bAV: Haftung der Vermittler, Versicherer und Steuerberater !*

*von Johannes Fiala, Rechtsanwalt (München), M.B.A. (Univ.Wales), M.M. (Univ.), geprüfter Finanz- und Anlageberater (A.F.A.), Bankkaufmann (https://www.fiala.de/>www.fiala.de)
Finanzdienstleister mit Erfahrung in der bAV-Beratung berichten, dass die meisten bAV-Modelle fehlerhaft konzipiert oder umgesetzt sind. Wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist, stellt sich die Frage nach der Verantwortung. Haftung für unrichtige Schulung bzw. Vertriebsberatung: Finanzdienstleister dürfen rechtlich und steuerlich beraten. Dies ist nach dem Rechtsberatungsgesetz (RBerG) ein legales sogenanntes Hilfsgeschäft zur Produktvermittlung ? aber: Für die Richtigkeit von Schulungen haften Versicherer genauso, wie Vermittler für korrekte Steuer- und Rechtsauskünfte. Das sollte selbstverständlich sein.
Im Grundsatz, keine isolierte bAV-Beratung: Für den Finanzdienstleister entscheidend ist hierbei die Frage, ob bei einem Fehler seine VSH eintritt ? beim Verstoß gegen das RBerG besteht keine Deckung: Typisches Beispiel ist die steuerrechtliche Begutachtung im Rahmen einer Finanzplanung ? hier setzte sich zuletzt eine süddeutsche Steuerberater- Kammer mit einer Unterlassungserklärung gegen eine Großbank durch.
Haftungsdelegation gefragt: Gerade bei komplexen Modellen und (teilweise) umgesetzten bAVGestaltungen empfiehlt es sich einen Gutachter und zugelassenen Rechtsbeistand beizuziehen. Hilfsreich ist vor allem ein konkretes Gutachten eines anerkannten und unabhängigen Aktuars/Gutachters und Sachverständigen für betriebliche Altersversorgung. Bestehende Verträge auch rechtlich und steuerlich zu untersuchen, also diese Art einer ?Honorarberatung?, ist neben den steuer- und rechtsberatenden Berufen, allenfalls auch dem Versicherungsberater, sowie – gemäß einer Entscheidung des OLG Stuttgart – dem (echten !) Versicherungsmakler vorbehalten.
Risiko gewerblicher Berater: Bei gewerblichen Anbietern können die Beratungsverträge unter dem Leitgedanken ?Wir beraten Arbeitgeber, Versicherer, Vertriebe, u.a. bei der Umgestaltung in der bAV? gegen das RBerG verstoßen ? mit der fatalen Folge einer Vertragsnichtigkeit. Wer sich auf diesem Felde beraten lässt, sollte abklären, ob der passende VSH-Schutz besteht, im Zweifel empfiehlt sich gerade bei Angeboten von Unternehmensberatern und Consultingfirmen hier eine nachgewiesene transparente VSH-Einzeldeckung. Der Auftraggeber sollte sich vom VSH-Versicherer ausdrücklich die Versicherung des konkreten Vertragsinhaltes mit dem ?unabhängigem bAVBeratungsunternehmen? als versichert bestätigen lassen: Denn sonst kann sich der VSH-Versicherer im Schadensfall darauf berufen, dass nach den VSHBedingungen keinen Versicherungsschutz für nichtige Verträge besteht: Diese Reaktion ist in der Praxis so sicher, wie das Amen in der Kirche.
Risiko steuerlicher Berater: Ferner wird zumeist auch die Haftung des Steuerberaters (StB) übersehen. Ist die Beratung beim Abschluss einer Rückdeckungsversicherung meist noch tragbar, finden in der Ansparphase jedoch praktisch kaum mehr Beratungsgespräche statt. Dabei hat der Berater die nötigen steuerlichen Voraussetzungen ?von sich aus? im Auge zu behalten (BGH Urteil vom 09.11.1995). Wichtige änderungen im Gesetzgebungsverfahren werden unzureichend beachtet und die Kongruenz einer Rückdeckungsversicherung sträflich vernachlässigt, bzw. kaum kontrolliert. Beim StB lagern hochexplosive Minen im Keller, weis der Unternehmesberater Bosl aus der Praxis. Schließlich ist die Ergänzung des Arbeitsvertrages um eine Pensionszusage im Kern auch eine arbeitsrechtliche Tätigkeit ? also nichts für den StB.
Typischer Haftungsansatz, auch für Versicherer-Haftung: Ein grösserer Versicherer schreibt einer GmbH: ?? für Ihre Pensionzusage ist ein Gesellschafterbeschluß notwendig ? sprechen Sie darüber mit Ihrem Steuerberater ??. Jedoch ist der steuerliche Berater normalerweise weder als Rechtsberater ausgebildet, noch versichert. Hinzu kommt, dass oft ein einziger Gesellschafterbeschluß gar nicht ausreicht, damit die Pensionszusage wirksam wird.
Für derartig unprofessionelle Empfehlung wird der Versicherer im Zweifel ebenfalls haften (vgl. BGH-Urteil vom 08.02.1978, BGHZ 70, 356, 365 zur Haftung selbst bei Druckwerken). Solcherlei Ansprüche sind auch regelmäßig nicht verjährt, denn nach dem neuen Schuldrecht gilt zeitlich ab 01.01.2002 eine Verjährungsfrist, die noch zehn Jahre andauern kann.
Unwirksamer bAV-Beratervertrag: Der BGH (Urteil vom 30. 9. 1999 – IX ZR 139/98) beurteilte einen Steuerberatervertrag bereits als Unwirksam nach § 134 BGB, weil der StB – auch bei einem Dauermandat – nur Tätigkeiten im Rahmen von § 1 StBerG übernehmen darf: Der BGH warf dem StB vor, dass er nicht an einen Anwalt verwiesen hatte und verpflichtet gewesen wäre, darüber zu informieren, daß er keine gesellschaftsrechtlichen Verträge entwerfen darf.
Das besondere der BGH-Entscheidung war, dass der StB nach Vertragsgrundsätzen haftet, obwohl der ihm erteilte Auftrag, die gesellschaftsrechtlichen Verträge zu entwerfen, unwirksam war. Eine Vergütung steht dem StB nicht zu, obgleich er haftet: Dieses Schicksal kann auch manchen ?unabhängigen? bAV-Beratervertrag betreffen. Die Pensionszusage erfordert einen Gesellschafterbeschluß, also eine gesellschaftsrechtliche Gestaltung; wieder nichts für den StB. Der StB ist für Schäden wiederum nicht einmal versichert.
Delegation hilft dem Steuerberater nicht immer: Dies zeigt ein Urteil des OLG Düsseldorf (Az. 13 U 60/98), bei welchem der Steuerberater seinen Klienten an einen bAV-Experten verwiesen hatte. Dies half dem Steuerberater jedoch leider nichts, als er danach die Bilanz fehlerhaft aufgestellt hatte ? der Betriebsprüfer beanstandete später, dass die Pensionsrückstellung unwirksam war. Beispielsweise lag keine rechtzeitige schriftliche Zusage vor. Unglücklicherweise war der geschäftsführende Gesellschafter dann (bei Nachholung der Schriftform) nicht mehr jung genug, damit er sich steuerlich die Zusage noch ?erdienen? konnte. Obgleich der Steuerberater dem Mandanten erklärt hatte, dass bAV eine komplizierte Materie ist, die ihn überfordere, und richtiger weise an einen Experten verwiesen hatte, kam er in die Haftung: Es genügt nicht, wenn der StB ?nur auf Basis der ihm gelieferten Aktivwerte und versicherungsmathematischen sachverständigen Gutachten? eine Bilanz erstellt ? der Jahresabschluß muss auch richtig sein. Spätestens der Betriebsprüfer bringt es ans Licht.
Finanzdienstleisterhaftung für Rückdeckungsumfang? Die überwiegenden Pensionszusagen sind inkongruent rückgedeckt, denn die Zusage gegenüber dem Arbeitnehmer bleibt zumeist hinter der Rückdeckung zurück. In den Zusagen stehen vielfach BU-Renten (Invalidität) ohne entsprechenden Versicherungsschutz: Tritt der Leistungsfall ein, steht für den nicht versicherten Arbeitgeber oft Insolvenz im Raum.
Der Altersrentenbarwert ? gerechnet nach den heute unrealistischen 6 % der Heubeck-Tafeln 1998 ? ist nach Einschätzung des bAV-Beraters Dipl.-Kfm. Edmund J. Ranosch aufgrund der erheblich geminderten Renditen auf den Kapitalmärkten nicht mehr zeitgemäß: ?Die Zinswirkungen auf den Altersrentenbarwert ist bereits bei konstanter Rentenhöhe enorm. Ist die Rente/Zusage jedoch dynamisch gestaltet, ergibt sich nochmals eine Beschleunigung in der Höhe des Kapitalstocks. Wäre zusätzlich auch die Anwartschaftsphase dynamisch gestaltet, folgt daraus nochmals eine weitere Beschleunigung im Wachstum des Altersrentenbarwerts.?
Der Zinssatz von 6 % p.a. geht von einer Verzinsung des Kapitalstockes innerhalb des Versorgungsträgers (i. d. R. einer GmbH) aus, wenn ihr im 65.Lebensjahr des Versorgungsempfängers der Kapitalbetrag zufließt. Aus diesem Kapitalstock zahlt die GmbH die Altersrente aus, dessen Wert nach 16,5 Jahren nach den alten Heubeck-Tabellen 1998 bei null steht, vorausgesetzt die Verzinsung des Restkapitals erfolgt immer zum Zinssatz von 6 % p.a.. Bei einer externen Anlage des Kapitalstocks ist eher von einer geringeren Verzinsung pro Jahr auszugehen. Versicherer kalkulieren heute im langfristigen Bereich mit 2,75 % Garantiezins und schielen nach dem neuesten Urteil des BVG zur gerechteren Verteilung der Stillen Reserven auf die künftigen Versicherungsverträge bereits auf 2,25 % p.a. Garantiezins. Je niedriger der Zinssatz unterhalb von 6 % p.a. künftig verläuft, um so höher muss der Kapitalstock bei Rentenbeginn sein.
Genügen heute für eine vorschüssige Jahresrente von 12.000 ? an einen 65jährigen noch ca. 118.000 ? nach Heubeck-Tafeln 1998 , muss jetzt schon ein höherer Kapitalstock aufgebaut werden. Dabei wirkt sich weniger die Erhöhung der Lebenserwartung aus, als die Absenkung des langfristigen Zinsniveau?s.
Beispiel : Genügen bei 6 % Verzinsung nach den alten Heubeck-Tafeln 1998 noch ca. 118.000 ? um die obige Altersrente auf 16,5 Jahre zu zahlen, müssen bei 4 % Zinsen auf den Kapitalstock bereits ca. 140.000 ? und bei nur 2,75 % p.a. Zinsen sogar auf 152.000 ? in der Rückdeckung angespart werden. Das sind Rückdeckungslücken über 20 % bis 30 % allein für die Altersrente aus den veralteten Sterbetafeln. In den neueren DAV-Sterbetafeln 2004 R liegt der vergleichbare Barwert bei ca. 146.000 ? bei 4 % Zinsen und ca. 158.000 ? bei 2,75 % Zinsen. Damit weitet sich die Rückdeckungslücke auf 30% bis 40 % aus.
Finanzdienstleisterhaftung für Rückdeckungsprodukte: Besonders problematisch ist der Umstand, dass es dem Arbeitgeber bei der Direktzusage oft frei steht, in welche Produkte er investiert, um die Rückdeckung anzusammeln. Versicherungsprodukte besitzen den Vorteil, dass der Unternehmer sich finanziell absichern kann, wenn er für den Todesfall bzw. die Invalidität eine Zusage erteilt hat.
Findige Initiatoren versuchen über den Weg der bAV jedoch auch Schiffsbeteiligungen (angepriesen als sicherer Substanzwert, trotz teuer gewordener Stahlpreise) oder geschlossene Immobilienbeteiligungen (trotz bisweilen stark gefallenem Marktwert) als Rückdeckungsprodukt abzusetzen. Die Deckungslücken- und Insolvenzrisiken steigen.
Bei manchem Konzept kommen noch Aktienfonds zur angeblichen Diversifikation dazu.
Den Anlageberater treffen erhöhte Beratungspflichten, denn das Kursrisiko von Aktien – wie auch das Totalverlustrisiko geschlossener Beteiligungen – sind nach der Rechtsprechung mit dem Ziel ?Aufbau einer Altersvorsorge? regelmäßig unvereinbar, vgl. Urteile des OLG Jena – 5U693/04 bei Aktien, OLG Frankfurt/M. – 13 U 24/03 bei Investmentfonds.
Bündel von Risiken: Die bAV-Beratung ist anspruchsvoll und überdurchschnittlich riskant. Der Berater kann auf Verjährung der Schadenshaftung erst nach 10 Jahren hoffen; versichert sollte er aber sein.

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Über den Autor

Dr. Johannes Fiala Dr. Johannes Fiala
PhD, MBA, MM

Dr. Johannes Fiala ist seit mehr als 25 Jahren als Jurist und Rechts­anwalt mit eigener Kanzlei in München tätig. Er beschäftigt sich unter anderem intensiv mit den Themen Immobilien­wirtschaft, Finanz­recht sowie Steuer- und Versicherungs­recht. Die zahl­reichen Stationen seines beruf­lichen Werde­gangs ermöglichen es ihm, für seine Mandanten ganz­heitlich beratend und im Streit­fall juristisch tätig zu werden.
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