„Honorarberater“ statt Mehrfachagent, Ausschließlichkeit oder Versicherungsmakler? *
– Ein Megatrend mit eingebauter Haftung für Versicherungsvermittler – *von Dr. Johannes Fiala, Rechtsanwalt (München), MBA Finanzdienstleistungen (Univ.), MM (Univ.), geprüfter Finanz- und Anlageberater (A.F.A.), Lehrbeauftragter für Bürgerliches und Versicherungsrecht (BA Heidenheim, Univ. of Cooperative Education), (www.fiala.de) und Dipl.-Math. Peter A. Schramm, Sachverständiger für Versicherungsmathematik (Diethardt), Aktuar DAV, öffentlich bestellt und vereidigt von der IHK Frankfurt am Main für Versicherungsmathematik in der privaten Krankenversicherung (www.pkv-gutachter.de)
EU-VRL, MiFiD, FRUG, VVG-Reform, Info-VO, Transparenzgebot, Kick-Backs, etc. Kollektive Orientierungslosigkeit war eine Reaktion von Finanzdienstleistern, angesichts der zahlreichen änderungen bei den rechtlichen Vorgaben. Inzwischen setzt sich die Erkenntnis durch, dass gesetzliches Ziel der Wandel „vom Vermittler zum Berater“ ist.
Jedoch hat der Gesetzgeber den Beruf des „Honorarberaters“ überhaupt nicht geregelt: Handelt es sich um ein Versehen oder vielmehr um eine Haftungsfalle für Makler?
Fünf „Inkasso“-Thesen sollen dem Versicherungsmakler neues Geld in die Kasse bringen: a) Makler könnten sich „Betreuung, Verwaltung“ separat vergüten lassen, zusätzlich zur Courtage, die sie ggf. sowieso vom Versicherer erhalten. b) Makler könnten echte Nettotarife vermitteln, dem Kunden dann nur für die entsprechende Beratung eine Rechnung stellen. Der Kunde kann die Kosten stets absetzen. c) Makler könnten auch beliebige Tarife vermitteln, z.B. eine Privathaftpflicht, ohne Courtagezusage: Irgend ein (zumeist unbekannter) Agent bekommt dann eine Provision, jedoch kann der Makler gegenüber seinem Kunden ja eine Beratungsvergütung berechnen. d) Makler können auch „CIC, Sovag“ etc. vermitteln, also eine beliebige Courtage in die Prämie für sich „einpreisen“, und zusätzlich eine Beratungsvergütung berechnen. e) Auf alle derartigen Vergütungen für „Betreuung, Verwaltung, ggf. Vermittlung“ kann der Makler auch noch Mehrwertsteuer berechnen – damit wird er Vorsteuerabzugsberechtigt.
Versicherungs(rechts)beratung durch Agenten? Der Versicherungsagent (§ 34 d GewO) ist „Vertreter“ des Versicherers; eine Tätigkeit als Versicherungsberater (§ 34 e GewO) scheidet von vorne herein wegen der Loyalitätspflicht zum VU aus, § 86 HGB, aber auch weil i.d.R. keine Zulassung als Versicherungsberater vorliegt.
Das OLG München (Az. 29 U 3771/06) hat es der Versicherungswirtschaft mithin nicht grundlos untersagt, dass sich ihre Angestellten und ihre freien Vermittler als „Versicherungsberater“ oder „Vorsorge- und Versicherungsberater“ bezeichnen.
Versicherungs(rechts)beratung durch Makler? Auch für den Versicherungsmakler gilt nach wie vor, was vor etwa 10 Jahren entschieden wurde: Der Verlag IWW veröffentlichte in seinem Medium „Wirtschaftsdienst für Versicherungsmakler“ bereits 1999 zur Versicherungsberatung: „Einem Versicherungsmakler wird die Erlaubnis [zur Versicherungs-„Honorar“-beratung] grundsätzlich nicht (!) erteilt. Eine Tätigkeit als Versicherungsvermittler und [zugleich als] Versicherungsberater in einer Person ist generell ausgeschlossen (LG Stuttgart, Bescheid vom 10.12.1990 – Az. 371 a – 678, LG Mönchengladbach, Bescheid vom 2.4.1991 – Az. 3713 E 484, LG Aachen, Urteil vom 22.08.1991 – Az. 3 T 80/91 VersR 1991, 1409).
Das Bundesverfassungsgericht hob in seiner Entscheidung vom 05.05.1987 (NJW 1988, 543), die zur Wiedereinführung des Versicherungsberaters führte, hervor, dass „die Notwendigkeit einer objektiven und von jeglicher Interessenbindung an die Versicherungswirtschaft freien Beratung in Versicherungsfragen vorhanden ist und dieser Beruf auch für die Zukunft erhalten werden müsse.“ Kann sich ein Versicherungsmakler von einem Versiche-rungsberater dazu „anstiften“ lassen, seinen Beruf illegal zu verlassen?“ Informierte Versicherungsmakler kenne solche Details natürlich seit Jahren !
Eine Erlaubnis zur Versicherungsberatung setzt voraus, dass vom Betreffenden keine Versicherungsvermittlung durchgeführt wird (BVerfG, Beschluß vom 5.5.1987, Az. 1 BvR 981/81, NJW 1988, 543).
Der Versicherungsmakler darf „Dritte“, jedoch keine Verbraucher, bei „Vereinbarung, änderung oder Prüfung von Versicherungsverträgen“ gegen Entgelt versicherungsrechtlich beraten, § 34 d I 4 GewO.
Seit dem „Pilz-Urteil“ (LG Stuttgart, Az. 17 O 592/89) ist bekannt, dass Versicherungsmakler ihre Kunden (das sind keine „Dritte“) auch gegen Entgelt beraten dürfen: Dabei darf nicht übersehen werden, dass die (versicherungs)rechtliche Beratung beim Versicherungsmakler ein erlaubtes Hilfsgeschäft nach § 5 RBerG ist – künftig ein Nebengeschäft nach dem RDG. Der Bereich erlaubter (Versicherungs-)Rechtsberatung wird vom Versicherungsmakler dort verlassen, wo er beispielsweise auch noch die AGB des eigenen Kunden auf die Versicherungsbedingungen hin abstimmt und gestaltet: Steht die Rechtsbesorgung also selbstständig neben anderen Berufsaufgaben, liegt eine verbotene Rechtsberatung vor, so dass der Kunde keine Vergütung schuldet, §§ 5 RBerG, 134 BGB. Daneben riskiert der Versicherungsmakler seiner Zulassung, denn seine „Zuverlässigkeit und Eignung“ steht in Frage. Es reicht dann nicht aus zu behaupten, das Ziel der Beratung sei eine Vermittlung gewesen.
Jedoch kann der Makler stets seine Erfolgsvergütung (auch wenn sie als Entgelt oder Honorar bezeichnet ist) auch oder allein vom Kunden sowie seine vereinbarten Aufwendungen zusätzlich erstattet verlangen, § 652 II BGB. Gesetzliches Leitbild ist beim Versicherungsvermittler die Erfolgsvergütung, § 652 I BGB !
Vergütung für Versicherungsmakler, auch ohne Vermittlungserfolg? Der Maklervertrag kann dienstvertragliche Elemente aufweisen, beispielsweise beim Immobilienmakler-Alleinauftrag: Hier besteht eine Tätigkeitspflicht des Maklers – dennoch bekommt er nur im Erfolgsfalle eine Vergütung. Will der Versicherungsmakler in jedem Falle (also auch ohne Vermittlungserfolg) eine Vergütung bekommen, also ein Entgelt für seine Beratung, so muß er dies mit seinem Kunden vereinbaren.
Nachdem hier vom gesetzlichen Vergütungs-Leitbild erheblich abgewichen wird, bedarf es einer individuellen Vereinbarung – durch „Geschäftsbedingungen, vorformulierte Mustertexte etc.“ ist dies rechtswirksam nicht umsetzbar, § 307 BGB (früher § 9 AGBG). Dies ist vielfach gerichtlich entschieden, beispielsweise vom BGH durch Urteil vom 20.03.1985 (Az. IV a ZR 223/83)..
Haftung für unwirksame Formulare durch Beiräte, Wirtschaftsprüfer, Professoren etc. Wer also derartige Formulare verbreitet, kommt somit ziemlich sicher in eine Schadensersatzhaftung ! Auch Professoren, Rechtsanwälte und Wirtschaftsprüfer, die entsprechende Konzepte bewerben, könnten bald Gelegenheit bekommen, die Rechtsprechung des BGH zur „Garanten- und Marketinghaftung“ sowie zur „vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung, § 826 BGB“ in eigener Angelegenheit, also höchstpersönlich näher kennen zu lernen, vgl. BGH, Urteil vom 22. 5. 1980 – II ZR 209/79 und LG München I, Urteil vom 7. November 2007 – 28 O 23767/06.
übrigens betrifft dies nicht zuletzt auch (wissenschaftliche?) Beiräte von Inkasso-Gesellschaften und/oder bei geschlossenen Beteiligungen; vgl. LG Mosbach, Urteil vom 15.08.2007. Aufsichtsräte haften hier sowieso bereits nach gesetzlichen Vorschriften.
Vergütung für Versicherungsmakler, wenn nur eine Beratung erfolgt? Dem Versicherungsmakler ist es noch immer nicht möglich, eigenständige Honorarberatung gegenüber Verbrauchern anzubieten, welche die versicherungs(rechtliche) Beratung des Hilfsgeschäfts losgelöst (also ohne Versicherungsvermittlung) beinhalten: Dies ist nämlich zugelassenen Anwälten und Versicherungsberatern vorbehalten.
Es wird in der Praxis immer wieder auf das „Pilz“-Urteil (OLG Stuttgart vom 28.12.1990, Az. 2 U 121/90, VersR 1991, 883) und das ähnliche Urteil des LG Kiel vom 19.10.1988 (Az. 14 O 192/88) verwiesen: Beide Urteile gestatten eine zusätzliche Vergütung (z.B. als Hono-rar) für die Vermittlung einschließlich versicherungsrechtlicher Hilfsgeschäfte (z.B. Analysen von Preisen und Bedingungswerken, von Risiken und Deckungskonzepten, Verhandlungen mit Versicherern, Prüfung der Prämienrechnungen oder Versicherungsdokumentation, soweit man diese überhaupt als Rechtsberatung auffasst und nicht etwa als ohnehin zulässige sonstige kaufmännische Hilfsgeschäfte), weil die Vergütungsvereinbarungen eng mit dem Versicherungsmaklervertrag verbunden waren. Nur deshalb war es in beiden Fällen so, dass die Gerichte darin keinen Verstoß gegen das RBerG sahen. Denn die Versicherungs-(Rechts-)-Beratung gilt als notwendiger Bestandteil der Maklertätigkeit !
Daraus folgt, dass dem Versicherungsmakler gerade nicht gestattet ist, diese Versicherungs- Rechts-Beratung als selbstständige Leistung gegen Honorar anzubieten.
Nur durch illegale „Honorarberatung“ zum Vorsteuerabzug? Wer legale Versicherungs(rechts)beratung als Makler in Verbindung mit einem Maklervertrag ausführt, handelt in der Leistungsbeziehung zum Kunden als Versicherungsmakler (nicht jedoch als Versicherungs- oder Unternehmensberater), vgl. EuGH, Rechtsssache C-8/01, Urteil vom 20.11.2003. Damit kommt § 4 Nr.11 UStG zur Anwendung: „Von den Umsätzen … sind steuerfrei: … 4. die Umsätze aus der Tätigkeit als … Versicherungsmakler“. Und darauf kann man leider auch nicht wie z.B. bei Immobilien-Steuersparmollen nach § 9 UStG verzichten.
Im Abschnitt 75 der Umsatzsteuerrichtlinien steht klipp und klar, dass es darauf ankommt, in welchem Beruf ein Unternehmer tätig ist: Wer „als“ Makler, legal mit Zulassung, tätig wird, darf „in Ausübung dieses Berufes“ keine Mehrwertsteuer berechnen. Dies gilt, wie u.a. vom BFH durch Urteil vom 9.7.1998 (BStBl. 99 II 253) entschieden, auch für Tätigkeiten in einer Vertriebsstruktur, vor allem für Schulung, Verwaltung, Kontrolle und Betreuung – die (Super-)-Provision ist dabei ein gewichtiges Indiz, aber nicht allein entscheidend.
Wer für Maklertätigkeit dennoch Mehrwertsteuer (unberechtigt) berechnet, darf diese beim Finanzamt natürlich abliefern, § 14 c UStG: Zum Vorsteuerabzug berechtigt dies den Versicherungsmakler aber noch lange nicht.
(experten.de (28.12.2007))
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Über den Autor

Dr. Johannes Fiala ist seit mehr als 25 Jahren als Jurist und Rechtsanwalt mit eigener Kanzlei in München tätig. Er beschäftigt sich unter anderem intensiv mit den Themen Immobilienwirtschaft, Finanzrecht sowie Steuer- und Versicherungsrecht. Die zahlreichen Stationen seines beruflichen Werdegangs ermöglichen es ihm, für seine Mandanten ganzheitlich beratend und im Streitfall juristisch tätig zu werden.
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