Vermittler stehen in der Haftung

Laut einem Urteil des Bundegerichtshofs haften Makler gegenüber dem Kunden für Verluste durch Alterungsrückstellungen. Im Zweifel muss der Makler beweisen, dass er den Kunden wirklich umfassend aufgeklärt hat.

Der 63-jährige Diplom-Kaufmann Werner Zettel (Name geändert) wollte es genau wissen und fragte seinen privaten Krankenversicherer in Stuttgart, wann denn die Alterungsrückstellung sich für ihn auszuzahlen beginnt. Schließlich zahlt der Versicherte für die Bildung von Alterungsrückstellung zunächst deutlich mehr Beitrag, als seinem altersbedingten Risiko entspricht.

Irgendwann im Alter sollte sich dies umkehren – und er aus der gebildeten Alterungsrückstellung zunehmend mehr zurückerhalten, weil sein altersbedingt weiter steigendes Risiko seinen Beitrag übertrifft. Doch wann tritt dieser „Wendepunkt“ ein?

 

Alterungsrückstellungen greifen erst im hohen Alter

Der mathematische Vorstand antwortete selbst: Bedingt durch laufende Beitragsanpassungen würde voraussichtlich erst mit 78 Jahren der Beitrag des Kunden erstmals unter einem risikogerechten altersabhängigen Beitrag liegen – erst dann also zahlt er aus seinem Beitrag nichts mehr in die Alterungsrückstellung ein. Bis sich der bis dahin aufgebrachte Mehrbeitrag für die Alterungsrückstellung dann amortisiert hat, müsste er sogar noch weit älter werden.

Tatsächlich aber erreichen nur wenige überhaupt das Rentenalter – von den zum Beispiel im Alter von 35 neu Eintretenden nur etwa jeder Dritte. Grund hierfür sind nicht nur Todesfälle, sondern vor allem auch Kündigungen und Wechsel zu anderen Versicherern. Dann verfällt die Alterungsrückstellung – nur in der Vollversicherung und auf Dauer auch hier nur für Neuzugänge ab 2009 kann sie zumindest teilweise zu einem neuen Anbieter mitgenommen werden.

 

Verluste beim Wechsel des Versicherers

In der Zusatzversicherung dagegen verbleibt die aus den gezahlten Beiträgen – mit einem Anteil von oft 30 bis 50 Prozent – samt Zinseszins gebildete Alterungsrückstellung beim Versicherer, wenn der Vertrag beendet wird. Die meisten zahlen also nur ein, ein kleinerer Teil erhält auch in hohem Alter einen Beitragsvorteil dafür, aber bei den wenigsten rechnet sich dies letzten Endes wirklich. Zudem behindert die Alterungsrückstellung den Wettbewerb – die Wahl für ein besseres Produkt am Markt geht mit hohen Verlusten einher. Außerhalb Deutschlands ist daher eine Alterungsrückstellung auch weitgehend unbekannt.

Auch in Deutschland ist sie nur für die Vollversicherung (die so genannte substitutive Krankenversicherung) gesetzlich vorgeschrieben – nicht dagegen in der Zusatzversicherung. Ausländische Anbieter – wie die CSS Versicherung aus der Schweiz – haben seit jeher viel Erfahrung darin, wie man Produkte ohne Alterungsrückstellung gestaltet. Gerade für junge Familien, die rechnen müssen, macht ein bezahlbarer guter Versicherungsschutz heute mehr Sinn als eine teure Vorsorge, die dereinst eventuell erst in hohem Alter einen Beitragsvorteil liefert.

 

Vergleich lohnt sich

Ohne die Bildung von Alterungsrückstellung sind Zusatzversicherungen bis ins hohe Alter weit preiswerter – der Vergleich lohnt sich. Makler müssen objektiv im Kundeninteresse beraten und sollten – nicht nur aus Haftungsgründen – ihren Kunden das für ihren Bedarf bestgeeignete Produkt empfehlen. Wenn der richtig informierte Kunde sich dann für eine Alterungsrückstellung entscheidet, die sich bei ihm sehr wahrscheinlich nie auszahlt und bei einer Kündigung sofort verloren ist, kann er später nicht den Makler für Falschberatung verantwortlich machen. Den eingesparten Beitrag wird der Kunde idealerweise für besseren Versicherungsschutz verwenden oder einfach fürs Alter rentierlich und flexibel anlegen. Dieses Kapital steht ihm dann unabhängig davon zur Verfügung, ob er nun die Versicherung beibehält, irgendwann zu einem anderen Anbieter wechselt oder sie ganz beendet – und die gebildete Alterungsrückstellung verfallen würde.

 

Makler haften für Verluste

Würde ein Kunde vom Vermittler über Vor- und Nachteile in der Krankenzusatzversicherung – mit und ohne Alterungsrückstellungen – nicht aufgeklärt, könnte er später einen Schadensersatz fordern. Dabei wäre der formularmäßige Verzicht des Kunden auf Information oder Beratung regelmäßig unwirksam. Die Aufklärung über Alterungsrückstellungen gehört zu den Kernpflichten des Versicherungsmaklers. Aufgrund der faktischen Umkehr der Beweislast durch die Rechtsprechung zur Haftung wird der Makler regelmäßig beweisen müssen, wie er den Kunden über eventuell unerwünschte oder zu teure Alterungsrückstellungen aufgeklärt hat. Dabei muss der Makler sogar im Zweifel beweisen, dass der Kunde seinen guten Rat auch wirklich vernommen und verstanden hat. Sonst könnte der Kunde vom Vermittler die unnötigen Kosten plus Zinsen für bis zu zehn Jahre rückwirkend erstattet verlangen. Für den Versicherungsmakler sind derartige Haftungsfälle besonders prekär, weil selbst bei Einsatz einer Makler-GmbH immer auch eine persönliche Haftung in Betracht kommen kann. Die Übernahme des Schadens durch eine Vermögensschadenhaftpflicht des Maklers ist dabei keinesfalls sicher, denn es handelt sich tendenziell um grundlegendes Berufswissen beziehungsweise rechtliche Maklerkernpflichten.

 

von Dr. Johannes Fiala  und Dipl.-Math. Peter A. Schramm

 

mit freundlicher Genehmigung von

www.versicherungsmagazin.de (veröffentlicht in Versicherungsmagazin 05.2009, Seite 40-41)

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Über den Autor

Dr. Johannes Fiala Dr. Johannes Fiala
PhD, MBA, MM

Dr. Johannes Fiala ist seit mehr als 25 Jahren als Jurist und Rechts­anwalt mit eigener Kanzlei in München tätig. Er beschäftigt sich unter anderem intensiv mit den Themen Immobilien­wirtschaft, Finanz­recht sowie Steuer- und Versicherungs­recht. Die zahl­reichen Stationen seines beruf­lichen Werde­gangs ermöglichen es ihm, für seine Mandanten ganz­heitlich beratend und im Streit­fall juristisch tätig zu werden.
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