Wenn Arbeitgeber für Kürzungen von Pensionskassen haften

– Wie Berater, Vermittler und Pensionskasse rechtzeitig in Regress genommen werden –

 

 

Eine Tageszeitung aus Süddeutschland führt ihre Leser mit dem Titel „Erste Pensionskasse senkt Betriebsrenten“ in die Irre. Denn weder werden die Betriebsrenten gesenkt, wenn die Pensionskasse ihre Leistungen kürzt.

Noch handelt es sich um die erste Pensionskasse, bei der Renten und Anwartschaften gesenkt wurden. Bereits durch Urteil vom 19.06.2012 hatte das Bundesarbeitsgericht (BAG, AZ. 3 AZR 408/10) entschieden, dass der Arbeitgeber bei Leistungsherabsetzung für die Differenz einstehen muss, also haftet.

 

Begriffsverwirrung in der Tageszeitung

Der Sprechers einer Pensionskasse (PK) wird am 01.06.2016 zitiert:

„Die Zusage an den Arbeitnehmer sah in den konkreten Fällen von Beginn an die Möglichkeit vor, mit Zustimmung der Bundesaufsicht künftige Rechnungsgrundlagen zu verändern“.

Hier werden die sprichwörtlichen Äpfel mit Birnen verwechselt.

 

Denn auf der einen Seite haben Mitarbeiter eine arbeitsrechtliche Zusage erhalten, dass ein Teil des Lohnes für gegenwärtige Arbeit erst später als betriebliche Altersversorgung (bAV) ausbezahlt wird. Und andererseits hat der Arbeitgeber dann dieses Geld bei einer Pensionskasse angelegt, regelmäßig mit der Aussicht später dafür einstehen zu dürfen.

Der feine Unterschied ist, dass eine PK nicht in Konkurs fallen kann – die Satzungen sehen stets die Möglichkeit der Leistungskürzung vor. Anders verhält es sich beim haftenden Arbeitgeber.

 

Pensionskassen „zumindest kurz- und mittelfristig“ noch stabil?

Pensionskassen als Träger der bAV hält die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) nur noch „zumindest kurz- und mittelfristig“ für stabil. Es ist mittel- oder langfristig durchaus zu erwarten, dass weitere PK ihre Leistungen absenken müssen, weil sie nominell wegen des Niedrigzinses nicht einmal ihre eigenen Verwaltungskosten erwirtschaften werden.

 

Regelmäßig sehen die Zusagen der Arbeitgeber gerade nicht vor, dass der teilweise für das Alter zurückgelegte Lohn, der dann als bAV ausbezahlt werden soll, nachträglich gekürzt werden kann.

 

Fehlerhafte Zusagen führen zur Haftung gestaltender Vermittler

Eine bAV-Zusage ist normalerweise Bestandteil des Arbeitsvertrages. Über deren Inhalt kann eine PK vermutungsweise informiert sein, wenn sie diese selbst gestaltet und dazu über Vermittler beraten hat. Dann könnten diese und eventuell auch die PK selbst dafür haften, wenn sie fehlerhaft sind.

Meist liegt auch eine unerlaubte Rechtsberatung von PK oder Vermittler vor, so dass auch ganz ohne Verschulden für jeden Schaden gehaftet wird. Zudem könnten die Renten “versehentlich” als garantiert an die Arbeitnehmer “verkauft” worden sein. Da allein die Arbeitgeber sich um die bAV-Kapitalanlage bei Ihrer PK kümmern, müssen die Arbeitnehmer nicht mal die Bedingungen erhalten haben.

 

Leistungskürzung führt zur Einstandspflicht

Spätestens mit Eintritt des Versorgungsfalls kommt es zu einer Einstandspflicht des Arbeitgebers, wenn der Träger der bAV nicht das zur Erfüllung der Zusage notwendige Vermögen ansammeln konnte. Arbeitgeber sollten sich dabei nicht mit Beruhigungspillen, wie Persilschein-Gutachten der Pensionskasse abspeisen lassen.

 

Es handelt sich konkret um den sogenannten regulierten Bestand, in dem die BaFin selbst höhere Garantiezinsen weit länger genehmigt hat als dies bei den deregulierten PK und in der LV (die stets dereguliert ist) laut Gesetz zulässig war: Pensionskassen kalkulierten – mit BaFin-Genehmigungen – weitaus länger als Versicherer mit höherer erwarteter Verzinsung ihre Kapitalanlagen. Dies war riskanter.

 

Prospekthaftung, Expertenhaftung und Garantiehaftung

Eine Haftung der Pensionskasse und Ihrer Vermittler kann sich bereits daraus ergeben, dass immer wieder der Arbeitgeber und seine Mitarbeiter in den Glauben versetzt werden, sie hätten es mit höheren Garantiezinsen als irgendwo anders zu tun. Garantien gibt es auch mündlich von manchem Verkäufer der PK-Kapitalanlage. Mancher bAV-Spezialist gerät auch in die Expertenhaftung, weil er persönliches Vertrauen in Anspruch nimmt, oder sich als Experte bezeichnet hat.

Haftungsauslösend können nicht nur die Werbung mit höheren Garantiezinsen oder ein Hinweis auf die BaFin-Aufsicht und Genehmigung bei regulierter PK sein. Denn die BaFin-Aufsicht macht diese Art der bAV-Geldanlage der Sache nach keinesfalls sicherer, sondern unsicherer.

So wie wenn jemand sagt:

“Hier können Sie sich sicher fühlen, denn ich trage elektronische Fußfesseln, vor dem Haus stehen ständig drei Polizisten und ich muss mich zweimal täglich auf dem Polizeibüro melden, und wenn ich einen Fehler machen würde, endet meine Bewährung und ich muss nochmal 10 Jahre in meine Zelle.”

Oder wie es gefährlicher ist, wenn man einem freilaufenden Hund begegnet, wenn der Besitzer dabei ist, als wenn er nicht dabei ist, aber der Hund an der Kette liegt.

 

Umgesetzte und zunehmend bevorstehende Leistungs-Herabsetzungen

Bei den Leistungen von Lebensversicherungen und Pensionskassen gab es bereits wiederholt Leistungskürzungen. In der bAV gilt es als nahezu sicher, dass der Arbeitgeber dafür einzustehen hat. Die Lücke beim notwendigen Vermögen kann der Arbeitgeber regelmäßig nicht aus seiner Steuerbilanz ablesen. Ein steuerlicher Berater wird dies selten versicherungsmathematisch berechnen können.

Rechtzeitige Prüfung der wirtschaftlichen Verhältnisse einerseits, und andererseits der Versprechen durch Versicherer und Pensionskassen und Ihre Berater sowie Vertriebsmitarbeiter, liefern die Grundlagen für Haftungsansprüche und rechtzeitige Sanierungsbemühen vor Konkursreife.

 

Verjährung vermeiden durch Feststellungsklage

Ein Bereichsleiter Pensionsversicherung empfahl Vermittlern und Beratern Ruhe zu bewahren, da die Arbeitgeber das Problem erst bemerken, wenn der Arbeitnehmer dereinst Ansprüche stellt – bis dahin sei indes alles verjährt und der Arbeitgeber mit dem Problem alleine. Auch fehlten den Arbeitgebern die Kenntnisse, um Ansprüche überhaupt zu erkennen und nachzuweisen. Diese Taktik der Anbieter und Berater kann durch rechtzeitige Begutachtung der Beratungsfehler und eine Feststellungsklage gegen Berater, Vermittler und Anbieter auf Haftung dem Grunde nach jedoch unterbrochen werden. Nach vom Arbeitgeber gewonnener Feststellungsklage sind Anbieter, Berater und Vermittler meist rasch bereit, sich auf einen frühzeitigen Vergleich einzulassen.

 

Alternative durch Zusage einer Treuhandstiftung

Die Haftung des Arbeitgebers (AG) gänzlich zu vermeiden ermöglicht eine Altersversorgungs-Zusage über eine Treuhandstiftung, wie sie etwas die Carta Mensch Stiftung konzipiert hat. Da nur Zusagen durch den Arbeitgeber sich nach den Regelungen des Betriebsrentengesetzes (BetrAVG) richten müssen, entfallen damit alle Einschränkungen des BetrAVG, jegliche Haftung des AG, sowie jede Bilanzberührung bei ihm – auch Beiträge an den Pensionssicherungsverein sind nicht zu zahlen.

Dennoch handelt es sich um Betriebliche Altersversorgung im weiteren Sinn. Die Freiheit vom BetrAVG ermöglicht z.B. auch engere Unverfallbarkeitsregelungen – selbst die Zahlung nur an bis zur Altersgrenze oder Eintritt der Berufsunfähigkeit beim Arbeitgeber treu Tätige ist erlaubt.

Wer als Arbeitgeber etwas zur Vorsorge seiner Arbeitnehmer unternehmen will, sollte sich nicht auf die Durchführungswege des Betriebsrentengesetzes einengen lassen, wenn es bessere Lösungen gibt.

 

von Dr. Johannes Fiala und Dipl.Math. Peter A. Schramm

 

mit freundlicher Genehmigung von

www.elektropraktiker.de (veröffentlicht am 01.07.2016)

und

www.procontra-online.de (veröffentlicht am 30.06.2016)

Links: http://www.procontra-online.de/artikel/date/2016/06/wenn-arbeitgeber-fuer-kuerzungen-von-pensionskassen-haften/

http://www.procontra-online.de/artikel/date/2016/06/wenn-arbeitgeber-fuer-kuerzungen-von-pensionskassen-haften/seite/1/

und

Verlag C.H.BECK oHG
Redaktion “BC – Zeitschrift für Bilanzierung, Rechnungswesen und Controlling” (veröffentlicht in BC 7/2016)

Link: http://rsw.beck.de/cms/main?docid=379381

und

www.euro-focus.de (Veröffentlicht in “Focus”, Ausgabe 2016_12, Seite 43)

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Über den Autor

Dr. Johannes Fiala Dr. Johannes Fiala
PhD, MBA, MM

Dr. Johannes Fiala ist seit mehr als 25 Jahren als Jurist und Rechts­anwalt mit eigener Kanzlei in München tätig. Er beschäftigt sich unter anderem intensiv mit den Themen Immobilien­wirtschaft, Finanz­recht sowie Steuer- und Versicherungs­recht. Die zahl­reichen Stationen seines beruf­lichen Werde­gangs ermöglichen es ihm, für seine Mandanten ganz­heitlich beratend und im Streit­fall juristisch tätig zu werden.
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