VSH: Deckungslücken bei Haftungsdach und Vermittlern

Immer wieder geraten Unternehmen aus der Kapitalanlagevermittlungsbranche in Schieflage oder verschwinden vom Markt. In deren Sog geraten eigentlich auch immer die einzelnen Vermittler, für die solche Ereignisse existenzbedrohend werden können. Jüngstes Beispiel dafür könnte jetzt das Haftungsdach der Infinus werden. Bis jetzt gilt für die Infinus noch die Unschuldsvermutung.

 

Als Verdacht steht ein Betrugsvorwurf im Raume, und damit verbunden ein potentieller Anlegerschaden in Höhe von rund 400 Millionen Euro. Jetzt fragen sich natürlich viele Vermittler und Anleger, ob sie durch eine Vermögensschadenhaftpflichtversicherung (VSH) des Infinus-Haftungsdaches vor den Nachteilen aus dem Vorfall ausreichend geschützt sind?

 

Vermeintliche Vorteile von Haftungsdächern

Oft beurteilen sogenannte Experten vorab die Verkaufs- und Vertragsunterlagen. Aber verkauft wird vielfach, ohne dass die Vermittler ein Gutachten dazu jemals in die Hand bekommen. Bei den Aufklärungs- und Informationspflichten gegenüber Kunden sprechen die Vermittler von Rechtssicherheit, eingeschlossen die Gewährleistung einer Plausibilitätsprüfung bei den Produkten.

Und bei einem Haftungsdach nehmen die Vermittler an, dass das Haftungsdach alle notwendigen Produktprüfungen vorgenommen und alle Sicherungsmaßnahmen zentral getroffen und zur Verfügung gestellt hat. Kritisch wird die Situation, wenn das Haftungsdach indirekt oder direkt selbst Produkte initiiert. Ob da dann noch der VSH-Schutz greift? Bei Produkten wie Investmentfonds, die im Sondervermögen verwaltet werden, stellen sich solcherart Überlegungen und Fragen nicht.

 

Eigenen Schutz in den Vordergrund stellen

Vielfach wollen die einem Haftungsdach angeschlossenen Vermittler sich die Kosten für eine eigene Vermögenschadenhaftpflicht (VSH) Absicherung ersparen. Oder sie sind der irrigen Meinung, dass sie eine solche wegen des Haftungsdachs nicht benötigen. Gesetzlich gibt es da auch keine Vorgabe. Aber: Womöglich reicht der Deckungsumfang aus der VSH des Haftungsdaches nicht aus. Besser ist es, jeder Vermittler denkt erst einmal an seine eigene Haftung und stellt seinen eigenen Schutz in den Vordergrund.

Denn: Gerät ein Haftungsdach in die Kritik und in der Folge in eine Schieflage, geht es womöglich insolvent oder stellt aus sonstigen Gründen sein Geschäft ein, dann wissen die meisten Vermittler, Agenten und Geschäftspartner zumeist nicht, welche Risiken wo und mit welchen Bedingungen versichert wurden. Es kann durchaus sein, dass rund 400 Millionen Euro potenziellem Schaden einer abgesicherten Deckungssumme mit einem nur einstelligen Millionen-Betrag gegenüber stehen.

 

 VSH deckt Totalverlust meist nicht

Der VSH-Versicherungsschutz ist in aller Regel nicht auf einen Totalverlust des Haftungsdachs ausgelegt. Haftungsdächer stellen zudem für den VSH-Versicherer ein sogenanntes Klumpenrisiko dar, das er nicht sehr gerne in hohem Maße VSH-absichert. Ein wichtiger Schritt zur Vertrauensbildung auf Seiten der Haftungsdächer könnte sein, die eigene VSH-Versicherung und andere Sicherungsmaßnahmen offenzulegen.

Zwischen-Fazit: Wenn sich ein Vermittler also aufgrund des Haftungsdaches die Registrierung bzw. Zulassung erspart, so sollte er sich keinesfalls eine eigene VSH-Deckung ersparen. Es wäre ein Sparen an der falschen Stelle – gemessen an den durchaus möglichen Folgen.

 

Darüber hinaus sollte der Vermittler die VSH des Haftungsdaches dringend entweder selber prüfen oder durch Experten prüfen lassen, um neben einer viel zu niedrigen Deckungssumme weitere potenzielle Deckungslücken des Haftungsdaches aufzufinden. Ein zentraler Punkt dabei ist, ob alle über das Haftungsdach vermittelten Produkte auch in der VSH-Police des Haftungsdaches und der VSH-Policen der Vermittler versichert sind.

Die Vermittler dürfen nicht davon ausgehen, dass die vermittelten Produkte auch automatisch in jeder VSH-Police im Versicherungsschutz enthalten sind. Jeder Vermittler unter einem Haftungsdach sollte also das Gespräch mit dem Haftungsdach suchen mit dem Ziel so informiert zu werden, dass er Klarheit über die ihn daraus betreffenden Folgen bekommt. So kann er Anhaltspunkte darüber erhalten, wie seine eigene VSH-Versicherung ausfallen sollte.

Darüber hinaus sollte der Vermittler die VSH des Haftungsdaches dringend entweder selber prüfen oder durch Experten prüfen lassen, um neben einer viel zu niedrigen Deckungssumme weitere potenzielle Deckungslücken des Haftungsdaches aufzufinden. Ein zentraler Punkt dabei ist, ob alle über das Haftungsdach vermittelten Produkte auch in der VSH-Police des Haftungsdaches und der VSH-Policen der Vermittler versichert sind.

Die Vermittler dürfen nicht davon ausgehen, dass die vermittelten Produkte auch automatisch in jeder VSH-Police im Versicherungsschutz enthalten sind. Jeder Vermittler unter einem Haftungsdach sollte also das Gespräch mit dem Haftungsdach suchen mit dem Ziel so informiert zu werden, dass er Klarheit über die ihn daraus betreffenden Folgen bekommt. So kann er Anhaltspunkte darüber erhalten, wie seine eigene VSH-Versicherung ausfallen sollte.

 

Eigenabsicherung auch bei gebundenen Vermittlern ratsam

Für Finanzanlagenvermittler gibt es VSH-Deckungen, welche die Tätigkeit des sogenannten gebundenen Vermittlers (Tied Agent) unter der Haftung eines Haftungsdaches absichern. Das macht für den Vermittler Sinn. Denn es könnte durchaus sein, dass ein in Anspruch genommenes Haftungsdach gegenüber seinem angebundenen Agenten nach einem Schaden einen Regress geltend macht. Oder Kunden stellen ihren Anspruch direkt an den gebunden Vermittler. Für beide Fälle ist für den Vermittler eine eigene VSH Versicherung von Vorteil, da diese auch für die Abwehr von unbegründeten Ansprüchen zur Verfügung steht.

Die Situation ist ganz ähnlich wie bei Ausschließlichkeitsvermittlern eines Versicherers: Wer kostentreibende Risiken oder deren Auswirkungen wie beispielsweise bei einem Regress nach einem Schaden vermeiden will, besorgt für sich eine eigenständige, vom Dienstherren unabhängige VSH-Deckung.

 

Gefährliche VSH-Lücken schließen

In vielen Fällen wird die Deckungssumme der VSH für das Haftungsdach selbst gering bemessen sein. Da ist es ein schwacher Trost, dass für die Lücken in der Deckung regelmäßig die Geschäftsführer des Haftungsdaches mit ihrem Privatvermögen haften. Eine professionelle VSH-Deckung sollte gerade beim Vertrieb von speziellen Produkten natürlich auch für einen Massenschaden ausgelegt sein. Ist diese Deckung nicht zu erhalten, so sollten souveräne Leiter eines Haftungsdaches ihre Vermittler auf die Alternative der Eigenabsicherung hinweisen.

Für die gebundenen Vermittler sollte sich eine sinnvolle Deckungssumme aus der Mindestdeckung der gesetzlichen Anforderungen an eine VSH ergeben. Wer deutlich mehr pro Jahr platziert, sollte die Summe entsprechend mit einem Puffer nach oben anpassen. Mancher VSH-Spezialmakler bietet einen VSH-Risiko- und Policen-Check gegen eine geringe Prüfungsgebühr an. Damit bekommt der Vermittler Klarheit über seinen Versicherungsschutz und kann gegebenenfalls gefährliche Lücken schließen.

 

Blindes Vertrauen kann teuer werden

Der Fall Infinus zeigt die große Bedeutung für den Vermittler, die aktuellen Deckungssummen und möglichst auch die Versicherungsbedingungen der VSH des Haftungsdaches zu kennen. Für Vermittler kann das unter Umständen überlebensnotwendig sein – ein sorgloses Vertrauen in eine scheinbar kostenlose Haftungsdach-VSH kann im Schadenfall teuer oder gar unbezahlbar werden. Eigenverantwortung ist das oberste Gebot. Für sich selbst und für den Kunden. Eine preisgünstige und doch umfangreiche  Rechtsschutzversicherung rundet das Paket ab.

 

von Dr. Johannes Fiala und Ralf Werner Barth

 

mit freundlicher Genehmigung von www.cash-online.de, veröffentlicht am 02.Dezember 2013

Link: https://www.cash-online.de/Versicherungen/2013/vsh/157461/print

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Über den Autor

Dr. Johannes Fiala Dr. Johannes Fiala
PhD, MBA, MM

Dr. Johannes Fiala ist seit mehr als 25 Jahren als Jurist und Rechts­anwalt mit eigener Kanzlei in München tätig. Er beschäftigt sich unter anderem intensiv mit den Themen Immobilien­wirtschaft, Finanz­recht sowie Steuer- und Versicherungs­recht. Die zahl­reichen Stationen seines beruf­lichen Werde­gangs ermöglichen es ihm, für seine Mandanten ganz­heitlich beratend und im Streit­fall juristisch tätig zu werden.
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