Wenn der Beamtensohn in den Basistarif muss

Studierende Beamtenkinder sind in der PKV gut aufgehoben, doch wenn der Familienzuschlag wegfällt, wird es teuer. Die Erhöhung der PKV muss rechtzeitig beantragt werden, sonst kann der Versicherer Risikozuschläge verlangen oder der Kunde landet sogar im Basistarif.

 

Studenten werden mit Beginn ihres Studiums versicherungspflichtig in der GKV. Doch sie können dem widersprechen und sich privat versichern. In der Regel haben die Beamteneltern dann für sie einen 80-prozentigen Beihilfeanspruch, der ergänzende 20-prozentige Versicherungsschutz ist entsprechend preiswert.

Die Beihilfe erhält der Beamte für sein studierendes Kind so lange, wie das Kind im Familienzuschlag berücksichtigungsfähig ist. Fällt der Familienzuschlag für das Kind weg, so muss es künftig zu 100 Prozent versichert werden – die Beiträge steigen also etwa auf das Fünffache.

Zugleich entfällt auch das Kindergeld für das Kind – insgesamt kann so auf den Beamten eine Mehrbelastung von gut 400 bis 500 Euro monatlich zukommen. Der Familienzuschlag fällt z. B. bei Beendigung der Ausbildung zum Ende des Kalenderjahres weg, ferner am 25. Geburtstag (ggf. um Wehr-/ Zivildienstzeit verlängert), bei überschreiten bestimmter Einkunftsgrenzen oder bei Heirat.

Nicht immer ist dann eine Versicherung in der GKV möglich, weil der Versicherungspflicht bei Studienbeginn widersprochen wurde. Wenn der Beamte die Änderung nicht rechtzeitig bemerkt, fallen Familienzuschlag und Beihilfe rückwirkend weg. Nach § 199 Abs. 2 VVG ist der Versicherer aber nur dann verpflichtet, den Versicherungsschutz an die Veränderung des Beihilfeanspruchs – bzw. hier dessen Wegfall – ohne Risikoprüfung und ohne Wartezeiten anzupassen, wenn dieser Antrag spätestens sechs Monate nach der eingetretenen Änderung gestellt wird – und das bedeutet nicht etwa erst nach Kenntnisnahme von der Änderung.

In vielen Fällen erfährt der Beamte erst dadurch vom Wegfall der Beihilfe für das Kind, nachdem er Rechnungen mit dem Beihilfeantrag einreicht, in dem nach genau diesen Veränderungen gefragt wird. Wird der Antrag nach § 199 Abs. 2 VVG zu spät gestellt, kann der Versicherer Risikozuschläge und Leistungsausschlüsse für Vorerkrankungen verlangen oder gar den erhöhten Versicherungsschutz ganz ablehnen – dann bleibt schlimmstenfalls nur noch der Basistarif mit eingeschränkten Leistungen zum Höchstbeitrag der GKV.

Hat der Makler z. B. Den 25. Geburtstag des Kindes im März nicht auf Termin genommen, sondern die Überprüfung des Versicherungsschutzes auf ein jährliches Gespräch im November verschoben, setzt er sich der Haftung für Mehrbeiträge gegenüber dem bei rechtzeitiger Antragstellung nur Erforderlichen aus. Kunden mit stark erhöhtem Risiko werden in der PKV gerne bei erster Gelegenheit in den Basistarif abgeschoben, weil teure Erkrankungen hier über alle privaten Krankenversicherungsunternehmen ausgeglichen werden und nicht mehr die Beiträge im Ursprungstarif erhöhen.

 

Makler und Versicherer in der Haftung

Welche Beratungs- und Haftungsfallen bei solchen Konstellationen lauern, zeigt folgendes Beispiel: Das mit 24 Jahren ältere von zwei Kindern eines Beamten nahm noch im Jahr nach Exmatrikulation eine abhängige Beschäftigung auf – damit wurde es pflichtversichert in der GKV und der Familienzuschlag entfiel sofort.

Dies teilte er seinem Makler mit, damit die 20-prozentige beihilfeergänzende Versicherung gleichzeitig beendet werden konnte. Der Makler kündigte sogleich die Versicherung für das Kind. Acht Monate später reichte der Beamte wieder einen Beihilfeantrag ein – und erfuhr zu seiner Überraschung, dass sein eigener Beihilfebemessungssatz seit acht Monaten nicht mehr – wie bei ursprünglich zwei im Familienzuschlag berücksichtigungsfähigen Kindern – 70 Prozent, sondern nur noch 50 Prozent beträgt.

Die Versicherung verlangte beim daraufhin gestellten Antrag auf Erhöhung des Versicherungsschutzes  von 30 auf 50 Prozent eine Risikoprüfung, weil die Frist des § 199 Absatz 2 VVG überschritten war. Der Beamte musste sich nun für die hinzukommenden 20 Prozent mit einem Risikozuschlag für Vorerkrankungen von 200 Prozent einverstanden erklären – der Beitrag erreichte dadurch fast das Doppelte des bei Fristeinhaltung berechneten.

Der Makler sah sich nun mit Schadenersatzforderungen konfrontiert. Es gehört zum Grundwissen eines PKV-Maklers, die Grundzüge des Beihilferechts zu kennen, auf bekannte Regelungen aufmerksam zu machen und erforderliche Maßnahmen in allen Konsequenzen zu Ende zu denken. Doch auch den Versicherer trifft eine Beratungspflicht nach § 6 Absatz 4 VVG „soweit für den Versicherer ein Anlass für eine Nachfrage und Beratung des Versicherungsnehmers erkennbar ist.“

Erkennbar wäre es hier aber sicher gewesen, dass der Versicherungsschutz des Beamten mit 30 Prozent vermutlich nicht mehr ausreichte, wenn nur noch ein Kind in den Beihilfetarifen versichert ist. Es hätte dann eine Nachfrage erfolgen müssen – und die Sechsmonatsfrist des § 199 Abs. 2 VVG wäre dann noch einzuhalten gewesen. Nach § 6 Absatz 5 VVG haftet daher auch der Versicherer auf Schadenersatz.

Hätte der Makler allerdings die Kinder früher zu einem anderen Versicherer umgedeckt, so könnte dieser nichts von der Versicherung des Beamten wissen und hätte dadurch auch keinen Anlass zur Nachfrage. Wer seinem Kunden nach der Vermittlung eine „laufende Beratung, Vertragsverwaltung mit Betreuung“ verspricht, muss „Risikountersuchung und Objektprüfung“ engmaschig umsetzen – jährlich genügt nicht.

Oft sind derlei Tätigkeiten nicht einmal von den VSH-Bedingungen umfasst. Nötigenfalls bedarf es einer „Kriegskasse“ für die eigene Verteidigung bzw. einer Deckungsklage. Ganz wenige Versicherer bzw. engagierte Makler bieten ihren Kunden „Merkblätter zu Obliegenheiten“, aus welchen sich Anzeigepflichten, aber auch befristete Antragsrechte ablesen lassen.

Schließlich kann der Makler auch dadurch in die Haftung geraten, dass der PKV-Tarif keine Fortsetzung als Zusatzversicherung mit gleichen Leistungen im Falle einer GKV-Pflicht vorsieht – ein Tarifwechselanspruch in eine Zusatzversicherung besteht nach § 204 VVG mangels Gleichartigkeit nämlich nicht. Im Zweifel liegt die Darlegungs- und Beweislast über die Inhalte seiner Beratung beim Makler, dass sein Kunde die Defizite im Bedingungswerk verstanden hat. Ob die Höhe der gesetzlichen VSH-Mindestdeckung im Schadenfall noch ausreichen wird?

 

von Dr. Johannes Fiala und Dipl.-Ing. Peter A. Schramm

 

mit freundlicher Genehmigung

von www.performance-online.de (veröffentlicht in Performance, Ausgabe 11/2010, Seite 5)

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Über den Autor

Dr. Johannes Fiala Dr. Johannes Fiala
PhD, MBA, MM

Dr. Johannes Fiala ist seit mehr als 25 Jahren als Jurist und Rechts­anwalt mit eigener Kanzlei in München tätig. Er beschäftigt sich unter anderem intensiv mit den Themen Immobilien­wirtschaft, Finanz­recht sowie Steuer- und Versicherungs­recht. Die zahl­reichen Stationen seines beruf­lichen Werde­gangs ermöglichen es ihm, für seine Mandanten ganz­heitlich beratend und im Streit­fall juristisch tätig zu werden.
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