Pflichten, denen keiner entkommt

Mit der Beantwortung wichtiger praktischer Fragen zur Maklerhaftung setzen wir die Serie über häufige bzw. typische Beratungsfehler bei der Vermittlung von privaten Krankenversicherungen fort.

 

Findige Maklerberater empfehlen, auf eine Dokumentation der Beratung vollständig zu verzichten. Diese sei nämlich schädlich, weil böswillige Anwälte in jeder noch so gut gemeinten Dokumentation einen Haftungsgrund für den Makler finden. Frei nach dem Motto der Inquisition „Gebt mir sieben Worte des gerechtesten Mannes und ich werde einen Grund darin finden, ihn auf den Scheiterhaufen zu bringen.“ Die Praxis sieht jedoch anders aus und lässt sich in Folgendem zusammenfassen:

 

Beweislastumkehr durch Dokumentationsverzicht

Das Saarländische Oberlandesgericht (Urteil vom 27.1.2011, Az. 5 U 337/09) entschied, dass Versicherungsmakler die keine oder nur eine unvollständige Dokumentation vorlegen können, die volle Beweislast für korrekte Beratung tragen. Der Rat und die Gründe sind deshalb festzuhalten, weil Gerichte dem Kunden anderenfalls durch Beweiserleichterungen bis hin zur Beweislastumkehr entgegenkommen werden.

 

Pflicht zur Dokumentation – nicht jedoch zur Protokollierung

Der gesetzlichen Pflicht zur Dokumentation können Versicherungsmakler nicht dadurch entgegen, dass sie regelmäßig vorgedruckte Formulare über einen Dokumentationsverzicht ihrer Kunden verwenden. Denn Dokumentation ist gesetzliche Pflicht für den Makler als Leitbild des Gesetzgebers. Dass ein Verzicht des Kunden nur im Einzelfall erfolgte, wird der Makler im Zweifel begründen und nachweisen müssen. Ein wirksamer Dokumentationsverzicht – ebenso ein Beratungsverzicht – kommt auch nicht einfach dadurch zustande, dass in einer Notiz für den Kunden festgehalten wird, es sei keine Beratung oder keine Dokumentation erfolgt. Vielmehr wird dadurch nur der Pflichtverstoß selbst dokumentiert. Möglicherweise trägt die Haftpflicht des Maklers keinen Cent, weil der Verstoß gegen die Dokumentationspflicht auch strafbar wäre. Für Vorsatz und/oder Straftaten tritt keine Haftpflichtversicherung ein.

 

Gesprächsprotokoll als Beweismittel

Seit Jahrzehnten ist bekannt, dass den Versicherungsmakler zumindest die sekundäre Darlegungslast trifft. Behauptet also ein Kunde substantiiert, er sei fehlerhaft beraten worden, wird der Makler den Gang des Beratungsgesprächs im Detail darlegen müssen – selbst wenn der Kunde erst nach knapp zehn Jahren, also kurz vor Ablauf der absoluten Verjährungsfrist klagt. Viele Versicherungsmakler meinen, dass sie mit juristischem Halbwissen ganz gut zurecht kämen, und scheuen die Kosten für Fortbildung und professionelle Verträge. Damit riskieren sie am Ende ihre Zulassung und eine vielleicht verdiente Vermögenslosigkeit davor.

 

Haftung auch ohne Courtage: Beispiel Tarifumstellung in der PKV

Selbst für Gefälligkeiten kann man als Privatmann in Haftung geraten. Dies gilt erst recht, wenn es sich um Versicherungsschutz handelt, also einen Gegenstand mit erkennbar großer wirtschaftlicher Bedeutung für den Kunden. Im entschiedenen Fall hatte der Makler insbesondere die Krankentagegeldzusatzversicherung für die Zukunft gestrichen – anstatt mit ähnlicher Wirkung erheblicher Beitragssenkung die Karenzzeit um mehrere Wochen zu verlängern. Wenige Makler haben sich auf Tarifumstellungen nach § 204 VVG beim gleichen Versicherer spezialisiert – hier kann man eine Courtage mit dem Kunden vereinbaren oder zur Beratung auf den Versicherer, Sachverständigen oder Versicherungsberater verweisen. Denn auch Versicherer sind, wenn kein Makler tätig ist, zur Beratung der eigenen Kunden jederzeit bei Bedarf gesetzlich verpflichtet.

 

Tarifwechsel-Makler: Illegales Geschäftsmodell?

§ 59 VVG bestimmt, dass „Versicherungsberater im Sinn dieses Gesetzes ist, wer gewerbsmäßig Dritte bei der Vereinbarung, Änderung oder Prüfung von Versicherungsverträgen � berät“ – hingegen Versicherungsmakler „Vermittlung oder den Abschluss“ von Versicherungsverträgen übernehmen. Beim Versicherungsmakler gibt es eine Ausnahme, nämlich § 34 d Abs.1 Satz 4 GewO: Danach darf der Makler Nichtverbraucher insbesondere bei der Änderung von Versicherungsverträgen (versicherungsrechtlich) beraten. Damit ist dem Versicherungsmakler seit Einführung des neuen VVG in 2008 eine (auch) rechtliche Beratung gegenüber einem Verbraucher, losgelöst von der Vermittlung einer Police, „bei der … Änderung … von Versicherungsverträgen“ gerade grundsätzlich nicht erlaubt bzw. von dessen Erlaubnis nicht umfasst. Vielmehr ist in der vorliegenden Konstellation von einer Umgehung der insoweit geltenden Vorschriften (§ 34 d GewO, § 5 RDG, 11, 14 VermVersV) auszugehen. Die auch im Rahmen eines Tarifwechsels durchzuführende Leistungs- und Prämienprüfung erfordert zwingend auch eine rechtliche Betrachtung und damit Beratung. Diese ist einem Versicherungsmakler gegenüber einem Verbraucher gegen gesondertes Entgelt aber gerade nicht erlaubt. Anders dürfte es liegen, wenn der Kunde für die Vermittlung der neuen Police beim gleichen Versicherer – unter Wegfall der alten und Anrechnung der Alterungsrückstellung – nur eine Courtage im Erfolgsfall schuldet.

 

Wucher-Entgelt beim Tarifwechsel-Makler?

Vergleicht man die vielfach verlangten Entgelte für den PKV-Tarifwechsel mit der üblichen Courtage in der PKVVermittlung, käme man nicht auf die Idee, dass ein Wucher vorliegen könnte. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass die Courtage sich auf den gesamten Beitrag bezieht und nicht auf die „Ersparnis“. Wechselt der Kunde von einem Tarif mit umfangreichen Erstattungen in einen solchen mit begrenzten Leistungen, so liegt der „Wert der Leistung“ des Maklers eben gerade nicht (nur) in der Beitragsersparnis, da diese für den Versicherungsnehmer mit erheblichen Einschränkungen beim Versicherungsschutz „bezahlt“ wird. Insoweit ist stets die Relation zwischen Leistung und Gegenleistung zu betrachten. So stehen einer lediglich vordergründigen (Beitrags-) Ersparnis mögliche zusätzliche Belastungen durch nicht versicherte Krankheitskosten gegenüber. Zumindest die Erhöhung des Selbstbehaltes sollte daher bei de Courtagevermittlung von der Beitragsersparnis abgezogen werden.

 

von Dr. Johannes Fiala und Dipl.-Math. Peter A. Schramm

mit freundlicher Genehmigung von

www.performance-online.de (veröffentlicht in Performance 7+8/2011, Seite 46-47)

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Über den Autor

Dr. Johannes Fiala Dr. Johannes Fiala
PhD, MBA, MM

Dr. Johannes Fiala ist seit mehr als 25 Jahren als Jurist und Rechts­anwalt mit eigener Kanzlei in München tätig. Er beschäftigt sich unter anderem intensiv mit den Themen Immobilien­wirtschaft, Finanz­recht sowie Steuer- und Versicherungs­recht. Die zahl­reichen Stationen seines beruf­lichen Werde­gangs ermöglichen es ihm, für seine Mandanten ganz­heitlich beratend und im Streit­fall juristisch tätig zu werden.
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