Vertragsnichtigkeit, Vermögenseinziehung und Verhaftung beim Verstoß gegen Sanktionen

Sanktionen sind seit Jahrhunderten in Mode, und werden gebrochen. Die Witwe Barbe-Nicole Clicquot-Ponsardin betraf als Reaktion auf den Russland-Feldzug von Napoleon jenes Embargo, welches der russische Zar gegen französische Produkte 1812 verhängt hatte. Die Witwe heuerte ein niederländisches Schiff an, ließ es mit über 10.000 Flaschen des Jahrgangs 1811 beladen, und freute sich als es am 02.08.1814 in Königsberg schadlos eintraf. Zwei Wochen später folgte die nächste Ladung – man hatte den russischen Markt erobert, trotz Sanktionen des Zaren.

 

Auch heute treffen Sanktionen nicht nur Einzelpersonen, sondern auch Mittelstand und Industrie. Häufig genügt bereits ein (vielleicht falscher) Verdacht, um Personen oder Unternehmen zu ruinieren. Dabei fallen auch bei uns Milliardengeschäfte durchs Raster, weil das Fachpersonal sie übersieht, und aktuelle Sanktionen schlicht leer laufen können. Etwa so, wie der europäische Rechnungshof meinte, dass dem Zoll in Europa jährlich Milliarden durch falsche Deklarationen und betrügerische Geschäftsmodelle entgehen. Asiaten halten wenig von fremden Zöllen und Sanktionen.

 

Bloßer Terrorismus-Verdacht reicht für Anordnung einer Kontosperre

Das Verwaltungsgericht Frankfurt/Main (Urteil vom 25.10.2007, Az. 1 E 5718/06) hielt es für gerechtfertigt, dass wegen Ermittlungen der Bundesanwaltschaft die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) gegenüber dem Kreditinstitut eine Kontosperre verfügt hatte, § 6a I Nr.1 und 2 Kreditwesengesetz (KWG). Der syrische Kontoinhaber musste nicht auf einer „Terror-Liste“ (des EU-Rates) stehen, denn diese sei nicht abschließend. Verdacht und Ermittlungen genügen.

Hier hätte man vorbauen können – aber dies beherrschen nicht mal alle Berater von Oligarchen. Wo das Bankgeheimnis „gefallen“ ist, gibt es bei Banken das Geschäftsmodell der „transition“ – also eine Säuberung der Akten: Kontoinhaber werden vornehme Treuhänder, auch etwa Stiftungen und Trusts.

Man kann sich aber auch fragen, wer die BaFin über angebliche x-Tausend Gefährder informierte?

 

Mitgliedschaft bei al-Quaida reicht für Verurteilung als Terrorist – bloße Unterstützung nicht

Ein Syrer und zwei Palästinenser wollten rund 4,3 Mio. € als Lebensversicherungssummen kassieren, und zwar durch geplanten fingierten Unfalltod in Ägypten. Der BGH (Urteil vom 14.08.2009, Az. 3 StR 552/08) entschied, dass es für die strafbare Mitgliedschaft einer „Eingliederung“ in die Organisation bedurft hätte.

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG, Beschluss vom 07.12.2011, Az. 2 BvR 2500/09, 2 BvR 1857/10) kassierte auch diese Entscheidung, denn es fehlte bereits ein der Höhe nach bezifferter Mindestschaden bzw. dazu einer tragfähigen Schätzung („Verschleifungsverbot“).

Ohne Vermögenschaden käme allenfalls versuchter Betrug in Frage – und dieser liegt ebenfalls noch nicht vor, wenn wesentliche Zwischenschritte (fingierter Unfalltod, Schadensmeldung, Geltendmachung der Versicherungsleistung) noch ausstehen. Der Betrug ist kein „abstraktes Gefährdungsdelikt“. Lebensversicherungen in „böser Absicht“ abzuschließen, bleibt daher straflos.

Derartige Vorhaben beschränken sich natürlich weiter weder auf „dunkel Pigmentierte“ noch auf „Ortsfremde“.

 

Terror-Finanzierung über Lebensversicherungen

Die Briten – die unter Terror leiden – verlassen die EU nicht, weil deren Regulierung zu weit geht, sondern weil sie noch zu lasch ist, und deutsche Versicherer im gemeinsamen Markt durch gesetzwidriges Unterlassen die Sicherheit der Briten gefährden. Zudem darf man sich als Versicherungsvermittler nicht beim Gesetzgeber beschweren, wenn dieser ihn nun auch heranzieht, nachdem Versicherer sich um Gesetze nicht voll zufriedenstellend gekümmert haben. Möge er sich dort bedanken; etwa für den Mehraufwand bei der Legitimationsprüfung und zur Verhinderung von Geldwäsche. Wenn er auch dies nicht ernst nimmt, kann man alles noch weitergehend verschärfen.

Die Terrorfinanzierung findet nicht nur in Kleinbeträgen – vielleicht über Money-Transfer oder Paypal – statt, sondern auch über verschleierte Geldzuwendungen. Offenbar haben die Versicherer ihre Pflichten bisher vernachlässigt, denn „Deutsche Lebensversicherer haben 18 Jahre lang häufig gegen das alte Geldwäschegesetz (GWG) verstoßen, weil sie die seit dem 25. Oktober 1993 im § 8 GwG vorgeschriebene Identifizierung des wirtschaftlich Berechtigten – aller Terroranschläge inklusive 9/11 zum Trotz – im Jahr 2011 immer noch unterlassen haben. Auch in 2016 wurden laut dem BaFin-Jahresbericht 2016 eklatante Mängel festgestellt.”

Wenn nun also weitere Personenkreise – etwa Versicherungsvermittler und Immobilienmakler – nach dem GWG verpflichtet werden, ist dies nur konsequent als Reaktion auf die erkannten eklatanten Mängel.

In der Rentenversicherung kann der Beitragszahler einen Einmalbeitrag einzahlen und der Versicherungsnehmer durch den anschließenden Rückkaufswert einen schweren Terrorangriff finanzieren. Durch diese Geldwäsche über den Weg der Rentenversicherung würde der kriminelle Geldfluss verschleiert – dass nach Auszahlung das Finanzamt eine Mitteilung erhält, verhindert keinen Terrorangriff mehr. Bereits Leichtfertigkeit genügt für die Strafbarkeit (BGH, Urteil vom 11.09.2014, Az. 4 StR 312/14).

Auch über eine Risikoversicherung kann zum Beispiel mittels fingierter Schäden viel Geld zur Terrorfinanzierung beschafft werden. Jede Ausnahme wäre ein Einfallstor zur Umgehung. Die Briten konnten sich im gemeinsamen Markt nicht auf deutsche Versicherer verlassen. Nach dem Brexit haben sie alleine effizientere Möglichkeiten für ihre Sicherheit besser zu sorgen.

 

Finanz-Terrorismus der Subprime-Krise wurde sanktioniert, und bleibt entschädigungslos

Der EFTA-Gerichtshof (Urteil vom 28.01.2013, Az. E-16/11) entschied, dass Großbritannien (GB) und die Niederlande vom isländischen Staat keine Kompensation für die Entschädigung (mit bis zu 50.000 Pfund bzw. 100 TEUR) ihrer Staatsbürger als Kunden der Icesave-Bank (Teil der isländischen Landesbank) nach deren Konkurs erhalten. Die isländische Einlagensicherung garantierte nur bis zu 20 TEUR – und nicht mal dieses Geld war real komplett vorhanden; der (isländische) Staat haftet nicht neben der Einlagensicherung – selbst wenn eine Kanzlerin es unseren Sparern verbal verspricht. GB hatte vor dem Urteil des EFTA-Court erfolglos eine isländische Staatsgarantie für britische Sparer bei isländischen Banken verlangt. Die britische Finanzverwaltung (UKHM Treasury) fror die Guthaben isländischer Unternehmen in GB ein: Island (Zentralbank und Finanzministerium) sowie die Landesbank landeten sodann auf der britischen „Schurkenliste“ gemäß deren Anti-Terror-Gesetzen – in bester Gesellschaft neben z.B. Al-Qaida und den Taliban.

Wer hierzulande Bankenverbände fragt, wie viel Geld die „Institutsübergreifend-Einlagensicherung“ besitzt, und wie dieses derzeit angelegt ist, bekommt auch keine Antwort, oder allenfalls einen Anruf, weil man sich dazu lieber ausschweigt. Denn Sicherungssysteme funktionieren in wirklichen Krisenzeiten nicht.

In Island hat man nach der Subprime- bzw. Finanzkrise zahlreiche Banker zu Haftstrafen verurteilt, während in anderen EU-Gegenden etwa Untreue und Betrug durch Bank(st)er ignoriert wurden.

 

Zahlungen von und nach Persien – die Lösungen heißen Hawala, Nostro und Vostro

Ganz ohne BaFin kann man hier beim Gemüsehändler sein Geld abgeben, welches dann bereits Stunden später auf dem Markt in Istanbul oder Mogadischu wieder ausbezahlt wird. Niemals käme ein Gemüsehändler auf die Idee, sich für dieses „geheime“ Geschäftsmodell bei der BaFin zu registrieren – es fehlt das staatliche Personal alle Gemüsehändler zu beraten oder zu überwachen, und so bleibt das relativ junge „Zahlungsdienste-Aufsichtsgesetz“ (ZAG) beim Hawala-Geldtransfer bedeutungslos. Dafür wird aber versucht etwaige „Finanzagenten im Onecoin-Anleger-Umfeld“ dingfest zu machen.

Nostro bedeutet, dass ein Kreditinstitut bei einem anderen ein Konto unterhält – Vostro ist der umgekehrte Fall. So können Banken für ihre Kunden diskret über Transaktionsnummern im Verwendungszweck die Überwachung des im Westen dominierenden SWIFT-Systems (daher die Einführung von BIC und IBAN) umgehen. Ob sich hinter der Transaktion(snummer) ein Russe oder Perser oder Taliban befindet, bleibt verborgen. Zudem gibt es Alternativen zum SWIFT, denn Kaufleute finden häufig Wege sich einer Kontrolle durch Sanktionen zu entziehen. Außerdem beschäftigen sich weltweit – auch bei uns – bis zu mehr als 1.000 Kanzleien mit der Gründung und treuhänderischen Verwaltung von Tarnkonstrukten, um wirtschaftlich Berechtigte vor Abgaben und Nachfragen abzuschirmen. Die Russen installierten vor Jahren „SPFS“ als SWIFT-Alternative – es gibt einen Trend bei den BRICS-Staaten sich vom USD zu verabschieden, und ihre neue Eurasische Wirtschaftsunion (EAWU) zu stärken.

 

Manger-Irrtum betreffend seinen Versicherungsschutz bei Sanktionen

Zum Geschäftsmodell von Versicherungen gehört es, erst mal das Geld einzusammeln – früher haben es Agenten kofferweise bei der Unternehmenszentrale vorbei gebracht. In der betrieblichen Altersversorgung (bAV) beispielsweise, kennen die meisten Unternehmer jene Lücke nicht welche zwischen der Zusage gegenüber Mitarbeitern besteht, sowie der vorhandenen Finanzmittel zur späteren Finanzierung. Analog geht es vielen Unternehmensleitern – sie wissen nicht, wie viel von dem was Ihnen „als Schutz im Arbeitsvertrag versprochen wurde“, tatsächlich real vorhanden ist (als Manager-Haftpflicht, D&O-Police). Die allermeisten Manager hoffen, dass es gut geht – die Versicherungsbedingungen kennen sie nicht, und erfahren erst im Schadensfall, dass nicht mal vorgesehen ist, dass sie selbst auf Leistung(en) des Versicherers klagen könnten. So gesehen sind sie sorglos, denn bei (internationalen) Sanktionen steht am Ende das gesamte Privatvermögen, also die bürgerliche Existenz auf dem Spiel.

Vielleicht wurde noch nicht verstanden, dass man seit 2010 bzw. 2012 Sub- und Tochterunternehmen in Syrien und Iran nicht mehr versichern kann. Zahlreiche Manager haben für solche Projekte die Bezahlung von Versicherungsprämien gestattet – ohne die zahlreichen internationalen Verbotslisten zu überprüfen. Agenten und Makler kennen diese meist nicht – vielleicht aus Geschäftsinteresse? Im Vorteil sind Manager, welche z.B. die EU-Verordnungen 961/2010 und 267/2012 kennen. Nicht nur Versicherungsverträge sind daher nichtig, auch solche mit Versicherungsagenten und Versicherungsmaklern – einige ignorieren unwissentlich die Rechtslage, und verlieren sodann alles.

 

Auch Anti-Terror-Listen beziehungsweise Verordnungen könn(t)en nichtig sein?

Die Verordnungen 881/2002 und 2580/2001 kassierte der Europäische Gerichtshof (EuGH) in seinem zweitinstanzlichen Urteil vom 03.09.2008 (Az. C-402/05 und C-415/05) betreffend die dortigen Kläger. Das Grundrecht auf Verteidigung war mit Aufnahme in die Sanktionsliste ohne Mitteilung der diesbezüglichen Gründe verletzt worden, insbesondere das rechtliche Gehör und der Anspruch auf effektive gerichtliche Kontrolle. Das Einfrieren von Geldern verletzte die Eigentumsrechte.

Wer auf einer derartigen „Anti-Terror-Liste“ aufgeführt ist, darf auch keine Bezahlung erhalten – Gelder sind einzufrieren, § 34 IV Nr.2 AWG. Man könnte sich bei der Rechtsprüfung betreffend Sanktionen allein auf Software verlassen, und bekommt später vielleicht die Gelegenheit in Haft darüber nachzudenken, ob diese Fahrlässigkeit eine gute Entscheidung war. Gelder von lediglich Terrorverdächtigten einzufrieren, hatte der Generalanwalt für nichtig gehalten.

Die massenhaften Sanktionslisten weltweit, die Fehleranfälligkeit von Software, die Nichtversicherbarkeit wegen Nichtigkeit entsprechender Verträge im Zweifel – all dies wird die „Globalisierung und den freien Handel“ dämpfen, aber kaum den internationalen Geldtransfer. Gleichwohl gilt es zahlreiche internationale Sanktionslisten und Embargolisten zu beachten.

Seit 2017 gibt es eine neue „Terror-Liste“ von Ägypten, Saudi-Arabien, VAE und Bahrain – welche Personen und Organisationen mit Verbindungen zu Katar beinhaltet: Dies berührt beispielsweise Kontosperren und einen Zusammenbruch des Flugverkehrs.

Auch Deutsche landeten bereits auf der UN-Sanktionsliste, etwa wegen Förderung des IS, mit der Folge, dass Vermögen eingefroren wird, Zugang zum Finanzsystem verweigert und ein Reiseverbot auszusprechen ist.

 

Was national und in der EU legal ist, kann anderswo im Ausland strafbar sein

Mehrere sehr große deutsche Kreditinstitute mussten Milliarden Euro an Strafen in den USA bezahlen, und ausgewählte Mitarbeiter entlassen („Termination“), weil sie (angeblich) nicht wussten oder wissen wollten, welche Geschäfte gemäß den Sanktionen der USA strafbar sind. Spätestens ab 2014 kam ein deutscher Mittelständler auf die US-Terrorliste, und blieb gelistet – trotz Prüfungsfeststellung der Bundesbank, dass es sich beim Betroffenen nicht um verbotene Iran-Geschäfte gehandelt habe.

 

Auskünfte vom BAFA und Genehmigungen vom Zoll schützen nicht vor dem Strafrichter

Die Auskunft des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) über den Umfang eines EU-Handelsembargos, sowie die Ausfuhrgenehmigung der Zollverwaltung schützte Exporteure von Fischrogen (Kaviarersatz) und Schnaps nicht vor einer Verurteilung durch das Amtsgericht Chemnitz. Für die zweite strafrechtliche Instanz war fraglich, was am Ende straffrei als „noch kein Luxus-Gut“ exportiert werden darf: Dem LG Chemnitz (Urteil vom 20.03.2017, Az. 4 Ns 910 Js 11214/13) erschien eine Embargo-Vorschrift mangels Wertgrenze als zu unbestimmt für eine Verurteilung: Dies lässt den Schluss zu, dass bereits auf EU-Ebene das Personal die Embargovorschriften zu nebulös formuliert.

 

Europäischer Gerichtshof (EuGH) bestätigt Russland-Sanktionen als wirksam

Der EuGH (Urteil vom 28.03.2017, Az. C-72/15) entschied, dass die EU-Sanktionen gegen russische Ölkonzerne nicht zu beanstanden, mithin wirksam sind. Moniert wurde auch in diesem Verfahren sinngemäß, dass „die vom Rat der EU verwendeten Begrifflichkeiten“ nicht geklärt seien; insbesondere ein Widerspruch zwischen dem Wortlaut des EU-Beschlusses 2014/512/GASP bzw. 2014/872/GASP und jenem der EU-Verordnung Nr. 833/2014 bzw. Nr. 1290/2014 bestehe. Der EuGH stellte klar, dass die Abwicklung von Zahlungen keine „Finanzhilfe“ im Sinne der Verordnung ist.

GB hat sich an die EU-Sanktionen zu halten, solange der Brexit noch nicht umgesetzt wurde.

 

Verstoß gegen US-Iran-Sanktionen kostete deutsche Großbank 1,45 Milliarden Euro

US-Behörden verfolgen Sanktionsverstöße ebenso, wie Geldwäsche. Spätestens seit 2014 einigten sich bereits mehrere börsennotierte deutsche Unternehmen auf entsprechende Strafzahlungen. Gelistet werden auf Sanktionslisten neben Personen auch Gruppen, Gesellschaften bzw. Organisationen. Deren Mitglieder lassen sich nicht stets einfach feststellen (vgl. EU-Verordnungen Nr. 2580/2001, 881/2002, 83/2011). Bei Verstößen drohen nicht nur Geld- und Haftstrafen, sondern auch die gute Aussicht selbst auf einer Sanktionsliste zu landen.

Dies gilt auch für den Handel mit verbotenen „Dual-Use“-Wirtschaftsgütern. Sanktionen und Embargos können personen- und länderbezogen sein. Daneben sind die Vorschriften des US Office of Foreign Assets Control (OFAC) zu beachten, welche die Staatsbürgerschaft, den Aufenthaltsort und das Vermögen adressieren. Zahlreiche US Sanktionslisten gelten faktisch extraterritorial, mit Sanktionen wie etwa dem Ausschluss vom US-Finanz- oder Gütermarkt.

 

Zum Glück gibt es Compliance

Ergänzend besteht die Verpflichtung einen etwaigen Geldwäscheverdacht zu melden, oder sich im Inland strafbar zu machen Weis die Geschäftsleitung nichts über „schwarze Kassen zum Bestechen durch den Einkauf“, haftet der fahrlässige Gesamtvorstand gleichwohl auf Schadensersatz (LG München I, Urteil vom 10.12.2013, Az. 5 HKO 1387/10). Nach der Verurteilung i.H.v. 15 Millionen Euro schied der betroffene Finanzvorstand freiwillig aus dem Leben. Die Beweislastumkehr bei der Organhaftung erkannte der verurteilte Ex-Vorstand zu spät. Ein fehlendes Compliance-System, bereits ab mittelgroßer GmbH, soll nach § 130 OWiG im Inland unter Strafe stehen. Probleme durch Löse- und Schutzgelder nebst Wegezöllen haben auch Konzerne aus der EU, die in Syrien geschäftstägig sind.

Der BGH (Urteil vom 09.05.2017, Az. 1 StR 265/16) entschied bereits, dass der einen ausländischen Einkäufer bestechende Mitarbeiter in mittelbarer Täterschaft handeln kann, insbesondere als Steuerhinterzieher, denn auch verschleierte Bestechungsgelder sind bei uns nicht absetzbar, ebenso wie erpresste Schutzgelder.

Schon mancher deutsche Manager wurde in Miami bei der Einreise verhaftet, oder sein Urlaub im Ausland endete mit einer Auslieferung nach USA: Nach dem Prinzip der „Minimum Contacts“ braucht es dafür weder einen Wohn- oder Firmensitz, noch eine Staatsbürgerschaft oder Niederlassung.

 

Exekutive-Orders können unbeachtlich sein

EU-Niederlassungen eines US-Kreditinstitutes sind nur an das europäische Recht gebunden – auf eine Exekutive-Order des Präsidenten der USA können sie sich nicht berufen (OLG Frankfurt/Main, Urteil vom 09.05.2011, Az. 23 U 30/10). Im Ergebnis gleich entschied das LG Hamburg (Urteil vom 03.12.2014, Az. 401 HKO 7/14), zur Transportschaden-Regulierungspflicht der Tochtergesellschaft eines US-Versicherers, betreffend eine rein zivile iranische Warenlieferung (kein Dual-Use).

Die EU-Verordnung 961/2010 postuliert in Art. 35 enge Ausnahmen vom Versicherungsverbot betreffend den Iran (ähnlich die EU-Verordnung 36/2012 betreffend Syrien); regelmäßig sind entsprechende Versicherungsverträge nichtig, § 134 BGB. Der Versuch derartige Verträge abzuschließen soll der Bundesbank gemeldet werden. Auch sogenannte Sanktionsklauseln bieten keine Rechtssicherheit, dass der Risikoträger im Schadensfall tatsächlich leisten wird.

Die normative Kraft des Faktischen erreichte die lettische ABLV-Bank, denn US-Vorwürfe der Geldwäsche zugunsten von Russland- und Ukraine-Kunden führten binnen Tagen zum Abziehen von Kundengeldern, und dann zum Versiegen der Finanzmittel. Hinzu kam Berührung mit Nordkorea-Geschäften zuwider UN-Sanktionen. Mangels „Systemrelevanz“ folgte die Abwicklung der ABLV.

Rechtsbeistände kommen als Beihelfer erst dann in Frage, wenn der Auftraggeber erkennbar tatgeneigt ist (BGH, Beschluss vom 20.09.1999, Az. 5 StR 729/98). Für eine Geldwäscheanzeige gegen den eigenen Mandanten bedarf es ausdrücklich positiver Kenntnis, dass die Dienste dafür oder zur Förderung des Terrorismus in Anspruch genommen wurden – ein Verdacht genügt hierbei nicht.

 

Kuba und Türkei als Beispiele für ungehorsame Verbündete

Nachdem Fidel Castro sich als Sozialist zu erkennen gab, verfügte Präsident Eisenhower sein erstes Embargo, ein „Gesetz über Handel mit dem Feind“ (TWEA vom 19.10.1960) gegen Kuba. Auf den Helms-Burton Act vom 12.03.1996 von Clinton reagierten die EU, Mexiko und Kanada durch „Blockier-Statuten“ (EU-Verordnung 2271/96 vom 22.11.1996), welche es den eigenen Firmen bei Strafe untersagte dem US-Embargo zu folgen. Diese Statuten verhinderten jedoch keine strafrechtliche Verurteilung wegen Verstoß gegen das TWEA in den USA. Und hierzulande ließen sich manche Banken eher von potentiellen US-Strafen beeindrucken, denn von der EU-Anti-Boykott-Versordnung (2271/96) – etwa wenn es um Überweisungen nach Kuba ging. Es kann ja niemand gezwungen werden, bestimmte Handelsgeschäfte abzuschließen, wenn er es nicht will – natürlich nur aus anderen Gründen als dem US-Embargo.

Verstöße gegen Iran-Sanktionen, Bankbetrug, Geldwäsche und Goldschmuggel wird manchem Türken vorgeworfen („Operation Midas“), der in den USA bei der Einreise ab 2015 verhaftet wurde. Der Iran fand geschäftliche Unterstützer auch in China, VAE, Russland, Usbekistan, Malaysia, Frankreich, Schweiz und Deutschland. Nachdem der Iran am 17.03.2012 vom Datenverkehr mit SWIFT gekappt wurde, suchte man Zahlungswege ohne Datenspuren: Daher das Gold, und traditionell vielleicht eher auch Edelsteine.

 

Kein Visum für potentielle Gefährder

Der EuGH (Urteil vom 04.04.2017, Az. C-544/15) unterstrich in seiner Entscheidung, dass Behörden für die Beurteilung ob von einer Person eine Bedrohung für die öffentliche Sicherheit ausgeht, einen weiten Ermessensspielraum besitzen. Eine lediglich potentielle Bedrohung reicht aus, einer Iranerin ein Studienvisum zu verweigern (EU-Richtlinie 2004/114/EG vom 13.122004).

 

Bürger landeten jahrelang und zu Unrecht auf einer Terrorliste

 Rechtskräftige Erkenntnisse europäischer Gerichte führten bereits dazu, dass wiederholt die formell weiterbestehende Listung von Personen auf Sanktionslisten für nichtig erklärt wurde, wie z.B. bei der Moallem Insurance CO (Az. T-182/13) oder Naser Bateni (Az. T-45/14).

Ein bekanntes Beispiel ist Youssef Nada, der seit 2006 in den italienischen Enklave „Campione d’Italia“ umringt vom Schweizer Tessin festgesetzt war, da er nicht über Schweizer Gebiet reisen durfte. Erst am 12.09.2012 entschied der EGMR (Case No. 10593/08) für den Betroffenen, der zu Unrecht auf einer Sanktionsliste stand.

 

Immobilienerwerb durch Terroristen und andere Geldwäscher

Der EuGH (Urteil vom 11.10.2007, Az. C-117/06) entschied bereits, dass auf Sanktionslisten gegen u.a. Osama bin Laden stehende Personen, nach einem Immobilienverkauf nicht als Eigentümer im Grundbuch eingetragen werden müssen. Erfolgt gleichwohl ein Eintrag, so ist das Grundbuch unrichtig, und ein Widerspruch wäre „von Amts wegen“ angebracht, § 53GBO. Die absolute Verfügungsbeschränkung ist in der Grundakte zum Grundbuch vorzumerken (BayObLG, DNotZ 1988, 784). Für Beamte beim Grundbuchamt und Notare ist die Prüfung aller Sanktionslisten mühevoll, auch weil meist kaum gut funktionierende Software vorhanden ist. Ob die Kaufpreiszahlung etwa von Oligarchen „arrestiert“ wird ist gerichtlich bisher nicht geklärt, aber denkbar nach § 74c StGB.

Bei der Frage nach Geldwäsche und Terror-Finanzierung das Mantra aus 2015 „Wir schaffen das“ zu bemühen erscheint unzutreffend. Der BGH (Beschluss vom 28. April 2011, Az. V ZB 194/10) erleichterte es durch seine Entscheidung „Nachweise der Existenz, der Identität und der Vertretungsverhältnisse dieser GbR bedarf es gegenüber dem Grundbuchamt nicht“ auch im Inland über Gesellschafter-Verhältnisse zur Tarnung, einen vielleicht nur scheinbar ganz legalen Immobilienerwerb durchzuführen.

 

Wegleitung und Vernebelung durch Finanzminister und Gesetzgeber

Im Ansatz zutreffend bemühte sich das Bundesfinanzministerium (BMF) durch sein Schreiben vom 11.12.2017 (Gz. IV A 3 – S 0325/17/10001) darum, dass die Kontenwahrheit erfüllt wird, § 154 AO. Die Frage lautet dort, aber auch beim GWG „wer ist der wirtschaftlich Berechtigte“, also Chef im Ring, Begünstigter, Steuermann, Eigentümer etc., § 3 GWG: Selbst wenn es eine Kapitalgesellschaft ist, stehen dahinter natürliche Personen – ggf. erst am Ende einer Kette von Tarngesellschaften, welche Rechercheure für Journalisten ermitteln können; Notare und Grundbuchämter sowie Steuerämter eher selten. Dieser Missstand könnte durch US-Behörden noch sanktioniert werden, wenn beispielsweise ein deutscher Notar wegen Verbriefung von Immobilien (mittelbar) für einen Oligarchen auf einer Sanktionsliste, sich später auch auf selbiger Liste wieder findet?

 

Häufige sanktionslose Steuerhinterziehung-Deluxe

Der BGH (Urteil vom 30.01.1970, Az. V ZR 139/68) versagte – ganz in der Tradition des Reichsgerichts – ausländischen (Tarn-)Gesellschaften mit tatsächlicher Verwaltung im Inland die Rechtsfähigkeit – die notarielle Abtretung einer Grundschuld mit Urkunde vom 04.10.1966 war damit nichtig.

Die derartige massenhafte Nichtigkeit von Versicherungs-, Bank- und Immobiliengeschäften beendete der BGH (Urteil vom 29.01.2001, Az. II ZR 331/00), indem sich seither Auslandsgesellschaften nach (ggf. zeitweiliger) Verwaltung vom Inland aus in Einzelunternehmen, rechtsfähige BGB-Gesellschaft oder OHG verwandeln. Gesellschaften mit Gründung in der EU sind hiervon nicht betroffen (EuGH, Urteil vom 05.11.2002, Az. C-208/00); britische etwa erst wieder nach dem Brexit, es sei denn ein bilateraler Vertrag würde diese anerkennen, so wie das deutsch-amerikanische Freundschaftsabkommen aus 1954 der Corporation und LLC die Rechtsfähigkeit bei uns garantiert.

Der Pflicht zur Kontenwahrheit mit transparenter(er) Steuerpflicht kam man massenhaft dort nicht nach, wo nach wie vor Auslandsgesellschaften nicht zutreffend als Einzelunternehmen, BGB-Gesellschaft oder OHG behandelt werden. Paradise- und Panama-Papers, Bahamas- und Luxemburg-Leaks in Verbindung mit Immobilien, Bank- und Versicherungsgeschäften offenbarten die Schwierigkeit wirtschaftlich Berechtigte zutreffend festzustellen, § 3 GWG. Sanktionen gegen Staaten ohne cross-border-Meldungen nach dem „OECD Common Reporting Standard“ (CRS), gibt es nicht: Nach wie vor kann man sich über Treuhänder auch Strafen und Sanktionen entziehen, bleibt jedoch erpressbar durch jene Zeitgenossen, welche die tatsächlichen Verhältnisse besser kennen.

 

Sind Sanktionsfälle überhaupt versicherbar – was droht Geschäftsführern und Vorständen?

Der Strafrechtsschutz leistet bei Strafbarkeit, gerade weil strafrechtliche Verurteilung droht – nach Verurteilung wegen Vorsatzes sind die Kosten wieder zu erstatten. Häufiger finden Manager in ihren „Spezial-Policen“ dann Sub-Limits, von z.B. 5 TEUR – damit lassen sich bis zu weniger 10 Stunden eines prominenten Verteidigers bezahlen. Auch die Höhe üblicher Verteidigerhonorare auf Zeitbasis werden oft schwammig geregelt – der Manager steht am Ende vielleicht im Regen? Ganz abgesehen von den Kosten für Privatgutachter, die einen rückwirkenden Persilschein bestenfalls herstellen sollen, welche nur selten versichert sind. Geographisch finden sich häufig ebenfalls Deckungslücken, etwas wenn man sich fragt, ob Handelsschiffe wegen der Iran-Sanktionen wohl auch von der US-Marine kontrolliert und ggf. aufgebracht werden könnten; ähnlich den nigerianischen Piraten?

Von umgerechnet 8.000 Euro bis vier Jahre Haft reicht ab in 2018 der neue Strafrahmen für Russen, welche sich an US-Sanktionen zum Nachteil ihrer Heimat beteiligen – gleichviel ob als Mitarbeiter oder Gesellschafter. Man stelle sich vor, bei der Vatikanbank würden russische und amerikanische Mitarbeiter beschäftigt? Verhängte Strafen als solches werden sich kaum irgendwo versichern lassen.

D&O könnte bei reinen Fehlern ohne erwiesene Strafbarkeit auch leisten. Im Schadensfall besitzt die Rechtsansprüche vielleicht nur das Unternehmen – der (Ex-)Manager erkennt dann zu spät, dass es nicht um seinen Kopf geht beim Versicherungsschutz, sondern den „Share-holder-value“?

Offenbar leisten auch einige deutsche Transportversicherer bei reinen US-Sanktionen, aber häufiger bei größeren Schäden erst nach jahrelangem Rechtsstreit. Das Motto des Schadensregulierers ist dann zu betonen „wir sind doch nicht dafür da, Ihnen Ihr nötiges Eigenkapital zur Verfügung zu stellen“ – oder etwa „wir vergleichen uns doch oft angenehmer mit Ihrem künftigen Insolvenzverwalter – warum sollten wir dann gleich über Ihren Schadensfall entscheiden?“.

Manager könnten als vermeintliche Terror-Unterstützer auch entführt werden: So wie es etwa den Deutschen Kahaled el-Marsi und Murat Kurnaz ergangen sein soll. Auf manchen (Terror)verdächtigen wurde schon ein Kopfgeld ausgesetzt – bei bekannter (Manager)adresse in Deutschland könnte dieser „überzeugt“ werden, seiner Mitreise in die USA zuzustimmen. Auch ein Zwischenstopp in Polen oder Thailand wäre dann eine gute Aussicht, einmal im Leben die körperlichen Grenzen kennen zu lernen – und hinterher Defizite im Bemühen der eigenen Regierung um die zeitnahe Freilassung zu beklagen.

 

 

von Dr. Johannes Fiala und Dipl.-Math. Peter A. Schramm

 

mit freundlicher Genehmigung von

www.pt-magazin.de (veröffentlicht am 08.08.2018)

 

Link: https://www.pt-magazin.de/de/gesellschaft/recht/vertragsnichtigkeit-verm%C3%B6genseinziehung-und-verhaf_jkl7gu3n.html

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Über den Autor

Dr. Johannes Fiala Dr. Johannes Fiala
PhD, MBA, MM

Dr. Johannes Fiala ist seit mehr als 25 Jahren als Jurist und Rechts­anwalt mit eigener Kanzlei in München tätig. Er beschäftigt sich unter anderem intensiv mit den Themen Immobilien­wirtschaft, Finanz­recht sowie Steuer- und Versicherungs­recht. Die zahl­reichen Stationen seines beruf­lichen Werde­gangs ermöglichen es ihm, für seine Mandanten ganz­heitlich beratend und im Streit­fall juristisch tätig zu werden.
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