erzielen (vor Steuern!) überhaupt nachweisbar sein wird: Ohne die Investmentanlage und eine Verknüpfung mit dem Darlehen und der Rente wird dies kaum gelingen. Mithin ein Modell, das im übrigen oftmals nur bei ständig (!) hoher Steuerbelastung sich rechnen kann.
Die Kündigung
Welche Risiken bestehen, merkt Investor Dr. Fleißig erst nach Jahren. Justament als an der Börse massive Kurseinbrüche zu verzeichnen sind, meldet sich die Bank mit der Bitte, die Sicherheiten zu verstärken. Dr. Fleißig hat seine Praxis erweitert und kann keine zusätzlichen Sicherheiten anbieten. Die Bank setzt eine Frist und droht die Kündigung an. Der Vermittler schimpft hilflos auf die Bank, denn das Kreditinstitut war über das Modell vor Kreditunterzeichnung informiert. Dr. Fleißig lässt seinen steuerlichen Berater nachrechnen: Wenn die Verträge (vorzeitig) gekündigt werden, bleibt ein Verlust in Höhe von 300.000 Euro – sein geerbtes Haus wird dann versteigert werden. Dr. Fleißig überlegt, wie der das seiner Ehefrau beibringen soll.
Die Risiken
über die nachfolgenden Risiken wurde der Investor nicht beraten: Eine Einzelfallentscheidung bzw. verbindlliche Auskunft der Finanzverwaltung liegt nicht vor. Das Finanzamt kann den rechnerischen Gewinn nach Steuern durch einen Federstrich ins Gegenteil verwandeln. Selbst wenn das Finanzamt das Modell anerkennt, kann dieses grundsätzlich jederzeit durch den Gesetzgeber gestrichen werden. Verweise auf Gutachten so genannter Steuer-Fachleute und Rundschreiben der Finanzbehörden helfen auch nicht weiter. Keine Leibrenten-Versicherung gibt eine Garantie für die Gesamtrendite. Mit der Mindestverzinsung bei deutschen Lebensversicherungen rechnet sich das Modell nicht. Die Gewinne in der Zukunft sind ungewiss. Nur ganz wenigen Gesellschaften auf dem europäischen Markt ist zuzutrauen, dass sie es auch schaffen, die unverbindlichen Hochrechnungen mit einer 6-7%-Rendite (und mehr) über Laufzeiten solcher Modelle von 10 bis 20 Jahren auch wirklich zu erreichen. Zahlreiche Freiberufler und Selbständige haben ihre Investments (Fonds, Immobilien usw.) auf Pump gekauft: Durch das Währungs- Kursrisiko hat schon mancher Kreditkunde später bemerkt, dass er neben dem scheinbar niedrigen Zins effektiv wesentlich mehr zurück bezahlen musste, weil die ausländische Währung für ihn teurer geworden war. Je nach dem, wie sich die Börsensituation bei Ablauf des Darlehens entwickelt hat, besteht das Risiko dass sich gerade zu dem Termin der Darlehensfälligkeit eben nicht die erwartete Rendite eingestellt hat. Dann muss der Kredit verlängert werden oder eben das Investment in einer Baisse zu niedrigen Kurswerten veräußert werden. Dr. Fleißig hat das Risiko, dass der Kredit nicht verlängert wird, eine Option im Kreditvertrag fehlt und vor allem kann die Bank jederzeit zusätzliche Sicherheiten verlangen. Ohne Zinsfestschreibung, ggf. auch für die Verlängerungsoption, kann durch steigende Zinsen jederzeit eine nicht mehr tragbare Mehrbelastung entstehen, die zur Verwertung der Sicherheit durch die Bank führt. Dann platzt das Modell wie eine Seifenblase. Die Modellberechnungen gehen davon aus, dass beim Investor eine bestimmte Steuersituation vorliegt. Fällt das Einkommen z.B. durch Unfall oder Krankheit über längere Zeit weg, oder kommt es zu Trennung und Scheidung, rechnet sich das Modell zumeist nicht mehr. Es handelt sich um eine Spekulation mit diversen Annahmen: Hierbei kann von einem Risikobündel gesprochen werden, denn zahlreiche Parameter müssen eintreffen, damit es funktioniert. Ohne Absicherungsmaßnahmen durch Vertragsgestaltungen (gegenüber Bank und Versicherungen) kann es sich um eine Zeitbombe handeln.
Beraterhaftung – Dokumentation
Die Beratung des Vermittlers wurde nicht dokumentiert. Dr. Fleißig hat keine Belehrungen unterzeichnet. Er überlegt sich, wegen mangelhafter Beratung zu klagen. Dr. Fleißig erinnert sich, dass er nicht über Währungs- oder Hebelrisiken informiert worden ist. Der BHG hat einen solchen Fall entschieden, bei dem die Bank wegen Währungskursverfall eine nachträgliche zusätzliche Besicherung des Kredites verlangt hatte: Der Kunde konnte nicht nachlegen und daraufhin wurden die Sicherheiten (auch die Versicherung) verwertet. Folge: Schadensersatz – ähnliche Risiken erwarten den Berater bei der finanzierten Sofortrente, wenn über denkbare Risiken (BU, Unfall, Einkommensausfall, steuerliche änderungen, usw.) nicht belehrt wird bzw. diese Risiken nicht weitestgehend abgesichert werden. BGH Urteil 09.07.1998 – III ZR 158/97, BGH Urteil 13.05.1993 – III ZR 25/92, BGH Urteil 04.02.1987 – IV a ZR 134/85.
Beraterhaftung – Fachzeitschriften
Die Fachpresse muss vom Vermittler gelesen werden: Dem Kunden sind die Informationen weiterzugeben: Dies gilt auch für unrichtige oder falsche Angaben in der Fachpresse. Auch beim Hebelgeschäft kann der Anleger nach Jahren behaupten, dass er sich nie zur Kapitalanlage entschieden hätte, wenn er die Information aus der Fachzeitschrift gekannt hätte. Typische Beispiele: Finanzierte Kapitalanlage (vermietete Immobilie, geschlossener Immobilienfonds, Kombinationen von Kredit und Lebensversicherung, usw.). Hier gibt es für Anleger die Chance, den Vermittler und/oder die finanzierende Bank in die Haftung zu nehmen. Auch der Verkäufer eines Investments (Versicherer, Immobilienverkäufer) ist grundsätzlich verantwortlich, wenn der Vermittler unrichtige Berechnungen anstellte, die Grundlage für die Investmententscheidung wurde. BGH-Urteil 5. Juni 2000 – III Z’RR 305/98 BGH-Urteil 9. März 1999 – 1 StR 50/99 BGH-Urteil 6. April 2001 – V ZR 402/99.
Steuerliche Beratung
In zahlreichen Berechnungsbeispielen werden Kosten oder Ausgaben nicht oder viel zu gering angesetzt oder Steuergutschriften überhöht angegeben. Damit kann sich der Investor auf einen Beratungsfehler berufen. Bei Publikumsgesellschaften und Bauherrenmodellen kommt eine Prospekthaftung in Frage (BGHZ 71,284 und BGHZ 111, 314). Sobald der Anlagevermittler seine Kenntnisse und Erfahrungen dem Investor zur Verfügung stellt, kommt ein Beratungsvertrag zustande. Damit garantiert der Vermittler (auch für die hinter dem Vermittler stehenden Partner in deren Pflichtenkreis) die Richtigkeit der Musterberechnungen zum Einzelfall (BGH Urteil 6. April 2001 – V ZR 402/99 und BGH Urteil MDR 00, 405).
Tipp für Makler, Berater, Kunde
Zahlreiche Banken finanzieren gerne nach dem “Regenschirm-Prinzip”: Bei Sonne steht der Kredit zur Verfügung – wenn es regnet (Marktpreisanpassung, Senkung des Rückkaufswertes, Senkung der Schlußbonifikation, usw.) verlangt das Kreditinstitut eine Verstärkung der Kreditsicherheiten oder macht das Hebelgeschäft “platt” durch Verwertung. Ein mögliche Absicherung: Vereinbarung einer Klausel im Kreditvertrag – z.B. nach Abtretung der Police an die Bank als Sicherheit – wie zum Beispiel “im übrigen als Bankkredit” oder “ohne weiter(gehend)e Sicherheiten”. Damit trägt allerdings auch die Bank ein Risiko und setzt sich ggf. auch einer erweiterten Verantwortung aus. Vorteil: Durch eine derartige Absicherung wird eher erreicht, dass die kreditfinanzierende Bank genau prüft, wie die Kreditsicherheit zu bewerten ist, auch wenn sich die Kapitalanlage anders entwickelt als erhofft.
(finanztip.de)
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Über den Autor

Dr. Johannes Fiala Dr. Johannes Fiala
PhD, MBA, MM

Dr. Johannes Fiala ist seit mehr als 25 Jahren als Jurist und Rechts­anwalt mit eigener Kanzlei in München tätig. Er beschäftigt sich unter anderem intensiv mit den Themen Immobilien­wirtschaft, Finanz­recht sowie Steuer- und Versicherungs­recht. Die zahl­reichen Stationen seines beruf­lichen Werde­gangs ermöglichen es ihm, für seine Mandanten ganz­heitlich beratend und im Streit­fall juristisch tätig zu werden.
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