Strengere Kontrollen zum Schutz der Verbraucher

Wer bisher Policen verkaufen durfte
Wer bisher Policen verkaufen durfte Würde die Versicherungsbranche all ihre Vermittler an einem Ort versammeln – sie könnten eine Stadt wie Nürnberg bevölkern. Derzeit versorgen gut 400 000 selbstständige Versicherungsvermittler sowie rund 7000 professionelle Makler und eine stattliche Zahl fest angestellter Vertreter die Deutschen mit allem, was die Assekuranzen zu bieten haben. Das Spektrum reicht von der betrieblichen Altersvorsorge bis hin zur privaten Zahnzusatzversicherung. Besondere Qualifikationen musste bisher niemand nachweisen. Eine Anzeige beim Gewerbeamt genügte, und schon konnte es losgehen. Dass in der Vergangenheit nicht alle Vermittler den Anforderungen ihrer Kunden genügen konnten, ist daher nicht verwunderlich. Das Marktforschungsinstituts Psychonomics AG fand in seinem „Kundenmonitor Assekuranz 2007“ heraus: Rund 40 Prozent der Versicherungskunden vermissen eine individuelle Beratung, nur jeder zweite würde seinen Vermittler aktiv weiterempfehlen. „Das neue Gesetz wird diese Missstände sicher nicht auf einen Schlag beseitigen“, meint Versicherungsrechtler Schwintowski. „Mittelfristig wird die Beratungsqualität aber zunehmen. Klinkenputzer, die einem Kunden im Vorbeigehen eine provisionsträchtige, aber unnötige Police aufschwatzen, wird es wohl nicht mehr geben.“
Was die neuen Standards vorschreiben
Verkäuferisches Geschick und der Spaß am Umgang mit Menschen reichen ab sofort nicht mehr aus, um Fremde und Freunde auf Zuruf mit diversen Policen zu versorgen. Seit heute müssen Versicherungsvermittler sich bei der Industrieund Handelskammer (IHK) registrieren lassen. Eine solche Registrierung ist jedoch nicht ohne die neue Berufserlaubnis möglich. Und die ist – wenigstens im Vergleich zur bisherigen Rechtslage – an recht strikte Voraussetzungen gekoppelt. Zunächst muss der angehende Versicherungsverkäufer seine persönliche Zuverlässigkeit belegen. Wer einschlägig bei der Staatsanwaltschaft bekannt ist oder seine eigenen Finanzen nicht im Griff hat, muss damit rechnen, abgelehnt zu werden. Gleiches gilt für Vermittler, die keine ausreichende Haftpflichtpolice besitzen. „Versicherungsvermittler haften persönlich für alle Schäden, die ihren Kunden daraus entstehen, dass sie vor Vertragsschluss schlecht beraten wurden bzw. ein objektiv ungeeignetes Produkt erworben haben“, sagt Experte Schwintowski. Die Mindestversicherungssumme der obligatorischen Haftpflichtpolice liegt bei einer Million Euro pro Schadensfall und 1,5 Millionen Euro für alle Schadensfälle eines Jahres.
Mindestmaß an Fachwissen erforderlich
Beruhigend für die Verbraucher ist , dass jeder, der in Zukunft Versicherungen verkaufen will, zumindest ein Mindestmaß an Fachwissen nachweisen muss. Wer nicht wenigstens 220 Stunden Unterricht und eine erfolgreiche Prüfung bei der IHK vorlegen kann, fällt bei den Behörden durch. „Bislang waren solche Kurse zwar schon auf freiwilliger Basis möglich, wurden aber längst nicht von allen angehenden Vermittlern wahrgenommen“, erläutert BVK-Präsident Heinze. „Heute muss jeder, der Versicherungen verkaufen will, diese Qualifikation erwerben. Wer dreimal durch die Prüfung fällt, bekommt ein Berufsverbot.“ Heinze geht fest davon aus, dass die Standards bei der Vermittlung deshalb steigen und sich „die Spreu vom Weizen“ trennen wird. Doch selbst der größte Optimismus kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass trotz des neuen Gesetzes noch nicht gewährleistet ist, dass wirklich jeder Vermittler die vorgeschriebenen Mindestanforderungen erfüllt. „Die meisten Vermittler, die ausschließlich im Namen eines oder mehrerer Versicherungsunternehmen agieren, müssen den Sachkundenachweis nicht erbringen, wenn die Gesellschaft die uneingeschränkte Haftung für deren Fehler übernimmt“, kritisiert Johannes Fiala, Rechtsanwalt aus München. „Banken, Sparkassen und andere Finanzdienstleister, die ihren Kunden nebenbei Versicherungen verkaufen, müssen lediglich belegen, dass ein leitender Mitarbeiter ihres Hauses über die erforderliche Sachkunde verfügt und notfalls den Kopf für seine weniger gut informierten Kollegen hinhält. Wer bereits seit dem Jahr 2000 im Geschäft, also bereits ein alter Hase, ist und sich bis spätestens 2009 registrieren lässt, erspart sich die Prüfung bei der IHK sogar vollständig.“ Warum die Beratung besser wird Klangvolle Titel tragen in der Versicherungsbranche nicht nur Produkte, sondern auch jene, die sie vertreiben. Sie heißen Vertreter, Vertriebler, Makler oder Agenten. Was sich hinter diesen Berufsbezeichnungen verbirgt, war für Verbraucher bislang nicht immer klar. Wer wirklich sicher sein wollte, auf wessen Rechnung sein Gegenüber eigentlich arbeitet und wer vom Vertragsschluss profitiert, musste entweder hartnäckig nachfragen – oder blind vertrauen.
Ende der Identitätskrise
Nun müssen alle Vermittler schon beim ersten Kundenkontakt die Karten auf den Tisch legen und eindeutig auf ihren Status und ihren Auftraggeber hinweisen. „Was in anderen Wirtschaftsbereichen schon lange Gang und Gäbe ist, hält nun auch Einzug in die Versicherungsbranche“, freut sich Rechtsanwalt Fiala. Diese Transparenz komme den Kunden direkt zugute. „Wer weiß, dass er einem BMW-Händler gegenübersteht, wird nicht überrascht sein, dass dieser ihm keinen Fiat oder VW verkauft, obwohl dieser vielleicht das sinnvollere Auto wäre. Wer allerdings davon ausgeht, dass sein Autohändler alle Marken im Angebot hat, wäre zu Recht unzufrieden mit der Beratung“, so Experte Fiala. Um solche Szenarien gar nicht erst entstehen zu lassen, sollen Vermittler künftig die Wünsche und Bedürfnisse ihrer Kunden genau analysieren. Außerdem haben sie die Pflicht, ihren Kunden eine „hinreichende“ Zahl unterschiedlicher Produkte anzubieten. „Leider hat der Gesetzgeber darauf verzichtet zu definieren, was er für hinreichend hält“, moniert Experte Fiala. „Es wird daher Sache der Gerichte sein, den Begriff entsprechend auszulegen.“ An anderer Stelle wird den Gerichten dafür eine Menge Arbeit erspart – und den Kunden eine Menge ärger. Versicherungsvermittler müssen ihr Beratungsgespräch penibel dokumentieren und dem Kunden ein speziell für sie angefertigtes Protokoll aushändigen. Der Vorteil für den Kunden: Hat sein Versicherungsagent einen Fehler gemacht, hält er einen stichhaltigen Beweis für die Fehlinformation in Händen.
Beweislast liegt beim Makler
„Wie ausführlich die Protokolle im Einzelfall sind, kann je nach Vermittler allerdings noch immer variieren“, warnt Versicherungsexperte Fiala. „Klar im Vorteil ist deshalb, wer sich statt von einem gebundenen Vermittler, der nur für bestimmte Gesellschaften arbeitet, von einem Versicherungsmakler beraten lässt.“ Der Grund: In diesem Fall muss nicht der Kunde beweisen, dass er falsch beraten wurde. Stattdessen ist der Makler in der Pflicht. Kann er nicht belegen, dass er keinen Fehler gemacht hat, muss er den Kunden entschädigen.
Tipp: Das Gesetz erlaubt es den Versicherungsunternehmen, mit den Kunden einen Verzicht auf das Beratungsprotokoll zu vereinbaren. Eine solche Erklärung sollte niemand unterschreiben, auch wenn es sich um ein vermeintliches Standardprodukt handelt. Wann Vermittler für Fehler haften: Verbraucherschützer werden nicht müde, es zu betonen: Deutsche Versicherungsnehmer zahlen zu viel und sind dennoch schlecht oder sogar falsch versichert. Die Gründe, auf die die Experten die Misere zurückführen, sind wenig überraschend: Ganz vorne liegen falsche Provisionsanreize bei den Vermittlern und eine rechtliche Benachteiligung der Kunden. An dieser Stelle setzt die aktuelle Reform an. Die wichtigste Errungenschaft: Jeder Vertreter haftet – ohne Ausnahme – persönlich für seine Beratungsfehler. „Ein Vermittler, der beispielsweise einer jungen Familie statt einer dringend benötigten Risiko- eine absolut überflüssige Kapitallebensversicherung verkauft hat, muss seinen Kunden im Ernstfall nicht nur die Prämien für die überflüssige Police nebst Zinsen erstatten“, erläutert Versicherungsrechtler Schwintowski. „Stößt dem Hauptverdiener etwas zu, und lässt sich belegen, dass sich die Familie mit richtiger Beratung für eine Risikolebenspolice entschieden hätte, muss der Vermittler auch den Schaden ersetzen, der durch den fehlenden Versicherungsschutz entstanden ist.“ Weiterer Vorteil für die Verbraucher: „In vielen Fällen kann der Kunde nicht nur den Vermittler, sondern auch die dahinterstehende Gesellschaft verklagen“, so Anwalt Fiala.
Von FOCUS_ONLINE Autorin Catrin Gesellensetter
(britisch-invest.de)
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Über den Autor

Dr. Johannes Fiala Dr. Johannes Fiala
PhD, MBA, MM

Dr. Johannes Fiala ist seit mehr als 25 Jahren als Jurist und Rechts­anwalt mit eigener Kanzlei in München tätig. Er beschäftigt sich unter anderem intensiv mit den Themen Immobilien­wirtschaft, Finanz­recht sowie Steuer- und Versicherungs­recht. Die zahl­reichen Stationen seines beruf­lichen Werde­gangs ermöglichen es ihm, für seine Mandanten ganz­heitlich beratend und im Streit­fall juristisch tätig zu werden.
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