Rechtsstellung und Haftungsrisiken des –Pseudomaklers-

Von Dr. habil. Boris Bartikowski, Associate Professor in Marketing, Euromed Marseille School of Management, Tel.: +49 (0) 8294 30 63 60; Tel.: +33 (0) 4 91 82 79 82, boris.bartikowski@euromed-marseille.com, www.euromed-marseille.com und Rechtsanwalt Dr. Johannes Fiala, Kanzlei Fiala & Weber – RA, Mediator, StB & WP, MBA (Univ.Wales), MM (Univ.), Bankkaufmann (IHK), Geprüfter Finanz- und Anlageberater (A.F.A.), Tel.: +49 (0) 89 179 0 90-0, info@fiala.de, www.fiala.de
Zusammenfassung Dieser Beitrag beschäftigt sich mit Haftungsrisiken der „Pseudomaklers“, also Versicherungsvermittlern die nach außen hin als Makler auftreten, in der Realität jedoch Kardinalpflichten derselben nicht erfüllen. Die Autoren leisten Aufklärungsarbeit und hoffen damit zur Erhöhung der Rechtssicherheit bei der Versicherungsvermittlung beizutragen.
Hintergrund Informationspflicht Die Umsetzung der EU Versicherungsvermittlerrichtlinie Mitte diesen Jahres beinhaltet neben den hinreichend bekannten und oftmals diskutierten Regelungen auch die Informationspflicht. Diese umfasst eine Reihe von Angaben, die Versicherungsvermittler Ihren Kunden gegenüber leisten müssen. Die in Zukunft zu leistenden Pflichtangaben sind nachfolgend nochmals im überblick dargestellt.
Zusammenfassend sind Versicherungsvermittler dazu verpflichtet für hohe Transparenz bereits zu Beginn einer Geschäftsbeziehung zu sorgen. Während die Auflage zur Angabe von Produktpartnern von Einfirmenvertretern und Mehrfachagenten durch einfache Auflistung eindeutig und rechtssicher gelöst werden kann, beherbergt gerade dieser Punkt für Makler u.U. ein bedeutendes Haftungspotenzial, das bislang kaum Beachtung fand.
Hinreichende Anzahl alternativer Produktanbieter Wer sich als Versicherungsmakler ausgibt, muss in Folge auch wie ein solcher arbeiten, um nicht in eine Haftungsfalle zu treten, bzw. um den Schutz seiner Vermögensschadenhaftpflichtversicherung nicht aufs Spiel zu setzen. Bekanntermaßen verpflichtet sich ein Versicherungsmakler gegenüber Kunden, seinem Rat eine objektive und ausgewogene Marktuntersuchung zugrunde zu legen. Eine solche Untersuchung beruht auf einer hinreichend großen Anzahl alternativer Angebote, aus denen er eine konkrete Empfehlung zur optimalen Befriedigung der Kundenbedürfnisse ableiten muss.
Jedoch herrscht große Uneinigkeit in der Frage, ab wann eine solche Anzahl als hinreichend groß bezeichnet werden kann. Fakt ist, dass ein Verstoß gegen das Prinzip der ausgewogenen Marktuntersuchung zu erhöhtem Haftungsrisiko für Versicherungsmakler führt. Gleichzeitig ist angesichts der großen Anzahl der in Deutschland tätigen Versicherer ein völliger Marktüberblick, selbst unter Zuhilfenahme leistungsfähiger Vergleichssoftware, immer nur rein theoretisch möglich.
Mit anderen Worten bleiben konkrete Produkt- oder Anbieterempfehlungen von Versicherungsmaklern aufgrund faktisch unvollständiger Markttransparenz immer subjektiver Natur. Dadurch ergibt sich für diese Vermittlergruppe ein generelles Restrisiko, das sich aber durch gewissenhafte Erfüllung der Beratungs-, Betreuungs- und Dokumentations-pflichten minimieren lässt, und das bei fachlich kompetenter Beratung nahezu völlig ausgeschlossen werden kann.
Einschränkung der Anbieterauswahl Eine Einschränkung der Anbieterauswahl ist für Einfirmenvertreter und Mehrfachagenten klarer Bestandteil ihrer Geschäftsvereinbarung mit Kunden. Sie kann, wie bereits oben geschildert, im Rahmen der Informationspflicht relativ problemlos gehandhabt werden und führt insofern zu keiner Pflichtverletzung mit möglichen haftungsrechtlichen Konsequenzen.
Angesichts der sich generell verschärfenden Haftungssituation, aber vor allem vor dem Hintergrund der steigenden Anforderungen an die Beratungsqualität und der Komplexität, diese bei einer großen Anzahl von Produktalternativen zu leisten, gibt es heute zahlreiche „Versicherungs-makler“, die in einzelnen oder gar allen Sparten mit systematisch eingeschränkter Anbieterauswahl operieren. Sie wünschen sich also die „Freiheit“ des Mehrfachagenten gem. §§ 84, 92 ff HGB, ohne auf den elitären Status des Versicherungsmaklers gem. §§ 93 ff. HGB zu verzichten. Auf diese Weise ließe sich, so eine in der Praxis oftmals vertretene Meinung, das Haftungsrisiko elegant und komfortabel umgehen.
Wissentliche Verletzung der Kardinalspflichten Dass diese Annahme möglicherweise ein gefährlicher Trugschluss darstellt soll mit nachfolgendem Beispiel illustriert werden: Würde ein Makler, der sich als Spezialist für ein bestimmtes Gebiet (z. B. private Kranken-versicherungen) zu erkennen gibt, im Einzelfall beispielsweise eine Gebäudeversicherung vermitteln (wobei er hier deutlich zu erkennen gibt, dass Gebäudeversicherungen nicht sein Spezialgebiet sind), so scheint eine von vorneherein eingeschränkte Anbieterauswahl bei der Gebäudeversicherung gerechtfertigt. Dieser Fall dürfte kaum zusätzliches Haftungspotenzial im Hinblick auf eine mögliche Verletzung von Kardinalspflichten in sich bergen, aber nur wenn die rechtstechnische Umsetzung professionell geschieht.
Demgegenüber geht ein Makler, der beispielsweise regelmäßig Berufsunfähigkeitsversicherungen vermittelt (diese Sparte also nachweislich eines seiner Spezialgebiet darstellt), und der von vorneherein auf eine eingeschränkte Anbieterauswahl hinweist, unter Umständen ein überaus hohes Haftungsrisiko ein. Denn mit der Einschränkung der Anbieterauswahl verletzt er regelmäßig die bereits oben geschilderte Pflicht zur objektiven und ausgewogenen Marktuntersuchung im Kundeninteresse. Sein Verhalten könnte im Zweifelsfall als wissentliche Pflichtverletzung gewertet werden, wobei aufgrund ihrer Regelmäßigkeit der Charakter von Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) vermutet werden könnte. Derartige AGBs wären jedoch nicht mit gängigen Rechtsvorschriften für Versicherungsmakler vereinbar, da sie gegen gesetzlich auferlegte Kardinalspflichten verstoßen. Denn zwar firmiert der Makler als solcher, aber tatsächlich agiert er hinsichtlich der Marktuntesuchung regelmäßig wie ein Mehrfachagent. Besonders brisant ist der geschilderte Fall vor dem Hintergrund, dass wissentliche Pflichtverletzungen in der Vermögensschadenhaftpflichtversicherung meist als nicht versichert gelten.
Würde also nun ein Schaden eintreten, und seitens des Kunden würde nachgewiesen, dass beispielsweise ein anderer Berufsunfähigkeitsversicherer im konkreten Fall Leistung gewährt hätte, so könnte der „Pseudomakler“, trotz vorab eingeschränkter Anbieterauswahl, mit allen Konsequenzen zur Verantwortung gezogen werden und die Beurteilung der Qualität seiner Produktempfehlung würde sich im Extremfall an allen theoretisch am Markt verfügbaren Produkten messen. Das Haftungsrisiko und die sich daraus ergebenden Konsequenzen wären damit ungleich höher als wenn von vorneherein keine Einschränkung bei der Anbieterauswahl vorgenommen worden wäre. Nicht zuletzt sollte hierbei bedacht werden, dass in der Begründung zur Produktempfehlungen seitens des Versicherungsmaklers regelmäßig auch Argumente wie z. B. die allgemeine Servicequalität, oder die bisherigen guten Erfahrungen in der Regulierungspraxis angeführt werden. Eine solche Argumentation wird mit Einschränkung der Anbieterauswahl u.U. regelrecht „abgeschnitten“.
Viele Wege führen zum Ziel Ein Lösungsansatz für die Frage nach der „besten“ Geschäftsstrategie liegt im Bereich einer fachkundigen Strategieberatung, und zwar auf der Basis einer Analyse, meint Ralf.W.Barth (Ralf.W.Barth@rwb-finanz.de). Der offen kommunizierte Status eines Mehrfachagenten stellt aus Marketingsicht ein Geschäfts-modell dar, das auch von Kunden als attraktiv wahrgenommen wird. Wer aber einen gewissen Anspruch an Beratung stellt, für den ist die eindeutige Positionierung des Maklers, der im Auftrage seines Kunden agiert, natürlich wesentlich vorteilhafter.
Das VSH-Pseudomakler-Problem Sehen wir uns einfach nur mal die verschiedenen Maklerportale mit Angeboten im Internet an. Wie will ein Versicherungsmakler seine Kunden „beraten und überzeugen“, also seinen Kardinalpflichten genügen, wenn er mit den Kunden kein Gespräch führt? Kein seriöser Makler wird glauben, er könne seine „Aufklärungs- und Beratungspflichten“ über eine Internetseite zur Versicherungsvermittlung erledigen.
Oder nehmen wir die Angebote einzelner (angeblicher?) VSH-Makler unter die Lupe: Hier gibt es Vermittler, die in der Tat nur mit einem Anbieter oder Tarif arbeiten. Dabei handelt es sich mithin um Einfirmen- Agenten bzw. Pseudomakler, aber nicht um „echte“ Versicherungsmakler. Wer seinen eigenen VSH-Schutz dort eindecken lässt, sollte sich auch gleich eine Bonitätsauskunft einholen, denn wenn der VSH-Versicherer des Pseudomaklers im Schadensfall die Deckung (wegen „wissentlichem Pflichtverstoß“ bzw. „vorsätzlichem Verstoß gegen Kardinalpflichten“) ablehnt, steht nur das Vermögen des VSHPeudomaklers als Haftungs-masse zur Verfügung.
Das Formular-Risiko Vor scheinbar preiswerten Lösungen, durch rechtlich unsichere kostenlose Formulare aus dem Internet oder in Beratersoftware, muss dringend gewarnt werden. Bereits der fertige Vordruck, dass „Makler X im Bereich der Hausratversicherung nur mit Y Versicherern zusammenarbeitet“ kann den besten Beweis für die Eigenschaft als „Pseudomakler“ liefern. Genauso unwirksam ist der verbreitete Hinweis, dass „Makler X mit 1,0 Mio. Euro VSH-versichert ist, und die Haftung darauf beschränkt wird“. Wenn der denkbare Schaden bei einem unabsichtlichen Fehler des Maklers höher ist, wird (fast) jedes Gericht die Klausel als „null und nichtig“ bewerten. Auch hier gilt, dass sich nur professionelle Ausarbeitungen beim „Risikomanagement des Versicherungsvermittlers, in eigener Sache“ als praxistauglich erweisen.
(www.experten.de am 01.02.2007)
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Über den Autor

Dr. Johannes Fiala Dr. Johannes Fiala
PhD, MBA, MM

Dr. Johannes Fiala ist seit mehr als 25 Jahren als Jurist und Rechts­anwalt mit eigener Kanzlei in München tätig. Er beschäftigt sich unter anderem intensiv mit den Themen Immobilien­wirtschaft, Finanz­recht sowie Steuer- und Versicherungs­recht. Die zahl­reichen Stationen seines beruf­lichen Werde­gangs ermöglichen es ihm, für seine Mandanten ganz­heitlich beratend und im Streit­fall juristisch tätig zu werden.
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