Marketing-Käse mit gewaltigen Löchern

Bietet ein Versicherer eine „All-Risk-Versicherung“ an, sollten Vermittler die Vertragsbedingungen genau prüfen. Denn es kann sich bei solchen Policen um „Marketing-Käse mit gewaltigen Löchern“ in der Versicherungsdeckung handeln, warnen Dr. Johannes Fiala und Peter Schramm im Gastbeitrag.

Da verspricht die Pfefferminzia-Versicherung den perfekten Schutz fürs Eigenheim, alles inklusive, damit sich der Kunde wohl fühlt und Vertrauen zu Vermittler und Versicherer aufbaut. Dann folgt im Nebensatz der Hinweis auf den Rundumschutz gegen alle Gefahren, sofern diese nicht ausdrücklich ausgeschlossen sind.

 

Deckungslücken in Hausrat- und Gebäudeversicherung

Im Schadensfall liest der Anwalt des Versicherungsnehmers erstmals das Kleingedruckte. Schwer entzifferbar sind in den Versicherungsbedingungen aber Allmählichkeitsschäden und solche durch Kontamination ausgeschlossen. Allenfalls ein Fachmann kann dem Kunden erklären, dass damit auch plötzlich auftretende Schäden ausgeschlossen sind, wenn diese auf länger dauernder Einwirkung von Niederschlägen (Rauch, Ruß, Staub), Temperaturen, Gasen, Dämpfen oder Feuchtigkeit beruhen. Zur Dauer der nötigen Einwirkung gibt es Urteile, welche mehrere Tage ausreichen lassen bis hin zu Entscheidungen, wo es um Einwirkungen über Jahre geht. Nachdem so etwas kein Kunde überblicken kann, müsste sich jedem Versicherer und Makler aufdrängen, darüber gesondert aufzuklären.

 

Free-Lunch: Alternative Deckungen auch aus dem Ausland?

Manche Industrie- und Gewerbemakler priesen beispielsweise an, dass Selbständige doch noch ein Zweitbüro im Ausland eröffnen sollten, um dann bei den Versicherungsprämien bis zu mehr als 2/3 einzusparen und vielleicht dem AllRisk-Gedanken näher zu kommen. Derlei „Verkaufsberatungen“ bergen allerdings Risiken und Nebenwirkungen, so dass der Begriff „AllRisk“ aus dieser Sicht durchaus treffend sein könnte. Versicherungen aus dem Ausland ist eine Sache, ausländisches Recht eine andere. Das internationale Versicherungsvertragsrecht der EU verweist gegebenenfalls in eine andere als die vielleicht angenommene Rechtskultur, so dass später kostspielige Rechtsgutachten einzuholen sind und größere Prozesskostenrisiken.

 

Überraschungen bei Auslandsversicherungen

Da kann man auch andere Überraschungen erleben – z.B. ermittelt ein US-Versicherer den Schaden nicht selbst (es steht ihm frei, ob er etwas ermittelt, bei Betrugsverdacht wird er es sicher tun wollen), sondern erwartet, dass man ihm den Schadennachweis so führt, dass er sich anhand dieser Unterlagen abschließend von seiner Leistungspflicht überzeugen kann. Manche deutsche Niederlassung eines ausländischen Versicherers reguliert Schäden ab ca. 5stelligen Eurobeträgen niemals selbst, sondern lässt darüber immer erst nach einer Klage des Kunden ein Gericht entscheiden.

 

Ratschlag für Kunden und Versicherungsmakler

Nachdem es im Leben niemals allumfassenden Versicherungsschutz gibt, müssen die Deckungslücken mühevoll aus den Versicherungsbedingungen herausgelesen und die Angebote am Markt verglichen werden. Zu denken sollte geben, dass viele Versicherer auf Nachfrage gar nicht sagen können, was denn die Versicherungsbedingungen genau versichern sollen. Daher ist man als Versicherer in solchen Fällen dankbar, wenn Kunden klagen und irgendwann ein oberstes Gericht dem Versicherer sagt, was er wohl gemeint haben muss. Nach dem Motto „Woher soll ich wissen, was ich denke, bevor ich lese, was andere darüber urteilen, was ich geschrieben habe?“

Sofern der Versicherungsmakler sich auf verbreitete Ratings oder Rankings von „Vorgestern & Gestern“ beruft, und diese mangels Verständnis nicht erklären kann, hat er spätestens im Haftungsprozess verloren. Denn über nicht schließbare Deckungslücken hat er zu berichten, also Rechenschaft abzulegen, anstatt den Mantel des Schweigens darüber zu breiten, dass er nur Software beim Versicherungsvergleich benutzt, ohne Kleingedrucktes zu lesen und Individuallösungen zu suchen. Später wird dann ein Sachverständiger feststellen, dass die nicht offengelegte Lücke durchaus schließbar, der Schaden also vermeidbar gewesen wäre, und damit vom Makler auch zu ersetzen.

 

von Dr. Johannes Fiala und Dipl.-Math. Peter A. Schramm

 

mit freundlicher Genehmigung von

www.experten.de (veröffentlicht am 28.09.2017)

 

Link: https://www.experten.de/2017/09/28/marketing-kaese-mit-gewaltigen-loechern/

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Über den Autor

Dr. Johannes Fiala Dr. Johannes Fiala
PhD, MBA, MM

Dr. Johannes Fiala ist seit mehr als 25 Jahren als Jurist und Rechts­anwalt mit eigener Kanzlei in München tätig. Er beschäftigt sich unter anderem intensiv mit den Themen Immobilien­wirtschaft, Finanz­recht sowie Steuer- und Versicherungs­recht. Die zahl­reichen Stationen seines beruf­lichen Werde­gangs ermöglichen es ihm, für seine Mandanten ganz­heitlich beratend und im Streit­fall juristisch tätig zu werden.
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