bAV: Risikovervielfachung durch Hebelgeschäft mit der Rückdeckung der Pensionszusage

von Florian Nolte, Assessor iur. (nolte-florian@web.de) und Johannes Fiala, Rechtsanwalt (München), M.B.A. (Univ.Wales), M.M. (Univ.), geprüfter Finanz- und Anlageberater (A.F.A.), EG-Experte (C.I.F.E.), Bankkaufmann (https://www.fiala.de>www.fiala.de )
Vorwort Dieser Fall, liebe Leserin, lieber Leser, ist nicht real: ähnlichkeiten mit (noch?) lebenden Personen und GmbH�s , auch der Zeitgeschichte, sind rein zufällig und nicht beabsichtigt. Hierin eingeschlossen sind Vermittler, Hedge-Fonds-Anbieter und Versicherer.
Anamnese GGF Müller wird jeden Monat von einem Vermittler auf seine Pensionszusage angesprochen ? einst war sie eingerichtet worden: Einige Jahre freute er sich über sein Steuerspar-(besser Steuerverlagerungs-)-Modell mit den Worten ?Ich habe einen tollen Steuerberater ? seit Jahren zahle ich keinen Pfennig an den Fiskus?. Die Rückdeckung erreichte, wie in dem Werk ?Zukunftsmarkt bAV? (Verlag C.F.Müller) zu lesen ist, dann bundesdurchschnittliche 33% der Heubeck-Passivwerte. Kürzlich teilte die Versicherungsgesellschaft dem GGF mit, dass leider der Rückkaufswert in Zukunft nicht ausreichen werde, die Zusage auszufinanzieren. Neues Geld wollte Herr Müller aber nicht ausgeben.
1. Diagnose Dann lernte GGF Müller einen besonders cleveren Vermittler kennen: Sein Lösungsansatz liest sich beeindruckend und einfach. Der GGF beleiht seine (sowieso viel zu niedrige) Rückdeckungsversicherung zu 80% und nimmt noch einen Kredit auf, um dann insgesamt 200.000 Euro zusätzlich neu anzulegen. Eigentlich genial. Was sich hier rechnet, ist die Provision aus dem Abschluß. Ansonsten rechnet sich das Modell leider nur später für den Anwalt.
1. Therapie Was der GGF sich einkauft ist ein angeblich ?sicheres? Geschäft ? als Kapitalanlage dient der Mantel einer liechtensteinischen Lebensversicherung. Darin kann man risikolose Hedge-Fonds ebenso unterbringen wie ganze Immobilien. Das Konzept des Vermittlers zielte auf die Anlage des beliehenen Rückkaufwertes der Rückdeckungsversicherung der PZ in einer Anlage, die beim BaFin nicht zugelassen ist. Um die Zulassung zu umgehen, wird diese Anlage mit einem liechtensteiner Policenmantel “gewrappt”. Dieses so genannte insurance wrapping ist im Private Banking in der Schweiz weit verbreitet; allerdings wird dort meist ein Depot mit bestehenden Wertpapieren gemantelt. Die Lösung muss nicht immer im Inland liegen ?
Das Anlagerisiko Zum Wesen des Hebelgeschäfts gehört, dass die Zinsen für den Kredit sicher sind ? der Ertrag für den Kunden nicht. Natürlich wurde GGF Müller nicht über die zahlreichen Risiken aufgeklärt; der BGH hat bereits durch Urteil vom 09.07.1998 (Az. III ZR 158/97) einer Sparkasse die Suppe versalzen (vgl.http://www.finanztip.de/recht/bank/sofortrente-bankkredit-sparplan.htm>http://www.finanztip.de/recht/bank/sofortrente-bankkredit-sparplan.htm ) und sie als Vermittlerin zur Rückabwicklung verurteilt. Was der Vermittler bei GGF Müller hinterlassen hat, ist die sprichwörtliche verbrannte Erde ? vor allem seit der traurigen Entwicklung des Hedge-Fonds innerhalb der Liechtenstein-Police seit 2003.
2. Diagnose Und nun zu Risiken und Nebenwirkungen der 1. Therapie: Im Konzept heißt es
– ?GGF verzichtet auf die Verpfändungserklärung, GmbH tritt die LV nach Liechtenstein ab? -> Das ist toll (vgl.http://www.frontal.de>www.frontal.de ), denn damit besitzt GGF keinerlei Minimalabsicherung hinsichtlich seiner Ansprüche auf BU bzw. Todesfallleistung; Nun soll das Konzept sich den Bedürfnissen des Unternehmens anpassen können. Deshalb wird die GmbH in der Ausgestaltung der neuen Anlage vor die Wahl gestellt:
– ” GmbH ist in allen Bereichen VN + VP und nutzt diese Form der Finanzierung innerhalb der Bilanz, ..? -> Eine bemerkenswerte Information, denn kennen Sie einen Versicherer der den (oft viel zu frühen) Tod einer GmbH als VP versichert ? Aber selbst wenn es eine solche Möglichkeit gäbe: Die Zusage ist trotz (oder wegen) der Konstruktion nicht ausfinanziert. Stirbt der GGF vorzeitig, ist in der Rückdeckungsversicherung nur noch 20% des Rückkaufswertes vorhanden, der Kredit muss getilgt werden und der Rest des beliehenen Rückkaufswertes ging für die Provision des Vermittlers sowie die Kreditzinsen drauf.
– ?GmbH reduziert die bestehende Zusage auf das Maß der möglichen Auszahlung aus der bestehenden LV und verteilt die Umstellung auf mehrere Jahre.? -> Hierüber freut sich die Finanzverwaltung bestimmt, denn dann versteuert die GmbH die ?Reduktion? als Verzicht und der GGF als verdeckte Einlage. Das macht so richtig Spass. Zwei mal fällt Steuer an ? aber es fließt kein Geld zu den Steuerpflichtigen (GmbH und GGF persönlich).
– ?GmbH tritt die LV an den GGF ab, dieser lässt die LV und das Fremdkapital getrennt arbeiten? -> Damit würde auch der Rest der Rückdeckung wirtschaftlich dem GGF zufließen. Hier ist die Frage der Steuerpflicht nach §§ 19, 34 EStG berührt. übrigens ist die Ausfinanzierung der Zusage in diesem Fall völlig in Frage gestellt.
2. Therapie Der Vermittler arbeitete vermutlich früher bei einer Bausparkasse, wie sonst lässt sich der Eindruck einer ?Beratung in Grund und Boden? sonst erklären. Das steuerliche Ergebnis gleicht einer kompletten Streichung der Pensionszusage durch die Finanzverwaltung. Ob diese Vermittlung als Anstiftung zur Steuerhinterziehung zu werten ist, sei mal dahingestellt.
Werbehaftung Der Jurist wird sich als erstes auf den Produktanbieter stürzen: Das Modell wird mit seinem Logo und ohne irgend einen Hinweis auf eventuelle Anlagerisiken präsentiert. Damit kann die Werbehaftung im Sinne einer gleichsam zugesicherten Eigenschaft nach dem neuen BGB (wirksam seit 01.01.2002) eingreifen. Auch der Vermittler, auch wenn er sich nur als Agent fühlen mag, hat wenig rosige Aussichten, denn hier kann die Haftung aus ?sittenwidriger Schädigung? und ähnlich grausamen Rechtsgründen eingreifen.
Suizid des Unternehmers Wenn Sie sich als Unternehmer das Szenario auf der Zunge zergehen lassen. Der Vermittler fand eine Pensionsrückstellung nach Steuerbilanz vor, sagen wir mal mit 300 TEUR, abgezinst nach Heubeck mit 6% (Steuerbilanz). In der Handelsbilanz wären die realen Werte des Kapitalmarktes anzusetzen, sprich bei ca. 3% über 600 TEUR. Dann wäre nach § 19 InsO weiter aufzustocken (lebenslange Rente, mit biometrischem Risiko und derzeitiger Garantieverzinsung des Versicherers, aber nach Abzug der ?Zillmerung?) ? dies könnte in etwa das dreifache des Bilanzwertes ausmachen.
Der Steuerberater befindet sich vielleicht in der Garantenhaftung nach § 13 StGB ? und dann dieser wunderbare Lösungsansatz ? die Insolvenz ist spätestens dann sicher?
Ob es dem GFF Müller nun schwer fällt, den passenden Prozessfinanzierer zu finden? Noch dazu, wenn eine EU-Richtlinie für Versicherungsschutz des Vermittlers sorgt?
Fazit: Auch hier gilt ein abgewandeltes altes deutsches Sprichwort: Unkenntnis schützt vor Schaden nicht. Selbst dann nicht wenn man schreibt ?Diese Aufstellung stellt keine Rechtsberatung oder steuerliche Empfehlung dar?.

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Über den Autor

Dr. Johannes Fiala Dr. Johannes Fiala
PhD, MBA, MM

Dr. Johannes Fiala ist seit mehr als 25 Jahren als Jurist und Rechts­anwalt mit eigener Kanzlei in München tätig. Er beschäftigt sich unter anderem intensiv mit den Themen Immobilien­wirtschaft, Finanz­recht sowie Steuer- und Versicherungs­recht. Die zahl­reichen Stationen seines beruf­lichen Werde­gangs ermöglichen es ihm, für seine Mandanten ganz­heitlich beratend und im Streit­fall juristisch tätig zu werden.
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