Externe Teilung der betrieblichen Versorgungsansprüche

Beim Versorgungsausgleich gibt es derzeit (noch) die Möglichkeit betriebliche Altersversorgung (bAV) beispielsweise im Falle der Scheidung „extern zu teilen“, § 17 Versorgungsausgleichsgesetz (VersAusglG). Betroffen sind Direktzusagen (auch Pensionszusagen genannt) sowie Anrechte gegenüber einer Unterstützungskasse. Der Begünstigte Ehegatte erhält dann ein Anrecht in Höhe des Ausgleichswertes beim gleichen, und wahlweise vorrangig bei einem anderen Versorgungsträger, § 15 VersAusglG. Der Ausgleichswert ist als Kapitalbetrag zu bezahlen, § 14 VersAusglG. Eine Oppositionspartei im Bundestag möchte diese gesetzliche Option abschaffen.

 

Externe Teilung

Bei der externen Teilung wird ein Kapitalwert übertragen, aus dem aber teils wesentlich geringere Renten (zu aktuellen Konditionen) finanziert werden können, als die hälftige beim Ausgleichsverpflichteten.

Die Deutschen Aktuarvereinigung (DAV) hat nachgerechnet. Ein Rechenbeispiel, veröffentlicht unter dem 17.03.2015, zeigt zum Stichtag 30.11.2015 (dazu unten), dass die Übertragung in einen kapitalgedeckten Anbieter nur 170 EUR Monatsrente liefert, diejenige zur Deutschen Rentenversicherung Bund (DRV) aber 220 EUR (was dann schon in dem Beispiel dem Ergebnis halbe Rente bei interner Teilung entspräche).

Entscheidungsfehler und Falschberatung kosten Betroffene am Ende bis zu mehr als 100.000 Euro – so wie manche Geschiedenen die Option nicht kennen, nach der aktuellen Rechtslage nachrechnen zu lassen, um sodann eine nachträgliche Aufbesserung zu erhalten.

 

Gesetzliche schlägt Privatrente

Die Höhe der Rente aus der Deutschen Rentenversicherung Bund (DRV) ist demnach besser als irgendeine neue Kapitaldeckung. Dies gilt natürlich nicht nur bei der Übertragung von Versorgungskapital, sondern für jedes Kapital, für das man eine Rente haben will. Ausgleichsberechtigte sollten derzeit die DRV statt einer Kapitalgedeckten Einrichtung als Zielanbieter für den Versorgungsausgleich wählen und auch sonstige dies ernsthaft in Erwägung ziehen.

Andere versicherungsförmige Anbieter zahlen für das gleiche Kapital nur weit geringere Renten. Besser fährt, wer eine höhere Leibrente bei z.B. Infrastruktur-Unternehmen, öffentlichen Körperschaften, Stiftungen oder auch von privaten und anderen Bauherren kauft, ggf. auch grundbuchlich oder durch Bankbürgschaft abgesichert.

 

Zinsverfall und negative Rendite:

Sodann rechnet die DAV vor, dass das für den externen Übertragungsanspruch maßgebliche Kapital sich nach § 253 (2) Handelsgesetzbuch (HGB) mit einem Diskontierungszins 4,43 % zum 28.02.2015 richtet. Dieser Zins fällt aber sehr bald stark, bis Ende 2015 (obiges Beispiel) auf unter 4 %, Ende 2016 bis auf unter 3 % und später auf unter 2 %. Damit aber nimmt das Kapital für den Übertragungsanspruch stark zu.

Seit der Ankündigung des Euro in den 90er-Jahren bis heute ist der Kapitalmarktzins deutscher Staatsanleihen auf etwa „null“ und darunter gefallen. Damit wird immer mehr Geld benötigt, um eine gleichhohe Rente aufzubauen. Denn während der Ansparphase wirken sich Zins und Zinseszins nicht mehr aus – im Gegenteil: Durch laufende Verwaltungskosten der Lebensversicherer und betrieblichen Versorgungswerke stellt sich mittel- bis langfristig absehbar eine negative Rendite dar. Auch Arbeitgeber bekommen dann im Durchschnitt weniger zurück, als einbezahlt worden war.

Dies bemerken seit Jahren auch Kunden von Lebensversicherungen, deren Privatrente bereits bis zu weniger als die Hälfte dessen ist, was ihnen bei Abschluss der Rentenversicherung durch Musterberechnungen vor Jahren in Aussicht gestellt worden war. Betriebsrentner erkennen mitunter die Einstandspflicht des Arbeitgebers, wenn der häufige Fall vorliegt, dass die Zusage des Arbeitgebers eine weitaus höhere Rente umfasste, als dann tatsächlich bezahlt wird.

Versicherungsmathematiker könne überschlägig ermitteln, dass das zu übertragende Kapital bei 3 % statt 4,43 % bereits bis zu mehr als doppelt so hoch ist, bei 2 % gar bis zu mehr als 3-mal so hoch. Das zeigt natürlich auch, was auf die Wirtschaft zukommt. Die günstigen (absolute Höhe des Kapitals, und die daraus finanzierbaren Rente) Ergebnisse im Beispiel zu Ende 2015 beruhen auf dem dann bereits auf unter 4 % gefallenen Diskontierungszins, der gegenüber 4,43 % Zins bereits bis zu mehr als 30 % mehr Versorgungsausgleichs-Kapital liefert.

Durch eine Gesetzesänderung für Ende 2015 wurde dieser Rückgang zwar aufgehalten, doch letztlich nur in die Zukunft verschoben.

 

Spätere Scheidung

Scheidungskandidaten sollten also warten, bis der Diskontierungszins nach § 253 (2) HGB sehr bald weiter gesunken ist. Derzeit ist er vorübergehend noch sehr hoch, weil Durchschnittsverzinsungen über die letzten 7 Jahre und nach der Gesetzesänderung über 10 Jahre eingehen, wo der Zins anfangs noch weit höher als heute lag. Dies jetzt ganz unabhängig davon, ob man vielleicht auch noch durch Abwarten (beim Scheidungsantrag) auf die Gesetzesänderung hofft, die die externe Teilung abschafft und eine vorteilhaftere interne vorschreibt.

Zahlen müssen das die Arbeitgeber, machen aber keinen Verlust dabei, weil sie ohnehin diese stark steigende Rückstellungen nach § 253 (2) HGB bilden müssen, die sie dann (hälftig) auflösen können. Das bringt sogar den Vorteil, dass sie die Differenz zur weit geringeren (mit 5,5 % diskontierten) steuerlichen Pensionsrückstellung nicht mehr versteuern müssen und sich durch die Teilung und Auszahlung von Pensionsverpflichtungen auch für den künftigen Aufwand entlasten.

Bisher nur wenige Arbeitgeber nutzen zur Sanierung ihrer Finanzen oder Verbesserung ihres Ratings gleich die möglichst frühzeitige Abfindung laufender Renten und der bAV-Anwartschaften.

 

Typische Rechenfehler

Versorgungsausgleichsberechtigte sollten sich vergewissern, dass der Arbeitgeber nicht etwa zur Berechnung des Ausgleichskapitals die weit geringere steuerliche Pensionsrückstellung herangezogen hat. Ferner, dass er auch die Dynamisierung der Renten erhöhend mit berücksichtigt.

 

Abfindungszahlungen steuerlich absetzbar

Private Rentenversicherungen könnte der Verpflichtete durch Ausübung eines Kapitalwahlrechts dem Versorgungsausgleich komplett entziehen, jedoch wird gleichwohl eine Kompensation für diese Gestaltung geschuldet (BGH, Beschluss vom 01.04.2015, Az. XII ZB 701/13), welche sich auch durch eine Ausgleichszahlung vereinbaren läßt.

Ausgleichszahlungen zur Vermeidung eines heutigen oder künftigen Versorgungsausgleiches sind seit 2015 wie Sonderausgaben steuerlich absetzbar, § 10 Abs. 1a Nr. 3 und § 22 Nr. 1a EStG. Dafür ist dies dann spiegelbildlich beim Empfänger zu versteuern. Auch dieser Effekt kann bei einer Scheidung übersehen werden – mit späteren Nachteilen, wenn darüber nicht aufgeklärt wurde.

 

 

von Dr. Johannes Fiala und Dipl.-Math. Peter A. Schramm

 

veröffentlicht in DZW Die ZahnarztWoche, Ausgabe 21/2016, Seite 8-9

 

Unsere Kanzlei in München

Unsere Kanzlei finden Sie in der Fasolt-Straße 7 in München, ganz in der Nähe von Schloss Nymphenburg. Unser Team besteht aus hochmotivierten Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten, die für alle Belange unserer Mandanten zur Verfügung stehen. In Sonderfällen arbeitet unsere Kanzlei mit ausgesuchten Experten zusammen, um Ihre Interessen bestmöglich zu vertreten.


Über den Autor

Dr. Johannes Fiala Dr. Johannes Fiala
PhD, MBA, MM

Dr. Johannes Fiala ist seit mehr als 25 Jahren als Jurist und Rechts­anwalt mit eigener Kanzlei in München tätig. Er beschäftigt sich unter anderem intensiv mit den Themen Immobilien­wirtschaft, Finanz­recht sowie Steuer- und Versicherungs­recht. Die zahl­reichen Stationen seines beruf­lichen Werde­gangs ermöglichen es ihm, für seine Mandanten ganz­heitlich beratend und im Streit­fall juristisch tätig zu werden.
»Mehr zu Dr. Johannes Fiala

Auf diesen Seiten informiert Dr. Fiala zu aktuellen Themen aus Recht- und Wirt­schaft sowie zu aktuellen politischen Ver­änderungen, die eine gesell­schaftliche und / oder unter­nehmerische Relevanz haben.

Videoberatung

Termin buchen

Vereinbaren Sie Ihren persönlichen Termin bei uns.

Termin vereinbaren / Rückrufservice

Sie werden bereits juristisch beraten und wünschen eine Zweit­meinung? Nehmen Sie in diesem Fall über nach­stehenden Link direkt Kontakt mit Herrn Dr. Fiala auf.

Juristische Zweitmeinung einholen

(Das erste Telefonat ist ein kostenfreies Kennenlerngespräch; ohne Beratung. Sie erfahren was wir für Sie tun können & was wir von Ihnen an Informationen, Unterlagen für eine qualifizierte Beratung benötigen.)