In die Haftung geschult


Weil der Markt für die PKV immer enger geworden ist, fördern die Versicherer mit Schulungen das Wildern in fremden Beständen. Die damit verbundene Haftungsgefahr wird heruntergespielt. Nur wenigen Maklern ist bewusst, dass die übliche gesetzliche Mindestdeckung in der VSH angesichts der Haftungsgefahr oft zu niedrig sein dürfte.

 

Die Mär von der geschenkten kollektiven Alterungsrückstellung geht so: Versicherer mit überalterten Beständen haben in ihren Bilanzen – im Verhältnis zur Beitragseinnahme – oft sehr hohe Alterungsrückstellungen stehen, zum Beispiel fünf Euro zu einem Euro oder mehr.

Wenn man nun bei einem jüngeren Versicherer kündigt, der in seiner Bilanz nur ein oder zwei Euro Alterungsrückstellung je Euro Beitragseinnahme stehen hat, und zu dem älteren wechselt, so verliert man wenig kollektive Alterungsrückstellung, gewinnt aber beim neuen Versicherer einen Anteil an einer viel höheren kollektiven Alterungsrückstellung.

Gerichte hätten zudem festgestellt, dass der Kunde ohnehin kein Recht auf die Alterungsrückstellung hat. Und im übrigen sei diese auch nicht hoch. Letztlich verliere man also durch den Wechsel nichts, schon gar keine Alterungsrückstellung, weil man nichts verlieren kann, was einem nicht gehört. Solcherart geschulte Makler setzen ihre neuen Vertriebskenntnisse flugs um – und landen dann ebenso rasch vor dem Richter.

Dem erzählt der Makler dann auf die Vorhaltung, er habe nicht über den Verlust der Alterungsrückstellung aufgeklärt und müsse nun für den Schaden des Kunden haften, dass er genau zu diesem Punkt sogar ganz besonders genau aufklärt. Und auf weitere Nachfrage des Richters verbreitet der Makler dann stolz sein umsonst oder gegen Bezahlung erlerntes Vertriebsmärchen von der geschenkten kollektiven Alterungsrückstellung beim neuen Versicherer. Da solche Schulungen inzwischen seit einigen Jahren starke Verbreitung gefunden haben, ist dies den Richtern nicht neu und sie kennen die wahren Hintergründe aus einer Anzahl bereits abgeurteilter Fälle.

 

Alterungsrückstellung wirkt sich individuell aus

Lange versicherte Kunden in der PKV zahlen nicht mehr den Neuzugangsbeitrag zu ihrem erreichten Alter, sondern einen geringeren, wenn der Tarif mit Alterungsrückstellungen kalkuliert ist. Die Differenz – der erreichte Beitragsnachlass – nimmt mit dem Alter zu und mit der Differenz auch die Alterungsrückstellung des Kunden.

Diese stellt nämlich – grob   gesagt – den Barwert des erreichten Beitragsnachlasses dar – ca. das 200-fache des monatlichen Nachlasses, oft 20.000 Euro und mehr. Auf diesen – und damit auf die damit verbundene Alterungsrückstellung – hat der Kunde einen unentziehbaren individuellen Rechtsanspruch, solange er bei diesem Versicherer versichert bleibt.

Er verliert ihn aber – auch bei teilweiser Mitgabe der Alterungsrückstellung bei Neuzugängen ab 2008 zum größten Teil – durch Kündigung und Wechsel zu einem anderen Versicherer. Die hohen Alterungsrückstellungen in dessen Bilanzen gehören nämlich den bereits vorhandenen Altkunden, die davon auch nichts abgeben können, weil diese ja zur lebenslangen Finanzierung deren erreichten Beitragsnachlasses dienen.

Der Verlust des Beitragsnachlasses stellt sich dann als Schaden heraus, den der Makler ersetzen darf. Damit kann sich vor dem Versicherungsmakler ein Schaden „auftürmen“ der hochgerechnet nur teilweise versichert ist, weil der VSH-Makler des Versicherungsmaklers noch nie das typische Risiko ermittelt hat – und damit stehen dann am Ende zwei Makler in der Haftung: der PKV-Makler und sein VSH-Makler.

Bewusst falsche Schulungen, die zu einer Vermögensschädigung führen, können zur Schadenersatzpflicht führen. Betroffene Makler sollten ihre Unterlagen durchsehen, ob sie wirklich alles richtig verstanden haben, und in diesem Fall prüfen lassen – durch Anwalt oder versicherungsmathematischen Sachverständigen –, inwieweit falsche Schulungen zum Vermögensschaden geführt haben und der Schulungsleiter in Regress genommen werden kann.

 

von Dr. Johannes Fiala und Dipl.-Math. Peter A. Schramm

mit freundlicher Genehmigung von

www.performance-online.de (veröffentlicht in Performance, Ausgabe 10/2010, Seite 45)

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Über den Autor

Dr. Johannes Fiala Dr. Johannes Fiala
PhD, MBA, MM

Dr. Johannes Fiala ist seit mehr als 25 Jahren als Jurist und Rechts­anwalt mit eigener Kanzlei in München tätig. Er beschäftigt sich unter anderem intensiv mit den Themen Immobilien­wirtschaft, Finanz­recht sowie Steuer- und Versicherungs­recht. Die zahl­reichen Stationen seines beruf­lichen Werde­gangs ermöglichen es ihm, für seine Mandanten ganz­heitlich beratend und im Streit­fall juristisch tätig zu werden.
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