Urteilsbesprechung zu BGH vom 10.07.2007

„Der Bundesgerichtshof (BGH) hat durch Urteil vom 10.07.2007 entschieden, dass die fondsfinanzierende Bank von sich aus zur Aufklärung des Kunden verpflichtet ist, wenn es (mitursächlich) auch durch versteckte Provisionen dazu kommt, dass der Erwerbspreis knapp doppelt so hoch ist, wie der Wert des Anteils der geschlossenen Beteiligung. Die finanzierende Bank muss dann von einer sittenwidrigen übervorteilung ausgehen“, führt Dr. Johannes Fiala, Rechtsanwalt (München), MBA Finanzdienstleistungen (Univ.), MM (Univ.), Geprüfter Finanz- und Anlageberater (A.F.A.), Lehrbeauftragter für Bürgerliches und Versersi-cherungsrecht (BA Heidenheim, Univ. of Cooperative Education), Bankkaufmann (www.fiala.de) in seiner Urteilsbesprechung aus. Auszug aus der Urteilsbesprechung: Wucher bei Immobilien und geschlossenen Beteiligungen Aus der obergerichtlichen Rechtsprechung ist seit Jahrzehnten bekannt, dass bei (Schrott-)-Immobilien ein Wucher i.S.v. § 138 BGB vorliegt, wenn der Kaufpreis bei rund 190% des objek-tiven Verkehrswertes liegt (vgl. Haftung bei Steuerspar- und Erwerbermodellen, in: BuW 1997, S. 583 ff., m.w.N). Und: Aufklärungspflicht bei positiv bekannter versteckter Innenprovision Sofern dem Kreditinstitut bekannt ist, dass zusätzliche, nicht im Prospekt als Vertriebskosten ausgewiesene, Povisionen für die Vermittlung bezahlt werden, besteht ebenfalls eine Aufklä-rungspflicht. Denn auch damit wird der Anleger über die Werthaltigkeit des Fondsanteils ge- täuscht. Im übrigen kommt hierbei auch Kapitalanlagebetrug i.S.v. § 264a StGB in Frage. Ent-scheidend ist dabei, ob die versteckten Provisionen „aus der Einlage des Anlegers“ bezahlt wur-den, beispielsweise durch Einkalkulieren in andere Ausgabenposten (z.B. Grunderwerbskosten). Die positive Kenntnis des Kreditinstituts wird widerlegbar vermutet, wenn eine institutionalisier-te Zusammenarbeit mit den Fondsprospektverantwortlichen vorliegt. Besondere Verantwortung des Vertriebs Die Praxis zeigt, dass versteckte Provisionen bis heute an der Tagesordnung sind – damit erhöht sich aber auch das Risiko persönlicher Haftung für Vermittler und Vertriebs- bzw. Schulungslei-ter. Während Vermittler die Pflicht zur Plausibilitätskontrolle trifft, geraten zunehmend auch Vertriebsleiter in die Haftung, wenn sie die Vermittlerpflichten bei ihren Schulungen nicht ange-messen berücksichtigen. Mit zunehmender Häufigkeit verbünden sich im Schadensfall dann An-leger und Vermittler, um gemeinsam Schulungsleiter vor Gericht zu bringen. Eine wirksame Versicherungsdeckung dürfte hier nur selten vorliegen. Leitsatz von RA Dr. Fiala: Banken schulden bei geschlossenen Beteiligung unaufgefordert eine Kundenaufklärung, wenn der Erwerbspreis auch durch versteckte Provisionen knapp doppelt so hoch ist, wie der Wert der Beteiligung. Im übrigen besteht eine Aufklärungspflicht der finanzierenden Bank, sofern ihr positiv bekannt ist, dass neben den im Prospekt ausgewiesenen Vertriebskosten weitere Provisionen gezahlt werden: Dies gilt auch bei Zahlung über Dritte, etwa einen Gründungsgesellschafter des Fonds, wenn diese versteckten Provisionen den Wert der Kapitalanlage berühren und letztlich in ande-ren Mittelverwendungskosten einkalkuliert sind. Leitsätze des BGH: a) Zur Kausalität einer Haustürsituation bei Vertragsverhandlungen des Verbrauchers mit einem Angehörigen.
b) Die einen Fondserwerb finanzierende Bank ist unter dem rechtlichen Gesichtspunkt eines Wissensvorsprungs von sich aus zur Aufklärung über eine nicht im Prospekt ausgewiese-ne Provision grundsätzlich nur dann verpflichtet, wenn eine versteckte Provision mitur-sächlich dafür ist, dass der Erwerbspreis knapp doppelt so hoch ist wie der Wert des Fondsanteils, so dass die Bank von einer sittenwidrigen übervorteilung des Käufers durch den Verkäufer ausgehen muss (vgl. Senatsurteil BGHZ 168, 1, 21 Tz. 47). Eine Aufklä-rungspflicht besteht unabhängig davon aber dann, wenn die Bank positive Kenntnis da-von hat, dass der Anleger von den Prospektverantwortlichen über die Werthaltigkeit des Fondsanteils arglistig getäuscht wird, indem aus seiner Einlage über die im Prospekt aus-gewiesenen Vertriebskosten hinaus weitere Provisionen gezahlt werden.

(DA-Nr. 40A.07 vom 02.10.2007, S. 5)
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Über den Autor

Dr. Johannes Fiala Dr. Johannes Fiala
PhD, MBA, MM

Dr. Johannes Fiala ist seit mehr als 25 Jahren als Jurist und Rechts­anwalt mit eigener Kanzlei in München tätig. Er beschäftigt sich unter anderem intensiv mit den Themen Immobilien­wirtschaft, Finanz­recht sowie Steuer- und Versicherungs­recht. Die zahl­reichen Stationen seines beruf­lichen Werde­gangs ermöglichen es ihm, für seine Mandanten ganz­heitlich beratend und im Streit­fall juristisch tätig zu werden.
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