Betriebliche Altersversorgung – Facts&Fiction: Unterstützungskasse – Kapitalanlagebetrug mit eingebauter Arbeitgeber-Haftung ?

*von Johannes Fiala, Rechtsanwalt (München), MBA Financial Services (Univ.Wales), MM (Univ.), geprüfter Finanz- und Anlageberater (A.F.A.), EG-Experte (C.I.F.E.), Lehrbeauftragter (Univ. of Cooperative Education), Bankkaufmann (https://www.fiala.de>www.fiala.de ) und Dipl.-Math. Peter A. Schramm, Aktuar DAV (Diethardt), Versicherungsmathematischer Sachverständiger (http://www.pkv-gutachter.de>www.pkv-gutachter.de )
“Lächle und sei froh, es könnte schlimmer kommen!” Und ich lachte und war froh – denn es kam schlimmer. (Otto Waalkes)
Zahlreiche Unternehmer gehen in letzter Zeit der Frage nach, ob sie bei ihrer Umsetzung der betrieblichen Altersversorgung gut beraten waren, oder zahlreichen Haftungsfallen aufgesessen sind. Der nachfolgende Fall ist natürlich frei erfunden ? ähnlichkeiten mit (noch?) nicht insolventen U-Kassen sind rein zufällig, aber nicht beabsichtigt.
Vertrauen ist gut? ? Kontrolle ist besser ! Ein eingesessenes Unternehmen, mit etwa 1000 Mitarbeitern bekommt Post vom eingeschalteten Aktuar, denn der Unternehmer wollte wissen, wie sich die Umstellung auf die neuen Bilanzvorschriften nach IFRS auswirkt. Der Controller hatte die Frage in den Raum gestellt. Es ging ?nur? um die Frage, ob und wie hoch eine eventuelle Arbeitgeberhaftung in der bAV zu bilanzieren wäre?
Der Aktuar rechnet dem Unternehmen vor: Sie haben in den letzten 3 Jahren gut 3,7 Mio. Euro in ?Ihre? U-Kasse bezahlt. An Provisionen, sonstigen Abzügen und Verwaltungskosten sind bisher gute 3 Mio. Euro verbraucht ? der Rest entspricht dem derzeitigen ?Wert? i.H.v. grob geschätzten 0,7 Mio. (von 3,7 Mio. Einzahlung bzw. Entgeltumwandlung, wie gesagt).
Wer hat daran wirklich verdient? Es kommt noch besser. Der Aktuar ermittelt, dass insgesamt bei angenommenen 25 Jahren Beitragszahlungsdauer, rund 8,7 Mio. an ?Kosten? verbraucht sein werden. Das von den Mitarbeitern tatsächlich angelegte ? oder zum Teil für angemessenen Risikoschutz verbrauchte – umgewandelte Entgelt wird sogar mit Zinsen nicht mal am Ende die Summe der Beiträge erreichen können ? die Kosten der U-Kasse und des Versicherers sind zu hoch.
Das Unternehmen prüft die Bonität der U-Kasse und des Vermittlers (er nannte sich ?bAV-Unternehmensberater?). Es wird beschlossen, eine Klage einzureichen ? und damit sich niemand über eine Insolvenz mittelfristig ?retten? kann, werden auch alle strafrechtlichen Register gezogen. Die Unternehmensleitung berät sich vorher mit dem Aufsichtrat ? man kommt darin überein, das U-Kassen-Modell auch vom Anwalt prüfen zu lassen. Der Geschäftsleitung dämmert, dass allein der Vermittler im Rahmen der ?Einrichtung dieses betrieblichen Versorgungswerkes? bereits sein Lebens-Arbeitseinkommen verdient hat.
Veruntreuung der Entgeltumwandlung: Erste Nachforschungen bei den Trägern der Rückdeckung ergeben, dass die U-Kasse bei weitem nicht das gesamte Geld rückgedeckt hat ? Teile der Gelder fehlen oder wurden erst Jahre verspätet angelegt. Unterlagen des Rückdeckungsversicherers wurden niemals dem Arbeitgeber vorgelegt ? der hatte immer nur indirekte Auskünfte der U-Kasse erhalten. Beispielsweise hatte die U-Kasse auch unrealistische Laufzeiten für die Rückdeckungsversicherung gewählt ? Endalter z. B. 96 Jahre (je länger die Laufzeit, desto höher die Provision). Der Versicherer schüttete dadurch ein Vielfaches der sonst üblichen Provision aus ? natürlich fehlt dieses Geld im Jahresabschluss der U-Kasse als Einnahme; irgendwer hat auch hier nochmals ?ein bisschen was? aus der Gehaltsumwandlung für sich ?entnommen?. Zusätzlich wurde natürlich auch die Einrichtung des betrieblichen Versorgungswerkes für den Arbeitgeber verprovisioniert und von den Arbeitnehmern bezahlt. Eine wundersame Geldvermehrung ? für die einen; spiegelbildlich ein Fiasko für den Arbeitgeber. Hätte der Steuerberater doch nie an die Umstellung der Bilanz gedacht ?
Doch die U-Kasse versteht gar nicht, was die Aufregung soll – muss doch jeder wissen, dass Kosten entstehen, weil man ja nicht umsonst arbeiten kann und diese Verfahrensweise doch allgemein üblich und bekannt sei. Und für die drei Millionen vereinnahmter Kosten aus der Entgeltumwandlung habe man ja auch einen entsprechenden Gegenwert bekommen, nämlich eine wirklich gute Beratung, und die sei halt in der bAV ? wie jeder weis – besonders aufwendig und teuer.
Die Prüfung durch den Steuerberater: Der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer wird ebenfalls mit in den Fall eingeschaltet – und findet heraus, dass die U-Kasse von Anfang an eine Steuerpflicht nach sich gezogen hat. Er wertet die Nachforschungen des Anwaltes aus, und hier kommen seine Argumente:
– Die U-Kasse hat teilweise in Investment-Fonds angelegt. Das Wachstum des Fondsvermögens hätte eine Erhöhung der Zusage zur Folge haben müssen ? die gab es jedoch nicht. Die U-Kasse hätte diese Rückdeckung ohne Garantieleistungen vermeiden müssen. Der Steuerberater rechnet damit, dass die Finanzbehörde dem Unternehmer noch eine saftige Steuernachzahlung belasten wird ? welche dann an den Vorstand der U-Kasse weiterberechnet werden müsste. Ob dieser das wirtschaftlich verkraftet, steht in den Sternen.
– Das Unternehmen hatte von der U-Kasse keine jährlichen Bilanzen und Wertentwicklungen der Rückdeckung erhalten ? der Versicherer selbst weigerte (völlig korrekt) sich ohnehin, dem Unternehmen direkt irgendwelche Auskünfte zu geben, weil dieses ja nicht Vertragspartner war. Die U-Kasse lieferte dann endlich diese Unterlagen kurz vor der Insolvenz, der U-Kasse. Das Unternehmen wollte dann einen Mitarbeiter wegen einer Verbesserung der Kapitalanlagen in den U-Kassen-Beirat entsenden. Die U-Kasse reagierte mit einem Hausverbot für die Mitarbeiter des Unternehmens. Der Steuerberater des Unternehmens vertritt die grundsätzlich zutreffende Meinung, dass mangels faktischer Mitwirkung der Mitarbeiter des Trägerunternehmens eine Steuerpflicht der U-Kasse so gut wie sicher sei.
– Der Steuerberater hat aber auch noch ein weiteres Argument für die Steuerpflicht der U-Kasse: In der Satzung steht, dass die Beiträge des Trägerunternehmens nur bei der ?Pfefferminzia-Versicherung? angelegt werden dürfen. Damit entfällt die beratende Mitwirkung der Mitarbeiter des Trägerunternehmens in Sachen der Geldanlage bereits nach Satzung und Leistungsplan. Steuerlich, erklärt der Steuerberater, entfällt damit das Kriterium der ?sozialen Einrichtung? ? volle Steuerpflicht ! Die Geschäftsleitung fragt beim Vermittler nach: Der wiederum dokumentiert, dass er bis heute keine Plausibilitätsprüfung in dieser Beziehung unternommen hat ? volle Haftung erläutert der Anwalt, nachdem er davon hört.
U-Kasse in der Insolvenz: Die Steuerpflicht der U-Kasse führt direkt in die Insolvenz. Die Provisionen sind dort nie angekommen (?aber das tun sie üblicherweise eigentlich doch nie!? ? korrekt: bereits wenn man sich mit dem aufsichtsrechtlichen Provisionsabgabeverbot begründet) – doch dafür kommt jetzt der Insolvenzverwalter auf den Plan.
Sein Angebot: Die Rückdeckung in der U-Kasse ist so wie konkret ausgestaltet nicht insolvenzgeschützt ? die Geschäftsleitung verstand die Werbebroschüren der U-Kasse zum Insolvenzschutz ganz anders. Der Insolvenzverwalter rechnet vor, dass die Vermittlungskosten ja bereits bezahlt sind und bietet an:
Das Unternehmen hat 3,7 Mio. einbezahlt, als Wert sind 0,7 Mio. vorhanden ? und gegen weitere ( ! ) Zahlung von 0,7 Mio. würde der Insolvenzverwalter diesen Wert der bestehenden Rückdeckungsverträge freigeben ? ?Sie sparen sich durch die Weiterführung die erneuten Abschlusskosten ein, rechnen Sie noch mal nach, und teilen Sie mir dann bitte Ihre Entscheidung kurzfristig mit?. Sonstige Schreiben werden nicht beantwortet ? ?Vogel friss oder stirb? denkt sich die Geschäftleitung. Es wird darauf hingewiesen, dass man ja nicht wisse, was am Ende bei der Insolvenz heraus kommt.
Auf Nachfrage, was der Insolvenzverwalter mit den zusätzlichen 0,7 Mio. machen würde, erfolgt der lapidare Hinweis, dass derartige Verfahren ja viel Zeit kosten und Jahre dauern ? wie der Steuerberater vermutet, bis viele Ansprüche verjährt sind.
Der pensionierte Staatsanwalt: Das Referat für Wirtschaftsstrafsachen war seine letzte Position, den Controller des Unternehmens kennt er aus einem Schach-Club. Es wird beschlossen, eine Experten-Runde einzuberufen, um die weiteren Details zu klären. Die Analyse der Rückdeckung zeigt, dass für die Geschäftsleitung Verträge ?mit Beitragsrückgewähr? gewählt wurden ? und dann folgt eine gnadenlose Analyse:
Der Staatsanwalt rückt mit seinem Bruder an, der ist Versicherungsmakler: ?Ja, wenn Sie mit 64 Jahren versterben Herr Vorstand, dann bekommt die U-Kasse die Beiträge zurück, ohne Verzinsung, aber Ihre Erben sehen davon keinen Cent?. Ein Blick in Satzung und Leistungsplan offenbart die Lücke im Konzept. Der Vorstand ist außer sich ? bei der Vermittlung wurde ihm glatt das Gegenteil mündlich ?verkauft?.
Die Haftung des Versicherers: Es folgt eine weitere Sitzung ? der Vermittler des betrieblichen Versorgungswerkes ist mit dabei. Der Anwalt hat sich inzwischen die Bonitätsauskünfte aller Beteiligten gezogen. Es folgt eine lange Sitzung, und die Frage wer hier welche Fehler zu verantworten hat. Am Ende hat der Vermittler etwas dazu gelernt ? auch das ist für ihn viel wert und nicht umsonst, so dass er sich wegen des dafür aufzubringenden Gegenwertes damit trösten kann: sein Eigenheim darf er ?in die Freundschaft einbringen? ? dafür erfolgt keine Strafanzeige. Es wird beschlossen den Versicherer gemeinsam zu verklagen, der das U-Kassen-Konzept eingefädelt hat (sein Name ist aus Satzung und Leistungsplan zu entnehmen !). Der Vermittler offenbart sämtliche Schulungsunterlagen ? er besitzt diese noch, bis auf ein paar Lücken, die ihm Kollegen zu schließen helfen. Derweil offenbart der Anwalt die Details der Finanz ?als sachliche Verständigung?, damit das Unternehmen den Fall einigermaßen unbeschadet überlebt. Die Aufdeckung der Haftung nach IFRS bringt die Firma selbst an den Rand der Insolvenz.
Das Schicksal: Der Vermittler verliert sein Heim ? die Ehefrau durch Scheidung noch dazu. Auch der Betriebsrat ist dabei und verlangt Sicherheiten für die bAV-Entgeltumwandung, das Unternehmen als Arbeitgeber muss eine Bürgschaft stellen ? der Aktuar berechnet die angemessene Höhe. Der einzige Lichtblick ? der Versicherungsmakler und Bruder des pensionierten Staatsanwaltes präsentiert die provisionsfreien und wertgleichen Konzepte neuer Durchführungswege. Sein Honorar wird ?aus der Portokasse? bezahlt ? spätestens seit dem Beginn der Sanierung dämmerte dem Vorstand, was ?Wertgleichheit? und ?arbeitsrechtliche Fürsorgepflicht? praktisch bedeuten und wie teuer eine ?kostenlose? Beratung sein kann.
Jetzt klingelt das Telefon: Der Geschäftsführer einer Vermittler-GmbH ist am Apparat ? seit 2003 hatte er gute 14.000 Euro in ?seine? U-Kasse einbezahlt ? derzeitiger Wert 1.363 Euro; von einem Kollegen habe er gehört, dass die Geschäftsführung der U-Kasse sich Gelder abgezweigt habe, der Rückdeckungsversicherer habe trotz Mahnung nicht geantwortet ? Doch das war ohnehin zu erwarten ? denn in den Verträgen mit der U-Kasse ist jeder Kontakt zwischen AG und Versicherer von vornherein ausgeschlossen und der niedrige Wert erklärt sich laut Aktuars-Auskunft schon alleine aus den üblichen Kalkulationsmethoden ? auch ohne einen zusätzlichen ?Griff in die Kasse?.
PSV-Kosten: Der Versicherungsmakler erläutert: Die Beiträge zum PSVaG steigen nun auf 7-8% bezogen auf jährliche Entgeltumwandlung und laufende Renten, negativ in der Renditewirkung sei, dass der Unternehmer diese auch für Rentner bezahlen müsse.
Wertgleichheit: Der Anwalt wedelt mit einem aktuellen Aufsatz, veröffentlich von der ?Arbeitsgemeinschaft für betriebliche Altersversorgung e.V. (aba)?: Zusätzliche dem umgewandelten Entgelt belastete U-Kassen-Verwaltungskosten führen zur (Teil-) Nichtigkeit sämtlicher Verträge – sowohl mit der U-Kasse, als auch mit den Mitarbeitern (Entgeltumwandlungsverträge !).
Sanierung als Lösungsansatz: Der Versicherungsmakler hat eine Sanierungsidee: Es gibt courtagefreie Tarife mit niedrigen Verwaltungskosten ? so lässt sich die Zukunft gestalten, über eine seriöse U-Kassenlösung, mit Pensionskasse zur Rückdeckung. Und wovon leben dann die Vermittler?

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Über den Autor

Dr. Johannes Fiala Dr. Johannes Fiala
PhD, MBA, MM

Dr. Johannes Fiala ist seit mehr als 25 Jahren als Jurist und Rechts­anwalt mit eigener Kanzlei in München tätig. Er beschäftigt sich unter anderem intensiv mit den Themen Immobilien­wirtschaft, Finanz­recht sowie Steuer- und Versicherungs­recht. Die zahl­reichen Stationen seines beruf­lichen Werde­gangs ermöglichen es ihm, für seine Mandanten ganz­heitlich beratend und im Streit­fall juristisch tätig zu werden.
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