IRR-Renditemethode: Wiederanlageprämisse und Haftungsrisiken

Anlageberatung bei geschlossenen Fonds mithilfe der IRR-Renditemethode als zentrale Renditekennziffer.

 

I. IRR-Beratung durch die Bankund auslösende Haftungsgründe

In einem der jüngsten Urteile des LG München wurde eine Bank zum Schadensersatz verurteilt, weil ein Bankvorstand u.a. die IRRRenditemethode bereits 1994 anlegerwerbend beim Beratungsgespräch eingesetzt hat,
ohne dass diese Methode in ihren Wirkungen ausreichend im Prospekt beschrieben wurde.

Allein schon die Angabe einer Formel ist in den Augen der Richterschaft eher dazu geeignet, das Verständnis für diese Renditeangabe zu verhindern, als förderlich zu sein, da der durchschnittliche Anleger damit nichts anfangen
kann. Ebenso stellt sich die Anwendungsfrage für die Bankberater/innen, die von einer Vielzahl von Kennzahlen überschüttet werden, wovon im Reigen der Prüfung der Anlagekriterien die Renditekennziffer die wohl wichtigste ist, weil auch der Anleger seine Entscheidung hauptsächlich davon abhängig macht, bei welcher Anlageform er die höchste „Rendite“ erzielt.

 

II. Die IRR-Methode im Einzelnen

1. Fiktive Wiederanlagezinsen

Im Fokus der Renditejäger genügen die herkömmlichen Bankprodukte nicht mehr. Es müssen schon zweistellige Renditen sein. Hier hat die Bank und auch der beratende Mitarbeiter besondere Sorgfalt an den Tag zu legen,
weil der Bundesgerichtshof eine eigene Plausibilitätsprüfung u.a. der Wirtschaftlichkeit fordert und sich kein Berater/in darauf verlassen darf, dass Wirtschaftsprüfer (Prospektprüfer) und die eigene Prüfungsabteilung des Arbeitgebers dies bereits getan haben. Hierbei ist zunehmend festzustellen, dass die Kenntnis der internen Zinsfußmethode (IRR) äußerst lückenhaft und anlegertäuschend angewandt wird, weil man deren versteckte Annahmen nicht durchschaut und dem Anleger ein verzerrtes Bild der Rentabilität der vorgeschlagenen Anlageform
präsentiert.

Dies liegt an Folgendem:

Die IRR-Kennziffer geht finanzmathematisch von der Annahme der Wiederanlage aus. In der IRR-Renditemessung
zwischen Kapitaleinsatz heute und Endwert bei Investitionsende werden automatisch die Zusatzerträge aus der Wiederanlage der Investitionsrückflüsse (laufende Ausschüttungen und Verkaufserlöse) einberechnet, obwohl diese nur fiktiv vorhanden sind. Der Anleger, der die Rückflüsse konsumiert, kann diese gar nicht wieder (zu denselben Konditionen) anlegen und auch keine Zusatzerträge erzielen, wie es die IRR-Methode vorschreibt.

In diese Kategorie fällt die überwiegende Zahl der Anleger, die in geschlossene Fonds investieren, da sie die Rückflüsse zur Erhöhung des Lebensstandards nutzen wollen.

 

2. IRR-Methode bildet allenfalls den Zero-Bond ab

Der kleinere Teil der Anleger wird die Rückflüsse diszipliniert wieder anlegen, aber zu realen Kapitalmarktzinsen zum Zeitpunkt des jeweiligen Rückflusses – anders die Theorie der IRR-Methode. Dieser fordert die Wiederanlage
jedes Rückflusses zum errechneten fiktiven IRRRenditesatz, so dass der Wiederanlagezinssatz nach dem Wunschergebnis der IRR-Scheinrendite automatisch angenommen wird. Die Wiederanlage findet also statt zu einem fiktiven Zinssatz, der weit von der Wirklichkeit entfernt ist. Genauso unwirklich fordert die IRRMethode, dass dieser Wiederanlagezinssatz für jede Restanlagedauer der Rückflüsse an den Kunden durchsetzbar ist und sei sie noch
so kurz. Letztlich gilt der Wiederanlagezinssatz generell für alle Rückflusshöhen.

Ergebnis:

Nur wenn der IRR-Renditesatz die Wirklichkeit der Wiederanlagemöglichkeiten vollständig und richtig beschreibt, dann wäre die IRR-Rendite auch zum Wirtschaftlichkeitsnachweis der Investitionsreihe geeignet. Die Theorie träumt, was die Realität niemals bieten kann; außer bei Zerobonds.

Daher ist die IRR-Renditekennziffer auch nicht zum Vergleich geeignet, was die Prospektinhalte zur IRR immer wieder betonen. Zahlungsreihen lassen sich nur vergleichen, wenn die Originalzahlungsreihe und die  Konkurrenzzahlungsreihe mit einem für beide gleichen Wiederanlagezinssatz zum Endwert hochgerechnet werden.

In der IRRMethode misslingt dies, weil als Wiederanlagesatz immer der jeweilige IRR-Renditesatz der Investitionsreihe zugrunde gelegt wird.

 

3. Finanzmathematisches Basiswissen

Um die IRR-Methode oder die alternativ eingesetzte Kapitalbindungsmethode (eng verwandt mit der MISF = Multiple Investment Sinking Fund) im Anlegerinteresse korrekt zu bewerten, bedarf es mehr als der Prospektvorlage
mit dem IRR-Inhalt. In den Prospekten werden die beiden Methoden meist unzulässig vermengt und in Kurzform falsch dargestellt.

Dies ist leicht zu bemerken, wenn zwar die Bestimmung der IRR-Rendite als (Kalkulations-) Zinssatz, der sämtliche Barwerte im Investitionszeitpunkt zu dem Wert null verdichtet, vorgenommen wird, aber dieser Zinssatz
als die Verzinsung des rechnerisch durchschnittlich gebundenen Kapitals dargestellt wird. Hier hat man Methoden der MISF resp. der Kapitalbindungsmethode entlehnt.

Nach der finanzmathematischen IRR-Methode stellt der gefundene Zinssatz die Verzinsung des IRR-Kapitaleinsatzes bis zum Investitionsende (Endwertermittlung) dar, wenn alle Rückflüsse zum gefundenen Zinssatz (IRRRenditesatz) ausnahmslos bis zum Investitionsende wiederangelegt werden. Ein reales, abgeschlossenes Schiffs-Beteiligungsbeispiel soll dies verdeutlichen und zeigen, dass von der Interpretation der Renditekennziffer als
Verzinsung eines rechnerisch durchschnittlich gebundenen Kapitals keine Rede sein kann.

 

4. Beispiel für abgeschlossene Muster-Schiffsbeteiligung im Kombi-Modell

Die angeblich so positive IRR-Rendite von 17,11% p.a. wird nur durch die Wiederanlageannahme erzielt und schmilzt bei Konsum der Rückflüsse auf 7,14% p.a. ab, weil es nichts mehr zum Wiederanlegen gibt (siehe Abb.1).
Mehr als 354.329 Einheiten Zusatzerträge steuert die fiktive, implizite Verzinsung bei, obwohl nur 111.745 Einheiten nach Steuern an den Anleger in den 10,5 Jahren zusätzlich zum Kapitaleinsatz zurückgeflossen sind.

Wer den Anleger über diese Zusammenhänge der IRR-Methode nicht aufklärt, schadet nicht nur seinem Ansehen und dem Ansehen der Bank, sondern täuscht den Anleger massiv über die wahre Ertragskraft der Fondsbeteiligung und kann sich entsprechenden Schadensersatzansprüchen gegenübersehen.

 

III. Haftungsfalle durch fehlende Anlegeraufklärung

Wenn die IRR-Methode einem durchschnittlich verständigen Anleger nicht ausreichend klargemacht werden kann, haftet der Arbeitgeber des angestellten Bankberaters für deren Nutzung, wenn sich herausstellt, dass die Rendite
zu hoch angegeben wurde. Erst, wenn man die Tücken der IRR-Methode kennt, kann man sie entlarven und so der Haftung für die falschen Prospektaussagen entgehen, weil man eigene Plausibilitätsüberlegungen angestellt hat, zu
denen die Berater/-innen vom BGH verpflichtend aufgefordert sind.

Es auch sinnlos, zur Verteidigung der IRR auf die KBM (Kapitalbindungsmethode) auszuweichen, die ebenso der impliziten Wiederanlageprämisse zu überführen ist. Hier werden Kontostände fiktiv verzinst, die aus dem Kapitaleinsatz und den Rückflüssen gebildet werden, und zwar unter Anwendung eines fiktiven Zinssatzes von
17,11% p.a., um am Ende eine rechnerische Kapitalbindung von null zu erzielen. Wer ist bereit, diese fiktiven Zinsen auf die Originalzahlungsströme zu bezahlen?

Unabhängig davon, welche Art der Beteiligungsform bzw. Investitionsreihen man wählt – immer, wenn die IRRMethode angewendet wird, gilt automatisch die Wiederanlageprämisse und damit die überhöhte
„Scheinrendite“ der IRR2.

 

IV. Die Gerichte lenken den Fokus auf die IRR-Renditemethode

Es verwundert nicht, dass die Anrechnung der fiktiven Zusatzzinsen auf beträchtliche Schadensersatzansprüche
des Anlegers hindeuten, wenn man die IRR-Renditemethode unkritisch anwendet. Die Gerichte sind nunmehr auf
dem besten Weg, die Implikationen der IRRMethode zum Vorteil der Anleger aufzudecken und die gemäßigte Renditelüge als drastischen Renditeschwindel zu entlarven.

 

von Dr Johannes Fiala und Dipl.-Kfm. Edmund J.Ranosch

 

mit freundlicher Genehmigung

von www.bankpraktiker.de (veröffentlicht in Bank Praktiker, Ausgabe 07-08/2007, Seiten 388-390)

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Über den Autor

Dr. Johannes Fiala Dr. Johannes Fiala
PhD, MBA, MM

Dr. Johannes Fiala ist seit mehr als 25 Jahren als Jurist und Rechts­anwalt mit eigener Kanzlei in München tätig. Er beschäftigt sich unter anderem intensiv mit den Themen Immobilien­wirtschaft, Finanz­recht sowie Steuer- und Versicherungs­recht. Die zahl­reichen Stationen seines beruf­lichen Werde­gangs ermöglichen es ihm, für seine Mandanten ganz­heitlich beratend und im Streit­fall juristisch tätig zu werden.
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