Die Betriebsrente als Haftungsfalle

Die Mehrheit der betrieblichen Altersversorgung (bAV) in Unternehmen sind Sanierungsfälle – nicht nur wegenfe hlender Ausfinanzierung, sondern vor allem aufgrund gravierender Gestaltungsfehler. Es droht die Rückabwicklung.

 

Die Einrichtung oder Gestaltung der bAV in Unternehmen führt Versicherungsmakler und ihre „Modell-Lieferanten“ regelmäßig in den Bereich verbotener Steuer- und Rechtsberatung. Immer wieder fördern Betriebsprüfungen massive Gestaltungsfehler „unterschriftsreifer Vertragswerke“ zu Tage wie etwa im Fall des „Dr. Hochstapler bAV-Institut“ (Name geändert). Der Bundesgerichtshof (BGH) beschäftigte sich mit einer U-Kassen-Gestaltung, bei welcher u. a. ein Abzug der Dotierung als Betriebsausgabe versagt wurde (BGH Urteil vom 20.3.2008, Az.: IX ZR 238/06).

Auf dem Steuerschaden blieb die Klägerin, eine Steuerberatungsgesellschaft, nur deshalb ausnahmsweise selbst sitzen, weil ein Steuerberater (StB)wissen muss, dass ein bAV-Unternehmensberater keine Zulassung zur steuerlichen Gestaltung besitzt.

Spöttisch könnte man daraus folgern, dass bAV-Beratung mit der vom Marketing gewisser Finanzhäuser „erfundenen Lösung aus einer Hand“ haftungsfrei allenfalls gegenüber Anwalt (RA), Notar und StB möglich ist.

Banken, Versicherungen und ihre bAV-Töchter besitzen ausnahmslos keine Zulassung zur Rechts- oder Steuerberatung. Dieses Manko versuchen diese bisweilen dadurch zu beheben, dass sie RA oder StB „als Mitarbeiter“ im beratenden Vertrieb von „bAV-Lösungen“ einsetzen.

Dies hat jedoch mehrere Haken.

Erstens darf solch ein Syndikus-RA bzw. -StB keinen Rechtsrat gegenüber Dritten (den bAV-Kunden) erteilen.

Zweitens führt die kaufmännisch-akquisitorische Tätigkeit zum Entzug der Zulassung durch die Berufskammer, wie auch „Nachfolgeplaner“ schmerzhaft erfahren haben.

Drittens ist für derart gesetzlich verbotene Betätigungen faktisch keine VSH-Deckung erhältlich. Und schließlich führt diese Tätigkeit geradewegs in die persönliche Haftung der Akteure.

Nach der ständigen BGH-Rechtsprechung (u. a. Az.: IX ZR 41/04) bedürfen beispielsweise ein bAV-Verein und eine GmbH auch dann einer eigenen Erlaubnis zur Rechts- bzw. Steuerberatung, wenn ihr jeweiliger Geschäftsführer oder andere Mitarbeiter über die RA- oder StB-Zulassung verfügen.

Vom BGH ist bestätigt worden, dass es ebenfalls ein untauglicher Versuch wäre, Rechts- oder Steuerberatung Cross-Border für deutsche Kunden zu importieren. Grenzen für Versicherungsmakler Versicherungsmakler dürfen seit geraumer Zeit sogar gegen Honorar beraten, sofern es um Verträge geht, die nicht in ihrem Bestand sind, und der Auftraggeber kein Verbraucher ist (§ 34d Gewerbeordnung). Der Versicherungsmakler darf auf seinem Felde, also im Versicherungsrecht, zwanglos seine Kunden beraten, aber auch außergerichtlich im Schadensfall vertreten.

Versäumt er dann den Hinweis auf eine laufende Frist gegenüber seinem Kunden, muss er auch dafür geradestehen (BGH, III ZR 21/09 vom 16.7.2009). In anderen Bereichen (Arbeits-, Betriebsrenten-, Gesellschafts-, Insolvenz- und Steuerrecht) besteht eine Beratungserlaubnis für den Versicherungsmakler nur bei einfachen Fragen, deren Bearbeitung zwingend für die ordnungsgemäße Berufsausübung notwendig ist.

Der Versicherungsmakler muss also darauf achten, dass das Versicherungsgeschäft und wirtschaftliche Fragen im Vordergrund stehen, denn dies kann der Makler auch ohne sonstige Rechts- und Steuerberatung ohne weiteres sinnvoll erbringen.

Erfordert auch nur ein einziger Punkt außerhalb des Versicherungsrechts vertiefte rechtliche Kenntnisse, setzt sich der Makler der Gefahr aus, dass sein Beratungs- bzw. Vermittlungsvertrag „null und nichtig“ ist. Nach der freundlichsten Auslegung von Obergerichten müssen steuerliche und sonstige rechtliche Fragen in jedem Fall deutlich erkennbar im Hintergrund bleiben.

Verfassungsrechtliche Stellung der Rentenberater Das Privileg der Rentenberater, rechtlich in der bAV beraten zu dürfen, richtet sich danach, was zum Pflichtprogramm ihrer Ausbildung gehört (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 1.6.1983, 2 Ss (OWi) 16/83). Beispielsweise ist ihnen eine Tätigkeit auf dem Gebiet der Arbeitslosenversicherung verboten (BVerfG, Beschluss vom 22.12.2000, 1 BvR 727/97), denn diesbezüglich erfolgt für ihre Zulassung keinerlei Sachkundeprüfung. Sinn und Zweck der Verbote auf dem Gebiet der Rechts- und Steuerberatung ist der Schutz „vor unsachgemäßer Beratung und Vertretung durch unfähige und ungeeignete Berater“. Der vielfach von Finanzhäusern beworbene „bAV-Unternehmensberater“ oder auch der „CEP-Nachfolgeberater“ sind verfassungsrechtliche Totgeburten:

Denn durch die „Erfindung untypischer Betätigungsformen“ kann niemand einen „gesetzlich festgelegten Beruf“ (z. B. StB oder RA) durch die Hintertür in anderer Gestalt neu einführen (BVerfG Beschluss vom 18.6.1980, 1 BvR 697/77). Wer Rechts- oder Steuerberatung in der bAV anbieten möchte, ist gezwungen, einen dafür gesetzlich festgelegten Beruf zu wählen und dafür dann auch eine Zulassung zu besitzen. Zwingende Hinweispflichten.

Wer es unterlässt, auf die eigenen Grenzen erlaubter Beratung hinzuweisen, läuft wegen mangelhafter Aufklärung in die Schadensersatzpflicht nach § 311 II BGB.

Dies gilt, wie der BGH betont, sogar gegenüber rechtlich und wirtschaftlich erfahrenen Kunden. Demnach ist es bAV-Unternehmensberatern verboten, beispielsweise die Erstellung einer U-Kassensatzung „unter Berücksichtigung arbeits- und steuerrechtlicher Vorschriften“ zu übernehmen (OLG Düsseldorf, Urteil vom 5.12.2006, I-23 U 54/06) oder zu vermitteln.

Auf dem Holzweg befinden sich auch solche Anbieter, die meinen, es würde genügen, den Kunden „nur“ auf die fehlende Erlaubnis zur Rechts- und Steuerberatung hinzuweisen. Wer sich dennoch auf die Beratung einlässt und damit bewusst in Kauf nimmt, dass das Geschäft später scheitert, handelt „leichtfertig und gewissenlos“, was zum Vorwurf vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung führt, § 826 BGB.

Die tatsächliche Übernahme einer Beratung erzeugt – trotz Hinweis auf fehlende Berechtigung – beim Kunden den Irrtum einer Qualifizierung und damit eine Haftung wegen Eingehungsbetruges (Kammergericht Berlin, Urteil vom 14.12.2006, Az.: 23 U 128/04). Für derartige Betätigungen aber besitzt kein Versicherungsmakler irgendeine Haftpflichtdeckung.

Das Marketing für die „Betreuung durch einen Ansprechpartner auf allen Gebieten“ erweist sich für die Anbieter zumeist als Bumerang. Denn sofern gegen das Verbot der Rechtsoder Steuerberatung durch „Nichtberufsträger“ verstoßen wurde, folgt die Vertragsnichtigkeit.

Für den Berater droht damit der Totalausfall der Vergütung. Denn der Kunde kann argumentieren, dass er sich von vornherein an einen anderen Berater gewandt haben würde, wenn er gewusst hätte, dass der Berater verbotenerweise Rechts- und Steuerberatung leistet. Selbst für die korrekt umgesetzten Leistungsteile kann der Berater dann keine Teilvergütung mehr verlangen.

Gleichwohl haftet der Vermittler für den Ersatz des entstandenen Schadens. In jüngster Zeit bewerben Rentenberater ein Kooperationsmodell, bei welchem durch Rechtsberater, Steuerberater und Finanzdienstleiter „die Erbringung der Dienstleistung über ein professionelles Netzwerk“ erfolgen soll.

Derartige Kooperationen sind seit dem 1. Juli 2008 grundsätzlich zulässig geworden. Allerdings ist hier größte Vorsicht geboten, denn Werbung für und Verträge mit solchen „Netzwerken“ führen geradewegs in eine Haftung für die Tätigkeiten aller Netzwerkpartner – was aber in der jeweils eigenen Vermögensschaden- Haftpflicht regelmäßig nicht versicherbar ist.

von Dr. Johannes Fiala

mit freundlicher Genehmigung von

www.performance-online.de (veröfrentlicht in Performance, Ausgabe 04/2010, Seiten 94-95)

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Über den Autor

Dr. Johannes Fiala Dr. Johannes Fiala
PhD, MBA, MM

Dr. Johannes Fiala ist seit mehr als 25 Jahren als Jurist und Rechts­anwalt mit eigener Kanzlei in München tätig. Er beschäftigt sich unter anderem intensiv mit den Themen Immobilien­wirtschaft, Finanz­recht sowie Steuer- und Versicherungs­recht. Die zahl­reichen Stationen seines beruf­lichen Werde­gangs ermöglichen es ihm, für seine Mandanten ganz­heitlich beratend und im Streit­fall juristisch tätig zu werden.
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