Bundesgerichtshof: Nach unwirksamer Kündigung braucht kein Versicherer zurückzuweisen

– Wo liegen die Gefahren für Versicherungsmakler beim Umdecken mit Kündigung ? –

 

Der Bundesgerichtshof (BGH, Beschluss vom 05.06.2013, Az. IX ZR 277/12) entschied, dass nach ständiger Rechtsprechung kein Versicherer verpflichtet ist, eine unwirksame Kündigung des Versicherungsvertrages zurück zu weisen. Die Revision wurde sodann zurückgenommen.

Selbst die BaFin (Geschäftszeichen VA 52-I 4209-2014/0001, 19.02.2014) gesteht nun ein, dass eine unwirksame Kündigung wirksam bleibt, auch wenn diese nicht zurückgewiesen wurde.

Auch „sonstwie” kann die unwirksame Kündigung nicht wirksam werden, stellt das Bundessozialgericht fest (BSG, Urteil vom 29.11.2006, Az. B 12 P 1/05 R).

Ein häufiger Mythos unter Versicherungsmaklern ist: Kündigen und sich dann auf die Wirksamkeit einfach aus dem Grunde berufen, weil der Versicherer diese nicht unverzüglich zurückgewiesen hat: Dies führt zum Problem der Doppelversicherung, weil der neue Vertrag im Vertrauen des Maklers auf die erfolgte Kündigung des alten bereits geschlossen wurde. Seltener ist die unbeabsichtigte Kündigung – mit der Folge, aus Versehen nicht rechtzeitig für eine Anschlussdeckung zu sorgen. Häufiger sind zeitliche Deckungslücken, weil die gekündigte Deckung am 31.12. um 24 Uhr endet, und die neue Deckung beispielsweise erst um 12:00 Uhr am 1.1. beginnt. Dies ist peinlich und führt zur Maklerhaftung, wenn vielleicht die Silvesterrakete kurz nach Mitternacht das Reetdach in Brand setzt.

 

Keine Berufung auf Unwirksamkeit durch den Kündigenden

Bereits zuvor hatte das Bundesarbeitsgericht (BAG, Urteil vom 12.03.2009, Az. 2 AZR 894/07) entschieden, dass sich der Kündigende nicht selbst auf die Unwirksamkeit seiner (außerordentlichen, nicht fristgemäßen) Kündigung berufen kann, wenn er sich damit in Widerspruch zu sich selbst setzt.

Damit ist auch für Versicherer (VR) die Tür einen Spalt weit geöffnet, zu entscheiden, ob eine unwirksame Kündigung als wirksame Kündigung behandelt wird. Diese Rechtssicht wird durch das Verfassungsgericht Berlin (Beschluss vom 24.01.2012, Az. 49/09) unterstrichen, denn „Nach verbreiteter, allerdings nicht einhelliger Auffassung führt auch die unberechtigte Kündigung des Versicherungsnehmers zur Beendigung des Vertragsverhältnisses, wenn sie vom Versicherer nicht unverzüglich zurückgewiesen wird.”

Der Makler, der eine unwirksame Kündigung ausspricht, hängt also zwischen zwei Stühlen, denn er weis ggf. längere Zeit nicht, ob die Kündigung vom Versicherer akzeptiert wird, und er kann sich auch später nicht einfach auf deren Unwirksamkeit berufen. Somit riskiert er, egal wie auch immer, entweder eine Doppelversicherung, oder fehlenden Versicherungsschutz.

 

Berufung auf Unwirksamkeit durch den Versicherungsnehmer

Umgekehrtes Beispiel: VR kündigt außerordentlich wegen Zahlungsverzug eine Zusatzversicherung in der PKV, klagt die rückständige Prämie dann ein, wobei sich herausstellt, dass der VN diese bereits vollständig bezahlt hatte, oder häufiger auch nur die Mahnung nicht ordnungsgemäß erfolgt war, so dass gar kein außerordentliches Kündigungsrecht bestand. Die Kündigung wird dadurch aber nicht automatisch unwirksam, der VN darf sich aber auf die Unwirksamkeit berufen, wenn er will, der VR hingegen nicht, und damit den VN am Vertrag festhalten wollen, denn das wäre treuwidrig (siehe o.a. BAG-Entscheidung).

Die Kündigung einer die Versicherungspflicht erfüllenden Krankenversicherung ohne Nachweis einer Nachversicherung wird hingegen auch ohne Zurückweisung schon von Gesetzes wegen nicht wirksam, so dass sich auch der selbst kündigende VN später auf die Unwirksamkeit berufen kann. Bei mit gekündigten Zahnversicherungstarifen oder Krankentagegelder bleibt es aber bei der Kündigung, denn diese erfüllen nicht die Versicherungspflicht.

 

Maklerfehler im Umgang mit seiner Maklervollmacht

Ein häufiger Fehler in Versicherungsmaklerbüros ist das Abschreiben von Formularen aus dem Internet oder Büchern von angeblichen Fachleuten, beispielsweise wenn sich Maklervollmacht und Maklermandat in einer Urkunde befinden. Denn jeder Versicherungsmakler riskiert die unverzügliche Zurückweisung der Kündigung einer Versicherungsdeckung, wenn er nicht gleichzeitig eine Originalvollmacht nachweislich mitschickt, § 174 BGB.

Allenfalls ein Qualitäts- oder Risikomanagement kann vorbeugen helfen, wenn es um die Frage des Nachweises und des Zugangs geht. Was kann der Makler unternehmen, wenn der Versicherer sagt, ja das Einschreiben haben wir erhalten – aber ohne die nur angeblich beigefügte Originalvollmacht? Zur Telefax-Übermittlung stellte der BGH (Beschluss vom 21.07.2011, Az. IX ZR 148/10) fest: „Der “OK”-Vermerk gibt dem Absender keine Gewissheit über den Zugang der Sendung, weil er nur das Zustandekommen der Verbindung, aber nicht die erfolgreiche Übermittlung bis zum lesbaren Ausdruck belegt.”

Aber auch auf den Versicherer wartet die Falle der Zurückweisung: Die Zurückweisung der Kündigung durch den Mitarbeiter der Versicherung kann ebenfalls zurückgewiesen werden, wenn die Vollmacht nicht nachgewiesen ist. Eine feine Falle ist jedenfalls sodann, die Zurückweisung der Zurückweisung ohne ggf. abermals mit Originalvollmacht und zudem fristgemäß zu kündigen. Dieser juristische Denksport erheitert seit Jahrzehnten Juristen insbesondere im Miet- und Versicherungsrecht.

 

Fehlerhafte Vollmacht führt zur Nichtigkeit damit geschlossener Versicherungsverträge

Doch den Versicherungsmakler erwartet noch eine Überraschung besonderer Art, nämlich die zu umfassende Vollmacht. Ist der Inhalt der Vollmacht zu umfassend gestaltet, umfasst sie wie vielfach auch Schadensregulierungen mit Vergleichsabschluss, Bestandsbetreuung und Vertragsverwaltung, Geldempfang und Ähnliches – oder der Einfachheit halber gleich die Vertretung in allen Versicherungsvertragsangelegenheiten – tendiert dies zum Verstoß gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz. Im Einzelfall wird dann nicht nur die Vollmacht sondern auch der Maklervertrag – und mit ihm alle enthaltenen klauselmäßigen Versuche einer Haftungsbeschränkung – null und nichtig sein – und mit der Vollmacht auch alle damit abgeschlossenen Versicherungsverträge.

Dies ist – wie Urteile zeigen – deshalb so streng zu sehen, weil solche zu weitgehenden Vollmachten gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz und somit ein gesetzliches Verbot verstoßen. So kann sich bei leistungsfreien Sachversicherungen oder schlechtem Verlauf einer fondsgebundenen Lebensversicherung der Versicherungsnehmer noch nach Jahren auf die Nichtigkeit des Versicherungsvertrages berufen und die Prämien verzinst zurückverlangen. Leider aber auch der Versicherer, z.B. im Schadenfall, z.B. bei Eintritt der Berufsunfähigkeit die Leistung mangels wirksamem Vertrag verweigern, so dass womöglich der Makler später die Berufsunfähigkeitsrente zahlen muss.

Häufiger ist bei Maklern auch der umgekehrte Fall anzutreffen, wenn der Fachmakler x-beliebigen Privatleuten die Regulierung von beispielsweise BU-Schadensfällen oder sonstige Honorarberatung ohne besondere Zulassung als (Honorar-)Berater anbietet. Auch Vergütungen dafür wären zu erstatten, selbst wenn die Arbeit am Ende doch gewissermaßen teilweise erfolgreich gewesen war.

 

Existenzgefährdung durch Maklervertragsinhalte

Versicherungsmakler besitzen im Schnitt ein Einkommen das doppelt so hoch sein kann wie jenes von Versicherungsvertretern. Gewitzte Fachleute – im Dienst von Versicherern oder Verbänden – streuen das Gerücht, man könne im Maklervertrag problemlos die eigene Haftung auf die gesetzliche Mindestdeckungshöhe in der Vermögenschadenhaftpflichtversicherung beschränken. Ein folgenschwerer Irrtum mit eingebauter Existenzvernichtung durch unwirksamen Versuch. Bereits das Oberlandesgericht Stuttgart (Urteil vom 07.12.1977, Az. 1 U 46/77) hat nämlich entschieden, dass man in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen die Haftung beispielsweise nicht auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit – dann insoweit in unbeschränkter Höhe – beschränken kann. Versicherungsmakler in Insolvenz nach einem Haftungsprozess finden natürlich in angeblichen Fachmagazinen, die ihrer Existenzvernichtung mit Vorschub geleistet hatten, kein Forum für eine fachliche Richtigstellung.

 

von Dr. Johannes Fiala und Dipl.-Math. Peter A. Schramm

 

mit freundlicher Genehmigung von

www.experten.de (veröffentlicht im experten Report 12/2014)

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Über den Autor

Dr. Johannes Fiala Dr. Johannes Fiala
PhD, MBA, MM

Dr. Johannes Fiala ist seit mehr als 25 Jahren als Jurist und Rechts­anwalt mit eigener Kanzlei in München tätig. Er beschäftigt sich unter anderem intensiv mit den Themen Immobilien­wirtschaft, Finanz­recht sowie Steuer- und Versicherungs­recht. Die zahl­reichen Stationen seines beruf­lichen Werde­gangs ermöglichen es ihm, für seine Mandanten ganz­heitlich beratend und im Streit­fall juristisch tätig zu werden.
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